Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520729/3/Sch/WW/Pe

Linz, 07.10.2004

VwSen-520729/3/Sch/WW/Pe Linz, am 7. Oktober 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W D und Dr. H M, vom 13. September 2004, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. September 2004, Zl. FE-956/2004, wegen Aussetzung des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid vom 9. September 2004, Zl. FE-956/2004, setzte die Bundespolizeidirektion Linz das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens (Zl. S27203/04) aus.

Begründend wurde ausgeführt, wenn über eine Vorfrage in einem anderen Verfahren zu entscheiden sei, so könne gemäß § 38 AVG die Behörde ihr Verfahren aussetzen. Der Berufungswerber habe in der Nacht vom 2. August 2004 auf 3. August 2004 zwischen 0.00 Uhr bis 0.30 Uhr von Unterweißenbach kommend über die Freistädter Bundesstraße und A 7 nach Linz, bis vor das Haus Huemerstraße das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Die einschreitenden Sicherheitswachebeamten hätten den Berufungswerber um 2.30 Uhr schlafend und mit deutlichen Symptomen einer Alkoholisierung in seinem Pkw vorgefunden, weshalb der Berufungswerber anschließend zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert worden sei, welche eine Alkoholisierung von 1,10 mg/l ergab. Die durch Rückrechnung ermittelte Alkoholisierung zur Tatzeit habe 1,29 mg/l betragen.

Die Behörde habe diesen Sachverhalt als bestimmte Tatsache gewertet, welche die Verkehrszuverlässigkeit ausschließe und mit Mandatsbescheid vom 16. August 2004 dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer von zehn Monaten entzogen. Als begleitende Maßnahme seien die Absolvierung einer Nachschulung sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens inklusive verkehrspsychologischer Stellungnahme angeordnet worden. Mit 25. August 2004 habe der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht. Im Rechtsmittelverfahren habe er eingewendet, dass er das Kraftfahrzeug nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Es sei festgestellt worden, dass in diesem Zusammenhang auch ein Verwaltungsstrafverfahren geführt werde. Bei der Frage, ob der Berufungswerber das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, handle es sich somit um eine Vorfrage für das gegenständliche Verwaltungsverfahren. Da für dieses Verfahren die Entscheidung in dem oben angegebenen Verwaltungsstrafverfahren bedeutend sei, sei die Aussetzung zu verfügen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung. Es wurde der Berufungsantrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, umgehend das Beweisverfahren durchzuführen, dem Einschreiter den Führerschein wieder auszufolgen und das Führerscheinentzugsverfahren einzustellen.

Der Berufungswerber führte begründend aus, da ihm der Führerschein bereits abgenommen worden sei, habe er Anspruch darauf, dass zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abnahme unverzüglich das Beweisverfahren durchgeführt und darüber entschieden werde. Im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung seien die Behörden nach § 29 FSG verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlagen einen Bescheid zu erlassen. Schon aus diesem Grund sei die Aussetzung unzulässig.

Darüber hinaus sei das Beweisverfahren nicht aufwendig, da leicht auf Grund der Befragung der Zeugen, sei es auch im telefonischen Weg, erhoben werden könne, ob das Vorbringen des Einschreiters zutreffend sei.

3. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung gegen den bekämpften - im Führerscheinentzugsverfahren erlassenen - Aussetzungsbescheid gegeben. Anderes gilt jedoch hinsichtlich der ebenso in der Berufung vom 13. September 2004 gestellten Anträge, das Beweisverfahren durchzuführen, dem Einschreiter den Führerschein wieder auszufolgen und das Führerscheinentzugsverfahren einzustellen. Diesbezüglich ist ausschließlich die Führerscheinbehörde erster Instanz - somit die belangte Behörde - zur Entscheidung berufen. Die belangte Behörde hat bereits mit Bescheid vom 22. September 2004 den in einem Schriftsatz vom 13. September 2004 neuerlich gestellten Antrag auf Ausfolgung des Führerscheines abgewiesen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Aus dem Akt ist ersichtlich:

4.1. Wie aus der Anzeige vom 3.8.2004 hervorgeht, erhielten die Beamten der Bundespolizeidirektion Linz am 3.8.2004 um 02.30 Uhr während des motorisierten Streifendienstes den Auftrag, in die Huemerstraße zu fahren, da dort ein weißer BMW abgestellt sei, in dem ein Hund schon über eine längere Zeit belle und sich der Lenker regungslos auf dem Fahrersitz befinde.

Am Auftragsort eingetroffen, hätten die Beamten den Lenker (den Bw) durch Klopfen gegen die Seitenscheibe wecken können. Als der Bw die Fahrertüre geöffnet habe, seien deutliche Symptome (Alkoholgeruch, gerötete Bindehäute) einer Alkoholbeeinträchtigung erkennbar gewesen und habe der Fahrzeugschlüssel im Zündschloss gesteckt. Da der Bw angegeben habe, vor ca 3 Stunden im alkoholisierten Zustand von Unterweißenbach nach Linz gefahren zu sein, vor dem Haus Linz, Huemerstraße, eingeparkt zu haben und dann im PKW eingeschlafen zu sein, sei der Bw am 3.8.2004 um 02.35 Uhr am Orte der Amtshandlung zum Alkotest aufgefordert worden. Die durchgeführte Atemluftuntersuchung habe folgende Werte ergeben: 3.8.2004, 02.35 Uhr: 1,14 mg/l; 02.55 Uhr: 1,10 mg /l.

4.2. Mit Mandatsbescheid vom 16. August 2004, Zl. FE-956/2004, entzog die Bundespolizeidirektion Linz dem Berufungswerber die von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 19. März 1992 unter Zl. VerkR12/4/426/1992/Gr für die Klassen A, B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zehn Monaten ab 3. August 2004. Weiters wurde eine Nachschulung sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen angeordnet.

4.3. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der Berufungswerber rechtzeitig Vorstellung. Der Mandatsbescheid wurde zur Gänze bekämpft. Es wurde der Antrag gestellt, den Bescheid ersatzlos aufzuheben und dem Berufungswerber unverzüglich den Führerschein wieder auszufolgen. Begründend wurde ausgeführt, auf Grund seiner Alkoholisierung und seines nur sehr kurzen Schlafes bis zum Wecken durch die Polizei - er sei zur Zeit der Einvernahme daher noch weggetreten gewesen - habe der Berufungswerber bei seiner Einvernahme einen Sachverhalt angegeben, bei dem ihm der Geschehensablauf völlig durcheinander gekommen sei. Er sei nicht zwischen 0.00 Uhr und 0.30 Uhr von Unterweißenbach nach Linz gefahren, sondern vorher, und zwar sei er etwa um ca. 20.00 Uhr bis 20.15 Uhr aus Unterweißenbach weg nach Tragwein gefahren, sei dann ca. eine dreiviertel Stunde in Tragwein gewesen und sei dann in Tragwein weggefahren und sei um ca. 21.45 Uhr bei der P-B angekommen. Erst in der P-B habe der Einschreiter jene erheblichen Mengen Alkohol konsumiert, die zu seiner Alkoholisierung geführt hätten. Bis zum Abstellen des Fahrzeuges und zum Aufsuchen der P-B habe der Einschreiter nichts getrunken.

Zum Beweis dieses Vorbringens beantragte der Einschreiter die Einvernahme von A H, R H, H A, G A, C Q, M H und H M.

4.4. Mit Schriftsatz vom 27. August 2004 stellte der Berufungswerber einen ergänzenden Beweisantrag auf Einvernahme von S S zum Beweis seines bisherigen Vorbringens.

4.5. Daraufhin wurde mit dem bekämpften Bescheid vom 9.9.2004 das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens (Zl. S27203/04) ausgesetzt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass es sich bei der im Entziehungsverfahren zu prüfenden Frage, ob der Berufungswerber (unter näher beschriebenen Umständen) das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt bzw. eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1 (bis 1b) StVO 1960 begangen hat und demnach eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs.3 Z1 FSG vorliegt, um eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG handelt. Der Berufungswerber vertritt hiezu auch keine andere Rechtsansicht und stellt auch nicht in Abrede, dass diese Vorfrage bereits den Gegenstand eines bei der zuständigen Behörde anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens bildet. Der Berufungswerber führte aber ins Treffen, da ihm der Führerschein bereits abgenommen worden sei, habe er einen Anspruch darauf, dass zur Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Abnahme unverzüglich das Beweisverfahren durchgeführt und darüber entschieden wird.

Dazu ist auszuführen, dass es grundsätzlich in das Ermessen der Behörde gestellt ist, ob sie vorerst die Entscheidung der anderen Behörde anrufen und abwarten oder aber die Vorfrage selbst beurteilen und lösen will. Das Gesetz regelt nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde nach dem ersten Satz des § 38 AVG die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung nach dem zweiten Satz Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Es kann ihre diesbezügliche Entscheidung durchaus auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden, und zwar in der Richtung, ob sie diese Entscheidung im Sinn des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sich die Behörde bei einer Aussetzung des Verfahrens nach § 38 zweiter Satz AVG leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein; es stellt einen wichtigen Gesichtspunkt dar, von vornherein die Möglichkeit von Bindungskonflikten und die Erforderlichkeit von Wiederaufnahme nach § 69 Abs.1 Z3 AVG zu vermeiden. Dieser vorrangige Gesichtspunkt wird in der Regel eine Aussetzung des Verfahrens als im Sinn des Gesetzes gelegen erscheinen lassen. Die Verfahrensökonomie wird aber jedenfalls dann von geringerem Gewicht sein, wenn die Behörde nach dem Stand ihres Verfahrens, insbesondere auf Grund der ihr vorliegenden Ermittlungsergebnisse ohne weiteres zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage ist.

Wie aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde hervorgeht, weichen die Angaben des Berufungswerbers in seiner Vorstellung erheblich von seinen Angaben anlässlich der Befragung durch die Beamten der Bundespolizeidirektion Linz am 3. August 2004 ab. Er stellt letztlich in Abrede, das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben und stellte den Antrag auf Einvernahme mehrerer (näher genannter) Personen, um dies auch zu beweisen. Im von der belangten Behörde daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurde noch keiner der beantragten Zeugen einvernommen. Zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage, ob der Bw eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 (bis 1b) StVO zu verantworten hat, bzw zur Überprüfung der Behauptungen des Bw auf ihren Wahrheitsgehalt wären daher noch (umfassende) Erhebungen notwendig. Mit einer telefonischen Befragung der vom Bw beantragten Zeugen könnte - entgegen der Ansicht des Bw - jedenfalls nicht das Auslangen gefunden werden, zumal den bei einer solchen formlosen Befragung gemachten Angaben - nicht zuletzt weil die Befragten diesfalls keine Wahrheitspflicht trifft - nur geringe Beweiskraft zukommt. Wie sich gezeigt hat, wurde wegen des gegenständlichen Vorfalles auch ein Verwaltungsstrafverfahren (Zl. S27203/04) eingeleitet, in dem über die erwähnte Vorfrage als Hauptfrage entschieden wird.

Die bekämpfte Entscheidung steht somit im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in einer derartigen Konstellation die Aussetzung eines Entziehungsverfahrens bis zum Abschluss des betreffenden Strafverfahrens zulässig ist (vgl. VwGH 26.3.1998, 97/11/0323). Dass das FSG selbst keine Aussetzung eines Entziehungsverfahrens vorsieht und in § 29 eine verkürzte Entscheidungsfrist in derartigen Verfahren normiert, schließt die Anwendbarkeit des § 38 AVG in einem Entziehungsverfahren nicht aus. Die Entziehungsbehörde ist nicht verpflichtet, unverzüglich das Beweisverfahren durchzuführen und die Vorfrage selbst zu beurteilen. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass der Berufungswerber auf Grund der mit Mandatsbescheid der Erstbehörde vom 16. August 2004 wirksam ausgesprochenen Entziehungsmaßnahme bereits Rechtsnachteile in Kauf zu nehmen und daher ein erhebliches rechtliches Interesse an der raschen Beendigung des Entziehungsverfahrens hatte.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

S c h ö n

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 11.03.2005, Zl.: B 1453/04-3

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