Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103944/9/Br

Linz, 18.09.1996

VwSen-103944/9/Br Linz, am 18. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.Ing. Dr. H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 1. August 1996, AZ.

VerkR96-193-1996-Pi/Ri, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes, nach der am 18. September 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG, iVm § 24,§ 45 Abs.1 Z1 und 2, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiräge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem Straferkenntnis vom 1. August 1996, Zl.:

VerkR96193-1996/Pi/Ri über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall 67 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und folgenden Tatvorwurf zur Last gelegt:

"Sie sind mindestens seit 2.1.1995 bis 12.2.1996 Ihrer Verpflichtung, die Fahrschule P "selbst" zu leiten, nicht nachgekommen und haben folgend dem Erfordernis der hiefür notwendigen Anwesenheitsdauer in der Fahrschule nicht entsprochen, weil Sie auch noch einen anderen Beruf (gerichtlich beeideter Sachverständiger in den Bundesländern Steiermark und Salzburg) ausüben, weshalb Sie auch die auf Grund dieses Bundesgesetzes mit Verordnung erlassenen weiteren Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung nicht i.S.d.

Gesetzes erfüllen konnten." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Auf Grund der umseits zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat der Fahrschulbesitzer den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Absatz 2 angeführten Fällen selbst zu leiten; dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule.

Der strafbare Tatbestand wurde am 28.3.1996 beim Amt der o.ö. Landesregierung angezeigt. Im Hinblick auf den Standort der Fahrschule und Ihren derzeitigen Wohnsitz in E wurde das Strafverfahren an die Bezirkshauptmannschaft Eferding abgetreten. Mit Ladungsbescheid vom 15.2.1996, Zl-VerkR96-1931996-2/A, wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, zu dem umseits im Spruch des Straferkenntnisses angeführten strafbaren Tatbestand eine Stellungnahme abzugeben.

In der am 4.3.1996 abgegebenen Stellungnahme geben sie im wesentlichen an:

"Ich war immer in E und in L polizeilich gemeldet.

Im Frühjahr 1995 wurde ich seitens des Meldeamtes der Stadtgemeinde E aufgefordert, bekanntzugeben, wo mein Hauptwohnsitz ist. Ich habe ausdrücklich erklärt, daß dies E ist, da ich hier tatsächlich wohne und auch meinen Fahrschulbetrieb habe.

Ich lebe seit einiger Zeit von meiner Frau getrennt. Meine drei Kinder wohnen seit längerem in G, da sie dort studieren.

Betreffend die Abhaltung des theoretischen Unterrichtes in meiner Fahrschule, ist dies so geregelt, daß jeder meiner fünf Fahrschullehrer jeweils einen "eigenen" Kurs betreut.

Zu meiner Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger für Kfz-Angelegenheiten gebe ich an, daß sich diese Tätigkeit aus meiner Stellung als Fahrschulinhaber ergeben hat und ich hauptsächlich im Raume Obersteiermark tätig bin (Salzburg äußerst selten). Dieses Gebiet ist für mich von E relativ rasch zu erreichen.

Die Termine ergeben sich aus den anhängigen Verfahren. Es kann vorkommen, daß ich z.B. 1 oder 2 Tage als Sachverständiger tätig bin und dann wieder einige Wochen, u.a. während der Gerichtsferien, keinerlei Termine wahrzunehmen habe.

Ich bin grundsätzlich ständig telefonisch erreichbar.

Während der Bürozeiten, täglich zwischen 16.00 und 18.00 Uhr, ist eine direkte Verbindung möglich, ansonsten kann über den Anrufbeantworter, der von mir auch von auswärts abgerufen werden kann, Kontaktaufnahme erfolgen.

Abschließend möchte ich noch angeben, daß ich der Ansicht bin, die Voraussetzungen des § 113 KFG. 1967 einwandfrei zu erfüllen. Es gibt weder von Fahrschülern, noch seitens der Behörden und auch nicht von anderen Fahrschulen Beschwerden." In der Niederschrift vom 26.1.1996 gibt der als Zeuge vernommene Anzeiger im wesentlichen an:

"Es besteht der dringende Verdacht, daß Herr Dr. P hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes falsche Angaben gemacht hat. Laut Meldeauskunft der Bundespolizeidirektion L vom 26.5. bzw. 14.5.1992 war Herr Dr. Helmut P mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet. Auch seine Gattin und Kinder waren laut Meldeauskunft vom 26.5.1992 ebenfalls in L mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet. Nunmehr hat Dr. P vermutlich seit 1995 seinen Hauptwohnsitz in E angemeldet.

Meiner Ansicht nach besteht für mich der dringende Verdacht einer Scheinummeldung, nachdem weder ein überwiegendes Nahverhältnis zum Hauptwohnsitz besteht, noch der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in E liegt. Seine Familie hält sich in E praktisch nie auf. Dies ist eine Vermutung von mir und wird durch die alten Meldebestätigungen aus dem Jahre 1992 bestätigt.

Herr T kann bezeugen, daß Herr Dr. P praktisch nie einen theoretischen Unterricht im Bezirk E abgehalten hat. Herr Dr. P ist meinen Informationen nach gerichtlich beeideter Sachverständiger und wird zu Gerichtsverhandlungen in die Obersteiermark und Salzburg geladen, um dort Gutachten zu erstellen. Ich habe im Zeitraum Jänner 1995 bis Ende März 1995 Herrn Dr. P telefonisch in der Fahrschule P zu erreichen versucht. In diesem Zeitraum habe ich geschätzt 20mal tagsüber telefonisch Kontakt aufzunehmen versucht.

Während der Bürozeiten hebt regelmäßig die Sekretärin bzw.

ein Fahrlehrer ab und diesen kann man mitteilen, wer man ist, worauf später ein Rückruf durch Herrn Dr. P erfolgt.

Ausnahmen bestehen nur Freitag Abend und Samstag Vormittag, wo man auch direkt Herrn Dr. P erreichen kann." Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde unter Berufung auf das ihr gemäß § 45 Abs. 2 AVG. zustehende Recht der freien Beweiswürdigung zur Überzeugung, daß Sie den strafbaren Tatbestand einwandfrei begangen haben.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Vermutungen des Anzeigers, daß es sich bei Ihrer Anmeldung in E nur um eine Scheinanmeldung handelt, konnte im Ermittlungsverfahren nicht erhärtet werden, da Sie in E ein Haus und eine Wohnung besitzen.

Ihre Behauptungen, daß es hinsichtlich der Führung der Fahrschule weder von Fahrschülern noch seitens der Behörden Beschwerden gegeben habe, können durch die Verkehrsbehörde vollinhaltlich bestätigt werden.

Im gegenständlichen Fall geht es jedoch nicht um das beschwerdefreie Führen einer Fahrschule, sondern lediglich darum, ob Sie als Fahrschulbesitzer den Betrieb Ihrer Fahrschule im Sinne des § 113 KFG. 1967 leiten. Nachdem Sie auf Grund Ihrer Angaben als gerichtlich beeideter Sachverständiger für KFZ-Angelegenheiten in der Obersteiermark und fallweise in Salzburg tätig sind, sind Sie nach h.Dafürhalten nicht in der Lage, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Führung einer Fahrschule im Sinne des § 133 KFG. 1967 vollinhaltlich zu erfüllen.

Das Gebot, den Betrieb der Fahrschule "selbst" zu führen, ist als Verpflichtung des Fahrschulbesitzers anzusehen, im Betrieb auch anwesend zu sein, und schließt andere Tätigkeiten, die eine unmittelbare Betriebsführung nicht mehr gewährleisten, aus. Auf Grund dieses Gebotes ist es ferner als unzulässig anzusehen, daß ein Fahrschulbesitzer den technischen und kommerziellen Betrieb auf Lehrkräfte abwälzt, hingegen darf von ihm nicht verlangt werden, daß er die gesamte Lehrtätigkeit selbst erbringt.

Die Leitung einer Fahrschule erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule. Diese Funktion ist somit mit einem anderen Beruf bzw. einem anderen Dienstverhältnis, auch wenn es sich nur um eine Halbtagsbeschäftigung handelt, nicht vereinbar.

Wenn Sie darauf hinweisen, daß Sie während der Bürozeiten täglich zwischen 16.00 Uhr und 18.00 Uhr telefonisch erreichbar sind, so bringen Sie damit selbst zum Ausdruck, daß von einer zumindest mehr als halbtägigen Tätigkeit in der Fahrschule keine Rede sein kann. Abgesehen davon erschöpft sich die Dienstverpflichtung eines Leiters nicht in der Unterrichtserteilung während der Unterrichtsstunden, sondern umfaßt auch vorbereitende, weiterbildende und administrative Tätigkeiten, welche nicht ausschließlich "in den Abendstunden bzw. am Wochenende oder bei telefonischer Erreichbarkeit erledigt" werden können.

Es war daher spruchgemäß zu bestrafen.

Als strafmildernd war Ihre Unbescholtenheit zu werten, erschwerend waren keine Umstände.

Bei der Bemessung der Strafe hatte die Behörde im Sinne des § 19 VSTG. auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Außerdem hatte die Behörde die Strafbemessung innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens vorzunehmen. Der gesetzliche Strafrahmen beträgt für die im Spruch angeführte Strafe bis zu S 30.000,--.

Die im Spruch verhängte Strafe liegt im untersten Bereich der im Gesetz festgesetzten Höchststrafe.

Ihr Einkommen beträgt laut Steuerbescheid (eigene Angaben) ca. S 40.000,-- monatlich. Sie sind für Gattin und 3 Kinder sorgepflichtig.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung rechtfertigt sich der Berufungswerber wie folgt:

"Betr.: VerkR96-193-1996-pi/Ri vom 1.8.1996 Berufung Gegen das Straferkenntnis VerkR96-193-1996-Pi/Ri vom 1.

August 1996 erhebe ich innerhalb offener Frist nachstehnde B E R U F U N G Im zitierten Straferkenntnis wird mir zur Last gelegt, daß ich meiner Verpflichtung die Fahrschule P selbst zu leiten in der Zeit seit 2.1.1995 bis 12.2.1996 nicht nachgekommen bin und daher folgend den Erfordernissen der hiefür notwendigen Anwesenheitsdauer nicht entsprochen habe, weil ich noch einen anderen Beruf (gerichtlich beeideter Sachverständiger in den Bundesländern Steiermark und Salzburg) ausübe, weshalb ich die auf Grund des § 113 Abs. 1 KFG 1967 mit Verordnung erlassenen weiteren Pflichten wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung nicht i.S.d. Gesetzes erfüllen konnte. Dieser Vorwurf ist aus folgenden GrÜnden nicht gerechtfertigt:

Als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für das Kraftfahrwesen werde ich von Gerichten in der Obersteiermark und in Einzelfällen in Salzburg zu Gerichtsverhandlungen bestellt. Diese Tätigkeit resultiert aus meiner Arbeit als Fahrschulinhaber und Fahrschullehrer und ist daher auch eng mit meiner Fahrschultätigkeit verbunden. Die Sachverständigentätigkeit ist daher kein "anderer" Beruf, sondern steht in engem Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Fahrschulinhaber. Erkenntnisse aus Verkehrsunfällen, die ich bei Gericht zu analysieren habe, bilden so auch eine Erweiterung für meine Fahrschultätigkeit. Durch meine Sachverständigenarbeit bei Gericht wird aber mein Einsatz in der Fahrschule und meine Arbeit als Fahrschulleiter nicht eingeschränkt.

Seit der Übernahme der Fahrschule in E im September 1984 wurde der Fahrschulbetrieb ständig ausgebaut. Der Fahrzeugpark wurde auf modernsten Stand mit hoher Qualität gebracht. Ein etwa 5.000 m2 großer Übungshof mit Fahrzeuggaragen gebaut und im Jahre 1995 bis Juni 1996 drei moderne und großzügige Schulräume mit den neuesten Kommunikations- und Lehrmittel mit den entsprechenden Nebenräumen am Übungshof errichtet. Wenn mir daher zur Last gelegt wird, daß ich in der Zeit seit 2.1.1995 bis 12.2.1996 in der Fahrschule nicht entsprechend anwesend war, so steht dies bereits in Widerspruch zu der in dieser Zeit unter meiner Aufsicht durchgeführten Bautätigkeiten und Neugestaltung der Schulungsräume. Diese Schulräume wurden auch zwischenzeitlich vom Amt der 0.Ö.Landesregierung mit Bescheid VerkR-270.085/65-1996/G vom 24.6.1996 nach einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle am 27.2.1996, genehmigt.

Der Aufbau der Fahrschule und die ständige Steigerung der Qualität der Fahrschulausbildung war nur durch meinen ganz persönlichen Einsatz in Form von Zeit und finanzieller Mittel möglich. Der Erfolg der Fahrschule und der gute Ruf der Fahrschule in der Bevölkerung des Bezirkes E und den angrenzenden Verwaltungsbezirken ist nicht zuletzt auf meine Arbeit als Fahrschulinhaber durch Aufsicht und Kontrolle der Lehrtätigkeit und ständiger Beobachtung der wirtschaftlichen Gebarung des Betriebes zurückzuführen. Die an mich als Fahrschulinhaber gestellten Anforderungen gemäß § 113 Abs.1 KFG 1967 werden von mir vollinhaltlich erfüllt und werden auch nicht auf meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertragen oder gar abgewälzt. Die fallweise Tätigkeit als Gerichtssachverständiger stellt auch keine Einschränkung meiner Verpflichtungen als Fahrschulinhaber dar. Der Erfolg (auch wirtschaftlich) meiner Fahrschule ist Ergebnis meiner Tätigkeit als Fahrschulinhaber und bekräftigt die Erfüllung meiner Verpflichtungen nach § 113 Abs. 1. KFG 1967.

Das in E, J eingerichtete Fahrschulbüro ist aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen werktags immer von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr besetzt. Die übrige Zeit ist das Büro nur fallweise durch meine Mitarbeiterin oder mich persönlich besetzt. Anrufe werden aber über einen Anrufbeantworter entgegengenommen, der auch immer abgehört und abgefragt wird. Wenn der als Zeuge am 26.1.1996 einvernommene Anzeiger angibt, daß ich tagsüber in der Zeit von Jänner 1995 bis März 1995 telefonisch für ihn nicht erreichbar war, so ist dies richtig. Es ist aber doch nicht strafwürdig, wenn ich ein Gespräch mit einem Menschen nicht führen will, mit dem mir jegliche Gesprächsbasis abhanden gekommen ist. Anrufe in der Fahrschule werden daher meist von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegengenommen und nur in seltenen Fällen von mir selbst.

Abschließend möchte ich noch mein Erstaunen zum Ausdruck bringen, daß die Behörde in die Konkurrenzsituation der Fahrschulen einbezogen werden soll, um dadurch mögliche Vorteile zu erreichen. Meine erfolgreiche Fahrschule ist durch die Leistung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie meiner Tätigkeit als Fahrschulinhaber und Unternehmensführer durch entsprechende Motivation und Aufsicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begründet. Die Erfüllung der Verpflichtungen des § 113 Abs 1. KFG 1967 durch mich werden durch den Erfolg der Fahrschule bestätigt und bekräftigt.

Es wird daher der Berufungsantrag gestellt:

Das Straferkenntnis VerkR96-193-1996-Pi/Ri vom 1.August 1996 der Bezirkshauptmannschaft Eferding wolle ersatzlos aufgehoben werden.

E 1996-08-12 (e.h. Unterschrift des Berufungswerbers)" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 19. August 1996, AZ. VerkR96-193-1996/Pi/Ri, und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ferner durch die Verlesung der vom Amt der o.ö. Landesregierung - Abteilung Verkehr als Fahrschulaufsichtsbehörde eingeholten Stellungnahme vom 4. September 1996, die Verlesung der mit dieser Stellungnahme vorgelegten Zeugenaussagen vor der Erstbehörde, nämlich jener von J. D, S. D und R. K. Im Wege der Montanuniversität L wurde in Erfahrung gebracht, daß der Berufungswerber seit längerem dort nicht mehr als Dozent tätig ist. Schließlich wurde noch Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen H. K und W. L und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der Berufungsverhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Erstbehörde teilgenommen hat.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber ist Besitzer der Fahrschule "" mit dem Standort in E, J. Er ist an dieser Adresse seit 17.4.1967 polizeilich gemeldet. Eine weitere polizeiliche Meldung bestand und besteht auch in L. Ebenfalls war (ist) der Berufungswerber innerhalb des hier verfahrensgegenständlichen Zeitraumes (vom 2. Jänner 1995 bis 12. Februar 1996) auch als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für das Kraftfahrwesen im Raume Steiermark tätig gewesen und in diesem Zusammenhang in aller Regel einmal pro Woche einen ganzen Tag lang mit Gerichtsterminen im Raume Steiermark und Bad Aussee von E abwesend. Die überwiegende Arbeitszeit verbringt der Berufungswerber jedoch mit Tätigkeiten in der Fahrschule.

Die Organisationsstruktur ist derart aufgebaut, daß jedem Fahrschullehrer ein eigener Kurs zur eigenverantwortlichen Abwicklung überlassen ist. Jeder Fahrlehrer ist für den gesamten praktischen Ausbildungsverlauf bestimmter (ihm zugeteilter) Schüler verantwortlich. Dies wird vom Berufungswerber mit der Übertragung von Eigenverantwortlichkeit und einer darin erblickten Motivation der Mitarbeiter begründet. In Spitzenzeiten und individuell nach Bedarf übernimmt auch der Berufungswerber Vortragstätigkeiten. Er verschafft sich laufend Informationen über organisatorische Abläufe, wobei wirtschaftliche Entscheidungen ausschließlich von ihm getroffen werden. Anschaffungen des täglichen Bedarfes dürfen von den Mitarbeitern alleinverantwortlich getätigt werden. Im Rahmen von allwöchentlich am Freitag abgehaltenen "Teambesprechungen" werden vom Berufungswerber die entsprechenden Einteilungen und Koordinationen getroffen.

Die Kontrolle über den Ausbildungserfolg wird durch Ausgabe von sehr spezifisch gestalteten Fragebögen an jeden Fahrschüler, welcher damit um eine anonyme Rückmeldung ersucht wird, vorgenommen.

4.1.1. Die von der Abteilung Verkehr - als Fahrschulaufsichtsbehörde - vom unabhängigen Verwaltungssenat erbetene Stellungnahme dahingehend, ob objektive Anhaltspunkte für mangelhafte oder unzureichende Leitung dieser Fahrschule bekannt wären, wurde nicht unmittelbar beantwortet. Eine Beantwortung erfolgte wohl indirekt durch Übermittlung von mehreren vor der Bezirkshauptmannschaft Eferding (offenbar in einem anderen Verfahren) abgelegter Zeugenaussagen, welche im wesentlichen den Schluß zulassen, daß sich der Berufungswerber im fraglichen Zeitraum regelmäßig in E aufgehalten hätte. So vermeinte darin etwa der Zeuge D, daß er der festen Überzeugung sei, daß der Berufungswerber die Fahrschule 100%tig leite. Es wurde diesbezüglich eine Art Checkliste, welche jedem Schüler übergeben würde und von diesen eine Beurteilung der Ausbildung erfolge, dieser Niederschrift beigefügt.

Ebenfalls ist der Aussage der Zeugin D zu entnehmen, daß der Berufungswerber jeden Freitag zu den Dienstbesprechungen und auch sonst während der Bürozeit (14.00 bis 18.00 Uhr) öfters anwesend sei. Sie stellte immer fest, daß vom Berufungswerber zu unterfertigende Schreiben jeweils spätestens nach zwei Tagen unterfertigt vorlägen. Es bestehe immer die Möglichkeit den Chef per "Piepser" zu erreichen.

Auch der für die Außenkurse in H und H zuständige Fahrschullehrer Rudolf K spricht von fallweisen Kontrollen durch den Berufungswerber an seinen Außenkursorten. Dieser Zeuge vermeinte noch, daß nie davon gesprochen worden wäre und er auch nie den Eindruck hatte, daß Dr. P nicht in der Lage wäre die Fahrschule zu leiten.

Aus dem in der Stellungnahme bezogenen h. Berufungsbescheid, VwSen - 510021 v. 2. Mai 1996, ergibt sich, daß die Abteilung Verkehr für den Landeshauptmann von Oö. als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung, mittels einem - nicht als Bescheid zu wertenden - Schreiben an den Berufungswerber die Ansicht vertrat, daß der Berufungswerber den in § 113 Abs.1 KFG normierten Verpflichtungen nicht nachkomme und ihm aufgetragen wurde binnen zwei Monaten ab Zustellung dieses Schreibens einen verantwortlichen Fahrschulleiter zu bestellen. Der unabhängige Verwaltungssenat vertrat hinsichtlich dieses Schreibens - wogegen Berufung erhoben wurde - die Rechtsauffassung, daß damit eine verbindliche bzw. vollstreckbare Regelung nicht statuiert worden sei, sodaß eine Berufung dagegen als nicht zulässig erachtet wurde, weshalb er diese zurückgewiesen hat.

Aufgrund dieser, von der Aufsichtsbehörde nicht gewerteten, jedoch zur Würdigung überlassenen Unterlagen, können objektive Anhaltspunkte für eine Zuwiderhandlung nach § 113 Abs.1 KFG (hier nur auf die Tatzeit zu beziehen) nicht abgeleitet werden. Der Umstand eines Zweitwohnsitzes in der Steiermark sowie die in aller Regel auf einen Tag beschränkte Sachverständigentätigkeit bei Gericht, ergeben keinen ausreichenden Beweis zur Stützung des Tatvorwurfes.

Auch die Beweisaufnahme durch den unabhängigen Verwaltungssenat hat nicht erkennen lassen, daß der Berufungswerber innerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes seine Fahrschule nicht ausschließlich selbst geleitet hätte. So hat insbesondere der Zeuge K glaubhaft dargetan, daß der Berufungswerber immer wieder auch in Kursen erscheint und den Vortrag zur Entlastung des schon den ganzen Tag im Einsatz befindlichen Fahrschullehrers übernimmt. Dieser Zeuge legt ferner auch glaubhaft dar, daß er seinen Chef telefonisch "quasi auf Knopfdruck" immer erreichen kann. Diese zeugenschaftlichen Angaben belegen auch, daß der Berufungswerber die wirtschaftlichen Agenden im Ergebnis zur Gänze selbst bestimmt.

Es ist daher dem Berufungswerber durchaus zu folgen, wenn er hervorhebt, daß er mit hohem persönlichen und finanziellen Einsatz diese Fahrschule aufgebaut hat, sowie persönlich führt und leitet.

Jedenfalls vermag der Zeuge Ing. K, weder mit seiner Anzeige, noch mit seiner h. abgelegten zeugenschaftlichen Aussage inhaltlich darzutun, daß der Berufungswerber dem § 113 Abs.1 KFG zuwidergehandelt hätte. Im Ergebnis vermag der Zeuge seinen Verdacht nur auf mehrfaches Nichterreichen des Berufungswerbers anläßlich mehrerer, in Vorbereitung dieser Anzeige, getätigter Telefonanrufe zu stützen. Damit vermag jedoch kein Beweis für den Tatvorwurf erblickt werden. Ohne Beurteilung der allenfalls diese Anzeige vermuten lassenden Motive, deren eingehendere Würdigung unterbleiben kann, sind die darin zum Ausdruck kommenden Wahrnehmungen (überwiegend Schlußfolgerungen eben nicht so aussagekräftig, daß diese den Tatvorwurf als erwiesen ansehen lassen könnten. Das übrige Vorbringen dieses Zeugen bezieht sich auf rechtliche Überlegungen und Interpretationen von diversen Erlässen.

Ganz im Gegenteil ist evident und das wurde anläßlich der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber glaubhaft dargetan (Punkt 4.1.), daß hier ein voll funktionierender Fahrschulbetrieb vorliegt, sodaß von einem objektivierbaren Mangel an persönlicher Präsenz und fehlender Leitungsfunktion seitens des Fahrschulbesitzers nicht die Rede sein kann.

Daher folgte der unabhängige Verwaltungssenat einerseits der Sicht des Berufungswerbers, daß die Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger den gesetzlichen Ausbildungsauftrag sogar zu bereichern vermag. Andererseits wurde ebenfalls glaubhaft dargetan, daß der Berufungswerber zwei Drittel seiner Arbeitskraft der Fahrschule und den Rest der Sachverständigentätigkeit widmet.

Schließlich ist auch noch in die mit der Lebenswirklichkeit in bezug zu setzende Beweiswürdigung einzubeziehen, daß durch die vom Berufungswerber eingesetzten telekomunikativen Möglichkeiten (Piepser, Funktelefone u. fernabfragbarer Anrufbeantworter), Überwachungs- u. Leitungsfunktionen durchaus weniger physische Präsenz verlangen bzw. in einem erweiterten Umfang eine solche entbehrlich machen und damit dennoch im Hinblick auf die Leitung und Führung eines Betriebes kein Defizit entsteht, als dies früher noch der Fall gewesen sein könnte. Auch eine auf ein modernes Management schließen lassende Führungsstruktur durch Delegation und Übertragung von Verantwortung an Mitarbeiter, läßt schon vordergründig auf ein "Führungs- u.

Leitungsdefizit" nicht schließen und noch weniger ein solches erkennen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

§ 113 Abs.1 KFG lautet: Der Fahrschulbesitzer hat den Betrieb seiner Fahrschule außer in den im Abs.2 angeführten Fällen selbst zu leiten; dies erfordert für die sich aus diesem Bundesgesetz und aus den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen ergebenden Pflichten, wie insbesondere die Aufsicht über die Lehrtätigkeit und die wirtschaftliche Gebarung, die hiefür notwendige Anwesenheitsdauer in der Fahrschule. Der Fahrschulbesitzer darf sich zur Erfüllung dieser Pflichten nur in den Fällen des Abs. 2 durch einen verantwortlichen Leiter, den Fahrschulleiter, vertreten lassen.

5.1. Diesem Wortlaut ist keine quantifizierbare Vorgabe einer physischen Präsenz in der Fahrschule unmittelbar ableitbar, wohl aber eine "notwendige Anwesenheitsdauer", welche zum Ergebnis zu führen hat, daß die gesetzlichen Leitungsverpflichtungen wahrgenommen werden können (vgl.

VwGH 8.5.1990, Zl. 90/11/0039). In Auslegung dieser Bestimmung wurde durch die Judikatur einst die Aufwendung 'der Hälfte der Arbeitskraft' für diese Tätigkeit fixiert (VwGH 26.1.1965, Zl. 715/64, VwGH 23.1.1990, Zl, 89/11/0187).

Wesentlich ist, daß diese Leitungsfunktion (Lehrtätigkeit und kommerzielle Tätigkeit) [auch] persönlich ausgeübt wird bzw. ausgeübt werden kann und eine allfällige Neben- bzw.

andere Tätigkeit dem objektiv nicht entgegensteht! Der vom Berufungswerber zusätzlich ausgeübten Tätigkeit (einen Tag pro Woche) als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für das Kraftfahrwesen - auch wenn diese im Bundesland Steiermark und gelegentlich auch in Salzburg ausgeübt wurde - folgt jedoch nicht, daß hiedurch gleichsam zwingend - der Schluß gezogen werden darf, daß nicht mehr die Hälfte seiner Arbeitskraft für die hier verfahrensgegenständliche Tätigkeit zur Verfügung steht.

Dafür haben sich im Rahmen des Beweisverfahrens keine Anhaltspunkte ergeben. Der Berufungswerber vermochte vielmehr glaubhaft zu machen, daß er sogar zwei Drittel seiner Arbeitskraft für die Fahrschule aufwendet.

Für eine Aufrechterhaltung des erstbehördlichen Tatvorwurfes ergaben sich demnach keine wirklich substanzierbaren Anhaltspunkte.

Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und ist die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl.

84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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