Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-520693/6/Br/Wü

Linz, 21.09.2004

 

 

 VwSen-520693/6/Br/Wü Linz, am 21. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M K, F, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.7.2004, wegen der Berufungswerberin bis 30.7.2007 befristet erteilten Lenkberechtigung und mit Auflagen der fortdauernden Beibringung von spezifizierten Laborbefunden alle drei Monate (Einschränkung 104 [3 Mon]), zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Befristung behoben und die Auflage dahingehend abgeändert wird, dass die genannten Laborbefunde (MCV, GGT, CD-Transferin) in den genannten Abständen und Toleranzfristen bis zum 30.7.2005 der Behörde vorzulegen sind; bis zum 30.7.2005 hat sich die Berufungswerberin zusätzlich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG idgF; §§ 24, 5 Abs.5 u. 8 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde der Berufungswerberin die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 30.7.2004 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung bis zum 30.7.2007 befristet (Einschränkung Code 104 [3 Mon]). Ferner wurde ihm die Auflage erteilt alle drei Monate einen Laborbefund hinsichtlich der Laborparameter "MCV, GGT, CD-Transferin", jeweils bis zum 30.10.2004, 30.1.2005 u.s.w - offenbar bis zum Ablauf der Befristung - jeweils mit einer Toleranzfrist von einer Woche - unaufgefordert bei der bescheiderlassenden Behörde vorzulegen.

 

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung auf § 5 Abs. 5 FSG und verwies auf das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 1.7.2004.

Dieses Gutachten gelangte unter Hinweis auf die verkehrspsychologische Untersuchung zum Ergebnis, dass dieses Verfahren durch eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung ausgelöst wurde. Die letzte Untersuchung sei bei der Annahme einer Alkoholabhängigkeit im April 2002 angeordnet worden, wobei die anlässlich dieser Untersuchung vorgelegten Laborkontrollbefunde in Ordnung waren. Bei der VPU waren die persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen (gemeint wohl zum Lenken) wohl eingeschränkt, nicht aber in einem die Fahrtauglichkeit ausschließenden Umfang. Es wurden aber Kontrollmaßnahmen empfohlen, wobei bei auffälligen Befunden in drei Jahren eine Kontrolluntersuchung erfolgen solle.

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin lediglich aus, dass sie mit dem Gutachten nicht einverstanden sei und sie die mit dem Auflagen verbundenen Kosten nicht tragen könne.

 

3. Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt - ohne Anschluss der VPU und von Vorakten - dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser war demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

 

    1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt, sowie Einholung einer ergänzenden Stellungnahme im Wege der das Gutachten erstellenden Amtsärztin. Ebenfalls wurde das Gutachten über die VPU (verkehrspsychol. Untersuchung v. 18.5.2004) beigeschafft bzw. von der Behörde erster Instanz nachgereicht. Der Inhalt wurde mit der Sachbearbeiterin der Behörde erster Instanz erörtert. Auf eine Stellungnahme der Berufungswerberin wurde angesichts der weitgehenden Berücksichtigung des bloß auf die formale Minimalanforderung erfüllenden Berufungsbegehrens aus verfahrensökonomischen Gründen verzichtet.

 

4. Wegen der nicht schlüssig anmutenden Einforderung von Laborbefunden über ganze drei Jahre, wurde eine diesbezügliche ergänzende Stellungnahme der Amtsärztin D. D eingeholt. Darin wird abermals auf die seinerzeit angenommene Alkoholabhängigkeit, aber die nunmehrige Abstinenz verwiesen. Ein Kontrollzeitraum für nur ein Jahr wurde als nicht ausreichend erachtet. Allenfalls könnte jedoch laut Gutachterin nach einem Jahr eine Nachuntersuchung durchgeführt werden um dann festzustellen, in welchen Intervallen die Kontrollen (gemeint falls sich erforderlich erweisend) weitergeführt werden sollten.

4.1. Im Lichte der bereits seit dem Jahr 2000 aus den Gutachten sich ergebende weitgehenden Abstinenz scheint daher vorerst auch mit der Vorlage von Laborbefunden für nur ein weiteres Jahr das Auslangen gefunden werden zu können. In Verbindung damit scheint es jedoch sachgerecht eine amtsärztliche Untersuchung zu machen um dann sachverständig zu befinden, ob angesichts des sich dann ergebenden objektiven gesundheitlichen Status überhaupt noch weitere Einschränkungen in Form von Auflagen erforderlich sind. Da im Falle der sich fortsetzenden Unbedenklichkeit der Laborparameter dann bereits von einer an sich fünfjährigen Abstinenz ausgegangen werden wird müssen, schiene es aus dem gegenwärtigen Blickwinkel durchaus sachgerecht die Kontrollmaßnahmen überhaupt einzustellen. Es kann kein sachlicher Grund erkannt werden, von einer Person die bereits seit Jahren als abstinent gilt, nur wegen einer bereits mehrere Jahr zurückliegenden Alkotestverweigerung (wahrscheinlich ohne Beeinträchtigung), auf Verdacht hin weitere drei Jahre mit der Beibringung von Laborparametern zu belasten.

Die Aussagen aus dem verkehrspsychologischen Gutachten sind bloß vage und scheinen die subjektiv gefärbte Meinung des Gutachters wiederzugeben. Dies insbesondere mit den Aussagen: "Hinweis auf eine etwas geringere soziale Anpassungsfähigkeit, leicht erhöhte Labilität" (Seite 6). In der Zusammenfassung der VPU finden sich die Aussagen: ".... derzeit ist es aber nicht möglich die von der Untersuchten angegebene Alkoholabstinenz seit längerer Zeit objektiv zu widerlegen, obwohl bezüglich ihrer Aussagen, besonders im Hinblick auf den letzten Führerscheinentzug gewisse Zweifel auftreten" (Seite 7).

Dies Aussagen des Gutachters lassen bei objektiver Betrachtung den Eindruck entstehen, im Zweifel jedenfalls von einem schlechteren Status ausgegangen zu sein, was mit Blick auf grundrechtliche Überlegungen und der Würde des Menschen äußerst bedenklich anmutet, zumal derartige auf Vermutungen basierende Kalküle nie widerlegt werden können. Daher sollte sich auch ein verkehrspsychologisches Gutachten auf Fakten beschränken und nicht in subtile Andeutungen ausufern.

Die Amtsärztin stützte sich letztlich wieder auf diese Andeutungen und die allenfalls darin motivierten Empfehlungen, was hier offenbar zur langfristigen Empfehlung gegenüber der Behörde zu Beschränkungen bis 2007 führte. Über h. Anfrage wurde schließlich seitens der Amtsärztin mit einer Kontrolluntersuchung nach einem Jahr bei Erbringung der Laborparameter alle drei Monate bis dahin, das Auslangen gefunden.

Dieser Betrachtung schließt sich nun der Unabhängige Verwaltungssenat an.

 

5. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2).

Der Ausspruch einer Befristung auf drei Jahre in Verbindung mit einer Auflage während dieser Befristungen alle drei Monate Laborbefunde zu erbringen und dies trotz offenkundig uneingeschränkter gesundheitlicher Eignung und vor allem ohne konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich einer Alkoholkonsumneigung, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Innerhalb von drei Jahren können sich bei jedem Menschen gesundheitliche Umstände einstellen, die eine entsprechende Eignungsuntersuchung indizieren können. Eine derart langzeitige Befristung in Begleitung mit der ständigen Beibringung von Laboruntersuchungen läuft im Ergebnis auf einen Entzug (nämlich nach drei Jahren) auf Verdacht hinaus und würde im Ergebnis implizit die Annahme unterstellen, die Berufungswerberin würde für all diese Zeit einen allfälligen "Alkoholkonsum und das Lenken von Kraftfahrzeugen nicht trennen können", wobei auf ein Ausgangsereignis (Alkofahrt) aus dem Jahr 2000 und offenbar frühere Alkofahrten zurückgegriffen würde.

Eine derart weit vorgreifende Maßnahme scheint mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot nicht gerechtfertigt. Dies würde zu weit in die Persönlichkeitssphäre eines Menschen eingreifen und sich letztlich einer inhaltlichen Überprüfung weitestgehend oder überhaupt zur Gänze entziehen. Mit Blick auf das Verhältnismäßigkeits- und das Sachlichkeitsgebot entbehrt, wie oben schon erwähnt, eine solche, gleichsam auf überspitzte und jedenfalls in die Freiheit der Lebensgestaltung übermäßig eingreifenden - jedoch nicht substanzierbarer - Vorsichtsaspekt, der rechtlichen Grundlage (die Erbringung von Labordaten in der Dauer von drei Jahren hat nachhaltige Auswirkungen auf die Lebensgestaltung). Hier liegt wie oben ausgeführt kein wirklich substanzierter Anhaltspunkt für Alkoholaffinität vor, sodass eine langfristige Beobachtung und Befristung gesetzliche Deckung entbehrt (vgl dazu insb VwGH 18.3.2003, 2002/11/0254 mit Hinweis auf VwGH 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, sowie auf VwGH 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN).

Auch hinsichtlich der mit Auflagen verbundenen Kosten ergibt sich ebenfalls eine Abwägung zwischen den subjektiven Interessen des Betroffenen und dem grundsätzlich bevorrangten öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit. Diesbezüglich kann auf Literatur zur Fahreignung aus Deutschland verwiesen werden. Die Gestaltung der spezifischen Rechtslage ist dort mit der österreichischen durchaus vergleichbar. Demnach haben Beschränkungen aber auch Auflagen dennoch auch dem sich aus der Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeits- und Übermaßverbotes standzuhalten (s. HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

Unabhängig von den obigen Betrachtungen sollten nicht zuletzt auch verwaltungsökonomische Aspekte, als ein in jüngster Zeit öffentlich erklärtes Staatsziel gegen eine bloß "routinemäßig" anempfohlene, inhaltlich jedoch nicht mehr nachvollziehbare Befristung von Lenkberechtigungen verbunden mit Auflagen, in die rechtsgestaltenden behördlichen Entscheidungsfindungen einbezogen werden. In diesem Sinne lassen sich auch die o.a. Entscheidungen des VwGH interpretieren (insb. VwGH 4.3.2002, 2001/11/0266).

Abschließend ist zu bemerken, dass die Behörde über medizinische Empfehlungen hinausgehende Betrachtungen anzustellen hat, wobei durchaus auch die Rechtssphäre eines Betroffenen in die Erwägungen einzubeziehen ist. Eine behördliche Entscheidung kann sich selbst in sehr einschlägig fachdominierten Sachentscheidungen nicht ausschließlich auf sachverständige Fragen reduzieren. Wie oben schon dargelegt, muss auch für weiterführende - hier übergreifende rechtliche und beweiswürdigende - Überlegungen noch Raum bleiben.

Aspekte der sogenannten Grenznutzen und Grenzkosten mögen ebenfalls einen illustrativen Ansatz für vertiefte Überlegungen über die Zweckerreichung von Auflagen denen noch Substanz im Sinne der Verkehrssicherheit zusinnbar ist, bilden.

Im Gegensatz zu den hier etwas breiter dazustellen gewesenen Überlegungen scheint es aber durchaus angemessen, die Abstinenz der Berufungswerberin noch ein weiteres Jahr zu überwachen. Verläuft das Ergebnis positiv, d.h. ändert sich an den Parametern nichts zum Negativen, wird - ohne damit begründeten medizinischen Bedenken vorzugreifen - der Berufungswerberin im Rahmen der Beurteilung der Risikoeignung das Vertrauen geschenkt werden können, dass sie in der Lage ist, "Fahren und einen allfälligen Konsum von Alkohol" in einer für jedermann geltenden Weise trennen zu können und von der Fortsetzung der Kontrollen überhaupt abzusehen.

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum