Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103875/2/Br

Linz, 17.07.1996

VwSen-103875/2/Br Linz, am 17. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn P P, K, betreffend den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L i n z - L a n d, vom 12. Juni 1996, Zl.: VerkR96-5751-1996-O, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 600 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid die ursprünglich mit der Strafverfügung vom 25.4.1996, wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von 47 km/h, verhängte Strafe von 3.000 S im Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, nicht ermäßigt.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde zur Frage der Strafzumessung im wesentlichen ausgeführt, daß keine Gründe gefunden werden hätten können, welche einen Entschuldigungsgrund für diese Übertretung darstellten. Die Erstbehörde verwies ferner auf die in Geschwindigkeitsüberschreitungen häufig gründenden Unfallsursachen.

1.2. Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 20. Juni 1996 durch Hinterlegung zugestellt.

2. Der Berufungswerber weist in seiner fristgerecht erhobenen Berufung nur auf seine Einspruchsangaben hin.

Darin führte er aus, daß er wegen des Todes eines nahen Angehörigen menschlich stark belastet gewesen sei und er aus diesem Grunde die "Geschwindigkeitsbegrenzung" (gemeint das Verkehrszeichen "erlaubte Höchstgeschwindigkeit") übersehen habe. Er ersuchte ablschließend neuerlich um Strafmilderung.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichtet nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Juli 1996, Zl.: VerkR96-5751-1996-O. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in ausreichender und schlüssiger Weise.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

5.1. Vorweg wird klargestellt, daß es sich hier um eine eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung handelt. Der Raserei auf den Straßen und der damit einhergehenden Gefahrenpotenzierung ist mit spürbaren Strafen zu begegnen.

Diese Gefahrenpotenzierung gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um über 83 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 89,90 Meter beträgt, liegt dieser bei der von dem Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei über 173 Metern. Jene Stelle wo man bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit knapp über 118 km/h durchfahren (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten und nicht mit einer derart hohen Annäherungsgeschwindigkeit rechnen, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren Konstellationen kommen kann; selbst wenn diese vom Schnellfahrer nicht unmittelbar herbeigeführt wurden. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die erlaubten Fahrgeschwindigkeiten eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt - abstrakt besehen - (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Aus abstrakter Sicht kann dabei dahingestellt sein, ob der Berufungswerber zum Meßzeitpunkt allenfalls sich alleine auf der Autobahn befand. Dieser Vorfall ereignete sich an einem Sonntag, also in verkehrsarmer Zeit.

5.1.1. Auch general- und spezialpräventive Gründe erfordern im Falle solcher Schutznormverletzungen eine strenge Bestrafung (vgl. auch VwGH 18. September 1991, Zlen.

91/03/0043, 91/03/0250). Nur damit scheint der Schutzwert dieses Rechtsgutes in nachhaltiger Weise dokumentierbar und soll von derartigen Übertretungen wirkungsvoll abgehalten werden. Damit ist der Erstbehörde in ihren Ausführungen im Ergebnis vollinhaltlich beizupflichten.

Wenn nun der Berufungswerber ausführte, wegen eines Todesfalles - welcher im übrigen unbelegt blieb - in seiner Aufmerksamkeit beeinträchtigt gewesen zu sein, so vermag dies keinen Entschuldigungsgrund darzustellen. Das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers ist an objektiven Kriterien zu messen, wobei aber dem Berufungswerber durchaus eingeräumt wird, daß er das Verkehrszeichen übersehen hat und er daher die Übertretung nicht vorsätzlich begangen hat. Gemäß § 5 VStG genügt bei einem sogenannten Ungehorsamsdelikt für die Strafbarkeit bereits fahrlässige Verhaltensweise. Von einer solchen muß bei einem "Übersehen" eines beidseitig angebrachten Verkehrszeichens wohl gesprochen werden.

5.1.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.2. Dem von der Erstbehörde festgesetzten Strafausmaß kann hier objektiv nicht entgegengetreten werden. Selbst der Umstand, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich bisher völlig unbescholten ist, vermag an diesem ohnedies noch milde bemessenen Strafausmaß (unteres Drittel des Strafrahmens) nicht zu rütteln. Die Ausschöpfung des Strafrahmens in diesem Ausmaß bei einer Überschreitung um nahezu 50 km/h ist angesichts des hohen Tatunwertes zwingend erforderlich.

5.3. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen im Ausmaß von 50 km/h hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits vor vier Jahren eine Strafe in der Höhe von 4.000 S als durchaus angemessen erachtet. Selbst wenn sonst keine nachteiligen Folgen mit der Übertretung verbunden gewesen sind (VwGH 91/03/0014, 13.2.1991).

5.3.1. Dieser Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

6. Die Erstbehörde hat im angefochtenen Bescheid keine Verfahrenskosten im Ausmaß von 10% der von ihr verhängten Strafe - offenbar im Sinne der einst von h. vertretenen Rechtsauffasssung - auferlegt. Diese Rechtsansicht wurde jedoch durch den Verwaltungsgerichtshof verworfen (VwGH 94/02/0256 v. 23.9.1994). Demnach ist auch eine Erledigung nach § 49 Abs.2 VStG als Straferkenntnis anzusehen und folglich gemäß § 64 Abs.1 VStG der Kostenbeitrag aufzuerlegen. Im Berufungsverfahren steht dem jedoch das Verschlechterungsverbot entgegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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