Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520561/4/Br/Gam

Linz, 22.04.2004

 VwSen-520561/4/Br/Gam Linz, am 22. April 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.2.2004, wegen der dem Berufungswerber befristet erteilten Lenkberechtigung und einer damit vorgeschriebenen Auflage, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; die Auflage zur Vorlage von Laborbefunden hinsichtlich des "MCV, GGT und CD-Transferin" wird im Sinne des Berufungsantrages dahingehend abgeändert, dass diese Daten nur alle drei Monate - beginnend eine Woche nach Zustellung des Berufungsbescheides und nachfolgend alle drei Monate, mit einer Toleranzfrist von je einer Woche - bei der Behörde vorzulegen sind;

sollte zwischenzeitig ein Laborbefund der Behörde bereits vorgelegt worden sein, bestimmen sich die abgeänderten Folgefristen nach dem Zeitpunkt dieser Befundvorlage.

Im Übrigen bleibt der Spruch der Behörde erster Instanz unberührt.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG idgF; §§ 24, 5 Abs.5 u. 8 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 27.2.2004 dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zum 27.2.2005 befristet erteilt (Einschränkung Code 104). Ferner wurde ihm die Auflage erteilt alle sechs Wochen einen Laborbefund hinsichtlich der Laborparameter "MCV, GGT, CD-Transferin", jeweils bis zum 9.4.2004, 2.7.2004, 13.8.2004, 24.9.2004, 5.11.2004 und 28.1.2005 - jeweils mit einer Toleranzfrist von einer Woche - unaufgefordert bei der bescheiderlassenden Behörde vorzulegen. Anlässlich der Nachuntersuchung in einem Jahr wurde die Vorlage der kompletten Laborbefunde, MCV, GOT, GPT, GGT, CD-Transferin und eine psychiatrische Stellungnahme aufgetragen. Würden die Befunde nicht beigebracht werde die Lenkberechtigung entzogen.

Die aufschiebende Wirkung einer (der) Berufung wurde mit diesem, wohl irrtümlich für die Bezirkshauptfrau gezeichneten Bescheid jedoch nicht aberkannt.

 

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung auf § 5 Abs. 5 FSG und verwies auf das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 23.2.2004. Daraus ergebe sich noch die Gefahr eines neuerlichen Rückfalles von der derzeit glaubhaft gegebenen Alkoholabstinenz, was strenge Kontrollmaßnahmen rechtfertige. Darüber hinaus sei wegen der hochgradigen Sehschwäche eine Brille zur Erreichung der erforderlichen Sehschärfe erforderlich.

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wendet sich der Berufungswerber ausschließlich gegen die Auflage des Zeitintervalls von sechs Wochen für die Vorlage der Laborbefunde und begehrt diese auf drei Monate zu erstrecken.

3. Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser war demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

    1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt, sowie Einholung einer ergänzenden Stellungnahme im Wege der Sanitätsdirektion des Landes Oberösterreich hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit des angeordneten Zeitintervalls.

4. Aus der nachstehend wiedergegebenen fachärztlichen Stellungnahme und das darauf bezugnehmende amtsärztliche Gutachten lässt sich aus der Aktenlage ein an sich unbestrittener gesundheitlicher Status des Berufungswerbers nachvollziehen.

Die fachärztliche Stellungnahme des Primarius Dr. F F, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und gerichtlich beeideter Sachverständiger für dieses Fachgebiet hat folgenden Inhalt:

"Der Führerscheinbefund wird im Auftrag o.a. Behörde erstellt. Lt. Akt 1994,95,96,98 Führerscheinentzüge wegen Alkoholdelikten, 15.1. bis 15.03.1999 Behandlung in Traun, 2000 Führerschein wird erteilt unter engmaschiger Kontrolle, zuletzt, 2002 amtsärztliche Untersuchung in Gmunden, damals glaubhafte Abstinenz, Betreuung wurde zuverlässig eingehalten. Bei der amtsärztlichen Untersuchung gab Herr K an zuletzt zu Silvester Alkohol konsumiert zu haben, vorher am Stefanitag und bei einer Weihnachtsfeier. Es habe nie jemand von ihm verlangt, dass er abstinent sein solle. Eine Abhängigkeit sei nie festgestellt worden, er hätte die Betreuung in Gmunden gemacht, nun sei er übersiedelt. Seit Januar sei er jetzt in Traun.
 

Der Befund hat gemäß der Führerschein-Gesundheitsverordnung zu enthalten:


 

Bei Alkohol-, Suchtgift- bzw. Arzneimittelabhängigkeit ist zusätzlich festzustellen:

  • Besteht eine Abhängigkeit?
  • Welche Behandlung wird durchgeführt?
  • Befürwortende oder ablehnende Stellungnahme zum Lenken von KFZ aus fachärztlicher Sicht.

 
VORGESCHICHTE.

 

Der Untersuchte hat drei Führerscheinentzüge, den ersten und zweiten 1995 den dritten 1998. Seither befristeter Führerschein. Im Anschluss daran ambulante Betreuung im Therapiezentrum Traun, Rückfall bis 05.01.04, seither 16 Termine ambulant,
 

Der Führerscheinwerber wird am 03.02.2004; 10:00 Uhr vom Unterzeichner untersucht.
 

Derzeit ist er geschieden (einvernehmlich), arbeitet als Bäcker bei der Firma H in Traun als Ofenarbeiter.
 

FACHÄRZTLICHE STELLUNGNAHME

BEZÜGLICH DES WEITERVERBLEIBES DES

FÜHRERSCHEINES:
 

Der Untersuchte war unter ambulanter Betreuung abstinent. Nach einem Rückfall im Januar 2004 war er anschließend in engmaschiger ambulanter Betreuung an unserer Ambulanz. Die Diagnose Alkoholabhängigkeit kann als gesichert angesehen werden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung war der Patient glaubwürdig abstinent, es gab keinerlei klinische Hinweise auf die Durchbrechung dieser Abstinenz. Die Alkoholmengen scheinen jedoch auch während des Rückfalls in geringern Ausmaß geblieben zu sein.

Es wird eine kurze Befristung des Führerscheins empfohlen, mit entsprechenden Laborkontrollen. Die therapienotwendige Abstinenz wurde dem Untersuchten erneut erläutert. Sollte ein neuerlicher Rückfall auftreten, wäre dringend eine stationäre achtwöchige Behandlung in einer dafür spezialisierten Abteilung zu empfehlen. Vorerst kann mit den ambulanten Betreuungsterminen das Auslangen gefunden werden."

(Grußformel u. Unterschrift des Gutachters).

 

4.1. Die Amtsärztin bei der Behörde erster Instanz empfiehlt in ihrem Gutachten eine Überprüfung der eingangs genannten Laborparameter alle sechs Wochen, wobei sie bei einer bestehenden Alkoholabhängigkeit von einer dzt. gegebenen Abstinenz ausgeht. Strenge Kontrollmaßnahmen müssten aber erfolgen um einen neuerlichen Rückfall rechtzeitig erkennen zu können. Dies erfordere die Vorlage genannter Laborkontrollen alle sechs Wochen und eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung nach einem Jahr. Ohne Abstinenz sei die Gefahr eines Kontrollverlustes sehr hoch. Ebenfalls sei bei der Nachuntersuchung in einem Jahr (gemeint wohl als Ergänzung zur Kontrolluntersuchung) wiederum eine psychiatrische Untersuchung erforderlich.

4.1.1. Auf die Ausführungen hinsichtlich der Sehschwäche ist mangels diesbezüglicher Berufung nicht weiter einzugehen.

 

4.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat angesichts der aus zahlreichen anderen Verfahren abzuleitenden Praxis eines in solchen Fällen gepflogenen Intervalls von überwiegend drei Monaten - insbesondere mit Blick auf das zu wahrende Sachlichkeitsgebot hinsichtlich der damit nicht zuletzt für den Betroffenen einhergehenden Kosten - zur Überprüfung der Frage eines zeitlich so knapp bemessenen Intervalls für die Vorlage von Laborbefunden - eine Stellungnahme im Wege der Landessanitätsdirektion eingeholt.

Aus der am 8.4.2004 von der Sanitätsdirektion des Landes Oö., Dr. med. S. H als Sachverständige erstatteten Stellungnahme gelangt zum Ausdruck, dass die von der Amtsärztin angestellten Erwägungen zur Notwendigkeit einer engmaschigen Kontrolle wohl widerspruchsfrei wären. Dies mit Blick auf die rechtzeitige Erkennbarkeit einer noch als hoch einzuschätzenden Rückfallsgefährdung. Abschließend wird unter Hinweis auf die sonstigen Auflagenempfehlung durch die Amtsärztin ausgeführt, dass die Vorlage der Laborwerte allerhöchstens auf drei Monate erstreckt werden könnte.

Dieser Auffassung schließt sich nun die Berufungsbehörde an. Angesichts der auch in vielen anderen Verfahren ergebenden Intervallen scheint auch mit diesen Intervallen der Überwachungszweck erreichbar. Dabei wird dem Berufungswerber zugemutet die Notwendigkeit einer weitestgehenden Abstinenz für die Erhaltung seiner derzeit gegebenen Fahreignung zu erkennen, wobei auch im Rahmen der Vorlage der Laborbefunde, insbesondere durch den CD-Tect-Wert ein Rückfall und damit einhergehend ein allfälliger Verlust seiner gesundheitlichen Eignung rechtzeitig erkennbar würde.

5. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Auf § 5 Abs.5 FSG weist auch die Behörde erster Instanz zutreffend hin, sodass sich diesbezüglich Wiederholungen erübrigen.

Mit Blick auf den Umfang und die Kosten von Auflagen ist zwingend eine Abwägung zwischen den subjektiven Interessen des Betroffenen und dem grundsätzlich bevorrangten öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit zu treffen. Diesbezüglich kann auf Literatur zur Fahreignung aus Deutschland verwiesen werden. Die Gestaltung der spezifischen Rechtslage ist dort mit der österreichischen durchaus vergleichbar. Demnach haben Beschränkungen aber auch Auflagen dennoch auch dem sich aus der Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeits- und Übermaßverbotes standzuhalten (s. HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

Der Oö. Verwaltungssenat übersieht nicht, dass aus der Sicht der Amtsärztin eine noch engmaschigere Überprüfung der Laborwerte einen allfälligen Rückfall zum Alkohol noch früher erkennen lässt. Damit ist aber noch keineswegs evident, dass ein allenfalls rückfälliger Mensch dann auch schon die Verkehrssicherheit gefährden wird, wenn sich allenfalls erst sechs Wochen später durch die Laborparameter tatsächlich ein Trinkrückfall herausstellt; dies besagt ja keineswegs, dass ein derart ohnedies bereits unter strenger behördlicher Aufsicht stehender Mensch gleich wieder alkoholisiert ein Fahrzeug lenkt. Daher scheint es in Abwägung innerhalb der genannten Interessen nach h. Auffassung ausreichend, einem Betroffenen alle drei Monate die Labordaten beibringen zu lassen und ihm dadurch Kosten und nicht zwingend notwendige Eingriffe in seinen Körper zu ersparen. Im Fall eines Rückfalles eröffnet sich durch einen Wegfall der gesundheitlichen Eignung die rechtliche Basis die Lenkberechtigung zu entziehen.

Abschließend ist zu bemerken, dass die Behörde über medizinische Empfehlungen hinausgehende Betrachtungen anzustellen hat, wobei durchaus auch die Rechtssphäre eines Betroffenen in die Erwägungen einzubeziehen ist. Eine behördliche Entscheidung kann sich selbst in sehr einschlägig fachdominierten Sachentscheidungen nicht ausschließlich auf sachverständige Fragen reduzieren. Wie oben schon dargelegt, muss auch für weiterführende - hier übergreifende rechtliche - Überlegungen noch Raum bleiben.

Aspekte der sogenannten Grenznutzen und Grenzkosten mögen hier ebenfalls einen illustrativer Ansatz für vertiefte Überlegungen für die Zweckerreichung von derartigen Auflagen bilden.

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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