Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520613/2/Br/Da

Linz, 01.06.2004

 VwSen-520613/2/Br/Da Linz, am 1. Juni 2004

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M J, K, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H L, L, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 29.4.2004, Zl. FE-310/2004, zu Recht:
 

Der Berufung wird keine Folge gegeben, sie wird als unbegründet

abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3 iVm 7 Abs.1 Z1 u. Abs. 3 Z1 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 Führerscheingesetz - FSG;

§ 66 Abs. 4, § 67d Abs.1 und § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004.
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde der Mandatsbescheid vom 24. März 2004 bestätigt und der wegen fehlender Verkehrszuverlässigkeit ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung in der Dauer von 24 (vierundzwanzig) Monaten - gerechnet vom 12.3.2004 - für die Klasse B, sowie die Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker, sowie die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung für das Lenken von Kraftfahrzeugen iSd § 8 FSG bis spätestens zum Ablauf der ausgesprochenen Entziehung, sowie die Anordnung einer Nachschulung und die Anordnung der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme bestätigt.

Die aufschiebende Wirkung im Falle einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde im Interesse des öffentlichen Wohls wegen Gefahr im Verzuge ausgeschlossen.
 

Gestützt wurde diese Entscheidung auf die nicht näher präzisierten Bestimmungen der §§ 7, 24, 25 FSG und § 64 Abs.2 AVG in deren jeweils geltenden Fassung.

1.2. Begründend führte die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass auf Grund der Verwerflichkeit der unbestrittenen bestimmten Tatsache davon auszugehen wäre, dass in der genannten Zeitdauer die Verkehrszuverlässigkeit nicht gegeben sei. Diesbezüglich fielen insbesondere die Wiederholung einschlägiger Delikte gegen die Verkehrssicherheit besonders ins Gewicht. Im vorliegenden Fall sei der vor sechseinhalb Jahren zu einer Entzugsdauer von 17 Monaten führende Entzugstatbestand zu werten gewesen. Diese immerhin beträchtliche Entziehungszeit habe nicht bewirken können, dass bereits wieder nach einem halben Jahr nach der diesbezüglichen Ausfolgung des Führerscheines - der damals befristet wurde - neuerlich gegen eine Alkovorschrift verstoßen wurde. Abschließend führt die Erstbehörde aus, dass sie von einem außerordentlich hohem Risiko zu einem Rückfall auszugehen sei, weshalb die hier ausgesprochene Entzugsdauer von 2 Jahren absolut notwendig wäre.

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung entgegen. Er vermeint darin im Wesentlichen, dass die zu einem siebzehnmonatigen Entzug führende Tat nunmehr bereits sieben Jahre zurückliege und er sich in dieser Zeit im Wesentlichen wohlverhalten habe. Wenn ihm weiters vorgeworfen werde, dass er sich nach der Entziehung vom 1.10.2003 wegen Nichteinhaltung von Auflagen den Führerschein nicht sogleich bei der Behörde abgegeben habe, so sei diesem entgegenzuhalten, dass er seinen Führerschein nach dem Entzug seiner Lenkberechtigung vom 1.10.2003 deshalb nicht sogleich bei der Behörde abgeben habe können, weil er diesen vorübergehend verlegt gehabt habe. Im Übrigen seien sämtliche in den vergangenen Jahren über ihn erstellten verkehrspsychologische Stellungnahmen, medizinischen Gutachten etc. positiv im Sinne der Bestätigung der Verkehrszuverlässigkeit verlaufen. Ebenso hätten die von ihm bei der Behörde abgegebenen diversen amtsärztlichen Befunde der Norm entsprochen.

Abschließend vermeint der Berufungswerber, dass mit Blick darauf die ausgesprochene Entzugsdauer von 24 Monaten als erhöht anzusehen sei und vielmehr eine solche von höchstens 18 Monaten angemessen wäre.

 

3. Der Berufungsakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier angesichts sich der sich auf Rechtsfragen beschränkenden Berufungsausführungen unterbleiben.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und den angeschlossenen Vorakten. Daraus ergeben sich unstrittig die hier als Wertungskriterien heranzuziehenden erwiesenen bestimmten Tatsachen iSd. § 7 Abs.3 Z1 FSG.

 

4. Zur Sache:

Am 12.3.2004 lenkte der Berufungswerber seinen Pkw im Stadtgebiet von Linz in einem durch Alkohol beträchtlich beeinträchtigten Zustand, wobei der AAG 0,75 mg/l betrug.

Zutreffend ging die Behörde erster Instanz von der Tatsache aus, dass der Berufungswerber nach einem ausgesprochenen Entzug in der Dauer von 17 Monaten im August 1997 bis zum 10.1.1999, bereits abermals im Juli 1999 gegen § 99 StVO verstoßen hat. Zu einem Entzug ist es aber wegen dieses Vorfalls angesichts der damals erloschenen Lenkberechtigung nicht gekommen. Diese wurde ihm erst wieder am 26.4.2003 unter der Vorschreibung von Auflagen erteilt und musste wegen Nichterfüllung der Auflagen am 1.10.2003 abermals entzogen werden. Der Ablieferungspflicht der Lenkberechtigung wurde keine Folge geleistet, was zu einer Bestrafung wegen Übertretung nach § 29 Abs.3 FSG führte.

Unter der Erteilung von Auflagen wurde schließlich am 18.2.2004 die Lenkberechtigung abermals erteilt, jedoch bereits am 12.3.2004 diese nachhaltige Alkofahrt begangen.

 

4.1. Diese Verhaltenschronologie lässt auf eine Sinnesart schließen, welche die für Fahrzeuglenker zu erwartende Werthaltungen nachhaltig vermissen lässt.

Der Behörde erster Instanz kann demnach in ihrer Wertung dieser Tatsachen nicht entgegen getreten werden, wenn daraus die Prognose abgeleitet wird, dass die Verkehrszuverlässigkeit nunmehr für die Dauer von jedenfalls zwei Jahren nicht angenommen werden kann. Zu keiner anderen Wertung gelangt der unabhängige Verwaltungssenat.

Die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung vermögen keine andere Beurteilung herbeiführen. Wenn etwa der Berufungswerber die Nichtabgabe seines Führerscheines damit begründet diesen angeblich "verlegt gehabt zu haben", würde dies einmal mehr ein Bild einer nicht in Abrede zu stellenden Sorglosigkeit und Schlampigkeit auf den Berufungswerber werfen, welches jedenfalls nicht zu einer anderen Bewertung führen könnte. Bezeichnend sind aber insbesondere die knappen Abstände von neuerlichen Verfehlungen nach den jeweiligen Wiedererteilungen der Lenkberechtigung. Auch die sonstigen aus den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Vorakte nachvollziehbaren Verstöße gegen rechtlich geschützte Werte lassen keine günstigere Prognoseentscheidung hinsichtlich des Wiedererlangens der Verkehrszuverlässigkeit zu, wobei die angeordneten Maßnahmen daher nur als sachgerecht bezeichnet werden können.

Der Berufungswerber wird sich als Zeichen für seine positive Verhaltensneigung aber auch seiner gesundheitlichen Eignung diesen Anordnungen (amtsärztliche Untersuchung, Nachschulung und verkehrspsychologischen Stellungnahme) und letztlich einer daraus ableitbaren wiedererlangten Risikoeignung (Verkehrszuverlässigkeit) für die Teilnahme am Straßenverkehr zu unterziehen haben.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Wie von der Behörde erster Instanz zutreffend und ausführlich dargetan, gilt nach § 7 des Führerscheingesetzes als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3 leg.cit.) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit. hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat (§ 7 Abs.3 Z1 FSG).

Für die Wertung der in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Auf Grund der oben genannten Fakten muss die "Verkehrsgeschichte" des Berufungswerbers, selbst bei sorgfältigster Würdigung zum Ergebnis eines bislang nachhaltig ausgeprägten Defizits an verkehrsgerechter Verhaltenseignung führen. Der Entzug der Lenkberechtigung bzw. ein Ausspruch, für eine bestimmte Dauer einer Lenkberechtigung nicht erteilt bekommen zu dürfen, darf vor dem gesetzlichen Hintergrund des Führerscheingesetzes wohl nicht zum Gegenstand einer zusätzlichen Bestrafung werden. Es geht einzig darum einen vorübergehend nicht verkehrszuverlässigen Lenker für die entsprechende Dauer von der Teilnahme am Straßenverkehr zum Schutz der Allgemeinheit vor einem solchen Lenker auszuschließen.

Diese Zeitspanne ist am Faktum der "Risikoeignung für die Teilnahme am Straßenverkehr und dem Schutzbedarf der übrigen Verkehrsteilnehmer zu messen", wobei es letztlich diese Eignung zu prognostizieren gilt. Es bedarf somit einer sachbezogenen und nachvollziehbaren Begründung.

Angesichts der Vorgeschichte muss dieser Ausschluss mit zwei Jahren erfolgen, zumal - wie oben schon ausgeführt - alle bisherigen Entzüge, die zum Teil auch auf ein als "einschlägig" zu qualifizierendes gesundheitliches Eignungsdefizit zurückzuführen waren, in kurzer Zeit bereits wieder zu einem entzugswürdigen Fehlverhalten führten.

Wenn wohl die die Verkehrszuverlässigkeit ausschließenden Charaktermängel an sich nur schwer überprüfbare Prognoseentscheidungen fordern, lassen die hier vorliegenden Verstöße auf einen doch recht nachhaltig ausgeprägten Mangel zu gesetzlich geschützten Interessen erkennen. Dies insbesondere mit Blick auf die raschen Rückfälle in Regelverstöße die zu einem Entzug zwingen.

Als adäquate Antwort darauf bleibt letztlich nur mehr ein Entzug in entsprechender Dauer, weil die bisherige Annahme der Erreichung der Verkehrszuverlässigkeit in kürzeren Intervallen sich offenkundig als unwirksam erwiesen haben (zur Risikoeignung s. Himmelreich/Janker, MPU Begutachtung, 2. Auflage, Rn 512 insb. Rn 516).

Diese Sichtweise gelangt insbesondere auch in der als gesichert geltenden Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck (VwGH 27.11.2001, 2001/11/0266, sowie 18.3.2003, 2002/11/0143).

Abschließend ist zu bemerken, dass sich diese Beurteilung auf die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen zu erstrecken hat, wobei das Urteil in Form der Prognoseentscheidung zum Ausdruck gelangt. Die Persönlichkeit kann letztlich nur an den nach außen hin sichtbar werdenden Taten und dem Kontext deren Begehungsform be- oder gewertet werden.

Abschließend erweist sich die Interpretation des § 24 Abs.3 FSG durch den Berufungswerber als verfehlt. Dieser lautet:

Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

Der Berufungswerber übersieht offenbar den zweiten Satz dieser Bestimmung, welche wohl unabhängig von der sich aus der Sachlage "zusätzlich anzuordnenden" amtsärztlichen Untersuchung, die Behörde zur Anordnung auch einer Nachschulung berechtigt.

Auch mit dem Hinweis des Berufungswerbers auf seine wirtschaftlichen Interessen am Besitz einer Lenkberechtigung ist für ihn nichts zu gewinnen, da es sich daher einerseits um keine Strafe handelt und andererseits gegenüber dem öffentlichen Interesse, nur verkehrszuverlässige Lenker am Verkehr teilnehmen zu lassen, seine Interessen zurücktreten bzw. nicht zu berücksichtigen sind (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

 

Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist ebenfalls auf die zutreffenden Ausführungen der Behörde erster Instanz zu verwiesen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r