Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520538/2/Kei/An

Linz, 18.06.2004

VwSen-520538/2/Kei/An Linz, am 18. Juni 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des M V, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Dr. A. M D, A, W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 11. Februar 2004, Zl. III-FE-59/04, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nachstehend berichtigt wird, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Statt "Klassen" wird gesetzt "Klasse".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a AVG.

Entscheidungsgründe:

  1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Bescheides lautet:

"Die Bundespolizeidirektion Wels

  • entzieht Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse/n B für einen Zeitraum von 5 Monaten gerechnet ab der Zustellung des Bescheides
  • ordnet die begleitende Maßnahme an: Nachschulung, zu absolvieren bei einer hiezu ermächtigten Stelle.
  • fordert Sie auf, Ihren Führerschein unverzüglich abzuliefern.
  • erkennt einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab.

Führerschein

ausgestellt von: BPD Wels

am: 11.10.2000

Zahl: 0580946

Klassen: B

Rechtsgrundlage: §§ 7; 24 Abs. 1 Ziff 1, Abs. 3; 7; 25 Abs. 3; 29 FSG; § 64 Abs. 2 AVG;"

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise Wiedergabe):

"Gegen diesen Bescheid erhebt der Betroffene durch seinen bevollmächtigten Vertreter binnen offener Frist Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und stellt die Anträge, dieser möge,

1. den angefochtenen Bescheid vom 11. Februar 2004, llI-FE-59/04 ersatzlos aufheben; in eventu

2. den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Entziehung der Lenkerberechtigung auf drei Monate, gerechnet ab 16. Februar 2004, herab- bzw festgesetzt wird und jedenfalls

3. die Anordnung einer begleitenden Maßnahme aufheben;

Der Berufungswerber begründet seine Anträge im Einzelnen wie folgt:

(Allein) aufgrund der der ständigen Judikatur des VwGH entsprechenden bindenden Wirkung (auch) von Strafverfügungen ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass der Berufungswerber die in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Punkt 2. und 3. bezeichneten Übertretungen von Verkehrsvorschriften gesetzt hat.

Entsprechend den Feststellungen zu Pkt 1., wonach der Berufungswerber hinter dem vor ihm fahrenden PKW einen (zeitlichen) Tiefenabstand von 2,1 sec. bei einer Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h eingehalten habe, lässt sich jedoch eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 1, Abs 3 Z 3 FSG (‚an sich geeignet'........ ‚besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen' oder ‚mit besonderer Rücksichtslosigkeit' begangener Verstoß gegen beim Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebende Verkehrsvorschriften) gerade nicht ableiten.

Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Bescheid kommen -

wiederum allein aufgrund der (bindenden) Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft WeIs-Land infolge Zitierung des § 99 Abs 2 lit c StVO - als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 7 Abs 1 FSG ausschließlich die beiden Überholmanöver in Betracht, die wiederum gem § 7 Abs 4 FSG einer (eigenen) Wertung (der Führerscheinbehörde) zu unterziehen sind, wobei deren Verwerflichkeit, Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Betroffenen während dieser Zeit maßgeblich ist.

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist bei der Bemessung der Entziehungsfrist eine Prognose zu erstellen, innerhalb welchen Zeitraumes die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit erwartet werden kann. Allein diese Prognose ist für die Bemessung der (höchst zulässigen) Entzugsfrist maßgebend. Es sind dabei die zitierten Kriterien des § 7 Abs 4 FSG heranzuziehen.

Eine Entziehung der Lenkerberechtigung wäre jedenfalls nur dann rechtmäßig, wenn der Berufungswerber auch zum Zeitpunkt der Erlassung des berufungsbehördlichen Bescheides noch als verkehrsunzuverlässig anzusehen wäre, wobei auf den Zeitpunkt der vorgeworfenen Begehung der Übertretung (3.12.2003) abzustellen, insbesondere die seit diesem Zeitpunkt verstrichene Zeit - zum Zeitpunkt der Berufungserhebung bereits drei Monate - zu berücksichtigen und § 26 Abs 7 FSG nicht analog anzuwenden ist.

Bei gesetzeskonformer Wertung der in § 7 Abs 4 FSG angeführten Kriterien, insbesondere der seit der festgestellten Begehung der Übertretungen verstrichenen Zeit und des untadeligen Verhaltens des Berufungswerbers während dieser Zeit, ergibt sich, dass die Annahme, der Berufungswerber wäre nicht verkehrszuverlässig, bereits zum jetzigen Zeitpunkt unbegründet, jedenfalls jedoch dessen Verkehrszuverlässigkeit nach Ablauf der gesetzlichen Mindestentzugsdauer (6 Monate nach der vorgeworfenen Übertretung) als wieder hergestellt anzusehen ist.

Weder aus dem angefochtenen Bescheid, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens (auch der BH Wels-Land) lassen sich mit Ausnahme der Zitierung des Tatbestandes des § 99 Abs 2 lit c StVO irgendwelche Umstände ableiten, aus denen auf eine Verwerflichkeit des Verhaltens des Betroffenen zu schließen wäre. Die im angefochtenen Bescheid zur Begründung der Entzugsdauer (neuerlich) herangezogene Annahme, der Berufungswerber hätte die ihm angelasteten Verkehrsübertretungen mit besonderer Rücksichtslosigkeit verübt, ist für die Begründung einer über die gesetzliche Mindestfrist hinausgehende Entzugsdauer schon deshalb ungeeignet, da sie bereits als bestimmte Tatsache (§ 7 Abs 1 und 3 FSG) für den Entzug an sich normiert ist und daher in der dreimonatigen Mindestentzugsdauer aufgeht.

Gem § 24 Abs 3 FSG kann die Behörde bei Entziehung oder Einschränkung der Lenkerberechtigung (unter anderem) begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) anordnen.

Anders als in jenen Fällen, in denen eine solche begleitende Maßnahme gesetzlich zwingend vorgesehen ist, bedürfte sie im gegenständlichen Fall einer Begründung der Erforderlichkeit auf Sachverhaltsebene, welche dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen ist.

Dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Verhalten des Betroffenen um ein solches handeln würde, dass ‚eine Herbeiführung besonders gefährlicher Verhältnisse durch besondere Rücksichtslosigkeit' darstellen würde, ist durch die Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt und darüber hinaus für die Begründung einer begleitenden Maßnahme unzureichend."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Wels vom 2. März 2004, Zl. III-FE-59/04, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz (FSG) ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

4.2. Durch die belangte Behörde wurde in der Begründung des gegenständlichen Bescheides als Abstand zwischen dem durch den Bw gelenkten PKW und dem unmittelbar davor fahrenden PKW eine Zeit von 2,1 Sekunden angeführt. Dabei handelt es sich um einen Irrtum und dieser Irrtum wurde dem Bw durch die belangte Behörde mitgeteilt. Tatsächlich handelte es sich nicht um 2,1 Sekunden sondern um 0,21 Sekunden. Im Übrigen wird durch den OÖ. Verwaltungssenat ausdrücklich auf die Ausführungen in der Begründung des gegenständlichen Bescheides der belangten Behörde hingewiesen, der Oö. Verwaltungssenat schließt sich diesen Ausführungen an und es konnte durch den Oö. Verwaltungssenat nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde nicht rechtmäßig vorgegangen wäre.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

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