Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520417/7/Bi/Be

Linz, 12.11.2004

 

 

 VwSen-520417/7/Bi/Be Linz, am 12. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn H P, vertreten durch RA Dr. M L, vom 1. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 23. Juli 2003, VerkR21-112-2003-GG, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Aufforderung, den Führerschein unverzüglich ab Rechtskraft des Bescheides abzuliefern, zu Recht erkannt:
 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Freistadt am 15. Mai 1996, VerkR20-550-1995/FR, für die Klassen "A, B, C, F und F" erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z1 und 25 FSG für einen Zeitraum von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides entzogen und er gemäß § 29 FSG aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides abzuliefern.

Begründet wurde dies damit, gegen den Bw sei vom GP Sandl Anzeige erstattet worden, weil er am 15. Februar 2003 um ca. 2.00 Uhr bei einer tätlichen Auseinandersetzung auf der Toilette des Tanzcafes "K-O" in Neumarkt, Kronast 2, S.K. und H.L. verletzt habe, wobei S.K. einen Nasenbeinbruch und H.L. eine Gehirnerschütterung, eine Schwellung und eine Platzwunde beim linken Ohr und eine Wunde im Bereich der Lippen sowie eine Verletzung des Halses erlitten hätten. Für die Behörde stehe fest, dass er damit eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 StGB begangen habe.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 27. September 2003.





2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1
2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass es zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen sei. Dabei sei er von den beiden Herren völlig grundlos angegriffen worden und habe vom ihm zustehenden Notwehrrecht Gebrauch gemacht, habe aber selbst keine Angriffshandlungen gesetzt. Die Behauptung einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 StGB sei völlig aus der Luft gegriffen. Die Erstinstanz hätte den Ausgang eines etwaigen Strafverfahrens abwarten müssen und nicht mit einer "Vorverurteilung" vorgehen dürfen. Beantragt wird Bescheidaufhebung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Weiters wurde ein Ersuchen an das Bezirksgericht Freistadt gerichtet um Information über den Ausgang eines gerichtlichen Strafverfahrens gegen den Bw und Übermittlung eines rechtskräftigen Urteils.

Seitens des BG Freistadt wurde telefonisch am 5. August 2004 mitgeteilt, dass im Verfahren 1U 123/u3t zwar ein Urteil vom 3. August 2004 ergangen ist, gegen dieses jedoch ein Rechtsmittel eingebracht wurde, sodass mit noch längerer Verfahrensdauer zu rechnen sein werde.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses
Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z10 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.



Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Das laut Anzeige dem Bw zur Last gelegte Delikt wäre als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z10 FSG anzusehen. Das Urteil ist jedoch bislang nicht rechtskräftig und es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht den Bw freispricht. Aus diesem Grund wurde auch bis jetzt seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates zugewartet, wobei mittlerweile seit Einlangen des Rechtsmittels bei der Erstinstanz am 2. Oktober 2003 mehr als ein Jahr vergangen ist.

Unabhängig davon war aber zu bedenken, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. April 2002, 2001/11/0149, ausgesprochen hat, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrsunzuverlässigkeit (§7 FSG) zufolge § 25 Abs.3 FSG nur dann rechtmäßig sei, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides mit Recht annehmen durfte, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der Entziehungsdauer eintreten (vgl Erk
v 23.11.2001, 2000/11/0017, mit Vorjudikatur).

Auf den gegenständlichen Fall bezogen ist davon auszugehen, dass die Erstinstanz zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides, dh am 27. September 2003, davon ausging, der Bw werde, gerechnet ab diesem Zeitpunkt, noch für weitere drei Monate, dh bis 27. Dezember 2003, verkehrsunzuverlässig sein, somit für insgesamt mehr als 10 Monate, gerechnet ab der "Tat" am 15. Februar 2003.

Bezogen auf den jetztigen Zeitpunkt - nunmehr sind ab der "Tat" 21 Monate vergangen - würde das aber bedeuten, dass bis jetzt und für weitere drei Monate von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw auszugehen wäre, dh bis Februar 2005. Eine solche Wertung der - immer noch nicht als erwiesen anzunehmenden - bestimmten Tatsache ließe jedoch die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen Zeitraum von insgesamt 24 Monaten zweifellos als rechtswidrig erkennen. Eine Entziehung der Lenkberechtigung nach so langer Zeit wäre daher nicht mehr zu rechtfertigen, sodass es sich auch erübrigt, weiter auf die Rechtskraft eines Gerichtsurteiles zu warten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

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