Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520815/2/Ki/An

Linz, 04.01.2005

 

 

 VwSen-520815/2/Ki/An Linz, am 4. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Herrn J S, E, K, vom 15.12.2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.11.2004, VerkR21-330-2004/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder eines Invalidenkraftfahrzeuges und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 Abs.3 Z4, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.2 und 32 Abs.1 FSG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Mandatsbescheid vom 12.10.2004, VerkR21-330-2004/LL, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber mit sofortiger Wirkung die ihm von der BPD Wels am 30.8.1977 unter Zahl 731/77 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung entzogen, gleichzeitig wurde die Dauer der Entziehung und die Dauer des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Nichteignung festgesetzt, dies gerechnet ab Zustellung des Bescheides.

 

Zufolge einer Vorstellung gegen diesen Mandatsbescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.11.2004, VerkR21-330-2004/LL, erlassen und spruchgemäß festgestellt, dass mit Wirkung vom 22.10.2004 (Zustellung des Mandatsbescheides) dem Berufungswerber die von der BPD Wels am 30.8.1977 unter Zahl 731/77 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung entzogen werde. Gleichzeitig wurde die Dauer der Entziehung und die Dauer des Verbots des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen für die Dauer der Nichteignung, gerechnet ab 22.10.2004, festgesetzt. Einer allfällig eingebrachten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztlichen Gutachten vom 24.9.2004, in welchem als Ergebnis festgestellt wurde, dass Herr S zum Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht geeignet sei. Als Diagnose wurde Multiple Sklerose mit spastischer Parese der Beine festgestellt.

 

Das amtsärztliche Gutachten stützt sich im Wesentlichen auf ein Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen vom 23.9.2004. In diesem Gutachten stellte der technische Amtssachverständige als Ergebnis einer Beobachtungsfahrt fest, dass Herr S nicht in der Lage ist, die körperlichen Mängel durch besondere Geübtheit zu kompensieren. Insbesondere die Schwäche in den Beinen lasse ein sicheres Bedienen von Gas und Bremse mit ausreichend kurzer Umsetzzeit nicht zu.

 

Bei der Beobachtungsfahrt musste der technische Amtssachverständige feststellen, dass Herrn S das Besteigen des Fahrzeuges sehr mühsam ist und er vorerst die Pedalerie suchte und auch diesbezüglich erklärte, wo Gas, Bremse und Kupplung sei. Insbesondere das Dosieren von Gas und Bremse gestaltete sich schwierig, wobei eine lange Umsetzzeit mit teilweisem Hängenbleiben des rechten Fußes an der Unterseite des Bremspedals zu verzeichnen war. Bei größeren Fahrbahnbreiten geriet Herr S, insbesondere in Linkskurven immer wieder über die Fahrbahnmitte, wobei festzustellen war, dass sich dieses Verhalten auch in unübersichtlichen Kurven und bei Gegenverkehr zeigte. Es war ein zweimaliger Eingriff durch den Sachverständigen erforderlich, da Herr S bei einem entgegenkommenden LKW in einer langgezogenen Linkskurve die Fahrbahnmitte überschritt und die Gefahr einer Streifkollision gegeben war. Eine ähnliche Situation ergab sich in weiterer Folge, als Herr S bei einem entgegenkommenden LKW deutlich die Fahrbahnmitte überschritt. Da das Verhalten des PKW Lenkers nicht klar einschätzbar war, wurde auch hier ein Eingriff durch den Sachverständigen vorgenommen und die Fahrspur auf den rechten Fahrstreifen zurück korrigiert. In weiteren Fällen ergab sich bei überschreitender Fahrbahnmitte teilweise durch das umsichtige Verhalten anderer Fahrzeuglenker keine Gefahrensituation. Ein Einpark- und Rückwärtsfahrvorgang gestaltete sich schwierig und es ist davon auszugehen, dass hier keine entsprechende Fahrzeugbeherrschung vorlag. Nach der ca. vierzig minütigen Beobachtungsfahrt zeigten sich augenscheinlich deutliche Ermüdungserscheinungen.

 

Positiv vermerkte der Sachverständige, dass Herr S die Vorrangverhältnisse korrekt wahrnahm und auch kommentierte. Ebenso, dass er bei querenden Fußgängern, insbesondere Kindern sehr aufmerksam fuhr und auch die entsprechenden Vorschriften bei Schutzwegen und querenden Kindern kommentierte.

 

Der Amtssachverständige vertrat auch die Auffassung, dass, da Herr S in der Lage war, Anweisungen während der Fahrt umzusetzen und augenscheinlich beim linken Bein eine bessere Koordinierung vorliegt, es denkbar erscheint, dass die Möglichkeit zur Erteilung einer Lenkberechtigung für Fahrzeuge mit Automatikgetriebe, nach links verlegtem Gaspedal und Servolenkung im Rahmen der gesundheitlichen Möglichkeiten gegeben ist, wobei gegebenenfalls die Fahrstrecken nach der gesundheitlich abzuschätzenden Belastungsdauer einzuschränken wären.

 

Die Amtsärztin verwies auch auf ein psychiatrisches und neurologisches Gutachten vom 9.9.2004, wonach der Rechtsmittelwerber auf Grund seiner Persönlichkeit und seiner geistigen Leistungsfähigkeit in der Lage ist, den Anforderungen des Straßenverkehrs zu entsprechen. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Problematik wegen der Schwäche an den Beinen aus kraftfahrtechnischer Sicht beurteilt werden muss.

 

2. Dagegen hat Herr S nunmehr Berufung erhoben und darauf verwiesen, dass auf Grund vorliegender ärztlicher Befunde (besonders psychiatrisches und neurologisches Gutachten sowie augenärztlicher Befund) sich keinerlei Begründung für einen Führerscheinentzug ergeben würde.

 

Beigelegt wurde eine hausärztliche Stellungnahme eines Arztes für Allgemeinmedizin, in welcher im Wesentlichen festgestellt wird, dass die derzeit im herkömmlichen Sinne sicher beeinträchtige Fahrtauglichkeit durch Training an einem umgebauten Automatik-Fahrzeug vielleicht doch soweit verbessert werden könnte, dass Herrn S eine beschränkte Lenkberechtigung im Wohnumfeld zuerkannt werden könnte.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.
 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund

......

......

......

zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechende Klasse zu lauten.
 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 25 Abs.2 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs.4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die unter anderem nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder

3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Bedingungen zu gestatten.

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 der Führerschein-Gesundheitsverordnung gilt unter anderem als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, wurde Herr S durch ein amtsärztliches Gutachten als nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet befunden. Insbesondere stützt sich dieses amtsärztliche Gutachten auf das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen, welches nach einer Probefahrt mit dem Berufungswerber erstellt wurde. Bei dieser Probefahrt sind gravierende Mängel hervorgekommen. Sowohl das amtsärztliche Gutachten als auch das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen sind schlüssig und widersprechen nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen, sodass auch der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich keine Bedenken hat, die gutächtlichen Äußerungen der Entscheidung zu Grunde zu legen. Mit dem Hinweis auf das vom Amtsarzt zitierte psychiatrische und neurologische Gutachten ist insoferne nichts zu gewinnen, als der Facharzt - unbestritten - ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine Beeinträchtigung hinsichtlich der Schwäche an den Beinen aus kraftfahrtechnischer Sicht beurteilt werden müsse.

 

Auch die vorliegende Stellungnahme eines Arztes für Allgemeinmedizin beschränkt sich letztlich nur dahingehend, dass die derzeit beeinträchtige Fahrtauglichkeit durch Training an einem umgebauten Automatik-Fahrzeug eventuell soweit verbessert werden könnte, dass Herrn S eine beschränkte Lenkberechtigung im Wohnumfeld zuerkannt werden könnte.

 

Weder aus den Feststellungen des technischen Amtssachverständigen noch aus der hausärztlichen Stellungnahme kann jedoch abgeleitet werden, dass derzeit die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben ist, zumal auch im Falle eines Fahrzeuges mit Automatikgetriebe zunächst ein entsprechendes Training erforderlich sein wird.

 

Aus den Feststellungen des technischen Amtssachverständigen muss überdies abgeleitet werden, dass Herr S in Anbetracht der bei der Beobachtungsfahrt festgestellten Defizite derzeit auch nicht geeignet ist, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge oder Invalidenkraftfahrzeuge zu lenken.

 

Das durchgeführte Beweisergebnis führt im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften zwingend zu dem Schluss, dass Herr S derzeit aus gesundheitlichen Gründen zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist, weshalb die Entziehung der Lenkberechtigung bzw. der Ausspruch des Verbotes des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung zu Recht erfolgte.

 

4.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schließt sich diesbezüglich der Begründung im erstbehördlichen Bescheid an. Die Weiterbelassung der Lenkberechtigung unter den gegebenen Umständen wäre mit Gefahr für die übrigen Straßenbenützer verbunden und es war daher eine vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass Herr S durch den angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb der Berufung keine Folge gegeben werden konnte und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen war. Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung im gegenständlichen Fall mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

Weiters wird der Berufungswerber auf die von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im angefochtenen Bescheid vermerkten Hinweise bzw. auf die vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen getroffene Feststellung bezüglich Verwendung eines Fahrzeuges mit Automatikgetriebe aufmerksam gemacht.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

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