Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520563/7/Ki/Jo

Linz, 18.05.2004

VwSen-520563/7/Ki/Jo Linz, am 18. Mai 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, vom 12.3.2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 5.3.2004, VerkR21-504-2003/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.5.2004 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7, Abs.1, 7 Abs.3 Z3, 24, Abs.1 und Abs.3, 25 Abs.1 und 3; 64 Abs.2 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Mandatsbescheid vom 1.12.2003, VerkR21-504-2003/BR, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen AV, B und F für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Überdies wurde angeordnet, der Berufungswerber habe den Führerschein unverzüglich beim GP Aspach abzuliefern und er wurde aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens wurde ihm die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, die über eine eventuell vorliegende mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung Aufschluss gibt, vorgeschrieben. Dieser verkehrspsychologischen Untersuchung habe er sich bei einer hiezu vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen. Die Dauer der Entziehung seiner Lenkberechtigung ende nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

Dieser Mandatsbescheid wurde Herrn S am 6.12.2003 zugestellt, gleichzeitig wurde ihm der Führerschein abgenommen. Mit Schriftsatz vom 16.12.2003 hat der Berufungswerber gegen den Mandatsbescheid rechtzeitig eine Vorstellung erhoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 5.3.2004, VerkR21-504-2003/BR, wurde dann dem Berufungswerber die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erteilte Lenkberechtigung, Führerschein ausgestellt am 1.8.2000 unter Zl. VerkR20-2058-2000/BR, für die Dauer von sechs Monaten bis einschließlich 6.6.2004 entzogen. Die Aufforderung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bzw. Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme innerhalb offener Entziehungsdauer wurde aufrecht erhalten. Einer Berufung gegen den Bescheid wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzuge die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 12.3.2004 Berufung erhoben und beantragt, den Bescheid in allen Punkten aufzuheben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (verbunden mit einem Ortsaugenschein) am 13.5.2004. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber im Beisein seines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn teil.

Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Aspach vom 10.11.2003 lenkte der Berufungswerber am 3.10.2003 gegen 12.40 Uhr einen Pkw auf der Oberinnviertler Landesstraße (L 503) aus Maria Schmolln kommend in Richtung Mattighofen. Bei ca. Strkm. 29.400 setzte er vor einer dort befindlichen langgezogen Rechtskurve zum Überholen eines vor ihm fahrenden Lkw mit Kühlwagenaufbau an. Dabei übersah er einen entgegenkommenden Pkw und es kam zu einem Frontalzusammenstoß zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und dem entgegenkommenden Pkw, dieser Verkehrsunfall verlief für die Lenkerin des entgegenkommenden Pkw tödlich. Der Berufungswerber selbst erlitt schwere Verletzungen. Ein am 3.10.2003 um 16.04 bzw. 16.05 Uhr vorgenommener Alkotest ergab einen Messwert von 0,00 mg/l.

Bei seiner Einvernahme am Gendarmerieposten Aspach am 28.10.2003 erklärte Herr S, dass er auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz gewesen sei, er sei eine Geschwindigkeit von 80 km/h gefahren. Er sei am sogenannten "Toten Mann Berg" hinter einem Lkw einer benannten Firma nachgefahren, in weiterer Folge sei er hinter diesem Lkw den Berg hinunter gefahren und habe dann in der Senke mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 - 90 km/h zu überholen begonnen. Er habe kein entgegenkommendes Fahrzeug gesehen, weshalb er aus diesem Grunde in der Senke mit dem Überholen des vor ihm fahrenden Lkw begonnen habe. Als er sich etwa auf Höhe der Hinterachse des Lkw befunden habe, habe er einen entgegenkommenden Pkw gesehen und sei sofort auf die Bremse gestiegen, sein Pkw sei mit einem ABS Bremssystem und einem sogenannten Airbag ausgestattet. Unmittelbar darauf sei es auf dem linken Fahrstreifen zu einem Frontalzusammenstoß gekommen.

Diese Angaben bestätigte der Berufungswerber auch bei der mündlichen Berufungsverhandlung. Vor Beginn des Überholens habe er eine Zeit lang rechts am Lkw vorbeigeschaut und kein entgegenkommendes Fahrzeug gesehen. Wie bereits in einem gerichtlichen Verfahren gestand Herr S jedoch ein, dass es ihm aufgrund des vor ihm fahrendes Fahrzeuges nicht möglich gewesen sei, die gesamte vor ihm liegende Fahrbahn zu beobachten.

Aus den Verfahrensakten geht hervor, dass der Berufungswerber noch Inhaber eines Probeführerscheines war und ihm bereits zweimal wegen Begehung von Alkoholdelikten die Lenkberechtigung entzogen werden musste, dies vom 24.6.2001 bis 22.7.2001 und vom 8.2.2002 bis 8.8.2002. Ein in Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verkehrsunfall durchgeführter Alkotest ergab einen Wert von
0,00 mg/l.

Mit Urteil des Landesgerichtes Ried vom 5.2.2004 wurde Herr S im Zusammenhang mit dem Vorfall des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Begründung dieses Urteiles wird seitens des Landesgerichtes Ried die Auffassung vertreten, dass es sich im vorliegenden Fall um ein äußerst rücksichtsloses Überholmanöver gehandelt habe, weshalb von einem geringen Verschulden des Beschuldigten nicht mehr die Rede sein könne. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers brachte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vor, dass eine beim Oberlandesgericht gegen die Strafhöhe eingebrachte Berufung abgewiesen wurde.

Der Berufungswerber selbst hat bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall ebenfalls schwere Verletzungen davongetragen an deren Folgen er heute noch laboriert.

Im Rahmen des Ortsaugenscheines konnte überdies festgestellt werden, dass im Bereich der Unfallstelle der L 503 in beide Fahrtrichtungen gesehen grundsätzlich eine ausreichende Überholsicht gegeben wäre. Allerdings ist die Fahrbahn im Bereich der Unfallstelle auf beiden Seiten durch Leitschienen begrenzt.

In seiner Berufung gesteht der Rechtsmittelwerber ein, dass er ohne Zweifel die im Straßenverkehr gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen habe, bestreitet jedoch, dass besonders gefährliche Verhältnisse bzw. besondere Rücksichtslosigkeit vorliegen würden. Er verweist hiezu auch auf das Strafurteil des Landesgerichtes Ried, laut diesem Urteil wurde entgegen dem Strafantrag der Qualifikationstatbestand des § 81 Abs.1 Z1 (iVm § 80) StGB nicht angenommen. Er vertritt die Auffassung, bloß einen Fahrfehler begannen zu haben.

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

5.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.a. StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c. StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zum Beispiel beim Überholen, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt.

Dass im gegenständlichen Falle der Berufungswerber durch sein fahrlässiges Verhalten im Zusammenhang mit dem Überholen des vor ihm fahrenden Lastkraftwagens ein (grob) fahrlässiges Verhalten gesetzt hat, wird von ihm nicht bestritten, er vermeint jedoch, dass er einen bloßen Fahrfehler begangen habe.

Er weist daraufhin, dass zum Vorfallszeitpunkt die Fahrbahn trocken gewesen und die Sicht witterungsbedingt uneingeschränkt gewesen sei. Er habe auch die im Freilandgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten, das von ihm gelenkte Fahrzeug sei mängelfrei und er sei sowohl geistig als auch körperlich völlig unbeeinträchtigt gewesen. Das Ergebnis des Alkotests habe einen Wert von 0,00 mg/l ergeben. Die Sichtverhältnisse an der Unfallstelle seien gut gewesen, eine unübersichtliche Kurve liege nicht vor.

Wenn auch all diese Kriterien zutreffen, so vermögen diese Umstände den Berufungswerber hinsichtlich der Qualifikation "besonders gefährliche Verhältnisse" bzw. "besondere Rücksichtslosigkeit" nicht entlasten. Der Berufungswerber weist daraufhin, das Strafgericht habe lediglich den Grundstraftatbestand des § 80 StGB angewendet, zumal keine gefahrenerhöhende Momente hervorgekommen wären, welche den Qualifikationstatbestand des § 81 Abs.1 Z1 StGB begründen würden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich kann sich dieser Auffassung im vorliegenden Falle nicht anschließen, wobei insbesondere zunächst auch darauf hingewiesen wird, dass bezogen auf § 7 Abs.3 Z3 FSG im Zusammenhang mit der Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse die bloße Möglichkeit, solche herbeizuführen, ausreicht.

Es trifft zwar zu, dass eine potentielle Gefährdung anderer Straßenbenützer durch die Bestimmung des § 16 Abs.1 lit.a. iVm § 99 Abs.3 lit.a. StVO 1960 grundsätzlich abgedeckt ist. Andererseits stellt nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich das vom Berufungswerber getätigte Verhalten, nämlich sich für den Überholvorgang zu entscheiden, obwohl er wegen der Abdeckung durch den Lkw nicht den gesamten vor ihm liegenden Fahrbahnbereich einsehen konnte, jedenfalls ein besonders rücksichtsloses Verhalten dar, dies ist auch in der Begründung des Strafurteiles des Landesgerichtes Ried im Innkreis zum Ausdruck gebracht worden. Das Verhalten war aber auch geeignet, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, zumal im vorliegend konkreten Falle als gefahrenerhöhendes Moment zu berücksichtigen ist, dass die Fahrbahn im Bereich der Unfallstelle an beiden Seiten durch Leitschienen abgegrenzt ist, sodass einem entgegenkommenden Lenker keinerlei Möglichkeit verblieb, allenfalls durch Ausweichen einer Kollision zu entgehen, was im gegenständlichen Falle überdies drastisch bestätigt wurde. Diese Umstände haben zur Folge, dass sowohl ein Vorhalten, das geeignet ist besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, als auch besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern (§ 99 Abs.2 lit.c StVO 1960) festgestellt werden müssen.

5.2. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person unter anderem als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Vorschriften verstoßen hat; als Verhalten das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Dazu wird zunächst festgestellt, dass es sich bei den in § 7 Abs.3 Z3 FSG aufgelisteten Verhalten bloß um eine demonstrative Aufzählung handelt. Jedenfalls ist, wie oben bereits dargelegt wurde, im konkreten Falle davon auszugehen, dass das Verhalten des Berufungswerbers einerseits geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen und überdies er mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat. Es ist daher von einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.1 iVm § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen von Personen, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden könnten und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

Für die Wertung der bestimmten Tatsache ist jedenfalls die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, zu berücksichtigen. Obwohl Herr S, als er sich entschloss zu überholen, nicht den gesamten vor ihm liegenden Fahrbahnbereich einsehen konnte, da dieser teilweise durch den vor ihm fahrenden Lkw abgedeckt war, hat er sich entschlossen, diesen Überholvorgang einzuleiten, ohne Rücksicht darauf, dass allenfalls entgegenkommende Lenker nicht nur behindert, sondern massiv gefährdet werden könnten. Dazu kommt, dass es in Anbetracht der angebrachten Leitschienen einem entgegenkommenden Lenker nicht möglich gewesen wäre, durch Ausweichen eine Kollision zu verhindern. Obwohl einem fachlich befähigten Kfz-Lenker bewusst sein musste, welche Folgen durch derartiges Verhalten entstehen könnten, hat Herr S es riskiert den Fahrstreifen zwecks Überholen zu wechseln und es ist dann tatsächlich zu dem Verkehrsunfall gekommen. Ohne die Folgen dieses Verkehrsunfalles im Zusammenhang mit der Wertung zu berücksichtigen, stellt dieser Umstand jedenfalls ein Wertungskriterium dar.

Dazu kommt, dass der Berufungswerber zum Vorfallszeitpunkt noch im Besitz des Probeführerscheines war und überdies wegen Alkoholdelikten in den Jahren 2001 und 2002 die Lenkberechtigung bereits zweimal entzogen werden musste. Wenn auch im vorliegenden Falle Alkohol nicht im Spiele war, so zeigt sich doch beim Berufungswerber eine Sinnesart dahingehend, dass er die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und damit auch die öffentliche Verkehrssicherheit bisher nicht all zu ernst genommen hat.

Positiv zu berücksichtigten sind die sonstigen Rahmenbedingungen, die grundsätzlich sonstigen guten Sichtverhältnisse bzw. der Fahrbahnzustand und auch der Umstand, dass im vorliegenden Falle keine Alkoholisierung vorgelegen ist. Zu berücksichtigen ist ferner, das grundsätzliche reuemütige Verhalten des Berufungswerbers und auch der Umstand, dass er selbst bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall schwer verletzt und überdies an den Folgen dieses Unfalles noch zu leiden hat. Dass der Berufungswerber sich offensichtlich seit dem Vorfall wohlverhalten hat, spielt eher eine mindere Rolle, zumal grundsätzlich anzunehmen ist, dass während eines anhängigen Verfahrens die Risikoneigung geringer ist bzw. wurde dem Berufungswerber der Führerschein bereits abgenommen.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass, bezogen auf den tatsächlichen Anlassfall, die von der Bezirkshauptmannschaft Braunau festgelegte Entzugsdauer durchaus angemessen ist, andererseits doch erwartet werden kann, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers nach der nunmehr festgelegten Entziehungszeit wieder hergestellt ist.

5.3. Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung der Lenkberechtigung unter anderem die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Gemäß § 17 Abs.1 Z2 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs.2 FSG im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde.

Nachdem Herrn S die Lenkberechtigung innerhalb von fünf Jahren bereits dreimal entzogen werden musste, war die Anordnung zur Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, die über eine eventuell vorliegende mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung Aufschluss gibt, zwingend geboten. Damit verbunden war ebenfalls die Aufforderung, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung beizubringen (§ 8 Abs.2 FSG).

5.4. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug immer geboten (VwGH 89/11/0252 vom 20.2.1990 u.a.). Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ist demnach zu Recht erfolgt.

6. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Berufungswerber durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Es wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Überholen - besonders gefährliche Verhältnisse bzw. besondere Rücksichtslosigkeit

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 14.09.2004, Zl.: 2004/11/0120-3

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