Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520774/2/Fra/Hu

Linz, 22.12.2004

 

 

 VwSen-520774/2/Fra/Hu Linz, am 22. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn Ü R, S, E, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. K Z, S, H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 8. Oktober 2004, VerkR21-257-2004, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.
 
 

Entscheidungsgründe:
 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung für die Klasse B entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass dem Bw die Lenkberechtigung für den Zeitraum von drei Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde der Bw aufgefordert, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abzuliefern, widrigenfalls er sich strafbar mache.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Für den Berufungsfall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG, maßgebend:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung der Lenkberechtigung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrüberfahrten, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

3.2. Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Bw am 21.1.2004 um 8.32 Uhr im Gemeindegebiet von Pucking auf der A25 bei Strkm 1,650 in Fahrtrichtung Wels das Kraftfahrzeug Pkw, Kennzeichen:, gelenkt und dabei eine Übertretung des § 18 Abs.1 StVO 1960 begangen habe. Er habe bei einem notwendigen Abstand von 2 Sekunden nur einen Sicherheitsabstand von 0,27 Sekunden eingehalten. Diese Übertretung sei mit dem in dem Dienstkraftwagen des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich eingebauten, geeichte Messgerät "Multavision" festgestellt worden.

 

Unstrittig ist, dass der Bw wegen dieses Sachverhaltes mit Strafverfügung vom 30.1.2004, VerkR96-1610-2004, rechtskräftig wegen Übertretung des § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 bestraft wurde.

 

Dem Vorbringen des Bw, er könne sich nur mehr daran erinnern, dass das vorausfahrende Fahrzeug auf der Fahrt einmal eine starke Bremsung vorgenommen habe, weshalb es möglicherweise zu diesem kurzen Sicherheitsabstand gekommen sei, nie zu befürchten war, dass er das Fahrzeug nicht rechtzeitig hätte anhalten können, im Strafverfahren auch nicht festgehalten worden sei, bei welcher Geschwindigkeit der zeitliche Abstand von einem erhebenden Beamten ermittelt wurde, und nur im Zusammenhang mit der eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit und dem eingehaltenen Sicherheitsabstand ermittelt werden könne, ob die Fahrweise des jeweiligen Lenkers gefährlich war, ist entgegen zu halten, dass die oa. Strafverfügung rechtskräftig wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist an diese rechtskräftige Strafverfügung gebunden. Auf die diesbezügliche einschlägige Rechtsprechung des VwGH wird verwiesen, weshalb auf dieses Vorbringen inhaltlich nicht mehr einzugehen war.

 

Nach § 7 Abs.3 Z3 FSG kommt es nicht darauf an, ob das Verhalten des Lenkers tatsächlich zu einer gefährlichen Situation geführt hat oder tatsächlich besonders rücksichtslos war, sondern darauf, ob dieses an sich geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften zu verstoßen.

 

Der Bw hat sohin mit der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung eine seine Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG verwirklicht.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs.1 StVO 1960 muss der Sicherheitsabstand beim Hintereinanderfahren immer so gewählt werden, dass ein rechtzeitiges Anhalten auch dann möglich ist, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird: Wer selbst den erforderlichen Sicherheitsabstand unterschreitet, darf im Sinne des § 3 StVO 1960 auch nicht darauf vertrauen, dass das vordere Fahrzeug nicht plötzlich abgebremst wird. Es muss bedacht werden, dass das vordere Fahrzeug auch aus Gründen plötzlich abgebremst werden könnte, die nur für den Lenker dieses Fahrzeuges erkennbar sind und mit der sonstigen Verkehrssituation nichts zu tun haben (beispielsweise kann der Fahrzeuglenker erschrecken oder aus rein subjektiven Gründen eine aus der Verkehrssituation objektiv nicht notwendige Vollbremsung durchführen).

 

Der Bw hat sohin durch das erhebliche Unterschreiten des notwendigen Sicherheitsabstandes jedenfalls im hohen Grad die abstrakte Gefahr eines Auffahrunfalles hervorgerufen. Dieser Auffahrunfall wäre im Falle einer bloß geringfügigen Abbremsung des Vorderfahrzeuges für den Bw nicht mehr vermeidbar und sohin geeignet gewesen, in dieser Situation einen Verkehrsunfall mit daraus resultierenden schwerwiegenden Folgen auszulösen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass ein derartiger Geschehensablauf für viele Massenkarambolagen geradezu typisch ist. Das daraus resultierende hohe Gefahrenpotential ist erheblich, woraus ersichtlich ist, dass das Verhalten des Bw an sich geeignet war, in abstracto besonders gefährliche Verhältnisse herbei zu führen.

 

Gemäß § 7 Abs.3 iVm Abs.1 FSG wird nicht jemand durch eine Bestrafung verkehrsunzuverlässig, sondern durch das Begehen des Deliktes, also durch die Tathandlung selbst. Der Bw war sohin durch die Verwirklichung einer Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG mit Sicherheit drei Monate verkehrsunzuverlässig (siehe § 25 Abs.3 FSG). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss im Zeitpunkt der Bescheiderlassung die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Verkehrsunzuverlässigkeit zumindest noch eine Zeitspanne von drei Monaten (weiter) bestehen muss. Mit anderen Worten: Eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) ist zufolge § 25 Abs.3 leg.cit. nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides annehmen darf, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. VwGH vom 23.4.2002, 2001/11/0149 mit weiteren Nennungen).

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ist jedoch die Annahme, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Bw nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten wird, nicht mehr gerechtfertigt, denn dies käme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von rund 12 Monaten gleich. Um so weniger ist die Annahme gerechtfertigt, der Bw wäre zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung noch weitere drei Monate verkehrsunzuverlässig.

 

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. F r a g n e r

 
 

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