Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520663/3/Br/Pe

Linz, 26.07.2004

VwSen-520663/3/Br/Pe Linz, am 26. Juli 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S K, geb. , G, L, vertreten durch RA Dr. M L, Z, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 5. Juli 2004 - richtig wohl 7. Juli 2004 -, Zl. VerkR21-185-2004-Br, zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Sie haben demzufolge Ihren Führerschein unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt abzuliefern.

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.1, § 24 Abs.1 Z1, § 25 u. § 29 Abs.3 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002.

Entscheidungsgründe:

1. Die Behörde erster Instanz entzog mit dem obgenannten Bescheid die dem Berufungswerber von der genannten Behörde am 4.3.1996 zu VekR20-267-1996 erteilte(n) Lenkberechtigung(en) für die Klassen A, B, C, E u. F für die Dauer von drei Monaten ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides. Dies mit dem Hinweis auf die rechtskräftige Bestrafung wg. Übertretung des § 18 Abs.1 StVO (siehe Pkt. 4.1. unten). Das darin zur Last gelegte Verhalten des Berufungswerbers sei laut der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG zu qualifizieren gewesen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung worin der Berufungswerber das rechtskräftig festgestellte Faktum bestreitet und dazu umfangreich ausführt. Auf dieses Vorbringen - welches wohl hinsichtlich der rechnerischen Nachvollziehbarkeit des vorliegenden Fotomaterials von h. nicht bezweifelt wird - ist jedoch angesichts der rechtskräftigen Feststellung dieses Tatverhaltens nicht mehr weiter einzugehen. Ebenfalls haben in diesem Zusammenhang die Verfahrensrügen hinsichtlich des Zustandekommens der rechtskräftigen Bestrafung dahingestellt zu bleiben, zumal insbesondere der Berufungswerber nicht behauptet, dass er etwa in diesem Zusammenhang einen Wiederaufnahmeantrag gestellt hat.

Zutreffend weist der Berufungswerber jedoch darauf hin, dass der Bescheid bereits mit 5.7.2004 datiert, das Parteiengehör jedoch erst am 7.7.2004 gewährt wurde.

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Ergänzend wurde im Wege der Behörde erster Instanz noch das nachstehende Straferkenntnis beigeschafft, sodass angesichts der Faktenlage und das sich im Ergebnis letztlich bloß auf rechtliche Fragen reduzierte Berufungsvorbringen ohne der Durchführung einer Berufungsverhandlung die Berufungsentscheidung zu treffen war (§ 67d Abs.1 AVG).

Ergänzend wies die Behörde erster Instanz darauf hin, dass lediglich das Datum (5.7.2004) auf dem vorbereiteten Bescheid nicht mehr geändert wurde, dieser jedoch erst nach dem Parteiengehör erlassen wurde (Beilage 1).

4.1. Es ist von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen:

Rechtskräftig festgestellt wurde durch das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 7.7.2004, Zl: VerkR96-1471-2004, dass der Berufungswerber am 4.4.2004 um 16.15 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw, auf der A7 in Richtung Norden bei Strkm 15,7 bei einer Fahrgeschwindigkeit von 129 km/h zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug einen Abstand von nur 7,00 m eingehalten habe, was einem zeitlichen Abstand von 0,21 Sekunden entspricht.

Wie aus dem beiliegenden Kopien aus den im Zuge der Abstandsmessung angefertigten Fotos ersichtlich ist herrschte damals starkes Verkehrsaufkommen.

Es ist demnach selbst für einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer erkennbar, dass es unter diesen Umständen im Falle eines Auffahrunfalls höchstwahrscheinlich zu einem folgeschweren Serienunfall mit wohl schwersten Schäden für Personen und Sachen gekommen wäre.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - an rechtskräftige Entscheidungen anderer Behörden gebunden (VwGH 8.8.2002, 2001/11/0210 mit Vorjudikatur uva.).

5.2. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet die Verkehrszuverlässigkeit.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen, sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

5.2.1. Bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs.3 Z3 FSG ist ersichtlich, dass es nicht darauf ankommt, ob das Verhalten des Berufungswerbers tatsächlich zu einer gefährlichen Situation geführt hat, sondern eben darauf, ob dieses an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Es ist also nicht wesentlich, ob eine Notbremsung des vorausfahrenden Fahrzeuges wahrscheinlich war oder nicht. Nach der Rechtsprechung zu § 18 Abs.1 StVO 1960 muss der Sicherheitsabstand beim Hintereinanderfahren immer so gewählt werden, dass ein rechtzeitiges Anhalten auch dann möglich ist, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Wer selbst den erforderlichen Sicherheitsabstand deutlich unterschreitet, darf iSd § 3 StVO 1960 auch nicht darauf vertrauen, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug nicht plötzlich abgebremst wird. Das Vorderfahrzeug kann auch aus Gründen plötzlich abgebremst werden, die nur für den Lenker dieses Fahrzeuges erkennbar sind und mit der sonstigen Verkehrssituation nichts zu tun haben (z.B. kann der Fahrzeuglenker erschrecken oder aus sonstigen rein subjektiven Gründen eine aus der Verkehrssituation objektiv nicht notwendige Vollbremsung durchführen).

Wie sich hier aus dem Bildmaterial ergibt, befanden sich über alle drei Fahrspuren fast gleichmäßig verteilt Fahrzeuge, d.h. es herrschte dichtes Verkehrsaufkommen. Wenngleich es sein könnte, dass das Vorderfahrzeug hier bereits früher nach rechts umspuren hätte können, rechtfertigt dies nicht die Nachfahrt in wahrlich "halsbrecherisch" knappen Abstand von nur 0,21 Sekunden bzw. nur sieben Metern.

Der Berufungswerber hat also durch das erhebliche Unterschreiten des notwendigen Sicherheitsabstandes auf einer zu dieser Zeit stark befahrenen Autobahn jedenfalls in hohem Grad die abstrakte Gefahr eines Auffahrunfalls auf der Überholspur hervorgerufen. Dieser Auffahrunfall wäre im Fall einer bloß geringfügigen Anbremsung des Vorderfahrzeuges - realistisch durchaus als verfehlte Abwehrhandlung des sich allenfalls subjektiv bedrängt Fühlens - für den Berufungswerber nicht mehr vermeidbar gewesen und hätte in dieser Situation wohl einen schwersten Verkehrsunfall mit möglichen Folge- und Serienunfällen mit schwerwiegendsten Folgen ausgelöst. Daraus ist ersichtlich, dass das Verhalten des Berufungswerbers an sich - und hier in ganz besonderer Weise - geeignet war, in abstracto besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen. Der Berufungswerber hat also den Tatbestand des § 7 Abs.3 Z3 FSG erfüllt.

Im Rahmen der Wertung dieses Verhaltens ist einerseits dessen Gefährlichkeit zu berücksichtigen, andererseits die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Berufungswerbers in dieser Zeit. Zur Gefährlichkeit des Verhaltens ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Verkehrsunfall nicht vermeidbar gewesen wäre und angesichts der hohen Fahrgeschwindigkeit - wie oben ausgeführt - schwerste Folgen für Leben, die Gesundheit und Sicherheit, sowie die Herbeiführung schwerer Sachschäden höchstwahrscheinlich zu erwarten gewesen wären. Es ist zu berücksichtigen, dass die nachkommenden Fahrzeuglenker selbst bei einem fahrtechnisch richtigen Verhalten eine Verwicklung in diesen Verkehrsunfall realistisch nicht vermeiden hätten können. Es ist allgemein bekannt, dass ein derartiger Geschehnisablauf für viele Massenkarambolagen geradezu typisch ist. Die hohen Fahrgeschwindigkeiten, die auf Autobahnen allgemein eingehalten werden und das hohe Gefahrenpotenzial, welches durch Unfälle auf der Überholspur stehende bzw. liegende Fahrzeuge auf einer Autobahn bilden, sind dem Berufungswerber bei der Wertung seines Verhaltens als außerordentlich gefährlich anzurechnen. Zugunsten des Berufungswerbers ist zu berücksichtigen, dass er bisher unbescholten war und die Übertretung daher im auffallenden Widerspruch zu seinem bisherigen Verkehrsverhalten steht. Selbst wenn er die zwischenzeitig verstrichenen dreieinhalb Monate keine weiteren Verkehrsübertretungen begangen hat, vermag ihn dies nicht von der Mindestentzugsdauer für ein aus einem solchen Verhalten rückschließbare die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Sinnesart zu befreien. Dem Berufungswerber ist die Einleitung des Entzugsverfahrens seit seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 7. Juli 2004 bekannt. Sein Wohlverhalten in den letzen dreieinhalb Monaten mag daher zumindest auch teilweise auf den Druck des zu erwartenden und anhängigen Entzugsverfahrens zurückzuführen sein.

Die Wertung all dieser Umstände ergibt nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates, dass der Berufungswerber derzeit noch nicht als verkehrszuverlässig anzusehen ist und er die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf von drei Monaten nach Zustellung des Berufungsbescheides wiedererlangen wird.

Nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides beginnt die Entzugsdauer mit der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides zu laufen und der Berufungswerber wurde verpflichtet, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern.

Dieser Verpflichtung hat der Berufungswerber daher nunmehr unverzüglich nach Zustellung dieses Bescheides nachzukommen.

5.3. Mit der offenkundigen Fehldatierung des angefochtenen Bescheides (5.7.2004 anstatt richtig 7.7.2004) war für den Berufungswerber ein Rechtsnachteil nicht verbunden, weil damit - wie der Vertreter der Behörde erster Instanz nachträglich noch mitteilte - sehr wohl dem Parteienvorbringen noch Rechnung getragen wurde, jedoch der bereits vorbereitet gewesene Bescheid nur in seinem Datum nicht auf den 7.7.2004 - übrigens das Datum der Abfertigung bei der Behörde erster Instanz - nachgebessert wurde.

6. Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden. Auf die zu entrichtenden Gebühren in der Höhe von 13 Euro wird an dieser Stelle noch hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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