Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520508/11/Fra/He

Linz, 14.04.2004

 VwSen-520508/11/Fra/He Linz, am 14. April 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn Th B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8. Jänner 2004, VerkR21-432-2003 BE, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochten Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) in Bestätigung des vorangegangenen Mandatsbescheides vom 28.10.2003, VerkR21-432-2003 BE, die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 30.10.2003 (Datum der Zustellung des Mandatsbescheides) entzogen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land legte dem angefochtenen Bescheid folgenden Sachverhalt zugrunde: "Sie haben am 21.07.2003 um 07.45 Uhr den PKW VW Golf GTI, grün, mit dem Kennzeichen auf der Hillerstraße nach dem Haus Traundorferstraße Nr. 12 im Stadtgebiet von Linz in Fahrtrichtung stadtauswärts gelenkt, wobei im Zuge einer Verkehrskontrolle festgestellt wurde, dass am Fahrzeug nicht typengenehmigte Reifen der Marke Pirelli, Type P 7000 mit der Dimension215/40 ZT 1686W sowie Felgen der Dimension "16" montiert angebracht waren, obwohl die Höchstdimension "15" betragen hat, wodurch die Reifen ca. 2 cm von der Karosserie vorsprangen und daher eine entsprechende Radabdeckung fehlte. Weiters wurde kein Nachweis über den fachgerechten Fahrwerkseinbau und der fachgerechten Einstellung der Achsgeometrie mitgeführt. Außerdem war der PKW verbotenerweise tiefergelegt.

Auf Grund des nicht mehr verkehrs- und betriebssicheren Zustandes des Fahrzeuges wurden Ihnen auch wegen Gefahr in Verzug die Kennzeichen und der Zulassungsschein abgenommen und das Fahrzeug abgestellt."

 

Die belangte Behörde stützt diesen Sachverhalt auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.7.2003.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittels samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

Der Bw bringt unter dem Aspekt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, dass die einschreitenden Polizeibeamten in nicht nachvollziehbarer Weise die Behauptung aufgestellt hätten, sein Fahrzeug sei "verbotenerweise tiefergelegt" gewesen. Die belangte Behörde habe auch seine Verkehrszuverlässigkeit nicht überprüft. Unter dem Aspekt der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung bringt der Bw unter anderem vor, er bestreite nicht, dass an seinem Pkw Reifen der beschriebenen Type Pirelli montiert gewesen seien. Wenn ihm aber die belangte Behörde auch anlaste, Felgen der Dimension "16" anstatt "15" seien montiert gewesen, sei nach den Gesetzen der Logik festzuhalten, dass Reifen der beschriebenen Art eben dieser Felgen bedürften. Die belangte Behörde hätte es unterlassen, jene ihr zumutbaren Erhebungen zu pflegen, die ein Ergebnis erbringen hätten können, ob sich das Fahrzeug nun tatsächlich im nicht mehr "verkehrs- und betriebssicheren Zustand" befunden habe. Die Behörde spreche zwar von einer Wertung iSd § 7 Abs.5 FSG (gemeint wohl: Abs.4), habe diese aber in keiner Phase des Verfahrens durchgeführt. Im angefochtenen Bescheid fehle auch die Feststellung, wann die Behörde Kenntnis vom Vorfall vom 21.7.2003 erhalten habe. Da nach menschlichem Ermessen ein Entzug des Kennzeichens der Zulassungsbehörde bekannt gegeben werden müsse, dränge sich der Schluss auf, die Behörde habe in Kenntnis dieses Vorfalles keinen Grund zum Einschreiten gesehen und sei also spätestens vom 22.7.2003 bis 28.10.2003 (Mandatsbescheid) der Ansicht gewesen, er sei verkehrszuverlässig! Schon aus diesen Fakten sei zu entnehmen, dass die Behörde den Führerscheinentzug als Strafe handhabe! Es sei daher der Schluss zu ziehen, für die belangte Behörde sei nach einem Vorfall, von dem sie spätestens am 22.7.2003 Kenntnis erlangt hatte, der Meinung, er sei bis 28.10.2003 verkehrszuverlässig gewesen, sodann vom 30.10.2003 bis 30.1.2004 verkehrsunzuverlässig. Unter dem Aspekt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Bw unter anderem aus, ein rechtliches Interesse daran zu haben, klären zu lassen, ob er ein verkehrsunzuverlässiger Mensch sei, der in einen Topf mit Alkoholikern, Rauschgiftabhängigen und Verkehrsrowdys zu werfen ist. Die Behörde werte den festgestellten Sachverhalt rechtlich unrichtig, wenn sie ausführe, es handle sich beim konkreten Führerscheinentzug um eine "unaufschiebbare" Maßnahme gemäß § 57 Abs.1 AVG, weil Gefahr in Verzug bestehe! Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides seien die ordnungsgemäßen Reifen schon wieder mehr als drei Monate montiert gewesen und er habe mit Wissen der Behörde Fahrzeuge gelenkt. Die Behörde habe daher unberechtigter Weise das Druckmittel des § 57 Abs.1 AVG eingesetzt, weil sie damit rechnen habe können, das aufwendige Verfahren werde länger als drei Monate dauern und dann die Sache eben nach Wiederausfolgung der Lenkberechtigung im Sande verlaufen. Es gäbe keine Begründung für die Anwendung des § 57 Abs.1 leg.cit. Der Bescheid richte sich ausschließlich gegen seine Person und sei als Strafmaßnahme zu verstehen. Wenn die belangte Behörde ausführe, im Interesse der Verkehrssicherheit sei diese Bestimmung anzuwenden gewesen, so sei dies nicht nachvollziehbar und nach seiner Ansicht schlicht und einfach falsch! Da die wesentlichen Feststellungen, ob er sein Fahrzeug verkehrsgefährdend verwendet habe oder nicht, fehlen, hätte die belangte Behörde entsprechende Feststellungen treffen müssen, bevor - ohne Gefahr in Verzug - auf sofortige Entziehung der Lenkberechtigung erkannt wurde. Der Bw stellt daher den Berufungsantrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und einen weiteren Eventualantrag.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

3.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z5 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug lenkt, dessen technischer Zustand und weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit (§ 58 Abs.1 KFG 1967) darstellt, sofern die technischen Mängel dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

3.2. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass der Bw eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z5 FSG verwirklicht hat. Im Grunde des Vorbringens des Bw hat der Oö. Verwaltungssenat ein Kfz-technisches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob die oa Mängel allenfalls geeignet waren, im Zusammenhang mit der Verwendung des Kraftfahrzeuges die Verkehrssicherheit zu gefährden. Im Gutachten vom 21. März 2004, AZ: VT-010191/886-2004-Lin, verweist der Amtsachverständige Ing. G L u.a. auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 21.7.2003. Darin befinden sich lediglich Angaben über die montierten Reifen der Marke Pirelli P7000 und der Dimenion 215/40 ZR 16. Da jedoch keine Angaben über die verwendeten Felgen (Felgenbreite, Einpresstiefe) vorhanden sind, könne er nicht definitiv sagen, inwieweit sich die Spurweite des Fahrzeuges ändert und somit auch keine Aussage darüber treffen, wie weit die Felgen bzw. Reifen über den Radlauf des Fahrzeuges vorgesprungen sind und dadurch keine ausreichende Radabdeckung vorhanden war. In der Anzeige vom 21.7.2003 sind auch keine Angaben über das verwendete Fahrwerk enthalten. Es fehlen Angaben über den Hersteller des Fahrwerkes, dessen Kennzeichnung und die noch vorhandene Bodenfreiheit gemäß Erlass BMVIT Zl. 190500/8-II/B/5/00 vom 3.8.2000. Weiters sind auch keine Angaben über die Freigängigkeit der Rad-Reifenkombination in Verbindung mit dem montierten Fahrwerk getroffen. Abschließend kam der Sachverständige zum Ergebnis, dass, sollte das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug am 21.7.2003 - wie auf den vom Bw vorgelegten Lichtbildern ersichtlich - angehalten worden sein, definitiv gesagt werden kann, dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges durch die gemachten Umbauten, wie Rad-Reifenkombination und Fahrwerk, nicht im Zusammenhang mit der Verwendung des Kraftfahrzeuges stehen, die Verkehrssicherheit zu gefährden.

Der Oö. Verwaltungssenat kommt sohin unter Zugrundelegung dieses Gutachtens zum Ergebnis, dass, selbst wenn die vom Bw vorgelegten Lichtbilder das Fahrzeug nicht so abbilden sollten, wie es bei der Fahrzeugkontrolle am 21.7.2003 vorgefunden wurde, im Hinblick auf die mangelhaften Angaben in der Anzeige vom 21.7.2003 nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die oa Mängel geeignet waren, im Zusammenhang mit der Verwendung des Kraftfahrzeuges die Verkehrssicherheit zu gefährden. Welche Mängel iSd § 7 Abs.3 Z5 leg.cit. relevant sind, bedarf einer entsprechenden Begründung (vgl VwGH vom 14.12.1999, Zl. 99/11/0249-5).

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass entscheidend für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z5 FSG im gegebenen Zusammenhang die Frage ist, ob im Hinblick auf den technischen Zustand des vom Bw gelenkten Kraftfahrzeuges und seine weitere Verwendung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellte. Für die Bejahung dieser Frage fehlt es an einem ausreichend gesicherten Tatsachensubstrat. Aufgrund des oa Gutachtens kann die Frage, ob die festgestellten Mängel iSd § 7 Abs.3 Z5 FSG relevant sind, nicht ausreichend begründet werden. Würde man die Frage, dass der Bw durch die festgestellten Mängel eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z5 FSG verwirklicht hat, bejahen, müsste noch eine Wertung im Grunde des § 7 Abs.4 FSG, in deren Rahmen ua die Gefährlichkeit der Verhältnisse maßgebend sind, vorgenommen werden. Dabei ist insbesondere auch die seit der Tat am 21.7.2003 verstrichene Zeit und das Verhalten des Bw während dieser Zeit von Bedeutung. Die Entziehung der Lenkberechtigung wäre sohin nur gerechtfertigt gewesen, wenn man einerseits sicher davon ausgehen kann, der Bw habe eine Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z5 FSG verwirklicht und, wenn man andererseits auf Grund der vorzunehmenden Wertung iSd § 7 Abs.4 leg.cit. davon ausgehen kann, der Bw wäre zum Zeitpunkt der Erlassung des Mandatsbescheides (30.10.2003) verkehrsunzuverlässig gewesen und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von 3 Monaten eintreten (vgl ua VwGH v. 23.4.2002, 2001/11/0149). Diese Annahme ist schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sich der Bw von der Verwirklichung der Tatsache bis zur Erlassung des Mandatsbescheides (mehr als 3 Monate) wohlverhalten hat.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. F r a g n e r

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