Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520482/2/Fra/Ka

Linz, 04.02.2004

 

 

 VwSen-520482/2/Fra/Ka Linz, am 4. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn MB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. GK, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15.12.2003, VerkR21-311-2003 Ga, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung sowie Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:
 
 
Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehungsdauer sowie das Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen mit sechs Monaten, gerechnet ab 11. August 2003, festgesetzt wird. Die Entziehungsdauer endet sohin mit Ablauf des 11. Februar 2004. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 
Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG; §§ 7 Abs.1, 7 Abs.3 Z1, 7 Abs.4, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 26 Abs.2 FSG
 
 
Entscheidungsgründe:

 
1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klassen "A, B, C, E (B), E (C1), E (C), F, G" auf die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab 11.08.2003, bis einschließlich 11.05.2004 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Weiters wurde ihm das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen ab Zustellung des Bescheides (22.08.2003) bis einschließlich 11.05.2004 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit verboten.
 
Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.
 
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) wie folgt erwogen hat:
 
2.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.
 
Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).
 
Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im
Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch
Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen
gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
 
Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr.566/1991, zu beurteilen ist.
 
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
 
Bei der Entziehung ist gemäß § 25 Abs.1 FSG auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird, wobei dieser auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen ist. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
 
Abweichend davon bestimmt § 26 Abs.2 FSG, dass im Falle der erstmaligen Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 (danach begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro,
im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l [1,6 Promille] oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt) beim Lenken eines Kraftfahrzeuges die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist.
 
Die Gründe dafür, dass die Entziehungsdauer in einem solchen Fall mit einer längeren Zeit als vier Monate bemessen werden darf, werden im Gesetz nicht ausdrücklich angeführt. Es müssen aber jedenfalls Gründe sein, die die aus der Begehung des erstmaligen Alkoholdeliktes hervorgehenden Sinnesart im Sinne des § 7 Abs.1 FSG - durch Trunkenheit beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit zu gefährden - als schwerer ins Gewicht fallend erscheinen lassen. Dazu sind die allgemeinen Kriterien der Wertung solcher bestimmter Tatsachen bei der Bemessung der Entziehungsdauer gemäß § 7 Abs.4 FSG heranzuziehen; diese Kriterien müssen ein zusätzliches erschwerendes Element erbringen, um eine vier Monate übersteigende Entziehung zu rechtfertigen.
 
Personen, die ua im Sinne des § 7 nicht verkehrszuverlässig sind, ua ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit gemäß § 32 Abs.1 Z1 das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
 
2.2. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land legte ihrer Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, der Bw habe am 11.8.2003 um 00.35 Uhr den PKW mit dem Kz.: im Ortsgebiet von Pichl auf der Innbachtal Landesstraße bei Strkm.10,6 gelenkt, wobei er sich in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Obwohl er aus dem Mund deutlich nach Alkohol roch, einen schwankenden Gang hatte, seine Sprache lallend war und seine Augenbindehäute deutlich gerötet waren und somit vermutet werden konnte, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, weigerte er sich am 11.8.2003 um 01.00 Uhr beim angeführten Tatort trotz Aufforderung, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, den Alkoholgehalt der Atemluft mit einem Alkoholmessgerät untersuchen zu lassen. Der schon mehr als vier, fünf Jahre zurückliegenden Entzug der Lenkberechtigung (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Zl. VerkR0402/2303/1991, wobei die Lenkberechtigung auf die Dauer von 24 Monaten bis einschließlich 21.10.1993 entzogen wurde, weil der Bw im Zusammenhang mit einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall mit Personenschaden die Blutabnahme verweigert hatte) wurde von der belangten Behörde nicht als bestimmte Tatsache gewertet, sondern wurde bei der Wertung und Prognoseentscheidung betreffend die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit berücksichtigt.
 
Das Alkoholdelikt im Jahre 1991 sowie das neuerliche Alkoholdelikt vom 11.8.2003 wird vom Bw nicht bestritten, weshalb ohne Weiteres vom Vorliegen einer bestimmten, die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache, im Sinne des § 7 Abs.1 FSG auszugehen ist. Da der Bw einer Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 zu verantworten hat, ist die zitierte Bestimmung des § 26 Abs.2 FSG anzuwenden.
 
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat folgende Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG vorgenommen.
 
Die Verkehrszuverlässigkeit ist ein charakterlicher Wertbegriff. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.
 
Wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom 23.1.1985, Zl. 84/11/0148, ausgesprochen hat, ist die Begehung von Alkoholdelikten schon für sich allein im hohen Maße verwerflich.
 
Was das Kriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die begangene strafbare Handlung gesetzt wurde, anlangt, ist festzustellen, dass alkoholbeeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil diese Lenker infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben. Dies hat sich beim oben geschilderten Vorfall vom 11.8.2003 dadurch eindrucksvoll bestätigt, dass der Bw in seinem Fahrzeug, welches auf der Fahrbahn abgestellt war, schlafend angetroffen wurde.
 
Zum Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit ist festzustellen, dass seit der Begehung der strafbaren Handlung am 11.8.2003 bis zur Einleitung des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung am 21.8.2003 (zu diesem Zeitpunkt wurde der Mandatsbescheid abgefertigt) lediglich ein Zeitraum von 10 Tagen verstrichen ist. Wenngleich sich der Bw der Aktenlage nach bisher wohlverhalten hat, so kann doch einem Wohlverhalten während eines derartig kurzen Zeitraumes - wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden. Diese Aussage gilt analog auch für jenen Zeitraum, der bis zur Erlassung dieser Berufungsentscheidung verstrichen ist.
 
Es ist sohin festzustellen, dass der Bw aufgrund des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes zu Recht als nicht verkehrszuverlässig anzusehen ist. Wenn der Bw in seiner Berufung meint, dass es im Entzugsbescheid, mit welchen ihm die Lenkberechtigung ohne jede Prüfung auf 12 Monate entzogen worden ist, wörtlich heißt "hinzu kommt, dass Sie ihr Fahrzeug unter besonders gefährlichen Verhältnissen so aufgestellt hatten, dass andere Straßenbenützer gefährdet wurden, dass sie mitten auf der Innbachtal Landesstraße standen, wobei das Fahrzeug trotz Dunkelheit nur mit Standlicht beleuchtet war und sie offensichtlich geschlafen haben", ist dem entgegenzuhalten, dass im nunmehr angefochtenen Entzugsbescheid die Annahme dieser besonders gefährlichen Verhältnisse nicht mehr aufrechterhalten wurde. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch die Bedachtnahme der belangten Behörde auf das bereits getilgte Alkoholdelikt im Rahmen der Wertung nach § 7 Abs.4 FSG. Dies entspricht der ständigen Judikatur des VwGH. Aus diesem Grund kann mit der Mindestentziehungsdauer von vier Monaten - wie beantragt - nicht das Auslangen gefunden werden. Der nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer im Ausmaß von sechs Monaten bedarf es, weil erst mit Ablauf dieses Zeitraumes der Bw wieder als verkehrszuverlässig anzusehen ist. Keinesfalls kann in diesem Zusammenhang der Umstand Berücksichtigung finden, dass - wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht - "gegen den Bw schon Anzeigen wegen des Verdachtes nach § 5 StVO erstattet wurden und aufgrund der internen Umstellung der Aktenverwaltung des GP Krenglbach diese nicht mehr aufscheinen." Wie aus diesem Satz hervorgeht, handelt es sich hiebei nicht um erwiesene Verwaltungsübertretungen, sondern lediglich um "verdächtige" Übertretungen und sind diese aus hier nicht zu untersuchenden Gründen nicht einmal dokumentiert.
 
Die Entzugsdauer war daher aufgrund des nicht bestrittenen Sachverhaltes anhand der dargestellten Wertungskriterien herabzusetzen. In gleicher Weise war gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen bis einschließlich 11.2.2004 zu verbieten.
 
Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweise:
 
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
 
 
Dr. F r a g n e r

 
 

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