Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520575/5/SR/Ri

Linz, 23.07.2004

VwSen-520575/5/SR/Ri Linz, am 23. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A S, S Nr. gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 29.3.2004, Zl. VerkR96-1972-2004 Ga betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der beleidigenden Schreibweise bestätigt.

Aus Anlass der Berufung werden aber die verhängten acht Ordnungsstrafen von insgesamt 2.800 Euro aufgehoben und es wird eine einheitliche Ordnungsstrafe von 300 Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm. § 34 Abs. 3 AVG verhängt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs. 2 und 3 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 10/2004.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs. 2 und 3 AVG 1991 wie folgt abgesprochen:

"Sie haben sich in der Berufung vom 18.03.2004 durch die Formulierungen:

  1. Meinem ständigen Begehr auf Wiedereinstellung in den Schuldienst wurde in der Folge mit einem Führerscheinentzug beantwortet - damit begann die fortgesetzte Kriminalisierung über Herrn H.
  2. Ein im Jahre 1998 an die Gendarmerie Kremsmünster geführter Schriftsatz in Aufklärung dieses Schulskandals wurde durch den Gendarmen P eigenmächtig und unter Ausschaltung seines Dienstweges (iV P) nach zwei Jahren Verspätung plötzlich gegen mich verwendet, indem er mit Schriftsatz 21.12.2000, GZ E1/1647/2000, eine Anzeige an das für mich zuständige Verkehrsamt Wels-Land (nicht für ihn Kirchdorf) führte und darin die Überprüfung meiner Lenkerberechtigung (LB) durch einen Amtsarzt begehrte, da Schuldgelder der BS Kremsmünster in Ordnung seien ohne diese selbst überprüft zu haben.
  3. Unter Ausnützung einer Amtsstellung setzte Herr P als unzuständiges Organ den Tatbestand Amtsmissbrauch § 302 StGB durch Verleumdung und Urkundenunterdrückung. Mit 10. September 2003 wurde eine Anzeige an das Verkehrsamt geführt, um zu überprüfen, ob seine strafrechtlichen Tatbestände überhaupt zu einem FS Entzug führen konnten.
  4. Da mir Herr P fremd war, konnte er nur im Auftrage anderer gehandelt haben. Als Belohnung für seine Verleumdung bekam er den nächstgelegenen Dienstort zugewiesen.
  5. Der nun zuständige Organwalter H, Verkehrsamt Wels-Land, - beim Landesschulrat verfasste er früher zahlreiche Bescheide zur widerrechtlichen Entlassung aus dem Schuldienst - ließ mir in der Folge mit einem entsprechenden Gutachten seines Amtsarztes (geistige Eignung) am 07.06.2001 im Schlafzimmer meines Wohnhauses meinen Führerschein (FS) durch die Gendarmerie Sattledt abnehmen, nur damit sein eigener schulbehördlicher Missstand einer ungerechtfertigten Entlassung aus dem Schuldienst weiterhin gedeckt bleiben konnte (und dies auch keinen Nachteil für den LSR bedeutete).
  6. Ein vor Bescheidlegung vom Gesetzgeber gem. § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 57 Abs.3 AVG auferlegtes Ermittlungsverfahren - hier: Gegenüberstellung Anzeige P zu aufkommenden Fälschung - wurde nie durchgeführt, denn damit hätte Herr H in Feststellung eines Betrugsskandals seinen eigenen Mist beim LSR offen legen müssen.
  7. Der amtsärztliche Missbrauch entstand bei Übernahme der Anzeige von Herrn P (Verleumdung) unter bewusster Unterlassung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens durch das Verkehrsamt zu meinem Schaden.
  8. Es ist Österreichweit bekannt, dass Organwalter H (Verkehrsamt Wels-Land) - er verfasste bei seinem früheren Dienstgeber Landesschulrat zahlreiche Bescheide zu meiner widerrechtlichen Entlassung aus dem Schuldienst, um den Millionenbetrug an der BS Kremsmünser zu vertuschen - in nunmehriger Ausnützung einer Amtsstellung mir nur deshalb meine LB entziehen ließ, damit sein eigener schulbehördlicher Missstand gedeckt bleibt.

einer beleidigenden Schreibweise bedient und es werden über Sie folgende Ordnungsstrafen verhängt:

  1. 300,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  2. 300,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  3. 400,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  4. 400,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  5. 300,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  6. 300,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  7. 400,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG
  8. 400,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 2.800 Euro."

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 6. April 2004 durch Hinterlegung zugestellt worden ist, richtet sich das am 14. April 2004 persönlich beim Oö. Verwaltungssenat abgegebene Berufungsschreiben des Bw, mit dem erschließbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids angestrebt wird.

2.1. In der Begründung hat die Behörde erster Instanz u.a. ausgeführt, dass das Vorbringen des Bw bei weitem den Boden einer sachlichen Kritik verlassen würde. Insgesamt betrachtet vergifte der Bw die Atmosphäre des Verwaltungsverfahrens, da der Behörde eine den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaates widersprechende Handlungsweise und Geisteshaltung unterstellt würde. Die Behörde erster Instanz geht in der Folge davon aus, dass die Formulierungen absichtlich gewählt wurden und es daher einer empfindlichen Strafe bedürfe. Der Bw solle dadurch dazu verhalten werden, in Hinkunft von derartigen Ausdrucksweisen Abstand zu nehmen. Es sei Aufgabe der Behörde, die angesprochenen demokratischen Werte zu schützen und Maßnahmen zu setzen, dass sich die Kritik an ihr auf die Sache beschränke und in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht werde.

2.2. Dagegen verweist der Bw, um weitwendige Wiederholungen zum FS Entzug zu vermeiden, auf seine Berufungen betreffend der Mutwillenstrafe vom 16. März 2004, der Ordnungsstrafe vom 28. März 2004 und auf seine Verbesserung vom 31. März 2004.

In der Folge führt der Bw aus, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da diesem keine Androhung bzw. Ermahnung vorhergegangen sei. Von den 8 Anschuldigungspunkten würden die Hälfte davon Wiederholungen zur letzten Berufung darstellen und laut "VGH 12429/87" dürfe eine Ordnungsstrafe nur einmal verhängt werden. Die restlichen 4 Anschuldigungspunkte würden keine beleidigende Schriftform aufweisen, da die Kritik sachbeschränkt und die zuständige Behörde, an die die Eingabe beleidigenden Inhalts gerichtet wurde, unbekannt sei. Für eine Berufungsbehörde dürfe nur der Verwaltungsgerichtshof Ordnungsstrafen verhängen und nicht das in der Öffentlichkeit belastete Verkehrsamt Wels-Land (VwSlg 7641/69). Mutwillens- und Ordnungsstrafen sollten nicht als Druckmittel für Säumigkeit und Untätigkeit der Verwaltungsbehörden eingesetzt werden. Die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid aufheben und seine sachbeschränkte Kritik als Notwendigkeit einer Rechtsverfolgung verstehen. Begründend führt der Bw weiter aus, dass es sich bei der belangten Behörde um eine unzuständige Behörde handle, da nur die durch belästigende Schriftsätze betroffene Behörde zuständig (VfSlg 4073/61) und für belästigende Schriftsätze an Berufungsbehörden der "VGH" zur Verhängung einer Ordnungsstrafe berufen sei. Jede Behörde sei verpflichtet, schreiende Missstände abzustellen, aber anstatt zu ermitteln, würden Mutwillensstrafen und Ordnungsstrafen verhängt. Seine Kritik läge in der Bekämpfung eines systembedingten Missstandes, hervorgerufen durch Organwalter H. Die FS Problematik wollte nach zahlreichen Berufungen weder die Verkehrsbehörde noch die Berufungsbehörde klären. Damit bestehe denklogisch seine Kritik zu Recht. Das Problem sei H selbst, er würde zur Belastung anderer Behörden, er würde zum Risikofaktor der Öffentlichkeit, er sei somit sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Der Bw brauche keinen Gauner und Verbrecher als Organwalter, der nachhaltigst sein Leben verpfuscht. Solange die Berufungsbehörde einem Kranken Folge gebe, trage sie selbst die Verantwortung.

3. Die belangte Behörde hat dem unabhängigen Verwaltungssenat die bezughabenden Akten zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 34 Abs. 1 AVG 1991 hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.

§ 34 Abs. 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.

Gemäß § 34 Abs. 3 AVG 1991 können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

4.2. Vorerst war zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zur Verhängung einer Ordnungsstrafe zuständig ist, wenn eine beleidigende Schreibweise in einer Berufung enthalten ist, oder ob diesbezüglich nur die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates gegeben wäre.

Im Hinblick darauf, dass die Berufung mit Berufungsvorentscheidung (§ 64a Abs. 1 AVG) durch die Behörde erster Instanz erledigt werden kann, schließt sich der Oö. Verwaltungssenat der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.11.1993, Zl. 89/14/0144 an. In der zitierten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Rechtsprechung zu § 34 AVG vor der Novelle 1990 Bezug genommen, wonach "für eine beleidigende Schreibweise in einer Berufung nur die Rechtsmittelbehörde eine Ordnungsstrafe verhängen durfte (verst. Senat vom 25. März 1987, Slg. Nr. 12.429/A)". Auf Grund dessen, dass durch die angesprochene Novelle der Bezirksverwaltungsbehörde die Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung eingeräumt wurde, ist davon auszugehen, dass die beleidigende Schreibweise in einer Berufungsschrift auch von der Behörde erster Instanz aufgegriffen und von dieser eine Ordnungsstrafe verhängt werden kann. Die Ansicht des verstärkten Senates ist daher auf die nunmehrige Rechtslage nicht mehr übertragbar und die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz gegeben.

4.3. Die Vorschrift des § 34 Abs. 3 AVG dient nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Person, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit Behörden. Es ist nicht Voraussetzung für eine Bestrafung, dass eine bestimmte Amtsperson beleidigt oder geschmäht wird, denn das durch die genannte Vorschrift geschützte Rechtsgut ist ausschließlich die Wahrung des Amtsansehens. Der Zweck der bezogenen Bestimmung liegt darin, der Behörde eine Ordnungsgewalt zur Wahrung des erforderlichen Anstandes im Verkehr mit Ämtern und Behörden einzuräumen (siehe Gaisbauer, Die beleidigende Schreibweise im Verwaltungsverfahren im Spiegel der Rechtsprechung, ÖGZ 10/95, Seite 22 mit zahlreichen Judikaturverweisen).

Hellbling hat im Kommentar zu den Verwaltungsgesetzen (Wien 1953, Band 1, Seite 233) ausgeführt, dass unter Eingabe jedes Schreiben zu verstehen ist, dass eine Behörde oder ein Amt veranlassen soll, sich mit dem Inhalt des Schreibens amtlich zu befassen. Bei der Prüfung, ob ein Schriftstück den Tatbestand der beleidigenden Schreibweise erfüllt, ist außer der in Betracht kommenden Stelle auch der sonstige Inhalt der Eingabe zu berücksichtigen (BGH. 19. Dezember 1936, SlG 1063 A).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (vgl. u.a. VwSlg 5.067 A/1959; VwSlg 14.064 A/1994). Die Überzeugung, berechtigte Kritik zu üben, rechtfertigt keine beleidigende Schreibweise. Auch eine Beleidigungsabsicht wird vom Tatbild des § 34 Abs. 3 AVG 1991 nicht gefordert (vgl. etwa VwGH 8.11.1996, 96/02/0463; VwGH 16.11.1993, 91/07/0084).

Eine Kritik ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gerechtfertigt, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstands entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl. die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 353 f, E 23 und E 26 zu § 34 AVG). Wer den Boden sachlicher Kritik verlässt und anderen Unfähigkeit, niedrige Gesinnung oder eine sittlich verpönte Vorgangsweise unterstellt, bedient sich einer beleidigenden Schreibweise.

Für eine Bestrafung wegen Übertretung des § 34 Abs. 3 AVG ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtete (VwGH 4.9.1995, 94/10/0099).

Die Ordnungsstrafe nach § 34 Abs. 3 AVG 1991 ist dazu bestimmt Verletzungen des gebotenen Anstandes im Verkehr mit den Behörden zu ahnden. Sie wendet sich also nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern die Form, in der dieses erfolgt (VwGH 28.9.1995, 94/17/0427). Hiebei darf nicht vom Wortsinn einer einzelnen Stelle ausgegangen werden, vielmehr muss auch der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden. Es kommt auf die Beleidigungsabsicht ebenso wenig an wie auf den Endzweck der Eingabe (vgl die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 351, E 2b und 3a zu § 34 Abs. 3 AVG).

Betrifft eine Eingabe zwei oder mehrere Angelegenheiten, scheidet trotzdem eine zwei- oder mehrmalige Verhängung einer Ordnungsstrafe aus, da vom Zweck der Maßnahme her gesehen, die betreffende Person in Zukunft von der Setzung eines ordnungswidrigen Verhaltens abgehalten werden soll. Es besteht daher keine Notwendigkeit zur nochmaligen Verhängung einer Ordnungsstrafe für dieselbe Ordnungswidrigkeit (VwGH 25.3.1987, 86/11/0145, verstärkter Senat). § 34 Abs. 3 AVG dient nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Personen, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit den Behörden.

Auch die Überzeugung des Schreibers, seine Kritik sei berechtigt, vermag eine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen (vgl. u.v. VwGH vom 26.3.1996, 95/05/0029).

Eine beleidigende Schreibweise kann auch nicht durch ein vermeintlich oder tatsächlich rechtswidriges Handeln jener Behörde gerechtfertigt werden, an der Kritik geübt wird (vgl die Nachw bei Walter - Thienel, Verwaltungsverfahrengesetze I2, E 32 zu § 34 AVG).

Kritik ist nur dann sachbeschränkt, wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zum Zwecke der entsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann (vgl. VwGH vom 26.3.1996, 95/05/0029).

Der - den Fall einer beleidigenden Schreibweise in schriftlichen Eingaben betreffende - § 34 Abs. 3 AVG nimmt lediglich in Gestalt der Anordnung, dass "die gleichen Ordnungsstrafen verhängt werden können", auf den zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle Bezug; eine Anordnung, dass - wie in dem durch § 34 Abs. 2 AVG geregelten Fall der Anstandsverletzung oder Ordnungsstörung bei einer "Amtshandlung" - mit Ermahnung, Entziehung des Wortes nach Androhung derselben, Entfernung und Auftrag, einen Bevollmächtigten zu bestellen, vorzugehen wäre, enthält diese Regelung nicht. Diese Verfahrensanordnungen beziehen sich erkennbar auf Vorgänge und Abläufe einer mündlichen Amtshandlung; dies stellt klar, dass es sich dabei um die Regelung der "Sitzungspolizei" handelt, die auf den Fall einer beleidigenden Schreibweise in Eingaben auch nicht sinngemäß angewendet werden kann (vgl den Nachweis bei Walter - Thienel, Verwaltungsverfahrengesetze I2, E 37 zu § 34 AVG).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, dass über einen Beschuldigten, der sich in einem gegen ihn anhängigen Strafverfahren in mehreren schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedient, nur eine einzige Ordnungsstrafe verhängt werden dürfte. Einer gesonderten Ahndung steht auch nicht entgegen, dass es sich jeweils nur um eine gleichartige Beleidigung handelt (VwGH 11.12.1985, 84/03/0155).

Die Verhängung einer Ordnungsstrafe hat grundsätzlich für jede Eingabe, in der eine beleidigende Schreibweise enthalten ist, getrennt zu erfolgen und kann in Bezug auf jede Eingabe das Höchstmaß erreichen (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144).

4.4. Im vorliegenden Fall bezeichnet der Bw u.a. den Gendarmeriebeamten P als unzuständiges Organ, das "unter Ausnützung einer Amtsstellung den Tatbestand Amtsmißbrauch § 302 StGB durch Verleumdung und Urkundenunterdrückung gesetzt habe" und als "Belohnung für seine Verleumdung den nächstgelegenen Dienstort zugewiesen" bekommen habe. Weiters führt der Bw aus, dass der "zuständige Organwalter H ...... zahlreiche Bescheide zur widerrechtlichen Entlassung aus dem Schuldienst verfasst habe, nur damit sein eigener schulbehördlicher Missstand einer ungerechtfertigten Entlassung aus dem Schuldienst weiterhin gedeckt bleiben konnte". Ein gesetzlich vorgesehenes Ermittlungsverfahren sei nie durchgeführt worden, denn "damit hätte Herr H in Feststellung eines Betrugsskandals seinen eigenen Mist beim LSR offen legen müssen". Der "amtsärztliche Missbrauch sei bei Übernahme der Anzeige von Herrn P (Verleumdung) unter bewusster Unterlassung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens durch das Verkehrsamt" zu seinem Schaden entstanden. "Österreichweit sei bekannt, dass Organwalter H (Verkehrsamt Wels-Land) bei seinem früheren Dienstgeber - Landesschulrat - zahlreiche Bescheide verfasst habe, um den Millionenbetrug an der BS Kremsmünster zu vertuschen".

Die wiedergegebenen Äußerungen beziehen sich auf Amtshandlungen, Organwalter und Behörden, die im Zusammenhang mit der Entlassung des Bw aus dem Schuldienst und der Entziehung seiner Lenkberechtigung tätig geworden sind.

Kritische Äußerungen an behördlichem Verhalten sind grundsätzlich zulässig, müssen sich aber in den Grenzen der Sachlichkeit und des Anstandes halten. Jeder, der in der Handlung eines Organs einer Behörde eine Überschreitung oder missbräuchliche Verwendung der Amtsbefugnisse erblickt, kann dies in einer dem Gesetz entsprechenden Form geltend machen (zB Anzeige an Dienstbehörde, Rechtsmittel gegen Bescheid usw.), hat aber nicht das Recht, das Ansehen der Behörde (eines Organs) durch unsachliche Schreibweise, welche die Anstandspflicht gegenüber der Behörde verletzt, herabzuwürdigen (vgl. VwGH 17.9.1980, 1188/80).

Auch wenn man vom Standpunkt des Bw ausgeht, können seine Äußerungen nicht toleriert werden. Die von ihm getätigten Vorwürfe gegen den Gendarmeriebeamten P, Dr. H und den namentlich ungenannt gebliebenen Amtsarzt, der im Zuge der Entziehung der Lenkberechtigung gutachterlich tätig geworden ist und der Kritik an der Amtsführung des Dr. H (eigenen Mist offen legen) verlassen eindeutig den Boden sachlicher Kritik. Die Äußerungen sind in einer Art gehalten, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellen. Es ist ein Verhalten, welches jenes Maßhalten im Verkehr mit der Behörde vermissen lässt, das die Achtung vor der Behörde erfordert. Auch wenn der Bw vermeint, dass seine Kritik berechtigt ist, so vermag diese seine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen. Wie das den Eingaben zugrunde liegende und bereits rechtskräftig abgeschlossene Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung erkennen lässt, ist die Kritik auch nicht "sachberechtigt", da eine Notwendigkeit dieser Eingabe zum Zwecke der entsprechenden Rechtsverfolgung nicht angenommen werden kann.

Es bedarf somit keiner weiteren Erörterungen, dass sich der Bw hier einer beleidigenden Schreibweise bedient hat, die eindeutig ein unangebrachtes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt.

Eine allfällige Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung (vgl. Art 10 EMRK) geht fehl, weil dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet wird. Die gesetzliche Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise fällt unter die berechtigten Einschränkungen nach Art 10 Abs. 2 EMRK, die auch in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind (vgl. dazu VwGH 11.5.1998, 96/10/0033 u. 97/10/0089 unter Hinweis auf VfSlg 7900/1976 und VfSlg 13.035/1992).

Die mit einer allfällig angebrachten Kritik nicht zusammenhängenden Beleidigungen belasten die Atmosphäre des Verwaltungsverfahrens, ohne auch nur ein diskutables Werturteil im Sinne des Art. 10 Abs. 1 MRK zum Ausdruck zu bringen oder auch nur mit einem solchen in erkennbarem Zusammenhang zu stehen. Abgesehen davon liegt es auch im Interesse der öffentlichen Ordnung (Art. 10 Abs. 2 MRK) der Behinderung von öffentlichen Verfahren durch Beschimpfungen entgegenzuwirken, wofür sich eine angemessene Ordnungsstrafe als geeignetes Mittel darstellt (vgl. VwGH 28.9.1995, 94/17/0427).

4.5. Wie unter Punkt 4.3. ausgeführt, dient die Vorschrift des § 34 Abs. 3 AVG nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Personen, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit den Behörden (vgl. VfGH 12.3.1992, B101/91).

Abstellend auf das geschützte Rechtsgut und das als Einheit zu betrachtende Schreiben (Eingabe) darf für die Verhängung einer Ordnungsstrafe nicht nur vom Wortsinn einer einzelnen Stelle ausgegangen werden, sondern muss vielmehr der gesamte Inhalt der Eingabe (Form des Vorbringens) berücksichtigt werden. Die gehäufte Vornahme einer anstößigen Umgangsform in einer Eingabe ist gesamthaft als beleidigende Schreibweise zu beurteilen und nicht wie bei Verwaltungsübertretungen im Verwaltungsstrafverfahren zu kumulieren. Die Verhängung mehrerer Ordnungsstrafen für unterschiedliche Äußerungen in einer Eingabe ist daher unzulässig. Bestärkung findet diese Ansicht darin, dass Zweck der Maßnahme ist, die betreffende Person in Zukunft von der Setzung eines ordnungswidrigen Verhaltens gegenüber der Behörde abzuhalten.

Die gegenständlichen Ordnungsstrafen waren aufzuheben und spruchgemäß nur eine einheitliche Ordnungsstrafe zu verhängen.

Zur Höhe der verhängten Ordnungsstrafe vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, dass beim gegebenen Sachverhalt auch mit einer Ordnungsstrafe in Höhe von 300 Euro das Auslangen gefunden werden kann. Der Bw hat in seinem Berufungsschreiben einem Organ, einem Sachverständigen und einem Behördenvertreter zumindest missbräuchliche Verwendung der Amtsbefugnisse vorgeworfen und sich in der Eingabe einer Form bedient, die den Begriff der beleidigenden Schreibweise erfüllt.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und der Umstände, dass der Bw eher nicht wohlhabend sein dürfte, hält der Oö. Verwaltungssenat eine Ordnungsstrafe von knapp 50% des Ordnungsstrafrahmens für angemessen. Es war daher der Berufung teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag. Stierschneider

Beachte:

Beschwerdegegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt. VwGH vom 24.05.2005, Zl.:2004/11/0180-8

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