Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520550/16/Zo/Da

Linz, 10.09.2004

 

 

 VwSen-520550/16/Zo/Da Linz, am 10. September 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Mag. W H, vom 11.3.2004 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 3.3.2004, Zl. F 363/2004, wegen Befristung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend geändert, dass

 

  1. hinsichtlich der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E sowie F die Befristung aufgehoben wird sowie
  2.  

  3. hinsichtlich der Lenkberechtigung für die Klassen C1, C1+E, C, C+E die Lenkberechtigung bis zum 1.7.2007 befristet wird.

Der Berufungswerber hat sich vor Ablauf dieser Befristung einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage folgender Befunde zu unterziehen:

Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin wegen Diabetes mellitus II, incl. HbA1c.

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 AVG sowie §§ 5 Abs.5 und 8 Abs.3 FSG, § 11 Abs.1 FSG-GV.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Polizeidirektor von Linz dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E, C1, C1+E, C, C+E sowie F bis 27.2.2009 befristet und ihm vorgeschrieben, dass er sich spätestens bis zu diesem Termin einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage folgender Befunde zu unterziehen habe:

Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin wegen Diabetes mellitus II incl. HbA1c.

Weiters wurde dem Berufungswerber die Auflage erteilt, dass beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C, E und F das Tragen von geeigneten Kontaktlinsen erforderlich ist.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, wobei der Berufungswerber beantragt, dass er alle Führerscheinklassen unbefristet ausgestellt haben möchte. Dies begründet er damit, dass nach einer fachärztlichen Stellungnahme des Prim. Prof. Dr. G B vom 27.2.2004 seine Diabetes mellitus Typ 2 gut eingestellt ist und alle wichtigen Kontrolltermine bei Haus- und Fachärzten eingehalten werden. Die ärztliche Stellungnahme geht nicht von einer Verschlechterung aus und der Facharzt spricht sich gegen eine Befristung der Führerscheinklassen aus. Eine mögliche Verschlechterung in der Zukunft könne kein Argument für die Befristung der Lenkberechtigung sein.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer weiteren fachärztlichen Stellungnahme vom 21.5.2004 und eines Gutachtens der Landessanitätsdirektion vom 1.7.2004 sowie 18.8.2004 und Wahrung des Parteiengehörs.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber beantragte am 28.1.2004 zu Zl. F 363/2004 die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, F, G, B+E, C1+E sowie C+E. In diesem Verfahren wurde der Berufungswerber von einem sachverständigen Arzt untersucht und von diesem dem Amtsarzt zugewiesen. Für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens wurde eine fachärztliche Stellungnahme eines Augenarztes vom 18.11.2003, ein Laborbefund betreffend den HbA1c-Wert vom 16.12.2003 sowie eine internistische fachärztliche Stellungnahme vom 17.2.2004, ergänzt am 27.2.2004, verwendet. Aus der internistischen fachärztlichen Stellungnahme ergibt sich, dass der Berufungswerber an Diabetes mellitus Typ 2a leidet, wobei der HbA1c-Wert zuletzt 6,1 % betrug. Es besteht keine Hypoglycämieneigung, der Patient führt ausreichend häufig Blutzuckerselbstkontrollen durch und ist in regelmäßiger Kontrolle in der Diabetes-Ambulanz im AKH Linz. Seitens des Facharztes bestand kein Einwand gegen das selbständige Lenken eines Pkw und Lkw ohne zeitliche Begrenzung. Weiters besteht beim Berufungswerber eine hohe Myopie mit Refraktionswerten von - 6 Dioptrien rechts sowie - 5,5 Dioptrien links, weiters ein Astigmatismus auf beiden Augen.

 

Der Amtsarzt der BPD Linz kam in seinem Gutachten vom 27.2.2004 zum Schluss, dass lediglich eine bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 für fünf Jahre besteht und anschließend neuerlich die Beibringung einer internistisch fachärztlichen Stellungnahme mit HbA1c sowie amtsärztlicher Untersuchung erforderlich ist. Dies wurde damit begründet, dass Diabetes mellitus, auch wenn er gut eingestellt ist, als fortschreitende Erkrankung gilt und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Spätschäden zu rechnen ist, vor allem im Bereich der Augen, der Nieren sowie mit Gefäßveränderungen und einer diabetischen Neuropathie. Diese Komplikationen treten in individuell unterschiedlicher Ausprägung und Geschwindigkeit auf wobei die Nachuntersuchung dazu dienen soll, allfällige Komplikationen rechtzeitig zu erkennen.

 

Der Berufungswerber legte im Berufungsverfahren auf Aufforderung eine weitere fachärztliche internistische Stellungnahme vom 21.5.2004 vor, aus welcher sich ergibt, dass weiterhin eine befriedigende Stoffwechsellage besteht sowie bei entsprechender Kontrolle, medikamentöser Therapie, Ernährung und körperlicher Aktivität statistisch gesehen das Auftreten von diabetischen Spätschäden am Auge, an den Nieren und am Nervensystem in vielen Fällen vermeidbar oder zumindest verzögerbar ist. Dabei handelt es sich um statistisch gesicherte Angaben, im Einzelfall ist das Auftreten von Spätschäden nie exakt vorhersehbar, es spielen dabei auch genetische Faktoren eine große Rolle.

 

Aus dem Gutachten der Sanitätsdirektion vom 1.7.2004, ergänzt am 18.8.2004, ergibt sich zusammengefasst, dass in Anlehnung an die deutschen Richtlinien für Diabetes mellitus die Lenkberechtigung für die Klasse 2 für einen Zeitraum von drei Jahren befristet werden muss. Die Lenkberechtigung für die Klasse 1 kann auf Grund der beschriebenen derzeit sehr guten Stoffwechsellage durchaus unbefristet erteilt werden.

 

Diese Stellungnahmen wurden dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht, er gab dazu telefonisch bekannt, dass er mit der Befristung der Lenkberechtigung für die Gruppe 2 auf drei Jahre einverstanden ist, wenn ihm die Lenkberechtigung für die Gruppe 1 unbefristet erteilt wird.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

  1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für diese Klassen zu lauten;
  2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
  3. zum Lenken nur eines bestimmten Fahrzeuges nach § 2 Z24 KFG 1967 geeignet, so hat das Gutachten "beschränkt geeignet" zu lauten und anzugeben, durch welche körperlichen Mängel die Eignung beschränkt ist und in welcher Form diese körperlichen Mängel ausgeglichen werden können;
  4. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.

 

Gemäß § 11 Abs.1 FSG-GV darf Zuckerkranken eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.

 

5.2. Das Gutachten der Landessanitätsdirektion vom 1.7.2004, ergänzt am 18.8.2004, beschreibt die möglichen Spätschäden bei Diabetes mellitus Typ 2 sowie deren Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit. Sie berücksichtigt auch die fachärztliche internistische Stellungnahme vom 21.5.2004 sowie das erstinstanzliche Gutachten und die darin angeführten fachärztlichen Stellungnahmen und Vorbefunde. Es ist daher nachvollziehbar und schlüssig und der Entscheidung zu Grunde zu legen. Der Berufungswerber ist diesem Gutachten auch nicht mehr entgegengetreten. Der angefochtene Bescheid war daher im Sinne des angeführten Gutachtens der Landessanitätsdirektion abzuändern.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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