Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520647/2/Sch/Pe

Linz, 13.07.2004

VwSen-520647/2/Sch/Pe Linz, am 13. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn M H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7. Juni 2004, VerkR20-752-2001/BR, wegen Anordnung ein Nachschulung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herr M H, gemäß § 4 Abs.3 und Abs.6 Führerscheingesetz (FSG) zur Absolvierung einer Nachschulung auf eigene Kosten innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, verpflichtet. Weiters wurde er aufgefordert, seinen Führerschein der Bezirkshauptmannschaft zur Eintragung der Probezeitverlängerung vorzulegen.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Dem angefochtenen Bescheid lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Berufungswerber am 28. September 2002 als Lenker eines Pkw einen Verkehrsunfall verschuldet hat, wodurch eine Radfahrerin tödliche und ein weiterer Unfallbeteiligter leichte Verletzungen erlitten hatten. Er wurde deshalb vom Bezirksgericht Braunau/Inn mit Urteil vom 26. März 2003 rechtskräftig wegen der Vergehen gemäß §§ 80 und 88 Abs.1 StGB verurteilt.

Die Erstbehörde ist über den rechtskräftigen Ausgang des Strafverfahrens vom Gericht benachrichtigt worden (behördlicher Eingangsvermerk vom 21. Mai 2003).

Der gegenständliche Bescheid ist mit 7. Juni 2004 datiert und dem Berufungswerber am 14. Juni 2004 zugestellt worden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen der Klassen A, B, C und D oder der Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klasse besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren.

Gemäß § 4 Abs.3 leg.cit ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs.6) begeht oder er gegen die Bestimmung des Abs.7 verstößt, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist.

Laut der Aktenlage besitzt der Berufungswerber eine Lenkberechtigung für die Klasse B, der Führerschein ist von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 9. Oktober 2001 ausgestellt worden. Die eingangs erwähnte Probezeit hätte sohin am 9. Oktober 2003 geendet. Sohin ist gegenständlich die gesetzliche Probezeit zwischen Deliktsetzung und Anordnung der Nachschulung abgelaufen, weshalb gemäß § 4 Abs.3 FSG mit Bescheiderlassung eine neuerliche Probezeit beginnen würde. Hätte die Behörde sogleich nach Bekanntwerden der Rechtskraft des Strafurteils, das war der 21. Mai 2003, die Nachschulung angeordnet, hätte sich die Verlängerung der Probezeit um ein Jahr sogleich an den Ablauf der ursprünglichen Probezeit angefügt. Durch die von der Erstbehörde - ohne hiefür irgendwelche Gründe bekannt zu geben - erst über ein Jahr nach Rechtskraft des Urteils angeordnete Nachschulung ist der Berufungswerber im Hinblick auf diesen zeitlichen Umstand schlechter gestellt, da die Jahresfrist mit Erlassung des angefochtenen Bescheides zu laufen begonnen hätte.

Eine solche Vorgangsweise einer Behörde stellt nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtswidrigkeit der Anordnung einer Nachschulung dar, die zur Bescheidbehebung durch den Gerichtshof geführt hat (VwGH 22.4.1997, 96/11/0361).

Der Vollständigkeit halber wird von der Berufungsbehörde noch angefügt, dass der Begriff "unverzüglich" in § 4 Abs.3 FSG es der Behörde nicht in ihr Ermessen stellen kann, beliebig lange nach Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes mit der Anordnung der Nachschulung zuzuwarten. Der Zweck einer Nachschulungsmaßnahme im Sinne einer umgehenden Gefahrenbewusstseinsvermittlung wird vom Gesetzgeber offenkundig unter einem, wenn auch nicht näher ausgeführten zeitlichen Limit gesehen, da ansonsten der erwähnte Begriff "unverzüglich" nicht Eingang in die oben erwähnte gesetzliche Bestimmung gefunden hätte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum