Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520782/12/Bi/Be

Linz, 19.04.2005

 

 

 VwSen-520782/12/Bi/Be Linz, am 19. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P-D P, vertreten durch RA Dr. J P, vom 22. November 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 16. November 2004, VerkR21-48-2003/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als festgestellt wird, dass der Berufungswerber die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B wieder besitzt; dies unter der Auflage, dass er der BH Braunau/Inn alle vier Monate, beginnend mit Ausstellung des Führerscheins und endend 1 Jahr ab Ausstellung des Führerscheins, einen Drogenharnbefund unaufgefordert und auf eigene Kosten vorzulegen hat.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 32 Abs.1 Z1, 3 Abs.1 Z3, 8 Abs.1, 2 und 3, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 2 FSG die ihm von der Erstinstanz am 27. November 2000, VerkR20-3726-2000/BR, erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung, gerechnet vom Tag der Übernahme des Mandatsbescheides, dh ab 29. Juni 2004, entzogen und ausgeführt, der Bw sei vom 3. Februar 2003 bis zum genannten Datum mangels Verkehrszuverlässigkeit nicht im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen und es dürfe ihm ohne vorherige Absolvierung der Fahrprüfung keine Lenkberechtigung
erteilt werden. Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 16. November 2004.

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1
2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die Behörde hätte nicht entziehen dürfen, sondern hätte mit dem gelinderen Mittel der Einschränkung der Lenkberechtigung vorgehen müssen. Sie hätte durch Auflagen sicherstellen müssen, dass kein aktueller Drogenkonsum gegeben sei, etwa durch engmaschige Beibringung von Harnbefunden. Im amtsärztlichen Gutachten werde eine Drogenabstinenz seit April 2004 festgestellt, dh eine Abstinenz von 8 Monaten, was nicht mehr eignungsausschließend sein könne. Tatsächlich habe er seit letzten Sylvester keine Drogen mehr konsumiert, der Wert vom 23. April stamme von Passivrauchen. Dass es mit dem Verkehrspsychologen zu Unstimmigkeiten gekommen sei, sei nicht geeignet, eine gesundheitliche Nichteignung zu tragen. Da kein Drogenkonsum stattfinde, fehle der verkehrspsychologischen Stellungnahme die Schlüssigkeit. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, in eventu Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass dem Bw, zunächst mit Mandatsbescheid vom 28. Jänner 2003, dann mit Bescheid der Erstinstanz vom 27. Februar 2004, VerkR21-48-2003/BR, die Lenkberechtigung für die Klasse B, Führerschein ausgestellt am
27. November 2000 zu VerkR20-3726-2000/BR, für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab 3. Februar 2003 (Zustellung des Mandatsbescheides), dh bis einschließlich 3. Mai 2004, wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen wurde. Dabei ging die Erstinstanz auf der Grundlage einer Strafanzeige der BPD Salzburg davon aus, dass der Bw im Verdacht stand, Vergehen nach §28 ff Suchtmittelgesetz begangen zu haben. In der Wohnung seiner Freundin seien frisch geerntete Hanfpflanzen gefunden worden, weiters betrocknetes Cannabiskraut, Cannabisrauchgeräte und eine digitale Waage von 0,1 bis 150 g. Der Bw und seine Freundin hätten Cannabis im Wohnzimmer gezüchtet; alles habe auf einen beabsichtigten Cannabishandel hingedeutet. Bei einem Harntest des Bw am 15. November 2002 seien Spuren von Kokain und THC nachgewiesen worden und er habe zugegeben,
seit ca 1 Jahr kleine Mengen Kokain und vor ca 1,5 Monaten letztmalig Haschisch konsumiert zu haben. Beim LG Salzburg waren 2 Verfahren wegen § 28 SMG (29 U3 323/02t und 29 Ur 61/03y) anhängig.

Der Bw wurde in diesem Bescheid auch aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B beizubringen.

Er unterzog sich am 18. Mai 2004 bei der Verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle INFAR einer VPU, die eine Nichteignung ergab, allerdings als Voraussetzung für eine Wiedererteilung eine anhaltende Stabilisierung im Persönlichkeitsbereich durch Inanspruchnahme einer engmaschigen Psychotherapie, eine adäquate Rehabilitierung des kraftfahrspezifischen Leistungspotenzials und eine wenigstens monatliche Verlaufskontrolle auf Cannabinoide vorsah.

Die Harnprobe vom 23. April 2004 auf Cannabinoide war positiv, die vom 24. Mai 2004 negativ. Die bzgl GGT und CDT aufgetragene Laboruntersuchung ergab bei GGT einen normwertigen Befund, der CDT wurde nicht beigebracht.

Das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG vom 22. Juni 2004 lautete auf "nicht geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und Motorfahrrädern.

Mit Mandatsbescheid der Erstinstanz vom 24. Juni 2004, VerkR21-48-2003/BR, wurde dem Bw auf dieser Grundlage die Lenkberechtigung für die Klasse B, gerechnet ab 29. Juni 2004 (Zustellung des Mandatsbescheides), mangels gesundheitlicher Eignung für die Dauer der behördlich festgestellten Nichteignung entzogen, ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge erteilt und die unverzügliche Ablieferung des Führerscheines bei der Erstinstanz angeordnet. Dagegen hat der Bw Vorstellung erhoben und geltend gemacht, aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme ergäben sich keine nicht ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen, von denen aber im amtsärztlichen Gutachten ausgegangen werde. Den (positiven) Wert von 30 ng/ml THC vom 23. April 2004 erklärte der Bw mit Passivrauchen, er habe seit dem Jahreswechsel 2003/2004 nichts mehr konsumiert. Das zeige, dass er nicht abhängig und in der Lage sei, auf Suchtmittel zu verzichten. Er habe nie ein Alkoholdelikt zu verantworten gehabt und es bestehe kein Hinweis auf Alkoholismus. Es bestehe auch keine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, sodass nicht sofort die Lenkberechtigung entzogen werden müsse, sondern, da er auch bereit sei, weitere Harnbefunde zu erbringen, die Einschränkung der Lenkberechtigung unter Auflagen ausreiche.

Die Drogenharnbefunde vom 28. Juni 2004 und vom 15. Juli 2004 auf Cannabinoide waren negativ, der CD-Tect vom 2.Juli 2004 normwertig.

Die Amtsärztin der Erstinstanz Dr. N ergänzte ihre Ausführungen mit Stellungnahme vom 2. August 2004, wobei sie von einer nachweislichen Drogen
Abstinenz des Bw seit April 2004 ausging und einen weiteren suchtmittelfreien Zeitraum im Hinblick auf die verkehrspsychologisch erhobenen kraftfahrspezifischen Leistungsminderungen für nötig erachtete. Weiters erläuterte der die VPU vom 18. Mai 2004 durchgeführt habende Verkehrspsychologe Mag. G die verkehrspsychologische Stellungnahme hinsichtlich des Vorbringens des Bw im Rechtsmittel dahingehend, der Bw habe bereits im Telefonat am 17. Mai 2004 inadäquat aggressiv reagiert, nachdem er von der negativen Befundung erfahren habe, und sei am 28. Mai 2004 sogar persönlich im Institut erschienen, habe die Untersuchungsergebnisse lautstark negiert und den Gutachter angeschrieen, der daraufhin seiner Ansicht Ausdruck verlieh, dieses Verhalten und der Drogenkonsum des Bw unterstrichen dezidiert, dass der Bw über wenig Selbstkontrolle verfüge und nicht bereit sei, sich Regeln und Normen anzupassen.

Mit (dem nunmehr angefochten) Bescheid der Erstinstanz vom 16. November 2004, VerkR21-48-2003/BR, wurde der Mandatsbescheid insofern inhaltlich bestätigt, als die Entziehung der Lenkberechtigung des Bw mangels gesundheitlicher Eignung ab 29. Juni 2004 - nach Entziehung vom 3. Februar 2003 bis 29. Juni 2004 wegen Verkehrsunzuverlässigkeit - bestätigt und ausgeführt wurde, dem Bw dürfe ohne vorheriger Absolvierung der Fahrprüfung keine Lenkberechtigung mehr erteilt werden. Weiters wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

Nach Aufforderung durch den UVS legte der Bw die verkehrspsychologische Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 22. Februar 2005 vor, wonach er zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B für bedingt geeignet befunden wurde mit der Empfehlung, die Lenkberechtigung zunächst zeitlich zu befristen und neuerliche Drogenscreenings vorzusehen. Begründet wurde dies damit, die bisherigen Bedenken zu den persönlichkeitsbedingten Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus der Vorgeschichte seien nicht aufrecht zu erhalten. Die Drogenabstinenzangaben seien nicht zu widerlegen und nach den negativen Harnproben wahrscheinlich, wobei positiv die Änderung des sozialen Umfeldes sowie die geänderte berufliche und private Situation des Bw sei. In den objektiven Persönlichkeitsverfahren zeige sich eine ausgeglichene Persönlichkeitsstruktur und hohe emotionale Stabilität; Einschränkungen der Kontroll- und Steuerungsmechanismen des Verhaltens seien nicht zu beobachten, ebenso wenig ein erhöhtes Maß an Unbekümmertheit; es zeigten sich Persönlichkeitszüge, die für eine erhöhte Resistenz gegenüber sozialen (Konsum-)Zwängen sprächen. Eine endgültige positive Prognose könne aber deshalb nicht erstellt werden, weil eine umfassend erhöhte Risikobereitschaft vorliege, die bei ungünstiger Entwicklung der Lebensumstände ein deutliches Gefährdungsmoment für einen Rückfall in ein auffälliges Drogenkonsumverhalten darstelle. Eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu bestätigen.

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme wurde eine negative Drogenharnprobe des Bw vom Jänner 2005 erwähnt, die weder dem UVS noch der Erstinstanz vorlag.

Auf dieser Grundlage hat Dr. N mit 17. März 2005 das amtsärztliche Gutachten insofern ergänzt, als sie davon ausging, dass bei einer tatsächlich unauffälligen Harnprobe vom Jänner 2005 von einer gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 auszugehen sei, wenn dieser für den Zeitraum eines Jahres alle 4 Monate negative Drogenharnprobenergebnisse vorlege, wobei eine neuerliche amtsärztliche Untersuchung in diesem Fall nicht erforderlich sei.

Der Bw hat mit Stellungnahme vom 5. April 2005 einen negativen Drogenharnbefund auf Cannabinoide vom 27. Jänner 2005 sowie normwertige GGT- und CDT-Werte vom 10. Februar 2005 vorgelegt und sich mit den Auflagen einverstanden erklärt. Mit Schreiben vom 18. April 2005 wurde ein weiterer negativer Drogenharnbefund vom 6. April 2005 vorgelegt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Die im amtsärztlichen Gutachten bestätigte bedingte gesundheitliche Eignung unter der Auflage, für die Dauer eines Jahres alle 4 Monate negative Drogenharnbefunde vorzulegen, ist aufgrund der vorgelegten Befunde und der verkehrspsychologischen Stellungnahme des KfV schlüssig. Somit ist davon auszugehen, dass der Bw die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B wieder besitzt, was er für die Dauer eines Jahres durch die rechtzeitige Vorlage der genannten normwertigen Befunde alle vier Monate zu dokumentieren hat, wobei der letzte Laborbefund vom April 2005 stammt.

Nach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit, beginnend mit 3. Februar 2003, und später wegen gesundheitlicher Nichteignung hat die Entziehungsdauer insgesamt seit nunmehr mehr als 18 Monaten angedauert, sodass die Lenkberechtigung der Bw gemäß § 27 Abs.1 Z1 FSG erloschen ist. Der Bw hat daher die Neuerteilung einer Lenkberechtigung zu beantragen. Dazu wird auf die Bestimmungen des § 10 Abs. 4 FSG hingewiesen.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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