Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520759/3/Zo/Da

Linz, 24.01.2006

 

 

 

VwSen-520759/3/Zo/Da Linz, am 24. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn F F, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W S, G, vom 3.11.2004, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 21.10.2004, Zl. VerkR21-652-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 7 Abs.1, Abs.3 Z4 und 26 Abs.3 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Erstinstanz hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber seine Lenkberechtigung für die Klassen A, B und EB für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Dies wurde mit einer massiven Geschwindigkeitsüberschreitung am 13.4.2004 begründet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er in S ein Autohaus betreibt, und es sich beim Fahrzeug mit dem Kennzeichen VB- um ein Vorführfahrzeug handelt, welches Kundschaften des Unternehmens zur Verfügung gestellt wird. Im gegenständlichen Fall sei der PKW vom 7. - 15.4.2004 Herrn M G, O, zur Verfügung gestanden. Über diese Ausleihungen würde präzise und lückenlos Buch geführt, weshalb mit Sicherheit nachgewiesen werden könne, dass das Fahrzeug am 13.4.2004 verliehen gewesen sei.

 

Nach Zustellung der Strafverfügung habe der Berufungswerber mit Herrn G Kontakt aufgenommen und mit diesem vereinbart, dass Herr G bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Lenker des Fahrzeuges am Vorfallstag bekannt geben würde und dafür Sorge tragen würde, dass von dieser Person die verhängte Geldstrafe bezahlt werde. Nunmehr habe sich herausgestellt, dass offenbar lediglich die Strafe bezahlt wurde, Herr G aber den tatsächlichen Lenker nicht bekannt gegeben habe. Er habe deshalb auch bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt und außerdem angeregt, die Strafverfügung gemäß § 68 Abs.2 AVG von Amts wegen aufzuheben.

 

Der Vollständigkeit halber führte der Berufungswerber noch aus, dass das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht erwiesen sei. Im Übrigen sei die gegenständliche Strafverfügung ohne Lenkererhebung ergangen, weshalb unter diesen Umständen keine Bindung dahingehend bestehe, dass der Adressat der Strafverfügung auch tatsächlich der Fahrzeuglenker gewesen sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in die zu Zl. VwSen-160500 und VwSen-160952 anhängigen Verwaltungsstrafakte betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Zurückweisung des Einspruches. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und war auch nicht erforderlich.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Lenker des PKW mit dem Kennzeichen VB überschritt am 13.4.2004 um 9.44 Uhr auf der A1 bei km 210,500 die auf einer Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 52 km/h. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer dieses Fahrzeuges. Mit der am 10.5.2004 zugestellten Strafverfügung zu Zl. VerkR96-4036-2004, wurde der Berufungswerber wegen dieser Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft. Anzuführen ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Strafverfügung keine Lenkererhebung vorausgegangen ist.

 

Der Akt wurde in weiterer Folge an die Wohnsitzbehörde des Berufungswerbers, die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Durchführung des Führerscheinverfahrens übermittelt. Mit dem am 27.10.2004 zugestellten Bescheid, Zl. VerkR21-652-2004, wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung - zu Recht - nicht aberkannt.

 

Der Berufungswerber erhob dagegen die bereits im Punkt 2 angeführte rechtzeitige Berufung. Das Verfahren beim UVS wurde bis zur endgültigen Erledigung des Verwaltungsstrafverfahrens ausgesetzt.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren stellte der Berufungswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob einen Einspruch gegen die angeführte Strafverfügung. Weiters regte er an, die Strafverfügung gemäß § 68 Abs.2 AVG aufzuheben und er beantragte auch die Wiederaufnahme des Verfahrens.

 

Diese Anträge begründete der Berufungswerber damit, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Vorfallszeitpunkt eben Herrn M G zur Verfügung gestellt worden sei. Dies könne durch entsprechende Aufzeichnungen sowie Einvernahme einer Angestellten des Berufungswerbers bewiesen werden. Er habe mit Herrn G vereinbart, dass dieser der Bezirkshauptmannschaft Gmunden gegenüber den tatsächlichen Lenker bekannt geben würde, damit die Strafverfügung an den richtigen Adressaten gerichtet werden könne. Offensichtlich sei aber vereinbarungswidrig lediglich der Geldbetrag von 300 Euro eingezahlt worden.

 

Am 15.11.2004 gab Herr M G vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Zeuge an, dass zum Vorfallszeitpunkt der gegenständliche PKW tatsächlich von ihm gelenkt worden sei.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde in der Zwischenzeit rechtskräftig abgewiesen (siehe Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 4.5.2005, Zl. VwSen-160500). Der Einspruch des Berufungswerbers sowie der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurden von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Bescheiden vom 3.10.2005 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 13.1.2006 legte der Berufungswerber die bereits angeführten schriftlichen Aufzeichnungen hinsichtlich der Leihverträge über seine Kraftfahrzeuge im Original vor. Auch aus diesen ergibt sich, dass das konkrete Fahrzeug im fraglichen Zeitraum tatsächlich an Herrn G überlassen war.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Fall der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern diese nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1 oder 2 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Kraftfahrbehörde - und damit auch der UVS - an rechtskräftige Strafverfügungen in gleicher Weise wie an rechtskräftige Straferkenntnisse gebunden (siehe Entscheidung des VwGH vom 11.7.2000, Zl. 2000/11/0126). Unabhängig davon bestehen im konkreten Fall doch erhebliche Zweifel an der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers. Einerseits wurde keine Lenkererhebung durchgeführt sondern die Strafverfügung nur deshalb an den Berufungswerber adressiert, weil dieser Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges ist, andererseits sprechen auch die Zeugenaussage des Herrn G vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und die im Berufungsverfahren vorgelegten Aufzeichnungen dafür, dass der Berufungswerber das konkrete Fahrzeug zum Vorfallszeitpunkt tatsächlich nicht gelenkt hat. Dem steht jedoch die Rechtskraft der bereits angeführten Strafverfügung entgegen, weshalb zusammengefasst trotzdem davon ausgegangen werden muss, dass der Berufungswerber am 13.4.2004 den angeführten PKW gelenkt hat.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein Delikt iSd § 7 Abs.3 Z4 FSG dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als 1 Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (siehe z.B. VwGH vom 24.4.2001, 99/11/0210).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass Entziehungen für eine relativ kurze Zeit auch ohne Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG erfolgen können, weil derartige Entziehungen einen erzieherischen Effekt haben. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, dass eine solche Entziehung ohne Wertung der zu Grunde liegenden bestimmten Tatsachen in möglichst großer zeitlicher Nähe zu der bestimmten Tatsache (hier der Geschwindigkeitsüberschreitung) erfolgen soll.

 

Im konkreten Fall erfolgte die Einleitung des Entziehungsverfahrens durch die Zustellung des Entzugsbescheides am 27.10.2004. Diese war damit rechtzeitig iSd Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es dürfen aber die außergewöhnlichen Umstände des konkreten Falles nicht zur Gänze übersehen werden. Unter Berücksichtigung dieser oben geschilderten Umstände ist es gerechtfertigt, der seit dem Vorfall verstrichenen Zeit eine besondere Bedeutung beizumessen. Der Vorfall liegt nunmehr mehr als 21 Monate zurück, in dieser Zeit hat der Berufungswerber weiter Kraftfahrzeuge gelenkt, ohne - zumindest aktenkundig - weitere schwerwiegende Übertretungen begangen zu haben. Es ist nicht ersichtlich, welcher erzieherische Effekt nunmehr durch eine zweiwöchige Entziehung der Lenkberechtigung erreicht werden soll. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gerechtfertigt. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Z ö b l

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