Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520502/6/Fra/Ka

Linz, 09.03.2004

 

 

 VwSen-520502/6/Fra/Ka Linz, am 9. März 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn HB, vertreten durch die Rechtsanwälte Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.12.2003, VerkR21-190-2003, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B sowie Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung und Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen auf drei Monate, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Bescheides (2. Jänner 2004), festgesetzt wird. Weiters wird Punkt 4 des angefochtenen Bescheides behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) 1.) die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.7.1998 für die Klassen AV, A und B erteilte Lenkberechtigung entzogen, 2.) ausgesprochen, dass dem Bw die Lenkberechtigung für den Zeitraum von 10 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung und ohne Einrechnung allfälliger Haftzeiten entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf, 3.) den Bw das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, verboten und 4.) angeordnet, dass sich der Bw zusätzlich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten amtsärztlich untersuchen zu lassen hat und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu bringen hat. Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde angeordnet, dass der Bw den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern hat.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Für den Berufungsfall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG, in der Fassung BGBl. I Nr. 129/2002, maßgebend:

 

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3 (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die

....

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

....

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7 (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

....

....

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

....

12. eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr.112/1997, begangen hat;

....

(4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

....

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24 (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Ab.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

....

Dauer der Entziehung

§ 25 (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dies ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen ....

....

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

§ 24 Abs.3 FSG:

 

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen.

 

§ 32 Abs.1 FSG:

 

Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten, ........

 

 

 

 

 

 

§ 29 Abs.3 FSG:

 

Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides ist der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern."

 

3.2. Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 6.5.2003, 23 Hv 33/03f, ua wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs.3 StGB ein Strafteil von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (der unbedingte Strafteil beträgt sohin sechs Monate), weil er Suchtgift in einer großen Menge dadurch in Verkehr gesetzt hat, dass er

1.) am 31.12.2001 in Leonding 1 g Kokain an RS weitergab;

2.) Ende Jänner 2002 in Leonding 1/2g Marihuana an AT weitergab und

3.) Ende Jänner 2002 in Leonding 500 g Marihuana an AT übergab.

 

Dieses Urteil des Landesgerichtes Linz ist in Rechtskraft erwachsen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist an dieses rechtskräftige Strafurteil gebunden (ständige Rechtsprechung des VwGH, zuletzt Erkenntnis vom 23.4.2002, 2001/11/0389).

 

Der Bw hat durch diese strafbare Handlung eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit begründende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z12 leg.cit. verwirklicht. Als besonders verwerflich ist die Tatsache anzusehen, dass der Bw Ende Jänner 2002 500 g Marihuana in Verkehr setzte, welches nach der Begründung des oa Gerichtsabteiles jedenfalls 25 g THC Reinsubstanz enthalten hat. Der Bw ist einschlägig vorbestraft und ist trotz einer Freiheitsstrafe von neun Monaten in der Probezeit rückfällig geworden. Das Gericht ist daher zum Schluss gelangt, dass diese Umstände aus general- und spezialpräventiven Gründen eine gänzlich bedingte Strafnachsicht verbietet, sodass zumindest ein Drittel der verhängten Strafe der Bw zu vollziehen hat. Der Bw hat sich bei der Ausführung der oa strafbaren Handlung eines PKW´s bedient. Der Oö. Verwaltungssenat geht daher davon aus, dass sich der Bw wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, weiterer schwerer strafbaren Handlungen schuldig machen wird (vgl. VwGH vom 23.4.2002, Zl. 2002/11/0019 und vom 25.2.2003, Zl. 2002/11/0114). Dies begründet seine Verkehrsunzuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 FSG.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist jedoch die Prognose der belangten Behörde, beim Bw müsse für die Dauer von 10 Monaten ab Erlassung des angefochtenen Bescheides angenommen werden, er sei verkehrsunzuverlässig, nicht begründet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das oa strafbare Verhalten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rund 2 Jahre zurücklag. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Bw nach seinem Vorbringen nun einen Gesinnungswandel durchmacht. Er habe sich auch von Beginn an geständig gezeigt und habe seine Taten bereut, insbesondere auch hinsichtlich jenes Suchtmittelgeschäftes betreffend die Abwicklung von 500 g Marihuana mit A T. Er habe bereits unmittelbar nach diesem Geständnis bzw nach der polizeilichen Einvernahme am 24.10.2002 - spät aber doch - erkannt, dass er ohne Hilfe Dritter der Suchtgiftspirale nicht entkommen kann. Er habe sich umgehend an die Beratungsstelle für Suchtgiftfragen "Point" gewendet und nehme dort bereits seit November 2002 Hilfe in Anspruch. Er habe sich auch für eine Psychotherapie angemeldet. Dies habe verhindert, dass er neuerlich in die Drogenszene rückfällt. Er gehe seit Februar 2003 einer geregelten Beschäftigung als Leasingkraft bei der Firma C & C P GmbH nach und absolviere in Richtung einer vielversprechenden beruflichen Zukunft Zusatzausbildungen. So besuche er für den Zeitraum vom 14. bis 20.5.2003 einen Lehrgang für lauf- und flurgesteuerte Krane. Er kümmere sich auch seit einiger Zeit um seine schwerkranke Mutter. Diese sei vor einigen Jahren an Krebs erkrankt, wobei die Krankheit nun erneut ausgebrochen ist. Aus diesem Grund wurde ihm mit Beschluss vom 22.5.2003, 23 Hv 33/03f, ein Strafaufschub bis zum 10.5.2004 bewilligt, wobei ihm die Weisung erteilt wurde, 1.) die geregelte Beschäftigung fortzusetzen, 2.) dem Gericht jeden Wechsel des Aufenthaltsortes schriftlich bekannt zu geben und 3.) Alkohol und Suchtgift zu meiden.

 

Die oa Gründe lassen den Schluss zu, dass der Bw nach Ablauf von drei Monaten ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides wieder als verkehrszuverlässig anzusehen ist. Daraus resultiert die spruchgemäße Herabsetzung der Entziehungsdauer.

 

Der Sruchpunkt 4 (Aufforderung sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen) war aus folgenden Gründen zu beheben:

 

Gemäß § 24 Abs.3 1. Satz FSG ist der Behörde diesbezüglich Ermessen eingeräumt (argumentum: "kann"). Der angefochtene Bescheid setzt sich schon deshalb in Widerspruch mit dieser gesetzlichen Bestimmung, weil darin die Rede davon ist, dass beim Bw aufgrund seines Suchtgiftmissbrauches eine amtsärztliche Untersuchung anzuordnen ist. Die belangte Behörde stützt die angeordnete Maßnahme lediglich auf den Suchtgiftkonsum des Bw. Tatsache ist, dass der Bw auch wegen Suchtgiftkonsum gemäß § 27 Abs.1 SMG verurteilt wurde, weil er bis zum 24.10.2002 Haschisch und Marihuana konsumierte. Der erstinstanzliche Bescheid lässt jedoch vollkommen außer Acht, dass der Bw seit einem Jahr freiwillig Harntests vornimmt, um auch den Beweis antreten zu können, dass er sich seit seiner letzten Verurteilung jeglichen Drogenkonsums fernhält. Er hat sich freiwillig einer Drogentherapie unterzogen und ist seit Oktober 2002 nicht rückfällig geworden. Die aufrechte Beziehung mit seiner Freundin sowie die ständige Betreuung seiner krebskranken Mutter lassen den Schluss zu, dass er sein aus den Fugen geratenes Leben wieder in den Griff bekommen hat. Die im erstinstanzlichen Akt einliegenden Befunde beziehen sich auf den Zeitraum April bis Oktober 2003 und belegen, dass die Drogenmetabolite im Harn negativ waren. Im Berufungsverfahren hat der Bw Befunde vom 2.12.2003, vom 22.12.2003, vom 28.1.2004 und vom 24.2.2004 vorgelegt. Auch aus diesen ergibt sich, dass die Drogenmetabolite (Cannabis) im Harn negativ waren.

 

Es fehlt sohin an ausreichend begründeten Bedenken für die Anordnung gemäß Punkt 4) des angefochtenen Bescheides, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

3.3. Nach ständiger Judikatur des VwGH kann die Behörde im Sinne des § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E 24 zu § 64 AVG zitierten zahlreichen Entscheidungen.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
 

Dr. F r a g n e r

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