Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520569/2/Ki/Da

Linz, 07.04.2004

 

 

 VwSen-520569/2/Ki/Da Linz, am 7. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

B E S C H E I D

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn P S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J H, Dr. F H, Dr. G M, Dr. P B, Mag. G J T, vom 31.3.2004 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.3.2004, FE-313/2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung sowie Anordnung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird dahingehend Folge gegeben, dass die Anordnung der Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker behoben wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entzugsdauer von sechs Wochen ab Rechtskraft des Berufungsbescheides zu berechnen ist.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7 Abs.1, 7 Abs.3 Z4, 24 Abs.1 Z1, 24 Abs.3, 25 Abs.1, 26 Abs.3 und 29 Abs.3 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 29.10.2002, unter Zl. F 5494/2002, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von sechs Wochen ab Rechtskraft des Bescheides entzogen, weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker angeordnet und dem Berufungswerber aufgetragen, dass der Führerschein unverzüglich nach Vollstreckbarkeit des Bescheides bei der Behörde abzuliefern sei.

Begründend führte die Bundespolizeidirektion Linz aus, dass laut Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft St.Pölten vom 5.12.2003, Zl. 3-17546-03, der Berufungswerber am 7.10.2003 um 20.40 Uhr in Altlengbach, auf der A1 bei km 32,060 in Richtung Linz das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt und er die durch Vorschriftszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h überschritten habe. Weiters sei festgestellt worden, dass es sich um die zweite derartige Übertretung innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren handle, da er am 19.4.2002 ebenfalls eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen habe, die eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zur Folge hatte.

 

In den letzten zwei Jahren sei er mindestens viermal wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen bestraft worden. Offenbar sei ihm nicht bewusst, welche Gefahr er für die Verkehrssicherheit darstelle bzw. müsse angenommen werden, dass er u.U. sogar Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer bewusst in Kauf nehme. Die Behörde sehe sich daher veranlasst, eine Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker anzuordnen.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 31.3.2004 Berufung erhoben. Darin wird ausgeführt, dass der Bescheid zur Gänze wegen Nichtigkeit und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhalts angefochten werde. Insbesondere richte sich die Berufung gegen die Anordnung der Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker und die Koppelung dieser Nachschulung an die Dauer der Entziehung.

 

Dem Bescheid hafte Nichtigkeit an, zumal der Spruch die Rechtsgrundlagen nicht eindeutig erkennen lasse, insbesondere nicht darstelle, nach welcher gesetzlichen Grundlage die Nachschulung bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung zu absolvieren sei.

 

Die Behörde gehe von einem Sachverhalt aus, ohne dem Berufungswerber vor der Erlassung des Bescheides die Gelegenheit geboten zu haben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und in der Sache selbst Stellung zu nehmen oder Beweise anzubieten. Ohne nähere Präzisierung werde festgestellt, dass in den letzten zwei Jahren mindestens viermal Geschwindigkeitsüberschreitungen stattgefunden haben sollen. Diese Überschreitungen würden nicht konkretisiert werden. Aus diesem bloß allgemeinem Vorwurf sei der von der Behörde gezogene Schluss, der Berufungswerber stelle eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar bzw. nehme sogar Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer bewusst in Kauf, nicht abzuleiten. Ohne diese Voraussetzungen sei aber keine Nachschulung anzuordnen, diese sei auch nicht erforderlich. Die Annahme, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf zu nehmen, werde schon dadurch widerlegt, dass sich nach dem Inhalt der Anzeige der Bezirkshauptmannschaft St.Pölten zum Zeitpunkt der Messung der Geschwindigkeitsüberschreitung lediglich das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug im Messbereich befunden habe.

 

Wenn aus der Tatsache von zurückliegenden Geschwindigkeitsüberschreitungen Schlüsse auf die Verkehrsangepasstheit des Berufungswerbers gezogen werden sollen, sei ihm zuvor die Gelegenheit zu geben, zu diesem Ergebnis einer behördlichen internen Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, in Stattgebung der Berufung die Entziehung ohne die Anordnung der Nachschulung für verkehrsauffällige Lenker zu verfügen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. vorgelegt, der hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien (Bezirkspolizeikommissariat Hietzing) vom 3.6.2002, S 73.765-HG/02 Hö, wurde der Berufungswerber bestraft, weil er am 19.4.2002 um 22.20 Uhr in 1130 Wien, Wientalstraße stadtwärts, 209 m vor dem Lichtmast C 192 - 1130 Wien, Wientalstraße, ehemalige Abfahrt, das KFZ mit dem Kennzeichen gelenkt und die durch Vorschriftszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 40,58 km/h überschritten hat.

 

Infolge dieser Verwaltungsübertretung hat die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber mit Mandatsbescheid vom 10.10.2002, FE-699/2002, die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen.

 

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft St.Pölten vom 5.12.2003, Zl. 3-175-6-03, wurde der Berufungswerber weiters u.a. bestraft, weil er am 7.10.2003 um 20.40 Uhr auf der A1 bei Strkm. 32,060 in Richtung Linz das Kraftfahrzeug gelenkt und die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritten hat.

 

In beiden Fällen wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Lasermessgerät festgestellt.

Aus Anlass der letzteren Verwaltungsübertretung hat die Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

Im vorliegenden Verfahrensakt finden sich auch Vormerkungen dahingehend, dass der Berufungswerber in den letzten zwei Jahren mehrmals (zumindest viermal) wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bestraft wurde.

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. wie folgt erwogen:

 

5.1 Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Unbestritten wurde der Berufungswerber innerhalb der letzten zwei Jahre bereits zweimal bestraft, weil er Geschwindigkeitsüberschreitungen im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 begangen hat. Es ist somit vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 iVm mit § 7 Abs.3 FSG auszugehen.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so verbleibt diesbezüglich der Führerscheinbehörde (damit auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. als Berufungsbehörde) kein Ermessensspielraum, zumal hier die Wertung der Tatsache durch das Gesetz selbst vorgenommen wurde. Ausdrücklich ist festgelegt worden, dass im Falle einer zweiten Übertretung innerhalb von zwei Jahren die Entzugsdauer mit sechs Wochen festzulegen ist.

 

In Anbetracht des Vorliegens der bestimmten Tatsache einerseits und der gesetzlich festgelegten Entzugszeit andererseits ist daher die Entziehung für die im Spruch genannte Dauer zu Recht erfolgt, diesbezüglich wurde der Berufungswerber nicht in seinen Rechten verletzt.

 

5.2. Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung udgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

 

Im gegenständlichen Falle wurde kein Tatbestand verwirklicht, welcher eine zwingende Anordnung der begleitenden Maßnahme im Sinne des § 24 Abs.3 FSG begründen würde. Allerdings räumt der erste Satz des § 24 Abs.3 FSG der Behörde dahingehend Ermessen ein, dass schlechthin bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen angeordnet werden können. Eine derartige Anordnung bedarf jedoch einer begründeten sachlichen Rechtfertigung.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz begründet die Anordnung damit, dass - neben den bestimmten Tatsachen - der Berufungswerber in den letzten zwei Jahren mindestens viermal wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen bestraft wurde.

 

Grundsätzlich stellt die Berufungsbehörde dazu fest, dass das in der Begründung des Entzugsbescheides beschriebene Verhalten des Berufungswerbers tatsächlich die dort aufgezeigten Bedenken hinsichtlich seiner Bewusstseinsbildung im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit begründen könnte. Andererseits ist der Berufungswerber jedoch im Recht, wenn er ausführt, dass ihm die einzelnen Übertretungen nicht konkret zur Kenntnis gebracht wurden und er somit nicht in der Lage war, sich entsprechend zu rechtfertigen.

 

Im vorliegenden Falle kann diese Problematik jedoch dahingestellt bleiben, zumal nach Auffassung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie erst bei der dritten Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 km/h im Ortsgebiet oder mit mehr als 50 km/h außerhalb des Ortsgebietes innerhalb von zwei Jahren nach der ersten Begehung jedenfalls eine Nachschulung anzuordnen wäre bzw. allenfalls eine strengere Handhabung durch längeren Beobachtungszeitraum zulässig wäre (siehe Durchführungserlass zum Führerscheingesetz idF. Zl. 171.304/2-II/ST 4/03 vom 16.9.2003).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. schließt sich der Auffassung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie an, wonach nach lediglich zweimaligem Verwirklichen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.4 Z3 FSG mit dem bloßem Entzug der Lenkberechtigung das Auslangen gefunden werden kann bzw. dass damit gerechnet werden kann, dass nach einer sechswöchigen Entzugsdauer auch ohne Anordnung einer Nachschulung die geforderte Verkehrszuverlässigkeit wiederum gegeben ist. Hinweise dafür, dass der Berufungswerber durch einen längeren Beobachtungszeitraum hindurch entsprechende bestimmte Tatsachen verwirklicht hätte, liegen nicht vor.

 

Aus diesem Grunde war in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben.

 

5.3. Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Die diesbezüglich im angefochtenen Bescheid ergangene Anordnung war daher von Gesetzes wegen geboten.

 

6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei darauf hingewiesen wird, dass die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. K i s c h

 

 

 

Beschlagwortung:

Bestimmte Tatsache i.S.d. § 7 Abs.3 Z4 FSG - Anordnung einer Nachschulung erst ab 3. Übertretung (grundsätzlich innerhalb von 2 Jahren) geboten.

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