Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520559/7/Fra/He

Linz, 07.06.2004

 VwSen-520559/7/Fra/He Linz, am 7. Juni 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
III Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Schön) über den Devolutionsantrag des Herrn W L A, H, H, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt A Z, S, L, betreffend behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, zu Recht erkannt:

 

Der Devolutionsantrag betreffend die Vorstellung vom 19.12.2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. Dezember 2003, VerkR21-840-2003, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen Av und B, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen sowie Aufforderung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:
§ 67a Abs.1 iVm § 73 AVG;
§ 29 Abs.1 FSG.
 

Entscheidungsgründe:
 

  1. Laut Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Neuhofen/Kr. vom 7.11.2003 ist der Antragsteller (Ast) verdächtig, im Jänner 2003 bis Juni 2003 in dessen Haus in H, H, im Keller des Hauses eine sogenannte "Crow-Anlage" (Bepflanzungsanlagen zur Aufzucht von Cannabispflanzen) montiert zu haben und dort Cannabis/Hanfpflanzen in großer Menge angepflanzt und anschließend abgeerntet zu haben. Weiters ist der Bw verdächtig, im Frühjahr 2003, als auch mehrmals im Laufe des Sommer 2003 in dessen Keller des Hauses H, H, Cannabis/Hanfpflanzen angepflanzt zu haben, um aus diesen Pflanzen Cannabis für den Suchtmittelkonsum (Eigenkonsum) zu gewinnen und vermutlich in weiterer Folge auch zu verkaufen. Nach durchgeführter Ernte der im Keller durch die Gendarmerie Hörsching aufgefundenen Cannabispflanzen sei ein Ertrag von 126 Gramm Cannabis erzielt worden. Weiters sei vom Suchtgifthund der Gendarmerie "PACO TA-TA" (Diensthundeführerin A S, Dienststelle Grenzkontrollstelle Wullowitz), im Keller des Ast 284 Gramm Hanfsamen, welcher zur Anpflanzung von Cannabis/Hanfpflanzen verwendet werde, aufgefunden worden.
  2.  

    Mit Mandatbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. Dezember 2003, VerkR21-840-2003, wurden dem Ast die Lenkberechtigung für die Klassen Av und B entzogen, gleichzeitig ausgesprochen, dass dem Ast für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde dem Ast das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, verboten. Zudem wurde angeordnet, dass sich der Ast zusätzlich vor Ablauf des Lenkverbotes auf eigene Kosten einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen sowie, dass der Ast den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern hat. Dieser Bescheid wurde laut Bericht des Gendarmeriepostens Hörsching vom 18.12.2003 am 16.12.2003 zugestellt. Laut diesem Bericht gab der Ast am 17.12.2003 den gegenständlichen Führerschein beim Gendarmerieposten Hörsching ab.

     

    Gegen den oa Bescheid hat der Ast, vertreten durch seinen Rechtsanwalt A Z, rechtzeitig Vorstellung erhoben. Diese Vorstellung ist am 22. Dezember 2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2003 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Gendarmerieposten Hörsching um Beantwortung einiger Fragen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren. Das Gendarmeriepostenkommando Hörsching beantwortete dieses Ersuchen urschriftlich am 15. Jänner 2004. Die Beantwortung ist laut Eingangsstempel am 19. Jänner 2004 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt. Am 29. Dezember 2003 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Staatsanwaltschaft Steyr um Mitteilung über den Ausgang des Verfahrens betreffend das Strafverfahren wegen des Verdachtes des Verbrechens nach §§ 28 Abs.2 und 31 Abs.3 Suchtmittelgesetz. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersuchte, sofern das Verfahren noch nicht abgeschlossen sein sollte, dieser Behörde auch bekannt zu geben, wann damit voraussichtlich zu rechnen ist. Begründet wurde dieses Ersuchen, dass gegen den Ast ein Lenkberechtigungsentzugsverfahren anhängig ist.

     

    Im Akt befindet sich auch eine Stellungnahme der Amtsärztin Frau Dr. D an die Abteilung IV der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Diese Stellungnahme lautet wie folgt:

    "Das amtsärztliche Gutachten hat eine Gültigkeit von maximal 1 Jahr, darin verwendete fachärztliche oder verkehrspsychologische Stellungnahme dürfen nicht älter als 6 Monate sein. Bei einer längeren Entzugsdauer stellt sich daher das Problem, dass bei Untersuchung sofort nach Entzug der Lenkberechtigung das Gutachten zum Zeitpunkt der Wiedererteilung schon abgelaufen ist und daher neu erstellt werden muss, was für den Kunden mit z.T. erheblichen Kosten verbunden ist.

    Es war bis jetzt auch zu beobachten, dass am Anfang der Entzugszeit die Beurteilung häufiger eine Nichteignung ergab als gegen Ende dieser Zeit.

    Aus diesen Gründen raten wir generell davon ab, die Untersuchung zu Beginn der Entzugszeit zu machen. Sollte Herr A aber auf einem frühzeitigen Termin bestehen, kann er einen vereinbaren, muss sich dann allerdings über die möglichen Konsequenzen im Klaren sein.

    Im Übrigen muss auch noch darauf hingewiesen werden, dass eine positive Beurteilung bei einem Entzug der Lenkberechtigung, der nicht die gesundheitliche Nichteignung als Grund hat, keinen Einfluss auf die Entzugsdauer hat."

     

    Am 11. März 2004 urgierte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das oa Ersuchen vom 29. Dezember 2003 an die Staatsanwaltschaft Steyr. Am 29. April 2004 richtete die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das dritte Ersuchen an die Staatsanwaltschaft Steyr.

     

    Auf Grund des Devolutionsantrages vom 23. März 2004 (eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 25. März 2004) ersuchte der Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 8. April 2004, VwSen-520559/2/Fra/He, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, den bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat vorzulegen, wobei zu sämtlichen vom Antragsteller relevierten Punkten Stellung genommen werden möge.

     

    Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land legte mit Schreiben vom 29. April 2004 den entsprechenden Verfahrensakt vor und teilte unter anderem dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass sie seit der am 22. Dezember 2003 eingelangten Vorstellung immer tätig gewesen sei. Sie habe am 29. Dezember 2003 an die Staatsanwaltschaft Steyr eine Anfrage gerichtet. Am 11. März 2004 sei eine Urgenz gefolgt. Weiters sei ein Erhebungsbericht des örtlichen Gendarmeriepostens angefordert worden. Da seitens der Staatsanwaltschaft Steyr bis dato kein Verfahrensausgang vorliege, habe auch nicht entschieden werden können. Da die Voraussetzungen des § 38 AVG vorlägen, könne auch das Abwarten der Entscheidung über eine Vorfrage nach § 38 AVG als ein das Verschulden der Behörde ausschließender Umstand qualifiziert werden. Betreffend die amtsärztliche Untersuchung sei dem Ast ein Fehler unterlaufen, dass er von der Sanitätsabteilung und nicht von der Behörde eine Stellungnahme verlangt habe. An letztere sei er nie herangetreten. Wäre dies der Fall gewesen, wäre ihm selbstverständlich das oa Schreiben der Frau Amtsärztin Dr. D zugegangen.

     

    Der oa Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.

     

  3. Im Devolutionsantrag bemängelt der Ast, dass sich die Tätigkeit der Behörde in diversen Anfragen erschöpfe. Seinerseits liege kein Verschulden an der Verzögerung vor, sondern läge diese im alleinigen Verschulden der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Der Ast beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge über seine Anträge in der Vorstellung vom 19. Dezember 2003 entscheiden. Weiters bringt der Ast vor, dass er in Erfüllung des Punktes 3 des angefochtenen Bescheides am 23. und 24. Februar 2004 bei der zuständigen Sanitätsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land versucht habe, einen Termin zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung im Sinne des Punktes 4 des angefochtenen Bescheides zu erhalten, dies sei ihm jedoch von der Sanitätsabteilung verweigert worden. Er habe auch Bedenken in Bezug auf den Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens, weshalb er beantrage, die Abfertigungsunterlagen betreffend die Anfragen vom 29. Dezember 2003 beizuschaffen, insbesondere das Einlangen dieser Anfrage an den Gendarmerieposten Hörsching am 14. Jänner 2004, weil dies einen mehr als 14-tägigen Postenlauf bedingen würde.
  4.  

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
  6.  

    1. Gemäß § 67a Abs.1 Z1 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Anträge und Berufungen in Angelegenheiten, die ihnen durch die Verwaltungsvorschriften zugewiesen sind. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. In den Angelegenheiten der Z1 entscheiden sie über Anträge, für deren Erledigung sie als Erstinstanz oder gemäß § 73 Abs.2 zuständig sind,.........durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.
    2.  

      Gemäß § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

       

      Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht dann, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

       

      Gemäß § 29 Abs.1 FSG sind die Behörden in Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 3 Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen.

       

    3. Der Mandatsbescheid vom 11. Dezember 2003 wurde am 16. Dezember 2003 zugestellt. Die dagegen erhobene Vorstellung ist am 22. Dezember 2003 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land eingelangt. Die Entscheidungsfrist gemäß § 29 Abs.1 FSG ist sohin am 22. März 2004 abgelaufen. Dem Devolutionsantrag vom
      23. März 2004 kommt dennoch aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens ausgesetzt. Zu prüfen ist, ob auch ohne Erlassung eines förmlichen Aussetzungsbescheides durch Abwarten bis zur Entscheidung über die Vorfrage durch das zuständige Gericht eine rechtmäßige Aussetzung des Verfahrens bewirkt werden kann. Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH (siehe zB VwGH vom 26.11.2002, 2002/11/0083 mit weiteren Judikaturnachweisen) hinzuweisen, wonach ein Entziehungsverfahren bis zur Entscheidung einer Vorfrage durch die zu ihrer Beurteilung als Hauptfrage zuständigen Behörde ausgesetzt werden kann. Dazu bedarf es keines Aussetzungsbescheides nach § 38 AVG. Die Kraftfahrbehörde kann vielmehr - sofern die Voraussetzungen für einen Aussetzungsbescheid vorliegen - auch ohne Erlassung eines solchen den Ausgang des über die Vorfrage anhängigen Verfahrens abwarten.

 

Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Neuhofen/Kr. ist der Ast des Verbrechens nach § 28 Abs.2 und § 31 Abs.3 SMG verdächtig. Sollte der Ast wegen einer strafbaren Handlung gemäß § 28 Abs.2 bis 5 oder § 31 Abs.2 SMG schuldig erkannt werden, hätte er eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z12 FSG verwirklicht, woraus die Entziehung der Lenkberechtigung resultieren kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 20. Februar 2001, 2001/11/0023, festgehalten, dass die vom Gericht als Hauptfrage zu entscheidende Frage, ob der Beschwerdeführer die strafbare Handlung gemäß § 28 SMG begangen hat, für die Kraftfahrbehörde im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung bei der Beurteilung der Verkehrsunzuverlässigkeit eine zur Aussetzung berechtigende Vorfrage darstellt. Auch der Umstand, dass dem Ast wegen des Mandatsbescheides bereits Rechtsnachteile erwachsen sind, ändert nach der Rechtsprechung des VwGH nichts an der Berechtigung zum Aussetzen des Verfahrens. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie zu berücksichtigen. Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage wäre (vgl. VwGH vom 11.4.2000, 99/11/0349 mit weiteren Neuerungen). Dies ist gegenständlich nicht der Fall, weshalb es unzweckmäßig wäre, dass die Führerscheinbehörde parallel zum Gericht ein Ermittlungsverfahren führt. Die Führerscheinbehörde müsste ein der gerichtlichen Hauptverhandlung ähnliches umfangreiches Beweisverfahren durchführen. Ergänzend ist noch festzustellen, dass - entgegen der Behauptung des Ast - das Ermittlungsverfahren im Sinne des § 57 Abs.3 AVG rechtzeitig eingeleitet wurde. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich zweifelsfrei, dass der angefochtene Mandatsbescheid am 16. Dezember 2003 zugestellt wurde. Das Schreiben an die Staatsanwaltschaft Steyr vom
29. Dezember 2003 wurde am 30. Dezember 2003 abgesendet. Das Verfahren wurde sohin innerhalb der zweiwöchigen Frist im Sinne des § 57 Abs.3 leg.cit. eingeleitet.

 

 

Der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kann daher Säumigkeit nicht vorgeworfen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. B l e i e r