Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520833/3/Bi/An

Linz, 16.03.2005

 

 

 VwSen-520833/3/Bi/An Linz, am 16. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn PP, vertreten durch RAe Dr. U, Dr. U, vom 3. Jänner 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 17. Dezember 2004, VerkR21-502-2004/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge, Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker sowie den Führerschein unverzüglich abzuliefern sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:
 
 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf 20 Monate, gerechnet ab 3. September 2004, dh bis 3. Mai 2006, herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Braunau/Inn am 10. Oktober 2002, VerkR20-3039-2002/BR, für die Klassen B, C1, C, EzB, EzC1, EzC und F erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 7 Abs.1 und 3 Z1, 24 Abs.1 Z1, 3 Abs.1 Z2, 26 Abs.1 Z3, 29 Abs.4 und 25 Abs.1 und 3 FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 36 Monaten, gerechnet von 3. September 2004 - das war das Datum der Zustellung des Mandatsbescheides - bis einschließlich 3. September 2007, entzogen (Spruchteile I. und II.), gemäß §§ 32 Abs.1 Z1, 7 Abs.1 und 3Z31, 24 Abs.1 Z1, 3 Abs.1 Z2 und 26 Abs.1 Z3 FSG das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten (Spruchteil III.), gemäß §§ 24 Abs.3 und 26 Abs.2 FSG im Fall eines Ansuchens um Wiedererteilung der Lenkberechtigung die Absolvierung eines Einstellungs- und Verhaltenstrainings für alkoholauffällige Lenker bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle auf seine Kosten angeordnet, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung ende (Spruchteil IV.), gemäß § 29 Abs.3 FSG die sofortige Ablieferung des über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerscheins der Behörde bzw dem zuständigen Gendarmerieposten angeordnet, sofern er nicht bereits abgenommen worden sei (Spruchteil V.), und gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen die Spruchabschnitte I., II. und III. einzubringenden Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 21. Dezember 2004.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw bekämpft den Bescheid hinsichtlich einer Entziehung für einen längeren Zeitraum als 8 Monate und des Lenkverbots und macht im Wesentlichen geltend, er sei im Verfahren VerkR96-5870-2004 von der BH Braunau/Inn wegen § 5 Abs.1 StVO 1960, § 14 Abs.1 Z1 FSG, § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 und zweimal je § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 bestraft worden. Weiters habe ihn die BH Vöcklabruck wegen auf der selben Fahrt begangener Verwaltungsübertretungen nach §§ 9 Abs.1, 52a Z15 und 16 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bestraft.

Davon sei bei der Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit auszugehen, nicht aber Behauptungen des Meldungslegers, die im Strafverfahren nicht zugrunde gelegt worden seien. Diesem komme auch keine gesteigerte Glaubwürdigkeit zu und habe die Verwaltungsstrafbehörde auch nur die angeführten Übertretungen als erwiesen angenommen. Im Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung obwalteten die gleichen Bedenken bzw bestehe Bindungswirkung. Dennoch habe die Behörde die sehr lange Entziehungsdauer von 36 Monaten ausgemessen.

Dabei habe sie sich darauf gestützt, dass ihm die Lenkberechtigung von 16.10.1991 bis 16.1.1992, von 1.2.1997 bis 1.2.2001 und von 2.2.2001 bis 2.2.2002 entzogen worden sei. Letzteres sei aber unrichtig. Die Behörde habe es aber nicht der Mühe wert befunden, offenbar fehlerhafte EDV-Einträge zu überprüfen und habe auch seinem Rechtsvertreter die diesbezüglichen Verwaltungsakten nicht präsentieren können. Seit dem Entzug 1991 sei es bis 31.8.2004 zu keinem weiteren Entzug gekommen. Er habe vielmehr 2001 die Lenkberechtigung der Klasse B erworben und 2002 C, E und F samt Unterklassen. Eine Entzugszeit von über 3 Monaten wäre zwar richtig gewesen, aber nicht über 8 Monate, zumal der Vorfall von 1991 schon 13 Jahre zurückliege und er in den rund 3 Jahren, in denen er nun wieder eine Lenkberechtigung besitze, keine gröberen Übertretungen begangen habe.

Ein Lenkverbot für 36 Monate sei ungerechtfertigt bzw überschießend. Zudem sehe § 32 auch ein Lenken unter Auflagen bzw Beschränkungen vor. Er sei wegen des Entzuges nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Berufskraftfahrer auszuüben und die Arbeitplatzsituation in Schneegattern sei schlecht, sodass er gezwungen sei, auszupendeln, ohne dabei auf eine entsprechende Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgreifen zu können. Es wäre daher wünschenswert, wenn ihm wenigstens die Fahrt zum und vom Arbeitsplatz mit derartigen Fahrzeugen gestattet würde bzw das Lenkverbot nun nach Beendigung des Strafverfahrens aufgehoben würde.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die Verfahrensakte VerkR96-5870-2004 und VerkR96-6278-2004 der Erstinstanz, betreffend die Übertretungen vom 14. August 2004.

Daraus geht hervor, dass der Bw am 14. August 2004 um 13.05 Uhr den Pkw XX703BI auf der B1, Gde. Frankenmarkt, in Richtung Salzburg gelenkt hat, wobei er im Zuge eines Überholmanövers bei km 264.53 eine doppelte Sperrlinie überfuhr, eine Verkehrsinsel bei km 264.65 unter Nichteinhaltung der gebotenen Fahrtrichtung umfuhr, bei km 264.6 den Pkw VB-... überholte, wobei der Abstand zum entgegenkommenden Fahrzeug nicht ausreichend war und dieses dadurch behindert und gefährdet wurde, und bei km 266.35 auf eine Länge von ca 300 m den Gegenverkehrsstreifen auf der linken Fahrbahnseite ohne ersichtlichen Grund benutzte. Diesbezüglich wurde Privatanzeige durch den Lenker des angeführten Pkw erstattet und versuchte daraufhin die Gendarmerie, den Bw anzuhalten, als dieser um 13.18 Uhr aus Richtung Straßwalchen kommend in die B147 nach Friedburg und dann weiter beim Kreisverkehr in der L508 in Richtung Schneegattern fuhr. Bei km 1.645 kam es laut Verkehrsunfallsanzeige infolge überhöhter Geschwindigkeit bei nasser Fahrbahn zu einem Verkehrsunfall, weil der von Bw gelenkte Pkw ins Schleuden kam, sich um die eigene Achse drehte, nach links von der Fahrbahn ab- und im wasserführenden Straßengraben zum Stillstand kam. Dabei entstand ein Schaden an einem Leitpflock und an der Uferböschung.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung der BH Vöcklabruck vom 16. August 2004, VerkR96-17112-2004, wurde der Bw bestraft wegen 1) §§ 9 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) §§ 52a Z15 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, 3) §§ 16 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 4) §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, weil er am 14. August 2004 als Lenker des Pkw xx auf der B1, Gemeinde Frankenmarkt, FR Salzburg 1) um 13.05 Uhr bei km 264.530 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren hat, 2) bei km 264.560 das deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen "vorgeschriebene Fahrtrichtung" nicht beachtet und die Fahrt nicht im Sinne des Gebotszeichens fortgesetzt hat, 3) bei km 264.600 ein Fahrzeug überholt hat, wodurch andere Straßenbenützer behindert und gefährdet wurden, und 4) um 13.06 Uhr bei km 266.350, Gemeinde Pöndorf, das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt hat, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er ca 300 m lang die linke Fahrbahnseite benutzte.

Mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Erstinstanz vom 17. Dezember 2004, VerkR96-5870-2004-Rö, wurde der Bw bestraft wegen 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960, 2) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.1 FSG, 3) § 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 4) und 5) je §§ 16 Abs.2 lit.b iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, weil er am 14. August 2004 um ca 13.20 Uhr den PKw XX703BI im Gemeindegebiet von Lengau auf der Kobernaußer Landesstraße L508, Strkm ca 1.645 1) sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 0,64 mg/l AAG befunden hat, 2) den Führerschein nicht mitgeführt hat, 3) den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw es unterlassen hat, diesen trotz Verlangens der Straßenaufsicht zur Überprüfung auszuhändigen, 4) bei ungenügender Sicht bei km 0.500 ein mehrspuriges Fahrzeug überholt und 5) bei km 1.250 bei ungenügender Sicht ein mehrspuriges Fahrzeug überholt hat. Er hat außerdem beim Ortsende Mittererb einen Verkehrsunfall mit Sachschaden in Form eines Flurschadens und eines beschädigten Leitpflocks verursacht.

Beim Bw scheinen auf

Am 15. Februar 2002 wurde eine Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt und diese am 10. Oktober 2002 auf die Klassen C1, C, B+E, C1+E, C+E und F ausgedehnt.

Der Bw weist aus dem Jahr 2003 eine rechtskräftige Vormerkung wegen § 20 Abs.2 StVO auf.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o, oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Unter Zugrundelegung des beim Bw am 14. August 2004, 13.37 Uhr, erreichten AAG von 0,64 mg/l hat gemäß § 26 Abs.1 Z3 FSG die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen.

Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere ... das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen.

Der Bw hat gemäß rechtskräftiger Strafverfügung der BH Vöcklabruck vom 16. August 2004, VerkR96-17112-2004, am 14. August 2004 als Lenker des Pkw auf der B1, Gemeinde Frankenmarkt, FR Salzburg, gemäß Punkt 1)um 13.05 Uhr bei km 264.530 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren, gemäß Punkt 2) bei km 264.560 das deutlich sichtbar aufgestellte Gebotszeichen "vorgeschriebene Fahrtrichtung" nicht beachtet und die Fahrt auf der linken Seite der dortigen Verkehrsinsel fortgesetzt und gemäß Punkt 3) bei km 264.600 ein Fahrzeug überholt, obwohl er dadurch die im Gegenverkehr herannahenden Lenker behindert und gefährdet hat. Laut Anzeige überfuhr der Bw die doppelte Sperrlinie zum Zweck des Überholens des Pkw VB-..., umfuhr im Zuge dieses Überholmanövers die Verkehrsinsel bei km 264.560 auf der linken Seite und überholte bei km 264.600 den Pkw VB-..., obwohl der Abstand zu entgegenkommenden Fahrzeugen nicht ausreichend war, sodass er diese behinderte und gefährdete. Der Lenker des Pkw VB-... erstattete Anzeige beim GP Frankenmarkt, worauf RI R, GP Friedburg-Lengau, dem Bw mit einem Einsatzfahrzeug nachfuhr. Bei dieser Nachfahrt setzte der Bw das ihm mit Straferkenntnis der Erstinstanz vom 17. Dezember 2004, VerkR96-5870-2004-Ro, zur Last gelegte Verhalten insofern, als er am 14. August 2004 um ca 13.20 Uhr als Lenker des Pkw XX703BI im Gemeindegebiet von Lengau auf der L 508 Kobernaußer Landesstraße Punkt 4) bei Strkm 0.500 bei ungenügender Sicht ein mehrspuriges Fahrzeug überholte und gemäß Punkt 5) bei Strkm 1,250 bei ungenügender Sicht ein mehrspuriges Fahrzeug überholte. Er wurde dafür jeweils gemäß §§ 16 Abs.2 lit.b iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bestraft, wobei ihm zwar kein Verstoß unter besonders gefährlichen Verhältnissen gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 vorgeworfen wurde, sein Verhalten jedoch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates als sehr wohl geeignet zu werten ist, solche besonders gefährlichen Verhältnisse herbeizuführen. Im Punkt 4) habe der Bw nach den Ausführungen in der Anzeige etwa bei km 0.500 vor dem Ortsgebiet Untererb und einer unübersichtlichen Linkskurve zum Überholen von zwei Pkw angesetzt und diese in die unübersichtliche Linkskurve hinein durch das Ortsgebiet Untererb mit hoher Geschwindigkeit überholt. Im Punkt 5) habe der Bw ab Strkm 1,250 kurz vor dem Ortsgebiet Mittererb in dieses hinein und vor der dortigen unübersichtlichen Linkskurve drei Pkw mit hoher Geschwindigkeit überholt. Auch wenn sein Verhalten - ebenso wie das im Punkt 3) der Strafverfügung der BH Vöcklabruck umschriebene Verhalten - offenbar noch keine besonders gefährlichen Verhältnisse herbeigeführt hat, so war es doch ohne Zweifel geeignet, solche besonders gefährlichen Verhältnisse herbeizuführen, zumal der Bw in Frankenmarkt tatsächlich Gegenverkehr hatte und in Lengau Gegenverkehr, auf den er, insbesondere in seinem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand samt den damit üblicherweise verbundenen Ausfallserscheinungen, nicht mehr reagieren hätte können, in keinem Fall ausschließen konnte (vgl VwGH 9.11.1999, 98/11/0257, ua). Dass sich der Bw dabei auf der Flucht vor dem ihm folgenden Einsatzfahrzeug befand, vermag sein Verhalten in keiner Weise zu erklären. Abgesehen davon fällt seine enorme Aggressivität gegenüber den Gendarmeriebeamten auf.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates war somit davon auszugehen, dass der Bw eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG sowie in drei Fällen eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 Z3 FSG verwirklicht hat.

Zur Wertung dieser bestimmten Tatsachen im Sinne des § 7 Abs.4 FSG - zu berücksichtigen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Bw während dieser Zeit - ist zu sagen, dass das Überholverhalten des Bw mit dem vom Lenker eines Kraftfahrzeuges geforderten Verantwortungsbewusstsein nichts zu tun hat, zumal der Bw ohne Rücksicht auf Verluste andere Straßenbenützer einer Gefährdung aussetzt, die in den angeführten Fällen nur durch glückliche Zufälle keinen Verkehrsunfall zur Folge hatte. Dass er dem aufgrund des Vorfalles in Frankenmarkt vom Lenker des überholten Pkw verständigten Beamten des GP Friedburg-Lengau eine Verfolgungsjagd lieferte und dabei die ihm im Straferkenntnis der Erstinstanz zur Last gelegten Übertretungen in Kauf nahm, zeigt deutlich, dass der Bw unter Alkoholeinfluss nicht in der Lage ist, konfliktfrei am Verkehrsgeschehen teilzunehmen. Selbst wenn er den Zweck verfolgte, seine Alkoholisierung durch ein Entkommen zu vertuschen, hätte er die weit nachteiligeren Folgen einer solchen "Flucht" dafür nicht in Kauf nehmen dürfen. Dass er schließlich - laut Anzeige infolge überhöhter Geschwindigkeit bei nasser Fahrbahn - ins Schleudern und nach links von der Fahrbahn abkam, wobei kein Gegenverkehr vorhanden war, hat der Bw nur dem Zufall zu verdanken.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol in einem im Ausmaß von 0,64 mg/l AAG beeinträchtigtem Zustand gefährdet massiv die Verkehrssicherheit, weshalb die an sich schon gefährliche Tätigkeit des Lenkens von Kraftfahrzeugen nur Menschen gestattet werden kann, die das erforderliche Verantwortungsbewusstsein und die charakterliche Einstellung dazu haben und nicht noch zusätzlich zu einer Erhöhung der Gefahren beitragen. Abgesehen davon gehören Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Bw in diesem Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat.

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Aggressivität neigende Sinnesart verlangt werden. Das aggressive Verhalten des Bw unter Alkoholeinfluss ist insofern höchst bedenklich, als er beim Überholen des Pkw VB-... kein Einsatzfahrzeug hinter sich hatte, sodass eine derart aggressive Fahrweise logisch nicht erklärbar ist. Einem Gendarmeriefahrzeug ohne Rücksicht auf Verluste davonzufahren und bei der durch einen Verkehrsunfall selbst herbeigeführten Beendigung der Fahrt die Beamten mit unflätigen Ausdrücken zu beschimpfen, zeugt von einer aggressiven Sinnesart, die bei Kraftfahrzeuglenkern unangebracht ist.

Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die unter Berücksichtigung der Wertungskriterien des § 7 Abs.5 FSG zu erstellende Prognose maßgebend, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen wird, dh wann er die Sinnesart gemäß § 7 Abs.1, deretwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist, überwunden haben wird. Die Erstinstanz vertritt hiezu die Auffassung, der Bw werde erst nach Ablauf von 36 Monaten, gerechnet ab 1. Februar 2005, dh bis 1. Februar 2008, die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen und verweist dazu auf die bisherige Entziehung wegen Alkohol und das durchgehende Lenkverbot von vier Jahren. Der Bw erachtet naturgemäß weniger, nämlich 8 Monate, für ausreichend.

Nach der Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die von der Erstinstanz festgesetzte Entziehungsdauer von 36 Monaten insofern als zu hoch anzusehen, als das Alkoholdelikt des Bw als "erstmalig" im Sinne des § 26 Abs.8 FSG zu werten ist, nachdem das zur Entziehung geführt habende aus dem Jahr 1991 getilgt ist und der Bw seither im Hinblick auf Alkohol offenbar unauffällig war. Die von Februar 1997 bis Februar 2002 lückenlos bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit hatte andere Gründe als Alkohol. Seit Oktober 2002 hat sich der Bw wohlverhalten - abgesehen von der Vormerkung wegen § 20 Abs.2 StVO aus dem Jahr 2003.

Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet daher eine Entziehungsdauer von 20 Monaten insofern für gerechtfertigt, wobei auf die Rechtsprechung des VwGH (vgl die Ausführungen im Erk 25.2.2003, 2001/11/0192, mit Hinweis auf 20.2.2001, 98/11/0317) verwiesen wird.

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung - mag eine solche auch subjektiv als Strafe empfunden werden - handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme im Interesse des Schutzes der übrigen Verkehrsteilnehmer. Diese Maßnahme verfolgt nur den Zweck, verkehrsunzuverlässige Personen für die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker auszuschließen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat - unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a - eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. ...

Die Anordnung der Nachschulung sowie der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme wurde nicht angefochten und ist gemäß § 24 Abs.3 FSG gesetzlich vorgesehen.

Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges 1. ausdrücklich zu verbieten, 2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder 3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten. ... Eine solche Verfügung ist aufzuheben, wenn der Grund für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt keineswegs die berufliche Problematik, die sich für den Bw aufgrund des Lenkverbotes ergibt (vgl VwGH v 30.5.2001, 2001/11/0081, unter Hinweis auf 24.8.1999, 99/11/0166). Jedoch sind die damit verbundenen Nachteile und Erschwernisse nicht auf seine Person beschränkt, sondern ist hievon jede mit einer derartigen behördlichen Verfügung konfrontierte Person betroffen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass dem Bw beim Fahrtantritt
nach Alkoholkonsum, insbesondere auch aufgrund seiner Vorgeschichte, die sich daraus vor allem im Hinblick auf sein berufliches Fortkommen ergebenden Konsequenzen und Folgen bewusst sein mussten, was ihn trotzdem nicht vom strafbaren Tun abgehalten hat.

Das Lenkverbot gemäß § 32 FSG war wegen der mangelnden Verkehrszuverlässigkeit für den Entziehungszeitraum zu verhängen. Eine Rechtswidrigkeit vermag der Unabhängige Verwaltungssenat in den Überlegungen der Erstinstanz nicht zu erblicken.

Das Argument des Bw von der schweren Erreichbarkeit eines Arbeitsplatzes von seinem Wohnort aus und das Nichtvorhandensein geeigneter öffentlicher Verkehrsmittel ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, jedoch hat der Bw keinen bestimmten zu erreichenden Arbeitsplatz angeführt, sodass die behauptete Nichterreichbarkeit nicht beurteilt werden kann. Überdies hat der Bw bereits einmal ein Unternehmen als Arbeitgeber bezeichnet, bei dem er letztlich unbekannt war. Es steht ihm jedoch jederzeit frei, bei Nachweis konkreter Umstände bei der Erstinstanz eine zeitliche und örtliche Einschränkung des Lenkverbotes zum Zweck der Fahrt vom Wohnort zur Arbeit und zurück zu beantragen.

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich nicht, dass der Bw den Führerschein bereits abgegeben hätte.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 
 

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