Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520660/2/Fra/Sta

Linz, 12.08.2004

 

 

 VwSen-520660/2/Fra/Sta Linz, am 12. August 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn WB vetreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 8. April 2004, VerkR20-897-2004/BR, betreffend die Anordnung, alle vier Monate, gerechnet ab 8. April 2004, einen CD-Tect-Wert vorzulegen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; der Bescheid wird im angefochtenen Umfang behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Berufungswerber (Bw) wurde wegen "Fahrens im alkoholisierten Zustand von 1,6 g/lBAK oder mehr" verkehrspsychologisch untersucht. Der Verkehrspsychologe Mag. AG kam in seiner verkehrspsychologischen Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV vom 4.12.2003 zusammenfassend zu folgendem Ergebnis:

"Herr BW bot den Befund einer normgerecht guten Intelligenzleistung im Sinne der Fragestellung. Hinsichtlich seines verkehrspsychologisch relevanten mnestischen Potentials, wies er eine überdurchschnittlich gute Gedächtnis- und Merkfähigkeitsleistung auf. Bei kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung zeigt er derzeit insgesamt eine gute Leistungsfähigkeit. Mängel konnten in keinem der Teilbereiche verifiziert werden. Die Persönlichkeitsuntersuchung präsentierte einen offenen, derzeit emotional stabilisierten, stressresistenten, adäquat normgebundenen, genügend sozial anpassungsfähigen und um Kontrolle bemühten Persönlichkeitstypus. Bei einem verkehrsspezifischen Persönlichkeitstest ließen sich auch keine generellen Anzeichen einer erhöhten Risikobereitschaft im Sinne aggressiv auffälliger Kraftfahrer im Straßenverkehr objektivieren.

Chronisch-verstärkter Alkoholkonsum, sowie gelegentlicher in bereits gesundheitsschädigendem Ausmaß, ist derzeit ebenso als höchst unwahrscheinlich zu vermuten. Er schreibt dem Alkohol eine tendenziell exzitative, d.h. auflockernde, enthemmende und selbstwerthebende Wirkung, zu. Herr BW zeigt somit vorwiegend Züge eines sogenannten "social drinkers". Er sucht den Alkoholkonsum wenn, dann verstärkt innerhalb eines sozialen Rahmens.

Herr BW hat nun an einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer aktiv teilgenommen, dabei sein Alkoholdelikt, sowie seine Alkoholkonsumgewohnheiten, selbstkritisch hinterfragen bzw. reflektieren können und in weiterer Konsequenz ein genügend großes Problembewusstsein bezüglich "drink and drive" entwickelt. Vorerst ist deshalb die Rückfallsgefahr aufgrund jener Internalisierungsprozesse diesbezüglich minimiert. Das Risiko einer erneuten Alkoholfahrt ist demnach als äußerst niedrig einzuschätzen.

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr BW in der Zusammenschau derzeit geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken."

Der Psychologe empfohl ein psychologisches Kontrollgespräch in einem Jahr, um die anhaltende Wirksamkeit der verkehrspsychologischen Interventionen kontrollieren zu können, sowie regelmäßige Kontrollen der alkoholrelevanten Laborwerte und seiner Leberwerte, um zukünftig keinen gesundheitsschädlichen Alkoholkonsum mit höchster Wahrscheinlichkeit gewährleisten zu können.

Der Amtsarzt Herr DDr. JB übernahm in seinem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 2.4.2004 die oben genannte Empfehlung des Psychologen ohne nähere Begründung, worauf die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. mit Bescheid vom 8.4.2004, VerkR20-897-2004/BR, gestützt auf das vorhin genannte amtsärztliche Gutachten dem Bw die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, EzB, EzC1, EzC und F in der zeitlichen Gültigkeit durch die Befristung bis 8.4.2005 einschränkte, eine Nachuntersuchung durch den Amtsarzt in einem Jahr anordnete sowie dem Bw die Auflage "Code 104 - Sie haben alle 4 Monate, gerechnet ab 8.4.2004 den
CD-Tect-Wert vorzulegen" vorschrieb.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bw, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt
Dr. P rechtzeitig Berufung erhoben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. gab mit Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2004, VerkR20-897-2004/BR, der Berufung hinsichtlich der Eintragung der Befristung bis 8.4.2005 und anschließender Nachuntersuchung Folge und wies die darüber hinausgehende Berufung ab. Dh, die Vorschreibung, dass der Bw gerechnet per 8.4.2004, alle vier Monate den CD-Tect-Wert der Behörde vorzulegen hat, blieb aufrecht.

 

Gegen den letztgenannten Punkt stellte der Bw, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt
Dr. P einen Vorlageantrag vom 15.7.2004. Zur Berufung hinsichtlich des übrigen Teiles der Berufungsvorentscheidung wurde kein Vorlageantrag eingebracht. Dieser bezieht sich lediglich auf den abweislichen Teil der Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2004.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied folgendes erwogen:

 

3.1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist vorerst festzustellen, dass gemäß § 64a Abs.1 AVG die Behörde die Berufung binnen zwei Monaten nach Einlangen bei der Behörde I. Instanz durch Berufungsvorentscheidung erledigen kann. Sie kann die Berufung nach Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens als unzulässig oder verspätet zurückweisen, den Bescheid aufheben oder nach jeder Richtung abändern.

 

Gemäß § 64a Abs.2 kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Berufungsvorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Berufung der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).

 

Gemäß § 64a Abs.3 AVG tritt mit Einlangen des Vorlageantrages die Berufungsvorentscheidung außer Kraft.

 

Da sich der Vorlageantrag lediglich gegen den abweislichen Teil der Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2004 bezieht, hat sohin der Oö. Verwaltungssenat nur über die Berufung gegen Punkt 3 des angefochtenen Bescheides, nämlich die Anordnung der Behörde, dass der Bw alle vier Monate, gerechnet ab 8.4.2004, den
CD-Tect-Wert vorzulegen hat (Code 104) zu entscheiden.

 

3.2. Materiell-rechtlich:

Die belangte Behörde hat in ihrer Berufungsvorentscheidung vom 12.7.2004 ausgeführt, dass der Gutachter in seinem verkehrspsychologischen Gutachten tatsächlich positiv zu bewertende Prognoseaussagen getroffen habe, allerdings auch empfohlen, dass beim Bw die alkoholrelevanten Laborwerte weiterhin überprüft werden sollen und weiters nach einem Jahr ein psychologisches Kontrollgespräch stattfinden sollte. In Anlehnung an eine Entscheidung des UVS hält die belangte Behörde fest, dass der Bw alle vier Monate, gerechnet ab 8.4.2004 für ein Jahr einen CD-Tect-Wert vorzulegen habe.

Der angefochtene Bescheid führt als Rechtsgrundlage unter anderem § 24 Abs.1 FSG an. Gemäß § 24 Abs.1 erster Satz FSG ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkung einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

Der Bw bringt unter Bezugnahme auf diese gesetzliche Bestimmung vor, dass beide gesetzlichen Voraussetzungen für das erstinstanzliche Vorgehen, nämlich das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung und die Erfordernisse der Verkehrssicherheit gegenständlich nicht vorlägen. Die Behörde vermenge die Erteilungsvoraussetzung der Verkehrszuverlässigkeit mit der gesundheitlichen Eignung; wegen des Alkoholdeliktes im Juni des Vorjahres sei er verkehrsunzuverlässig gewesen und es sei ihm deshalb auch die Lenkberechtigung entzogen worden. Er habe eine Nachschulung absolviert und eine positive verkehrspsychologische Stellungnahme beigebracht. Die Empfehlung des Verkehrspsychologen hätte die belangte Behörde nicht zum Anlass nehmen dürfen, diese Anordnungen zu ergreifen, weil weder die Voraussetzungen für die Befristung noch für die gesetzten Auflagen vorlägen. Die von ihm beigebrachten Leberfunktionsparameter seien normgerecht und Alkoholkarenz werde ihm im Gutachten vom 2.4.2004 bescheinigt. Nach der Judikatur sei eine amtsärztliche Untersuchung nur dann anzuordnen, wenn zwar zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung die gesundheitliche Eignung besteht, aber auf Grund konkreter Umstände befürchtet werden müsse, dass mit einem Wegfall der gesundheitlichen Eignung gerechnet werden muss - solches werde im vorliegenden Bescheid zu Recht nicht festgestellt. Eine völlige Alkoholabstinenz wird weder im FSG noch durch die FSG-GV gefordert (VwGH vom 8.3.2003, 2002/11/0143). Es sei keine "Krankheit" im Sinne des § 5 Abs.1 FSG-GV festgestellt worden, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss; eine Alkoholabhängigkeit sei zu Recht nicht angenommen und daher auch keine fachärztliche Stellungnahme im Sinne des § 14 Abs.5 FSG-GV eingeholt worden. Der Bw verweist zudem auf das Erkenntnis des VwGH vom 27.11.2001, 2001/11/0266, denselben Beschwerdeführer betreffend und stellt den Antrag, seiner Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Mit oa Berufungsvorentscheidung gab die belangte Behörde - wie oben erwähnt - dem Rechtsmittel bezüglich der Befristung sowie der Vorschreibung an den Bw, sich einer Nachuntersuchung zu unterziehen, Folge. Der Oö. Verwaltungssenat hält diese Entscheidung für rechtens, jedoch nicht den abweislichen Teil der Berufungsvorentscheidung. Der Oö. Verwaltungssenat folgt insofern den zutreffenden Erwägungen des Bw, als die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einschränkung der Lenkberechtigung, nämlich das Fehlen der Erteilungsvoraussetzungen und die Erfordernisse der Verkehrssicherheit im Sinne des § 24 Abs.1 erster Satz FSG im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Auflage stützt sich lediglich auf eine Empfehlung eines Verkehrspsychologen, die durch den Amtsarzt ohne jede zusätzliche Begründung übernommen wurde. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auf eine mangelhafte Grundlage gestützt. Sie konnte nicht begründen, weshalb es die Verkehrssicherheit erfordert, die angefochtene Auflage vorzuschreiben.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum