Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520733/2/Bi/Be

Linz, 16.11.2004

 

 

 VwSen-520733/2/Bi/Be Linz, am 16. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A R, vom 19. August 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 12. August 2004, VerkR21-15006-2004, wegen der Befristung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Befristung der Lenkberechtigung aufgehoben wird.

Die Auflage, alle 4 Monate das Ergebnis einer Kontrolluntersuchung des Harns auf Drogen vorzulegen, wird bis 22. Juni 2005 begrenzt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Grieskirchen am 9. Oktober 1991, VerkR/2719/1991, für die Klassen A, B, C, F und G erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.4 iVm 24 Abs.1 Z2 FSG und § 56 AVG ab 22. Juni 2004 auf die Dauer von einem Jahr bis einschließlich 22. Juni 2004 befristet und mit den Auflagen erteilt, 1) eine Brille zu verwenden und 2) das Ergebnis einer Kontrolluntersuchung des Harns auf Drogen alle vier Monate ab 22. Juni 2004 vorzulegen. Weiters wurde gemäß § 13 Abs.2 FSG angeordnet, dass er unverzüglich den Führerschein bei der BH Grieskirchen zur Neuausstellung vorzulegen habe. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 15. August 2004.

 

 

2. Ausschließlich gegen die Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er halte eine Befristung deshalb nicht für notwendig, weil durch seinen gänzlichen Verzicht auf den Konsum THC-haltiger Substanzen keine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit bestehe. Er sei sich bewusst, dass er in der Vergangenheit Fehler gemacht habe und er habe auch feststellen müssen, dass er die Folgen des Probierens derartiger Substanzen nicht erkannt habe. In intensiven Gesprächen mit seiner Freundin, seiner Mutter und seiner Schwester habe er die negativen Auswirkungen erkannt; der Verzicht falle ihm nicht schwer, weil bisher keine körperliche oder psychische Abhängigkeit bestanden habe. Er erkläre sich bereit, seinen Urin regelmäßig überprüfen zu lassen. Die bisherigen Kontrolluntersuchungen und das amtsärztliche Gutachten von 22.6.2004 hätten keine gesundheitlichen, funktionalen und intellektuellen Beeinträchtigungen ergeben.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw laut Mitteilung des Landratsamtes Berchtesgadener Land an die BH Salzburg-Umgebung, wo der Bw einen Nebenwohnsitz hatte, beim Chiemsee-Reggae-Festival am 23. August 2003 0,7g Haschisch und 4,5g Marihuana, erworben in Salzburg, mitgeführt habe, wie von der Kriminalpolizei Traunstein festgestellt worden war. Da sich der Hauptwohnsitz des Bw in Bad Schallerbach befindet, wurde das Verfahren an die Erstinstanz abgetreten.

Der Bw legte das Gutachten Dris K B, FA für psychotherapeutische Medizin und Allgemeinmedizin in Freilassing (D), vom 14. April 2004 vor, wonach er "sehr wahrscheinlich" geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu führen; dies ohne Einschränkung für Fahrzeuge aller Klassen. Begründet wurde dies damit, der Bw sei Gelegenheitskonsument sowohl von der gefundenen Suchtgiftmenge als auch von seinem Lebensentwurf her, er habe mit zwei leeren Urinkontrollen, zu denen er kurzfristig, dh innerhalb von 36 Stunden einbestellt worden sei, dokumentiert, dass er in der Lage sei, über längere Zeit auf Suchtgiftkonsum ganz zu verzichten - dabei habe sich auch kein Anhalt für den Gebrauch von anderen psychoaktiv wirksamen Substanzen ergeben - und in der Gesamtschau scheinen beim Bw die Voraussetzungen vorzuliegen, den Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen.

Nach dem Gutachten gemäß § 8 FSG des Amtsarztes der Erstinstanz Dr. B ist der Bw befristet geeignet, wobei eine Nachuntersuchung mit Harn auf Drogen in einem Jahr unter den Auflagen der Verwendung einer Brille - bei der Untersuchung am 16. Juni 2004 wurde ein Visus von jeweils 1,0 mit Korrektur festgestellt - und eine Kontrolluntersuchung Harn auf Drogen alle 4 Monate vorgesehen wurde. Laut Begründung ergäben sich aus funktionalen und intellektuellen Gründen keine Einwände. Die persönlichkeitsbedingten Verdachtsmomente seien gemindert; negative Verdachtsmomente, die sich bei der Exploration ergeben hätten, hätten mit Hilfe der Persönlichkeitsverfahren verifiziert werden können. Die Befristung sei im Hinblick auf die hohe Rückfallsgefährdung und die damit verbundene Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit aufgrund der unkritischen Selbstwahrnehmung hinsichtlich der Beeinträchtigung durch Drogen, die auf die Neigung zu rezidivierendem Drogenkonsum hinweise, erforderlich.

Nach Einlangen der Berufung wurde seitens der Erstinstanz eine mit 1. September 2004 datierte ergänzende amtsärztliche Stellungnahme eingeholt, in der Dr. B ausführt, das Explorationsgespräch habe am 16. Juni 2004 stattgefunden und habe eine deutliche Bagatellisierung der Suchtgiftwirkung und eine unkritische Selbstwahrnehmung hinsichtlich der Beeinträchtigung durch Cannabis ergeben - der Bw habe gesagt, er fühle sich hierbei angenehm und sei gesprächiger, allerdings fahre er sowieso nicht, wenn er Cannabis konsumiert habe. Dieser Einwurf sei lt. Amtsarzt zwar für die Beurteilung der allgemeinen Fahrtauglichkeit nicht relevant, zeuge aber von mangelnder Normorientierung bzgl Suchtgiftkonsum als auch allgemeiner gesetzlicher Bestimmungen. Laut Facharztgutachten habe der Bw 1990 mit Cannabiskonsum angefangen und ca alle zwei Wochen (in Gesellschaft) etwas geraucht. Er habe sich dabei angenehm, kommunikativ und lustig enthemmt gefühlt. Unangenehm seien ihm die Begleiterscheinungen wie Trägheit und Müdigkeit gewesen. Vor zwei Jahren habe er probeweise Ecstasy konsumiert, ihm seien aber die Veränderungen des Raumgefühls und die veränderten Sinneswahrnehmungen unangenehm gewesen. Vor einem Jahr habe er Kokain probiert, aber nichts gemerkt. Von Kokain und Ecstasy habe er seither Abstand genommen. Laut FA-Gutachten hätten keine Störungen im zentralen Nervensystem und keine Persönlichkeitsveränderungen festgestellt werden können. Der Amtsarzt bemerkt hiezu, der Ausdruck "Persönlichkeitsveränderung" sei nicht gleichbedeutend mit persönlichkeitsbedingten Mängeln. Laut Facharzt sei der Bw "sehr wahrscheinlich" geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen. Der Amtsarzt hält fest, dass sich in der Gutachtensbegründung Dris. B zeige, dass dieser FA für psychotherapeutische Medizin sei und kein FA für Psychiatrie, der eine spezielle Ausbildung bzgl Substanzenmissbrauch im Rahmen seines Studiums durchlaufe.

In § 14 Abs.5 FSG-GV sei eine befürwortende fachärztliche Stellungnahme vorgesehen. Das amtsärztliche Gutachen sei erstellt worden, wobei die vorliegende fachärztliche Stellungnahme als befürwortend anerkannt worden sei, obwohl sie nicht von einem FA für Psychiatrie erstellt worden sei. Die Neigung des Bw zu rezidivierendem Drogenkonsum erscheine aus Sicht des Amtsarztes außer Frage zu stehen, wenn dieser angebe, dass er etwa seit 1990 alle zwei Wochen Drogen konsumiert habe.

Hinsichtlich dieser "ergänzenden Stellungnahme des Amtsarztes" wurde laut Akteninhalt bislang kein Parteiengehör gewahrt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 14 Abs.5 FSG ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

§ 14 Abs.5 FSG trifft zur gesundheitlichen Eignung der genannten Personen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 keine Aussage. Damit kommt gemäß der Judikatur des VwGH (vgl E 27.5.1999, 99/11/0047) der allgemeine Grundsatz des FSG zum Tragen, dass die Eignung dieser Person vom Arzt - in Ansehung der Besonderheiten von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 - zu beurteilen ist.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich die Berufung nicht gegen die Auflagen, die Vorschreibung der umgehenden Vorlage des Führerscheins oder die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung richtet, sondern allein gegen die Befristung auf 1 Jahr. Daraus folgt, dass sich die Einholung neuer Gutachten insofern erübrigt, als die bereits befürwortend gewertete Stellungnahme des Facharztes Dr. B in der Verpflichtung des Bw, alle 4 Monate entsprechende Drogenharnbefunde vorzulegen, ihren Niederschlag gefunden hat, wobei keine unterschiedliche Betrachtung hinsichtlich der Gruppen 1 und 2 ins Treffen geführt wurden. Der Bescheid ist diesbezüglich in Rechtskraft erwachsen.

Zu betonen ist außerdem, dass sich die Grundlagen des amtsärztlichen Gutachtens seit 16. Juni 2004 nicht geändert haben, auch wenn der Amtsarzt der Erstinstanz nunmehr das FA-Gutachten offenbar nachträglich aus einem anderen Blickwinkel sieht.

Der Bw hat laut FA-Stellungnahme zwei negative Drogenharnbefunde innerhalb von 36 Stunden vorgelegt, was dieser dahingehend gewertet hat, dass der Bw in der Lage ist, über längere Zeit auf Suchtmittelkonsum ganz zu verzichten.

Aus diesen Überlegungen erübrigt sich die Befristung der Lenkberechtigung, zumal bereits durch die Auflage, alle vier Monate einen aktuellen Drogenharnbefund vorzulegen, die vom Bw in der Berufung behauptete Abstinenz ausreichend kontrollierbar ist (vgl VwGH 13.8.2003, 2001/11/0183).

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV dürfen Kontrolluntersuchungen bei einem festgestellten gehäuften Missbrauch von Suchtmitteln als Bedingung auferlegt werden; eine Befristung für einen derart gelagerten Fall ist nicht vorgesehen (vgl VwGH 27.6.2000, 2000/11/0057; 20.3.2001, 2000/11/0264).

Der Bw muss sich jedoch vor Augen führen, dass die Erstinstanz die Vorlage nicht entsprechender Drogenharnbefunde als Anlass für eine sofortige Entziehung der Lenkberechtigung werten kann.

Dem im angefochtenen Bescheid von der Erstinstanz zum Ausdruck gebrachten Bescheidwillen entsprechend hat der Bw für die Dauer eines Jahres, gerechnet ab 22. Juni 2004, dh bis 22. Juni 2005, alle vier Monate entsprechende Harnbefunde vorzulegen, daher war im Spruch die Auflage zeitmäßig einzugrenzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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