Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520414/2/Br/Gam

Linz, 21.10.2003

 

 

 VwSen-520414/2/Br/Gam Linz, am 21. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M K geb. , A, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 10.10. 2003, Zl. Fe-365-2000, zu Recht:

 

Der Berufung wird im Spruchpunkt 1. und 2. mit der Maßgabe Folge gegeben, dass sowohl die ausgesprochenen Entzugs- bzw. Fahrverbotszeiträume (beginnend mit 4.8.2002) auf 15 (fünfzehn) Monate reduziert werden. Der Entzug der Lenkberechtigung endet jedoch nicht vor erfolgreicher Absolvierung der begleitenden Maßnahme. Der Ausspruch "ohne Einrechnung allfälliger Haftzeiten" hat zu entfallen.

Hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte (Anordnung einer begleitenden Maßnahme und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4, 64 Abs.2 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 7 Abs.1 und Abs.3 Z12 FSG idF BGBl.I Nr. 129/2002;

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurden von der Behörde erster Instanz dem Berufungswerber

 

1.1. Gestützt wurde diese Entscheidung auf die §§ 7, 24, 25, 29, 32 FSG und § 64 Abs.2 AVG.

 

2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ( § 3 Abs. 1 Z 2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem § 32 Abs.1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gem. § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
 

ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gem. § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 56611991, zu beurteilen ist;

eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;
 

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde gem. § 24 Abs. 3 FSG begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie wurden beim LG Linz am 27.09.2002 unter der Zahl 34HV3102y wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von KFz nach § 136 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren für die Teilfreiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Mit Berufungsurteil des OLG Linz vom 1.4.2003 unter der Zahl 8BS115103 wurde die Freiheitsstrafe auf 15 Monate herabgesetzt.

 

Im Urteil wurde Ihnen zur Last gelegt, daß Sie in der Nacht vom 31.1.2000 zum 1.2.2000 in Leonding, P M ca. 3 Stunden lang in Ihrer versperrten Wohnung widerrechtlich gefangen gehalten haben indem Sie sie auf das Bett warfen, auf sie stiegen, sie mit Ihrem Gewicht am Bett festhielten und mit beiden Händen am Hals würgten, sie ins Wohnzimmer zogen, dort auf die Couch stießen, ihr Ihr rechtes Knie auf die Brust setzten und sie damit fixierte, ihr das Handy und die Wohnungsschlüssel abnahmen und sie als sie das Schlafzimmerfenster öffnete und um Hilfe schrie, zurückrissen Ihr den Mund zuhielten, sie zu Boden rissen und sich dort auf ihre Brust knieten. P M wurde dadurch am Körper verletzt. Am 17.8.2000 haben Sie P M neuerlich widerrechtlich und unter Anwendung von Gewalt in der Gartenhütte, G, gefangen gehalten. Am 18.8.2000 haben sie P M außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem Sie im Zuge der Freiheitsentziehung trotz deren Gegenwehr ihre Brüste und sie unterhalb der Kleidung anfassten und massierten, wobei sie gleichzeitig onanierten, Sie dabei wiederum verletzt und sie zum Einsteigen in Ihr Fahrzeug mit Gewalt und durch Androhung von Verletzungen nötigten. Schließlich haben Sie den PKW der P M ohne Einwilligung in Gebrauch genommen.

 

Am 4.8.2002 um 14.50 Uhr lenkten Sie in L, N den LKW mit Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und verursachten einen Verkehrsunfall mit Sachschaden. Der Alkoholisierungsgrad betrug 0,74m/l.

 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Aufgrund der Verwerflichkeit des Verhaltens und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, wird die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit wieder erlangt. Im vor legenden Fall gelangen 2 bestimmte Tatsachen die die Verkehrszuverlässigkeit ausschließen zur Beurteilung. Die seit Begehung der strafbaren Handlungen verstrichene Zeit ist einerseits noch zu kurz um die Behörde zu einer anderen Prognose zu veranlassen. Andererseits ist zu bedenken, daß Sie sich seit Begehung der gerichtlich strafbaren Handlungen trotz Kenntnis von der Einleitung des Führerscheinentzugsverfahrens nicht wohlverhalten haben. Die festgesetzte Entziehungsdauer ist nach Ansicht der Behörde absolut notwendig um Ihre Verkehrszuverlässigkeit wieder herzustellen.
 

2.1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung:

"Ich lege gegen die Dauer des Entzugs der Lenkerberechtigung Berufung ein.

 

Begründung:

Ich halte mich jetzt für verkehrszuverlässig.

 

Die Delikte aus der Verurteilung beim Landesgericht Linz liegen nun schon über zweieinhalb Jahre zurück. Vorher war ich unbescholten.

Die Delikte setzte ich im Zuge einer nun überwundenen Trennungskrise von meiner ehemaligen Lebensgefährtin.

Ich hatte vor der Hauptverhandlung bei einer Spedition gearbeitet und war auch schon einige Jahre Taxi gefahren. Seit ich in Besitz der Lenkerberechtigung bin, hatte mich stets korrekt verhalten (keine Anzeigen, Radarstrafen usw.)

Die Alkoholisierung im August 2002 stellt eine Ausnahme dar und dieses Fehlverhalten sehe ich auch ein.

Außerdem benötige ich den Führerschein dringend für mein berufliches Fortkommen, da ich keinen erlernten Beruf habe und Erfahrung als Kraftfahrer.

 

Ich beantrage, die Entziehungsdauer inkl. Haftstrafe auf weniger als 18 Monate zu verkürzen, damit ich nicht neuerlich zur gesamten Fahrprüfung anzutreten habe."

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 letzter Satz AVG).

 

3.1. Gemäß dem vorgelegten Verwaltungsakt wurde dieses Entzugsverfahren bereits am 12.4.2000 mit einem Schreiben an den Berufungswerber eingeleitet. Als Grundlage wurde auf das gegen ihn schon damals anhängige gerichtliche Strafverfahren wg. Vorgänge vom 18.8.2000 - Straftaten nach §§ 83, 99 und § 105 StGB - genannt.

Mit Aktenvermerk vom 19.7.2000, v. 29.5.2001, u. 7.11.2001 und 1.2.2002 und mit Schreiben vom 18.1.2001 begehrte die Behörde erster Instanz beim Landesgericht Linz jeweils die Mitteilung des Verfahrenstand im gerichtlichen Strafverfahren gegen den Berufungswerber. Die Lenkberechtigung blieb während dieser langen Zeitspanne dem Bw erhalten.

Am 4. August 2002 verursachte der Berufungswerber als Lenker eines Kraftfahrzeuges einen Verkehrsunfall mit Sachschaden, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, wobei der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,74 mg/l betrug. Dem Berufungswerber wurde folglich der Führerschein abgenommen.

Am 12.11.2002, 12.2.03 wurde der Sachausgang beim Gericht abermals urgiert. Am 24. April langte schließlich das Urteil des Landesgerichtes Linz, vom 27.9.2002, GZ: 34 Hv 3/02y und das dieses Urteil zum Teil abändernde Berufungsurteil des OLG Linz vom 1.1.2003, , 8 Bs 15/03 bei der Behörde erster Instanz ein.

Im Urteil des LG-Linz wurde folgendes ausgesprochen:

"Das Landesgericht LINZ als Schöffengericht hat durch die Vorsitzende Mag. C R sowie den beisitzenden Richter Dr. B W und die Schöffen W O und M Tl über die von der Staatsanwaltschaft Linz gegen

 
M K ,
geboren am in Linz, Österreicher, ledig,
Sicherheitsbeauftragter, wohnhaft M,
L
 

wegen des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 und 2 2.Fall StGB, des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs.1 und 2 3.Fall StGB, des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs.1, 105 Abs.1 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB

erhobenen Anklage nach der am 7.5.2002 in Anwesenheit des öffentlichen Anklägers StA Dr. K S und am 27.9.2002 in Anwesenheit des öffentlichen Anklägers ESTA Mag. R F, des PBV Dr. E M für P M, des Angeklagten M K sowie seines gemäss § 41 Abs.3 StPO beigegebenen Verteidigers Dr. F K, RA in Linz, sowie der Schriftführerinnen VB I H (am 7.5.2002) und VB M P (am 27.9.2002) durchgeführten Hauptverhandlung zu Recht erkannt:

M K ist schuldig, er hat P M


A) in der Nacht vom 31.1.2000 auf den 1.2.2000 in Leonding P M
I) ca. drei Stunden lang in ihrer versperrten Wohnung, L Nr. , widerrechtlich gefangengehalten, indem er
1) sie auf's Bett warf, auf sie stieg, sie mit seinem Gewicht am Bett festhielt und sie mit beiden Händen am Hals würgte;

2) sie ins Wohnzimmer zog, dort auf die Couch stieß, sein rechtes Knie auf ihre Brust setzte und sie damit fixierte;

3) ihr das Handy und die Wohnungsschlüssel abnahm;

4) sie, als sie das Schlafzimmerfenster öffnete und um Hilfe schrie,
zurückriss, ihr den Mund zuhielt, sie zu Boden riß und dort auf ihrer Brust kniete;

II) vorsätzlich durch die unter 1) beschriebene Tathandlung in Form einer Brustkorbprellung, einer Zerrung im Bereich des rechten Ellbogengelenkes und einer Zerrung von Muskeln im Bereich des Schlüsselbeins und Brustbeines beiderseits am Körper verletzt;
B) vom 17. auf den 18. August 2000 in Linz und anderen Orten P M

I) vom 17.8.2000 gegen 22.00 Uhr bis 18.8.2000 gegen 06.00 Uhr widerrechtlich gefangengehalten, indem er sie mit beiden Händen an den Oberarmen ergriff, in der Gartenhütte, G, auf den Boden warf und sich innerhalb der Hütte vor der fast geschlossenen Tür auf einen Sessel setzte, wobei er mehrere Fluchtversuche der P M dadurch unterband, dass er sie mit seinen Händen zu Boden drückte;

 

II) am 18.8.2000 gegen 02.00 Uhr außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er im Zuge der unter I)1) geschilderten Freiheitsentziehung trotz ihrer Gegenwehr ihre Brüste zunächst oberhalb, dann unterhalb der Kleidung anfasste und massierte und weiters kurz ihren Genitalbereich oberhalb der Kleidung berührte, wobei er gleichzeitig onanierte,

 

III) vorsätzlich durch die unter 1) geschilderte Tathandlung in Form von mehreren strichartigen, 3 bis 5 cm langen, gebogenen Kratzern an beiden Oberarmen und einem Hämatom im Bereich unterhalb des linken Unterkiefers am Körper verletzt;

 

IV) mit Gewalt und durch gefährlich Drohung mit der Zufügung einer Körperverletzung zu einer Handlung in Form des Einsteigens in ihr Fahrzeug zu nötigen versucht, indem er sich auf sie stürzte, ihre Hände zu Boden drückte und zu ihr sinngemäss sagte, dass er ihr jetzt eine Ordentliche verpassen werde, damit es sich auszahle, wenn sie nicht einsteige;

 
V) ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den PKW der Marke F, KZ.: , ohne Einwilligung der Berechtigten P M in Gebrauch genommen.
 
M K hat hiedurch
zu A)l) und B)l) die Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB;
zu A)l1) und B)lll) die Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB;
zu B)l1) das Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs.1 StGB;
zu B)IV) das Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs.1, 105 Abs.1 StGB;
 

zu B) V) das Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB begangen und wird hiefür nach dem Strafsatz des § 202 Abs.1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer
 

FREIHEITSSTRAFE

von

18 (achtzehn) MONATEN
 


sowie gemäss § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt.

 

Gemäss § 38 Abs.1 Z 1 StGB wird die erlittene Vorhaft vom 19.8.2000, 15.00 Uhr bis 4.9.2000, 14.45 Uhr, auf die verhängte Strafe angerechnet.

 

Gemäss § 43a Abs.3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten unter Setzung einer 3-jährigen Probezeit bedingt nachgesehen.
 

Gemäss § 51 StGB wird M K für die Dauer der Probezeit die Weisung erteilt, eine Antiaggressionstherapie aufzunehmen, deren Aufnahme sowie die Fortsetzung 1/4-jährlich unaufgefordert dem Gericht nachzuweisen, wobei die Aufnahme binnen eines Monates nach Haftentlassung zu erfolgen hat.

 
Gemäss § 369 Abs.1 StPO ist M K bei sonstigem Zwang schuldig, der Privatbeteiligten P M ein Teilschmerzengeld von € 1.000,-- zu bezahlen.
 

Hingegen wird M K von dem weiters wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe am 18.8.2000 in Linz und anderen Orten P M über 06.00 Uhr Früh hinaus bis 15.00 Uhr widerrechtlich auf solche Weise, dass sie der Festgehaltenen besondere Qualen bereitete, gefangen gehalten, indem er sie (weitere) in zwei Decken vom Hals bis zu den Füssen einwickelte, mit einem Koffergurt im Oberkörperbereich zuband und so mit ihr auf dem umgelegten Beifahrersitz ihres PKW der Marke , Kennzeichen , umherfuhr (B 1,2);

und mit dem angeführten Koffergurt nach Entfernung der Decken am Oberkörper gefesselt, sodass sie ihre Arme nicht bewegen konnte (B 1,3);

und zwang, ihn mit ihrem Fahrzeug vom Weikerlsee nach Pichling und zurück zu fahren (B 1, 4), gemäss § 259 Z 3 StPO

 

f r e i g e s p r o c h e n.

 

3.1. Das Oberlandesgericht als Berufungsgericht gab der Berufung teilweise Folge und änderte in Befolgung der u.a. (nur) gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung das Urteil des LG Linz in seinem Strafausspruch dahingehend ab, dass die wider K verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate reduzierte. Gemäß § 43a Abs.3 StGB wurde ein Strafenteil von 12 (zwölf) Monaten unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen; der unbedingte Strafenteil wurde mit 3 (drei) Monaten festgestellt. Im übrigen wurde der Schuldspruch des o.a. Urteils des LG Linz bestätigt.

Begründend wurde zur Strafzumessung ausgeführt, dass die bis dahin vorliegende Unbescholtenheit und das es teilweise nur beim Versuch blieb und K geständig war, schon vom Erstgericht mildernd gewertet wurde. Erschwerend wurde das Zusammentreffen von fünf Vergehen gewertet.

Der Berufungssenat erachtete darüber hinaus auch noch die tat- und täterpersönlichkeitsbezogene Schuld des Angeklagten (hier des Berufungswerbers) vor dem Hintergrund der offenkundigen Beziehungskrise zwischen ihm und dem Opfer (seiner früheren Lebensgefährtin) bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigenswürdig. Einer gänzliche Strafnachsicht wurde aus generalpräventiven Überlegungen nicht gefolgt.

 

3.2.. Mit einer Ladung an den Berufungswerber vom 7.4.2003 f.d. 25.4.2003 wurde schließlich das Entzugsverfahren fortgesetzt wobei der hier angefochtene Entzug aus nicht nachvollziehbaren Gründen letztlich erst am 30.9.2003 ausgesprochen wurde.

 

4. Unstrittig sind die diesem Entzugsverfahren zu Grunde gelegten Fakten. Der Berufungswerber blieb schließlich bis zu seiner Alkofahrt im Besitz seiner Lenkberechtigung. Bereits zwei Monate nach diesem Alkoholdelikt war die gerichtliche Verurteilung im Schuldspruch bereits rechtskräftig (Urteil v. 27.9.2002). Diesbezüglich kann auf den Verfahrensakt und die darin angeschlossenen Anzeigen wegen dem Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und die inhaltlich wiedergegebenen Gerichtsurteile verwiesen werden. Der Berufungswerber bezieht sich schließlich in seiner Berufung auf die schon aus dem Urteil hervorgehenden Umstände seiner Straftat(en) und verweist auf seine bis zu diesem Zeitpunkt gegebenes Wohlverhalten im Straßenverkehr. Abschließend vermeint er unter Hinweis auf die seit der Tat verstrichene Zeit und seiner beruflichen Notwendigkeit den Entzug der Lenkberechtigung von unter 18 Monaten auszusprechen.
 

5.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.........

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

  1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

9. eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;

(4) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Die nach § 7 Abs.3 Z9 zu wertenden Tatsachen liegen hier mehr als drei bzw. dreieinhalb Jahre zurück. Dem Zeitfaktor kommt daher im Rahmen der Beurteilung des "Wertungskriteriums" eine zu Gunsten eines Betroffenen ausschlagende Bedeutung zu. Widrigenfalls würde ein derartiges Wertungskriterium weitgehend als Strafelement zur Wirkung gelangen. Hier tritt bedingt durch den verschuldeten Verkehrsunfall mit Sachschaden unter Alkoholeinfluss ein weiteres nach der Z1 zu wertendes Kriterium hinzu.

Zur Frage der Verkehrszuverlässigkeit wegen der Straftaten hat die Führerscheinbehörde das Verfahren bis zur Rechtskraft des Gerichtsurteils ausgesetzt. Die Wertung einer bestimmten Tatsache ist - wie schon ausgeführt - nicht nach strafrechtlichen Gesichtspunkten, sondern vom Standpunkt der allgemeinen Verkehrssicherheit aus zu beurteilen. Bei einer hierfür zu treffenden Prognoseentscheidung besteht kein unüberprüfbares Ermessen, vielmehr hat der gegebene Beurteilungsspielraum an sachlichen Aspekten orientiert zu sein.

Hier kann auf die Ausführungen des Gerichtes, welches insbesondere die damalige Beziehungskrise als tatauslösend erachtete und diesen Umstand als straf- und schuldmildernd wertete. Verfehlt ist die Auffassung der Entzugsbehörde, wenn sie dem Berufungswerber das Wohlverhalten nach der gerichtlichen Straftat unter Hinweis auf das ohne dies zu wertende (Z1) Fehlverhalten abspricht. Dies ist eine unzuverlässige Doppelverwertung.

Demnach ist es nur schwer nachvollziehbar, dass der vorher Unbescholtene und - abgesehen von der dazwischen stattgefundenen Alkofahrt - sich auch gegenwärtig offenkundig wieder wohl verhaltende Berufungswerber noch ein weiteres Jahr nicht verkehrszuverlässig sein sollte. Dies würde im Ergebnis die Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von vier Jahren ausschließen, würde man den Zeitfaktor nach einer solchen Wertungstatsache (die gerichtlichen Straftaten) unberücksichtigt lassen. Nicht zu übersehen ist im gegenständlichen Fall darüber hinaus, dass bei der Tatausübung ein Kraftfahrzeug in Wahrheit in keinem sachlichen Zusammenhang mit den Sittlichkeitsdelikten stand und demnach eine derart gelagerte Straftat durch das Lenken eines KFZ auch nicht als erleichternd erachtet werden kann, wenngleich der Berufungswerber seine frühere Lebensgefährtin zum Einsteigen in ihr Fahrzeug zwang und er dieses widerrechtlich in Betrieb nahm (vgl. dazu u.a. VwGH 21. September 1990, Zl. 90/11/0076, und vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/11/0250, weiters das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1999, Slg. Nr. 15.431).

Warum das Entzugsverfahren auch mit Blick auf den schon früheren Anlass des zur gerichtlichen Verurteilung führenden Verhaltens trotz des Vorliegens des Schuldspruches bereits am 27.9.2002 und des Berufungsurteils schließlich im April 2003 wohl noch am 7. April fortgesetzt, schließlich jedoch erst mit dem hier angefochtenen Bescheid in erster Instanz erst sechs Monate später abgeschlossen hat, bleibt unerfindlich. Dies insbesondere mit Blick auf die hier ebenfalls schon mehr als ein Jahr zurückliegende Alkofahrt und des daraus sich ergebenden bis zum 30. 9. 2003 bestehenden "kalten Entzuges".

Ist der Rechtsbegriff der "Wertung" von bestimmten Tatsachen an sich schon ein weitgehend Unbestimmter, so muss dieser, letztlich wie der Oö. Verwaltungssenat bereits mehrfach ausgesprochen hat, mit empirisch nachvollziehbarem Inhalt erfüllt werden (siehe h. Erkenntnis VwSen-520079 v. 3. Jänner 2003). Wollte man daher eine solche Tatsache weitgehend losgelöst einerseits vom Zeitlauf eines "zu wertenden" Ereignisses und andererseits ungeachtet eines dazwischenliegenden Verhaltens eines Betroffenen für einen Entzug der Lenkberechtigung zur Anwendung bringen, würde dies einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot indizieren.

Im Lichte dessen lässt sich in verfassungskonformer Interpretation dieser Vorschrift, eine Prognoseentscheidung mehr als drei Jahre nach dem an sich, "als bestimmte Tatsache" geltenden Ereignisses - welches darüber hinaus auf keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges basiert - die eine Verkehrszuverlässigkeit noch vier Jahre nach dem Ereignis, sachlich nicht mehr vertreten (vgl. dazu VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149 mwN).

Mit Blick auf die obigen Ausführungen hat auch eine in die Haftzeit an sich nicht einzurechnende und damit zusätzliche Erstreckung der Entzugszeit, die hier gegebenenfalls unter Abzug der Vorhaft noch mit zwei Monaten und elf Tage zu Buche schlagen würde, außer Betracht bleiben. Im FSG besteht darüber hinaus diesbezüglich keine Regelung.

 

5.2. Nach § 24 Abs.3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

 

5.2.1. Dennoch schien die nunmehr festgelegte Entzugsdauer im Umfang von 15 Monaten angemessen. Einerseits hat der bis zu diesem Ereignis verwaltungsstrafrechtlich unbescholtene Berufungswerber ein Fahrzeug unter erheblichem Alkoholeinfluss gelenkt und in diesem Zustand einen Verkehrsunfall - laut eigener Angabe durch Unachtsamkeit - verschuldet. In einen solchen Fall ist in Wertung dieser Tatsache auch bei einem erstmaligen Lenken unter gravierendem Alkoholeinfluss eine Entzugsdauer von 10 Monaten durchaus vertretbar (VwGH 28.5.20022000/11/0078). Darüber hinaus war hier das zur gerichtlichen Verurteilung führende Verhalten des Berufungswerbers, welches für sich besehen an einer Sinneshaltung die die Verkehrszuverlässigkeit für längere Zeit ausschließt nicht zweifeln lässt, durchaus noch für die Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, wobei es vertretbar scheint von der Verkehrszuverlässigkeit nach nunmehr 15 Monaten nach der Abnahme des Führerscheins und einem mehr als dreijährigen Zurückliegen der Tat bei zwischenzeitigem anlassbezogenem Wohlverhalten (ab 4.11.2003) als wieder gegeben anzunehmen (vgl. VwGH 28.6.2001, 2001/11/0153).

Im Ergebnis kommt somit den Berufungsausführungen Berechtigung zu, wobei wirtschaftliche Interessen am Besitz der Lenkberechtigung gegenüber dem Interesse nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen zurücktreten bzw. nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Nach ständiger Judikatur des VwGH kann (hat!) die Behörde iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E 24 zu § 64 AVG (Seite 12.229) zitierten zahlreichen Entscheidungen.

Der Berufung kam somit im Ergebnis teilweise Berechtigung zu.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

Beschlagwortung:
Sachlichkeitsgebot, Prognosenentscheidung
 
 

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