Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520593/4/Zo/Pe

Linz, 14.07.2004

VwSen-520593/4/Zo/Pe Linz, am 14. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J G, vertreten durch Rechtsanwälte M & M OEG, vom 30.4.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 11.4.2004, VerkR20-1329-1981, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung am 13.7.2004 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wird dem Berufungswerber für die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab 20.12.2003, entzogen.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1 und 67d AVG, §§ 7 Abs.1, 7 Abs.3 Z1 und Z7 lit.a, 7 Abs.4 sowie 24 Abs.1 und 25 Abs.1 und 3 FSG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab 20.12.2003 entzogen. Weiters wurde eine Nachschulung angeordnet und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher die Aufhebung bzw. in eventu die Herabsetzung der Entzugsdauer beantragt werden. Diese wird damit begründet, dass es zwar richtig sei, dass der Berufungswerber am 20.12.2003 zweimal das Fahrzeug mit dem Kennzeichen in einem alkoholisierten Zustand gelenkte habe, wobei beim ersten Alkotest ein Wert von 0,76 mg/l und beim zweiten Alkotest ein Wert von 0,65 mg/l gemessen wurde. Er habe dadurch zweimal gegen § 5 Abs.1 StVO 1960 sowie einmal gegen § 37 Abs.3 Z2 FSG verstoßen. Dennoch sei die Entzugsdauer von 15 Monaten nicht gerechtfertigt. In § 26 Abs.1 Z3 FSG wäre eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten vorgesehen. Die Behörde habe nicht begründet dargelegt, auf welche Tatsachen sie die Entzugsdauer von 15 Monaten stützt. Es sei kein entsprechendes Ermittlungsverfahren und Feststellungen zur Frage seiner Verkehrszuverlässigkeit getroffen worden.

Weiters sei nicht nach der Spezialregelung des § 26 Abs.1 vorzugehen, weil eine mehrmalige Übertretung vorliegt. Auch für diesen Fall gilt gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten und es ist gemäß § 7 Abs.4 FSG zwingend eine Wertung vorzunehmen, wobei die Verwerflichkeit der Übertretungen, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgeblich sind. Die Entzugsdauer von 15 Monaten sei unangemessen und sachlich nicht gerechtfertigt. Der Berufungswerber habe die Atemluftalkoholgrenze von 0,8 mg/l nicht überschritten und es würden mit Ausnahme des Alkoholisierungsgrades sonst keine weiteren schwerwiegenden Umstände, wie beispielsweise ein Verkehrsunfall oder Personenschaden, vorliegen. Der Berufungswerber habe die Nachschulung bereits am 19.2.2004 absolviert und es liege auch eine Stellungnahme des Gendarmeriepostens Steyregg vor, wonach keine Tatsachen bekannt sind, dass er zu übermäßigem Alkoholkonsum neige. Die zusätzliche Bestrafung wegen des Lenkens des Kraftfahrzeuges trotz vorläufig abgenommener Lenkberechtigung dürfe nicht zu einer Erhöhung der Entzugsdauer führen.

Beim Verhalten am 20.12.2003 handle es sich um ein einmaliges Fehlverhalten und die Umstände des Einzelfalles würden eine Entziehung der Lenkberechtigung im Ausmaß von 15 Monaten nicht rechtfertigen.

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.7.2004, bei welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die Erstinstanz gehört wurden.

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte am 20.12.2003 um 21.23 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in Steyregg auf der Pleschinger Landesstraße bis zum Objekt Am Pfenningberg, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (Atemluftalkoholgehalt von 0,76 mg/l).

Der Alkotest wurde im Bereich des Stadtgebietes Linz im Wachzimmer Dornach durchgeführt. Nach dem Alkotest wurde dem Berufungswerber der Führerschein vorläufig abgenommen. Auf sein Ersuchen wurde der Berufungswerber von den Polizeibeamten wiederum zu seinem Fahrzeug gebracht, weil er den Haustürschlüssel im Fahrzeug hatte. Die Polizeibeamten haben ihn dann alleine am Abstellort seines Fahrzeuges zurückgelassen, wobei sich in der näheren Umgebung um diese Tageszeit keine Möglichkeit zum Telefonieren geboten hat. Der Berufungswerber führte kein Mobiltelefon mit sich und in der näheren Umgebung befanden sich keine öffentlichen Telefonzellen oder Gasthäuser, von denen aus der Berufungswerber ein Taxi oder eine sonstige Transportmöglichkeit hätte organisieren können. Der Berufungswerber hat sich in weiterer Folge dazu hinreißen lassen, trotz des vorläufig abgenommenen Führerscheines und im Bewusstsein einer Alkoholisierung den Pkw nach Hause zu lenken, wobei die Fahrtstrecke noch ca. 2,5 km betragen hat.

Kurz nachdem der Berufungswerber nach Hause gekommen ist, wurde er von den Polizeibeamten vor seinem Wohnhaus angetroffen und neuerlich zum Alkotest aufgefordert. Dieser zweite Alkotest ergab um 22.55 Uhr einen Atemluftalkoholgehalt von 0,65 mg/l.

Der Berufungswerber wurde wegen dieser drei Verwaltungsübertretungen (zweimaliges Lenken des Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sowie einmal Lenken des Pkw trotz des vorläufig abgenommenen und nicht wiederausgefolgten Führerscheines) von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung am 25.3.2004 rechtskräftig bestraft.

Der Berufungswerber war zum Vorfallszeitpunkt und ist auch derzeit noch bei der Firma W beschäftigt und dort im Außendienst tätig. Sein Arbeitgeber hat mit Schreiben vom 31.4.2004 die Erstinstanz darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber im Montage-Außendienst tätig ist und die Lenkberechtigung für seine Arbeit dringend erforderlich ist. Vom Gendarmerieposten Steyregg wurde mit Schreiben vom 20.2.2004 auf Anfrage mitgeteilt, dass keine Tatsachen bekannt sind, welche die Annahme des übermäßigen Alkoholgenusses des Berufungswerbers rechtfertigen würden. Auch sein sonstiges Verhalten im Straßenverkehr habe keinen Anlass zum Einschreiten gegeben.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Weiters hat gemäß § 7 Abs.3 Z7 lit.a FSG als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommen Führerscheines lenkt.

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

5.2. Der Berufungswerber macht zutreffend geltend, dass es sich zumindest beim zweiten Alkoholdelikt um 22.55 Uhr nicht mehr um eine erstmalige Übertretung iSd § 26 Abs.1 FSG handelt, sodass für den gesamten Vorfall die allgemeinen Regelungen des § 25 FSG betreffend die Dauer der Entziehung anzuwenden sind. Dazu ist vorweg darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber insgesamt drei Übertretungen begangen hat, welche als bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 FSG anzusehen sind, nämlich zwei Alkoholdelikte iSd § 7 Abs.3 Z1 sowie das Lenken des Kraftfahrzeuges trotz des vorläufig abgenommenen Führerscheines iSd § 7 Abs.3 Z7 lit.a FSG.

Alkoholdelikte sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich als verwerflich iSd § 7 Abs.4 FSG anzusehen. Hinsichtlich des zweiten Alkoholdeliktes sowie der Übertretung des § 37 Abs.3 Z2 FSG ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass dem Berufungswerber die Rechtswidrigkeit seines Handelns sowie die Tatsache seiner Alkoholisierung jedenfalls bewusst sein musste. Im gegenständlichen Fall ist es zwar nicht zu einem Verkehrsunfall gekommen, dennoch ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand jedenfalls ein besonders gefährliches Verhalten. Es ist allgemein bekannt, dass bei einer Beeinträchtigung durch Alkohol sowohl die Wahrnehmungsfähigkeit als auch die Reaktionsfähigkeit eines Fahrzeuglenkers stark herabgesetzt ist. Dies alles spricht für eine entsprechend lange Entzugsdauer.

Zugunsten des Berufungswerbers ist zu berücksichtigen, dass er nach der Mitteilung des Gendarmeriepostens Steyregg nicht zum übermäßigen Alkoholkonsum neigt und auch sonst im Straßenverkehr nicht negativ in Erscheinung getreten ist. Der Berufungswerber hat bei der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert, dass ihm die Konsequenzen seines Fehlverhaltens bewusst sind und er kein weiteres Alkoholdelikt begehen werde, weil er ansonsten vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen würde. Wirtschaftliche bzw. berufliche Interessen haben zwar bei der Festlegung der Entzugsdauer im Interesse der Verkehrssicherheit unberücksichtigt zu bleiben, es darf aber nicht übersehen werden, dass die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes den Berufungswerber wohl in Zukunft dazu motivieren wird, keine weiteren Alkoholdelikte zu begehen. Insgesamt darf bei der Beurteilung nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber zwar drei verschiedene selbständige schwerwiegende Verwaltungsübertretungen und damit bestimmte Tatsachen iSd § 7 Abs.3 FSG begangen hat, diese aber in einem engen zeitlichen Zusammenhang und im Rahmen einer einzigen Alkoholisierung.

Die Tatsache, dass der Berufungswerber die verpflichtende Nachschulung bereits durchgeführt hat, hat auf die Festlegung der Entzugsdauer keinen Einfluss. Der Berufungswerber ist auf Grund der gesetzlichen Vorschriften ohnedies verpflichtet, die Nachschulung zu absolvieren. Der Umstand, dass er dieser Verpflichtung nicht erst gegen Ende der Entzugsdauer, sondern bereits am Anfang des Führerscheinentzuges nachgekommen ist, ändert aber nichts an der Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit bzw. des Zeitraumes, in welchem er die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen wird. Eine derartige Situation könnte allenfalls dann eintreten, wenn eine Person freiwillig eine Nachschulung absolviert, nicht aber dann, wenn jemand ohnedies bloß seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt.

Unter Abwägung all dieser Umstände, ist das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich der Ansicht, dass der Berufungswerber zwar derzeit noch nicht als verkehrszuverlässig anzusehen ist, die Verkehrszuverlässigkeit aber bereits neun Monate nach den Vorfällen wiedererlangen wird. Es konnte daher die von der Erstinstanz verhängte Entzugsdauer entsprechend herabgesetzt werden.

Die Anordnung der Nachschulung sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch die Erstinstanz erfolgte entsprechend der im angefochtenen Bescheid angeführten rechtlichen Grundlagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

Mag. Z ö b l

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