Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-52041913Bi/Be

Linz, 20.04.2004

 

 

 VwSen-52041913Bi/Be Linz, am 20. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, vertreten durch RA Dr. H R, vom 17. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 23. September 2003, VerkR21-799-2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Anordnung einer Nachschulung, Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, Lenkverbot ausgenommen Arbeitsfahrten und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die - gleichzeitig für die Dauer des Lenkverbotes gemäß § 32 FSG maßgebende - Entziehungszeit auf 18 Monate, gerechnet ab 31. Oktober 2002 (Datum der vorläufigen Abnahme des Führerscheins), dh bis 30. April 2004, herabgesetzt wird.

Die Anordnung der Nachschulung sowie der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme wird behoben.

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw)

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 3. Oktober 2003.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

2. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ihm werde angelastet, am 31.10.2002 um 12.10 Uhr in alkoholbeeinträchtigtem Zustand den Pkw in Vöcklabruck auf der Gmundnerstraße Richtung B1 gelenkt, auf Höhe des Hauses Nr.47/49 einen auf dem Schutzweg gehenden Fußgänger übersehen und es nach dem anschließenden Verkehrsunfall mit Personenschaden unterlassen zu haben, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und die nächste Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen. Der Bescheid sei insofern zu Unrecht ergangen, als er nach dem Verkehrsunfall einen großen Schock gehabt und anschließend im Cafe S eine Halbe Bier und anschließend in Timelkam in der Grillparzerstraße 33 weiter Bier getrunken habe, nämlich nicht nur 2 Halbe sondern 3 Halbe und 1/4 l Bier. Er habe sich auch hinsichtlich der Trinkverantwortung in einem Ausnahmezustand befunden, wobei auch sein könne, dass die Beamten etwas falsch verstanden hätten. Die Behörde habe kein Ergänzungsgutachten zum erhöhten Alkoholkonsum eingeholt. Obwohl der Fußgänger nach dem Unfall aufgestanden sei und erklärt habe, er sei nicht verletzt, habe er die Gendarmerie verständigt, obwohl er die Schürfwunden des Fußgängers im Schockzustand nach seiner Erinnerung nicht gesehen habe. Er sei wegen seines Schockzustandes nicht in der Lage gewesen zu erkennen, ob der Fußgänger verletzt war, habe aber aufgrund der Angaben des Fußgängers davon

 

ausgehen können, dass dieser nicht verletzt gewesen sei. Er sei aufgrund seines Zustandes verschuldensunfähig gewesen.

Dass er unmittelbar nach dem Unfall die Gendarmerie geholt habe, spreche ebenfalls dafür, dass er sich zu dieser Zeit nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben könne, weil sein Verhalten dann lebensfremd wäre.

Die Nichtaufnahme der erforderlichen Beweise, insbesondere seine Vernehmung zur Trinkverantwortung und eine Gutachtensergänzung, stelle einen Mangel dar, der eine richtige Sachverhaltsfeststellung der Behörde wegen unrichtiger Beweiswürdigung verhindere.

Beim BG Vöcklabruck sei ein Verfahren wegen des Verdachtes des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 3 (§ 81 Z2) StGB anhängig. Diesbezüglich wird um Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens ersucht.

Da die Behörde zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass er zum Unfallszeitpunkt wegen seines Schockzustandes eine Verletzung des Fußgängers nicht erkennen habe können und dass er sich zum Unfallszeitpunkt nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, wird die Aufhebung des Bescheides und Verfahrenseinstellung, in eventu die Einholung eines medizinischen Gutachtens im Sinne der Trinkverantwortung sowie Einholung des Strafaktes 4U 436/02s des BG Vöcklabruck nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, beantragt.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und weitere Ermittlungen.

Aus dem von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt geht hervor, dass der Bw von Insp Zehetner des GP Vöcklabruck zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 31. Oktober 2002 gegen 12.10 Uhr den Leihwagen VBim Ortsgebiet von Vöcklabruck auf der Gmundnerstraße Richtung B1 gelenkt habe, wobei er beim Schutzweg auf Höhe der Häuser 47/49 den die Fahrbahn überquerenden M Z frontal mit dem Pkw erfasst habe, der gegen die Windschutzscheibe und anschließend auf die Fahrbahn geschleudert und dabei (Näheres unbekannt) verletzt worden sei. Der Bw habe den Verkehrsunfall telefonisch beim GP Vöcklabruck angezeigt, jedoch sei ihm, weil er mitgeteilt habe, Z sei nicht verletzt, gesagt worden, dann sei eine Unfallsaufnahme nicht erforderlich. Einige Minuten später habe eine Passantin telefonisch beim GP mitgeteilt, dass Z doch verletzt sei. Beim Eintreffen der Beamten sei der Bw nicht mehr anwesend gewesen. Eine Passantin habe den Beamten mitgeteilt, der Bw habe einen stark alkoholisierten Eindruck gemacht. Erst gegen 15.00 Uhr sei der Bw in Timelkam angetroffen worden. Der um 15.02 Uhr von RI R mit dem Bw durchgeführte Alkotest ergab laut Messstreifen einen AAG von 0,75 mg/l, der um 15.03 Uhr einen AAG von 0,77 mg/l, wobei der Bw angegeben habe, am Vormittag zwischen 10.30 und 11.00 Uhr eine Halbe Bier und von 12.30

bis 12.45 Uhr eine Halbe Bier und von 14.00 Uhr bis 14.45 Uhr zwei Halbe Bier getrunken zu haben.

Laut von RI R ausgestellter Bescheinigung gemäß § 76 Abs.1 KFG 1967 vom 31. Oktober 2002 wurde dem Bw an diesem Tag in Timelkam der Führerschein wegen übermäßigen Alkoholgenusses vorläufig abgenommen.

Mit rechtskräftigem (6.4.2004) Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 1. April 2004, 4U 436/02s, wurde der Bw wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs.1 StGB schuldig gesprochen, am 31. Oktober 2002 um ca 12.10 Uhr im Ortsgebiet von Vöcklabruck als Lenker des Pkw VB-4URZ dadurch, dass er auf der Gmundnerstraße stadtauswärts in Richtung Wiener Bundesstraße 1 fahrend auf Höhe des Hauses Gmundnerstraße 47-49 verspätet durch Einleitung einer Bremsung auf das Überqueren der Fahrbahn auf dem dortigen Schutzweg durch den Fußgänger M Z reagierte bzw nicht vor dem Schutzweg anhielt, wodurch es geschehen konnte, dass er den Fußgänger Z frontal mit dem Pkw erfasste, wodurch Z zuerst gegen die Windschutzscheibe und anschließend wieder auf die Fahrbahn geschleudert wurde und dabei Prellungen der rechten Hand und des linken Unterschenkels, jeweils mit Hautabschürfungen, erlitt, fahrlässig M Z am Körper verletzt bzw an der Gesundheit geschädigt zu haben, und wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 30 Tage EFS, verurteilt.

Eine Alkoholbeeinträchtigung war auf der Grundlage des medizinischen Gutachtens Dris. J H, Sachverständiger für gerichtliche Medizin, nicht erweisbar.

Weiters geht aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt hervor, dass der Bw am 21. Oktober 2002, 7.30 Uhr, den Pkw in Neukirchen adV rückwärts aus der Hauszufahrt zum Haus Unterthumberg 2 in Richtung Jochlinger Landesstraße gelenkt habe, wobei er insofern einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe, als er gegen eine Stein/Beton-Gartensäule gestoßen sei und diese umgefahren und beschädigt habe. Der Alkotest um 15.20 Uhr ergab 0,48 mg/l und um 15.13 Uhr 0,50 mg/l AAG, wobei sich der Bw damit verantwortete, zwischen 10.00 und 12.00 Uhr des Unfalltages 5-6 Halbe Bier getrunken zu haben.

Er wurde mit Straferkenntnis der Erstinstanz vom 11. Dezember 2002, VerkR96-29908-2002, rechtskräftig (Rechtsmittelverzicht) bestraft wegen Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960, weil er es, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten nicht erfolgt sei, und gemäß §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960, weil er es unterlassen habe, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er nach dem Unfall 5-6 Halbe Bier in Form eines Nachtrunks zu sich genommen habe.

Weiters geht aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt hervor, dass laut einer Anzeige des GP St. Georgen/A der Bw am 27. Juli 2003 gegen 3.30 Uhr in Attersee vor dem Haus Hauptstraße 18 angeblich in eine "Schlägerei" verwickelt war, wobei er um 3.55 Uhr von den Beamten stark alkoholisiert angetroffen wurde und an der Nase blutete. Der Bw konnte sich aufgrund seiner Alkoholisierung nicht an den Vorfall erinnern, vermutlich habe er jemanden "angestänkert". Im Krankenhaus wurde ein Nasenbeinbruch diagnostiziert und er wies Abschürfungen an beiden Unterarmen auf.

Nach Mitteilung des Bezirksanwaltes beim BG Frankenmarkt vom 18. November 2003, 22 BAZ 514/03 k, wurde das Verfahren gegen unbekannte Täter zum Nachteil des Bw wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB gemäß § 412 StPO abgebrochen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses
Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, dass an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat...

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine

Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen...

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.4, 25 Abs.1, 26 und 29 Abs.1 bis 3 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

  1. ausdrücklich zu verbieten,
  2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden, oder
  3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

Das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges entgegen einer behördlichen Verfügung nach Z1, 2 oder 3 ist unzulässig. Eine solche Verfügung ist aufzuheben, wenn der Grund für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist.

Im Hinblick auf den Vorfall vom 31. Oktober 2002 wurde der Bw wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 Abs.1 StGB vor dem BG Vöcklabruck rechtskräftig verurteilt, wobei ihm ein Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nicht nachgewiesen werden konnte. Er hat einen Fußgänger, der im Ortsgebiet Vöcklabruck die Gmundnerstraße auf dem Schutzweg überquerte, niedergefahren, weil er sich nach eigenen Worten darauf konzentriert hatte, ob er einen auf dem Gehsteig gehenden Fußgänger als Bekannten identifiziern könne. In der Zwischenzeit näherte er sich dem Schutzweg und dem darauf befindlichen Fußgänger M Z so, dass ihm ein rechtzeitiges Abbremsen nicht mehr möglich war und er den Fußgänger frontal anfuhr, sodass dieser auf die Windschutzscheibe des vom Bw gelenkten Pkw und dann hinunter auf die Fahrbahn geschleudert wurde.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, der Bw habe zwar die Gendarmerie verständigt, jedoch, obwohl der Fußgänger geblutet aber ihm gegenüber eine Verletzung und eine erforderliche Hilfeleistung verneint habe, den Verkehrsunfall als solchen mit Sachschaden geschildert, sodass seitens der Gendarmerie die Erforderlichkeit einer Unfallaufnahme verneint wurde. Als dann auf telefonisches Ersuchen einer Passantin doch die Gendarmerie an der Unfallstelle eintraf, hatte sich der Bw bereits entfernt. Der Fußgänger wurde dann mit der Rettung ins Krankenhaus Vöcklabruck eingeliefert; laut Gerichtsurteil erlitt er

Prellungen der rechten Hand und des linken Unterschenkels mit Hautabschürfungen. Dem Bw wurde im angefochtenen Bescheid ein Unterlassen einer sofortigen Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Personenschaden angelastet, wobei er sich damit verantwortete, der Fußgänger habe weder die Gendarmerie noch die Rettung gewollt. Dass er geblutet, allerdings zum Bw gesagt habe, es sei ihm "nichts tragisches passiert", hat der Zeuge M Z am 10. Dezember 2002 vor der Erstinstanz bestätigt.

Auch wenn hinsichtlich der zunächst mit einer Beeinträchtigung durch Alkohol verbundenen Tatanlastung aufgrund des vom Bw konsumierten Nachtrunks die Beweise für eine Alkoholbeeinträchtigung zum Unfallszeitpunkt nicht ausreichend waren, daher kein Entzugstatbestand im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 und 2 FSG gegeben war, und das von der Erstinstanz zugrundgelegte Unterlassen einer sofortigen Verständigung der Gendarmerie von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden im Sinne des § 4 Abs.2 StVO für sich allein keine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs.3 FSG darstellt, ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht verwehrt, das auf der Grundlage des rechtskräftigen Urteilsspruches unbestritten feststehende Verhalten des Bw rechtlich zu würdigen und davon auszugehen, dass der Bw mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken von Kraftfahrzeugen maßgebenden Verkehrsvorschriften insofern verstoßen hat, als er sich im Ortsgebiet offenbar mit angepasster Geschwindigkeit, aber ohne vorausschauende Fahrweise und mit fehlender Aufmerksamkeit einem auf einem Schutzweg befindlichen Fußgänger genähert und zu spät einen Bremsvorgang eingeleitet hat, sodass das Niederfahren des Fußgängers nicht mehr zu verhindern war. Der Bw hat das Zustandekommen des Unfalls damit erklärt, er habe auf dem Gehsteig eine Person gesehen, die er für einen Bekannten gehalten habe, sich auf diese Person konzentriert und dabei den Fußgänger auf dem Schutzweg übersehen.

Gemäß § 9 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

Gerade im Ortsgebiet darf sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges einem Schutzweg nur mit solcher Aufmerksamkeit nähern, dass ihm nicht nur beim tatsächlichen Überqueren des Schutzweges durch einen Fußgänger, sondern bereits dann, wenn ein Fußgänger den Schutzweg erkennbar überqueren will, ein rechtzeitiges Anhalten des Fahrzeuges vor dem Schutzweg möglich ist. Das Verhalten des Bw, der infolge - möglicherweise auch alkoholbedingter - Unaufmerksamkeit (der Bw hat den Konsum von einigen Gespritzten in der Nacht vorher und einer Halben Bier eine Stunde vor

dem Unfall bestätigt) und dadurch verzögerter Bremsung den bereits im Überqueren des Schutzweges begriffenen Zeugen frontal mit dem Pkw erfasst und niedergefahren hat, ist zweifellos als besonders rücksichtslos anzusehen.

Im Hinblick auf § 7 Abs.3 Z3 FSG war somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache auszugehen, wobei im Rahmen der Wertungskriterien des § 7 Abs.5 FSG, die auch für die der Festsetzung der Dauer der Entziehung zugrundliegenden Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen wird, maßgebend sind, zu bedenken war:

Der 1979 geborene Bw hat im Jahr 1997 eine Lenkberechtigung erworben, die ihm wegen § 5 StVO im Jahr 1999 für sieben Monate und 2000/2001 für ein Jahr wegen fehlender Verkehrszuverlässigkeit (Alkohol) entzogen wurde. Am 30. Mai 2001 wurde ihm wegen eines Verkehrsunfalles während des Entzuges die Lenkberechtigung befristet erteilt und am 18. Juni 2002 verlängert. Am 21. Oktober 2002 verursachte der Bw einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und Fahrerflucht, wobei er im Nachhinein größere Mengen Alkohol (nach eigenen Angaben 5-6 Halbe Bier) trank.

Am 31. Oktober 2002, 10 Tage später, verursachte er einen Verkehrsunfall mit Personenschaden, wobei er nach eigenen Angaben bereits vorher Alkohol getrunken und im Nachinein wiederum eine größere Menge Alkohol (siehe die nunmehrigen Nachtrunkangaben) konsumiert hatte, jedoch ein Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (§ 81 Abs.2 StGB) nicht erweisbar war.

Die Erstinstanz vertritt laut Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, dass es der Zeit von drei Jahren bedürfe, bis der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt. Dabei wurde der oben näher dargelegte zweimalige Entzug wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, davon beim ersten Entzug ein Verkehrsunfall, vor der gegenständlichen Entziehung der Lenkberechtigung gewertet.

Trotzdem muss aufgrund der Nichterweisbarkeit einer relevanten Alkoholbeeinträchtigung des Bw beim Verkehrsunfall vom 31. Oktober 2002 die festgesetzte Entziehungsdauer von drei Jahren als zu lang angesehen werden.

Die nunmehr festgesetzte Entziehungsdauer berücksichtigt den Umstand, dass beim Bw offenbar die bisherigen Entzüge seiner Lenkberechtigung, zuletzt für die Dauer eines Jahres, einen Sinneswandel im Hinblick auf seine Einstellung zur Einhaltung der Verkehrsvorschriften und zu damit einhergehenden verfassungsrechtlich geschützten Werten (Leben und Gesundheit von Menschen beim Vorfall vom 31. Oktober 2002, Unversehrtheit des Eigentums beim Vorfall vom 21. Oktober 2002) nicht zu bewirken vermochten.

Die Nichtmeldung eines Verkehrsunfalles und das Entfernen von der Unfallstelle vor einer eventuellen Feststellung des körperlichen und geistigen Zustandes sowie der anschließende Konsum größerer Mengen Alkohol spiegelt die gleichgültige und im Hinblick auf Verkehrszuverlässigkeit verwerfliche Einstellung des Bw wieder, auch


wenn er die Nichtverständigung der Gendarmerie vom Verkehrsunfall mit Personenschaden vom 31. Oktober 2002 mit einem Schockzustand nach dem Niederfahren des Fußgängers und einem möglichen Missverständnis insofern, als der Fußgänger, was dieser auch zeugenschaftlich bestätigt hat, eine Verletzung verneint und die Verständigung der Rettung abgelehnt hat, begründet. Es ist zwar richtig, dass die Verständigungspflicht des § 4 Abs.2 StVO schon bei geringsten Verletzungen besteht, wobei dem Bw eine blutende Hand des Fußgängers insofern aufgefallen sein muss, als er ihn sonst nicht gefragt hätte, ob er das Krankenhaus aufsuchen wolle (Aussage vom 15. Jänner 2003). Von einem (schuldausschließenden) "Schockzustand" im medizinischen Sinn kann aber keine Rede sein, weil der Bw dann jedenfalls nicht in der Lage gewesen wäre, unmittelbar nach dem Unfall ein Lokal in Vöcklabruck aufzusuchen und dort Alkohol zu trinken. Dass er nach Verständigung der Gendarmerie durch eine Passantin die Unfallstelle vor dem zu erwartenden Eintreffen der Gendarmerie verlassen und in den nächsten drei Stunden nach dem Unfall 3 bis 4 Halbe Bier getrunken hat, ist in die Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG sehr wohl einzubeziehen.

Zum Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und des Verhaltens während dieser Zeit ist festzuhalten, dass zwar beim Vorfall vom 27. Juli 2003 eher der Bw aufgrund eines erlittenen Nasenbeinbruches den Schaden hatte, jedoch der Bw aufgrund seiner starken Alkoholisierung auffiel, auch wenn er zu Fuß angetroffen wurde. Die Einstellung des Bw zu Alkohol ist aber nicht primär eine Frage der Verkehrszuverlässigkeit, sondern eher der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

Dass sich der Bw ansonsten unauffällig verhalten hat, war wegen des anhängigen Verfahrens betreffend den Entzug seiner Lenkberechtigung zu erwarten und kann dem nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden.

Es bedarf der nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer von 18 Monaten, um beim Bw eine Änderung der Sinnesart im Hinblick auf § 7 Abs.1 Z1 FSG zu bewirken. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt zur Überzeugung, dass der Bw erst nach Ablauf dieses Zeitraumes wieder als verkehrszuverlässig anzusehen ist.

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung - mag eine solche auch subjektiv als Strafe empfunden werden - handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer. Diese Maßnahme verfolgt nur den Zweck, verkehrsunzuverlässige Personen für die Dauer ihrer Verkehrsunzuverlässigkeit von der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker auszuschließen.

Für die Berechnung der Zeitraumes der Entziehung der Lenkberechtigung und des Lenkverbotes gemäß § 32 FSG ist der Zeitpunkt der vorläufigen Abnahme des Führerscheins heranzuziehen, das war der 31. Oktober 2002 laut der an diesem Tag, 15.15 Uhr, ausgestellten Bescheinigung gemäß § 76 StVO. Beginn und Ende der


Entziehungszeit waren daher unter Zugrundelegung dieses Datums zu berechnen und der Spruch des Bescheides dahingehend zu ändern.

Da fehlende Verkehrszuverlässigkeit auch das Kriterium für den Ausspruch eines Lenkverbotes gemäß § 32 FSG ist, war auch diesbezüglich für die neu festgesetzte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit das Verbot einzuschränken.

Die Anordnungen einer Nachschulung und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme waren auf der Grundlage des § 24 Abs.3 1.Satz FSG aufzuheben.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum