Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520461/2/Ki/Sta

Linz, 04.12.2003

 

 

 VwSen-520461/2/Ki/Sta Linz, am 4. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn M S, H, S, vom 18.11.2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10.11.2003, Zl. VerkR21-377-2003/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung sowie Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen mangels gesundheitlicher Eignung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

 

 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG und 67a AVG iVm §§ 3 Abs. 1 Z.3, 8 Abs. 3 Z4 und 24 Abs.1 FSG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber mit Wirkung vom 10.11.2003 die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 10.6.1976 unter Zl. Se-56/119-1976 für die Klasse B (aktueller FS: BH-LL vom 12.7.1996, Zl. VR20-2535-1996/LL für die Klasse B) erteilte Lenkberechtigung entzogen (Punkt 1), gleichzeitig die Dauer der Entziehung und die Dauer des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Nichteignung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides festgesetzt (Punkt 2) und überdies die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt (Punkt 3).
  2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 22.10.2003, wonach der Berufungswerber derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahr-zeugen nicht geeignet sei. Im Interesse der Sicherheit aller Straßenbenützer seien Personen, die zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich nicht ausreichend geeignet sind, unverzüglich von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen und es sei daher wegen Gefahr im Verzug im Interesse des öffentlichen Wohles einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

     

  3. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 18.11.2003 Berufung erhoben, diese Berufung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das nach Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

    Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).
  4. Eine ausdrückliche Begründung hat der Berufungswerber nicht gegeben, inhaltlich strebt er jedoch offensichtlich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides an. Er kündigte an, er werde entsprechende Labortests machen.

     

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.
  6. Daraus ergibt sich, dass am 25.3.2003 anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle bei Herrn S ein durchgeführter Alkotest einen Alkoholisierungsgrad im Ausmaß von 0,90 mg/l (das sind 1,8 Promille Blutalkoholgehalt) ergeben hat. Durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde ihm daraufhin für die Dauer von 4 Monaten die Lenkberechtigung entzogen und es wurde überdies angeordnet, dass er sich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme (einem Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) zu unterziehen und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu bringen habe.

    Der die Untersuchung durchführende Verkehrspsychologe führte in der verkehrspsychologischen Stellungnahme zusammenfassend aus, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in bestimmten Bereichen Einschränkungen zeigen würden, welche jedoch im Gesamtkontext der gezeigten Leistungen noch als ausreichend kompensierbar zu beschreiben wären. Eignungsausschließenden Charakter habe jedoch die Befundlage zur Persönlichkeit. Aus der Vorgeschichte sei ein grundsätzlich auffälliges Alkoholkonsumverhalten mit deutlich erhöhter Alkoholtoleranz zu erschließen. Dies sei als Gefährdungsmoment für neuerliche Trunkenheitsfahrten zu werten, da eine subjektive Beeinträchtigung durch den Alkoholkonsum erst bei Alkoholisierungsgraden einsetze, bei denen die rationale Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert sei. Auch müsse ein grundsätzlich eingeschränktes Problembewusstsein für die Alkoholproblematik im Straßenverkehr aus der Vorgeschichte abgeleitet werden. Eine positive Einstellung oder Verhaltensänderung habe seit dem letzten Führerscheinentzug (der Führerschein wurde bisher insgesamt drei Mal wegen eines Alkoholdeliktes im Straßenverkehr entzogen) offensichtlich nicht stattgefunden. Hiefür dürfte eine mangelnde Fähigkeit bzw. Bereitschaft zur Selbstreflexion eigenen Verhaltens bzw. eine mangelnde Fähigkeit aus Fehlern zu lernen, verantwortlich sein. Auch würden sich beim Untersuchten Tendenzen zur Verdrängung negativer Verhaltenskonsequenzen zeigen. Mit einer positiven Persönlichkeitsentwicklung sei daher in naher Zukunft nicht zu rechnen, da eine tiefgreifende Einstellungs- und in Folge Verhaltensänderung eine selbstkritische und ich-bezogene Auseinandersetzung mit den gesetzten Delikten und ihren Ursachen voraussetze. Derzeit sei daher eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für neuerliche Trunkenheitsfahrten und eine nur ungenügende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben.

     

    Der Gutachter kam im Ergebnis zur Auffassung, dass vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus Herr S zum Lenken von KFZ der Klasse B derzeit nicht geeignet ist. Weiters wurde zur Durchbrechung der auffälligen Alkoholkonsummuster und zur Senkung der erhöhten Alkoholtoleranz eine zumindest 6-monatige, betreute Alkoholabstinenz für nötig befunden. In diesem Falle erscheine unter Berücksichtigung der kognitiven Dissonanztheorie auch eine hinreichende Einstellungsänderung wahrscheinlich. Sollte der Untersuchte eine zumindest 6-monatige Alkoholabstinenz glaubhaft machen können, werde die Überprüfung der geänderten Eignungsvoraussetzungen durch eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung empfohlen.

     

    Am 21.10.2003 wurde Herr S amtsärztlich untersucht. Nach der erforderlichen Befundaufnahme kam die medizinische Sachverständige ebenfalls zum Ergebnis, dass aus amtsärztlicher Sicht derzeit eine negative Beurteilung erfolgen müsse.

     

    Die klinische Untersuchung habe gerötete Augenbindehäute gezeigt, beim FNV habe Herr S mehrere Versuche gebraucht, der FFV sei nicht möglich gewesen, den Geh- und Drehversuch habe er aber sicher geschafft. In der Anamnese habe Herr S völlig unglaubwürdige Angaben zu seinem Alkoholkonsumverhalten gegeben. Bei einem Alkoholkonsum von nicht mehr als einem Bier in der Woche sei es nicht vorstellbar, dass ein Alkoholisierungsgrad von 1,8 Promille nicht gespürt worden sei. Wenn bei einer derart hohen Alkoholisierung keine subjektive Beeinträchtigung verspürt werde, bestehe eine hohe Alkoholtoleranz, die nur durch längerfristigen hohen Alkoholkonsum erreicht werden könne. Es sei bei Herrn S der dritte Führerscheinentzug wegen Alkoholisierung, wobei die beiden anderen Entzüge bereits länger zurückliegen würden. Einsicht in die Alkoholproblematik sei bei der Untersuchung nicht zu erkennen gewesen.

     

    Der Laborbefund sei unauffällig gewesen, die verkehrspsychologische Untersuchung habe Einschränkungen der kraftfahrspezifischen Leistungen in Teilbereichen gezeigt, eignungsausschließend sei aber der Persönlichkeitsbefund mit eingeschränktem Problembewusstsein, mangelnder Bereitschaft zur Selbstreflexion und zum Lernen aus Fehlern gewesen. Es seien Tendenzen zum Verdrängen negativer Verhaltenskonsequenzen festgestellt worden. Aus verkehrspsychologischer Sicht bestehe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für neuerliche Trunkenheitsfahrten und eine nur ungenügende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Negativ sei auch zu bewerten, dass Herr S zum ersten Termin beim Verkehrspsychologen alkoholisiert erschienen sei. Er habe um 7.50 Uhr eine Alkoholisierung von
    0,37 Promille gehabt. Erklärt sei das mit Restalkohol vom Vorabend worden, wobei aber die angegebenen Trinkmengen nicht mit dem Alkoholisierungsgrad korrelieren und auch den eigenen Angaben zu den Trinkgewohnheiten widersprechen würden.

     

    Auf Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vermag an dem amtsärztlichen Gutachten bzw. der verkehrspsychologischen Stellungnahme keine Zweifel zu hegen. Der Verkehrspsychologe hat für seine Stellungnahme einen umfangreichen Befund erhoben und die für die Beurteilung der fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale maßgeblichen Faktoren dargelegt. Das Ergebnis, vom Standpunkt der verkehrspsychologischen Begutachtung aus erscheine Herr S zum Lenken von KFZ der Klasse B derzeit nicht geeignet, ist so durchaus nachvollziehbar und wird seitens der Berufungsbehörde als schlüssig, widerspruchsfrei und nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehend beurteilt. Bemerkenswert ist, dass der Berufungswerber in alkoholisiertem Zustand zur verkehrspsychologischen Untersuchung erschienen ist.
  8. Die Ausführungen des Verkehrspsychologen hat die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land in ihrer Beurteilung berücksichtigt und daraus in Verbindung mit der amtsärztlichen Untersuchung die nötigen Schlüsse für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens gezogen. Auch diese Ausführungen sind schlüssig, widerspruchsfrei und nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen entgegenstehend. Entscheidend ist jedenfalls, dass der Berufungswerber derzeit Defizite im Persönlichkeitsbereich hat, welche die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufschließen.

     

  9. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

  1. ......
  2. ......
  3. ......
  4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet,

so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, grundsätzlich eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

 

    1. Das unter Punkt 4 dargelegte Beweisergebnis hat iSd zitierten Rechtsvorschriften ergeben, dass Herr S derzeit alkoholbedingt Defizite in den fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen aufweist und daher entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit zum Lenken von Kraftfahrzeugen bzw. auch von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen gesundheitlich nicht geeignet ist.
    2.  

    3. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz gesundheitlicher Nichteignung stellt eine immense Gefahr für die allgemeine Verkehrssicherheit dar, weshalb schon aus diesem Grunde von Gefahr in Verzug auszugehen ist. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung ist daher zu Recht erfolgt.

 

  1. Zusammenfassend wird festgestellt, dass Herr S durch den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

 

Auf die Hinweise der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bezüglich allfälliger Wiedererteilung der Lenkberechtigung wird verwiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Kisch

 
 

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