Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104040/8/Br

Linz, 13.12.1996

VwSen-104040/8/Br Linz, am 13. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder sowie den Beisitzer Dr. Guschlbauer und den Berichter Dr.

Bleier über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, Zl. III/S 25.294/96-1, vom 26. September 1996, nach der am 12.

November 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden mit dem obgenannten Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S und im Nichteinbringungsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 7.8.1996 um 14.45 Uhr in L, auf der P nächst dem Haus Nr. 23a ein Fahrrad gelenkt und um 14.48 Uhr an dieser Örtlichkeit trotz der Aufforderung und des Vorliegens der im Spruch näher genannten (gesetzlichen) Voraussetzungen die Atemluftuntersuchung verweigert habe (Punkt 2 des Straferkenntnisses).

Die Erstbehörde wertete die Verantwortung des Berufungswerbers, er sei ohnedies bereit gewesen, der Aufforderung Folge zu leisten, als reine Schutzbehauptung. Sie vermeinte, daß es keine vernünftige Erklärung dafür gebe, daß der Meldungsleger trotz festgestellter Alkoholisierungssymptome die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung zurückgenommen haben sollte. Die Behörde fand keinen Grund, an den Angaben des Meldungslegers zu zweifeln und verwies dabei auf dessen Diensteid und dessen zeugenschaftlichen Angaben. Den Zeugen K hatte die Erstbehörde nicht einvernommen, weil dieser laut Angaben des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Verweigerung nicht mehr anwesend gewesen sei.

2. In der dagegen fristgerecht in Form eines protokollarischen Anbringens bei der Erstbehörde erhobenen Berufung führt der Berufungswerber im Hinblick auf den hier gegenständlichen Punkt 2 des Straferkenntnisses aus, daß er diese Übertretung nicht begangen habe. Er verweist darin auf sein bisheriges bestreitendes Vorbringen, wonach er zwar eingesteht, zur Atemluftuntersuchung aufgefordert worden zu sein, dieser Aufforderung jedoch auch zugestimmt zu haben.

Davon habe jedoch der Meldungsleger in der Folge Abstand genommen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und dessen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Ferner wurden im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung Herr K und der Meldungsleger als Zeugen und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen.

4. Da eine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 2. Kammer zur Entscheidung berufen. Wegen der Tatsachenbestreitung war die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Zur Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Berufungswerber lenkte an oben angeführter Örtlichkeit und Zeit, wie auch Herr K, ein Fahrrad auf der P. Die Fahrt verlief infolge der im Bereich ca. 30 Meter vor ONr. zum Teil nicht befestigten Fahrbahn und der deshalb bestehenden Schlaglöcher, welchen ausgewichen wurde, teilweise in Schlangenlinien. Im Bereich P wurden der Berufungswerber und dessen Begleiter vom Polizeibeamten RevInsp. S angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Dabei wurde der Berufungswerber wegen Vorliegens von Alkoholisierungssymptomen zu einer Untersuchung der Atemluft mittels Alkomat aufgefordert. Dieser stimmte der Berufungswerber durch die sinngemäße Äußerung: "Dann fahren wir eben!" zu. Die Amtshandlung wurde in der weiteren Folge auch im Hinblick auf Verdachtsmomente wegen Pfuscherei seitens des Herrn K ausgedehnt, da Herr K ein Sackerl mit Gegenständen, welche kurz vorher "beim Baumax" eingekauft worden waren, mit sich führte. Herr K wurde dann vom Meldungsleger vom Ort der Amtshandlung weggewiesen.

In weiterer Folge kam die Rede auf das gegen den Berufungswerber bestehende Radfahrverbot und die Untersagung der Weiterfahrt, sowie auf die beabsichtigte Ersattung einer Anzeige betreffend dieses Verbot. Die Amtshandlung wurde ohne weitere Einforderung der Atemluftuntersuchung beendet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Der Berufungswerber legte dar, daß er sich gleich zu Beginn der Amtshandlung nach Aufforderung zur Vornahme einer Atemluftuntersuchung bereitgefunden hatte. Die Amtshandlung habe sich jedoch in der Folge auf andere Belange ausgedehnt, sodaß nach dem Verständnis des Berufungswerbers die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung nicht mehr weiter verfolgt wurde. Diese Angaben des Berufungswerbers wurden vom Zeugen K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt. Dies insbesondere dadurch, daß dieser Zeuge zu berichten wußte, daß sich der Berufungswerber nach der gegenständlichen Aufforderung mit der Durchführung der Atemluftuntersuchung ausdrücklich einverstanden erklärt hatte. Überdies bestätigte K, daß der Berufungswerber ihm, kurze Zeit später, nachdem sie sich nach der Amtshandlung wieder getroffen hatten, berichtete, daß von der Durchführung des Alkotestes Abstand genommen worden sei.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vermochte sich der Meldungsleger kaum noch an den Vorfall zu erinnern.

Er mußte daher auf das erstbehördliche Verfahren sowie auf seine gewöhnliche Praxis verweisen.

Laut Meldungsleger soll die Wegweisung von K nach zwei bis drei Minuten geschehen sein, wobei laut Anzeige die Verweigerung ebenfalls schon nach drei Minuten erklärt worden sein soll. Der Zeuge K konnte daher die Aufforderung und die Antwort des Berufungswerbers durchaus noch "mitbekommen" haben.

Hinsichtlich der Begegnung zwischen dem Meldungsleger und den Radfahrern ergab sich ein Widerspruch zwischen den Aussagen des Berufungswerbers und des Zeugen K einerseits und jener des Meldungslegers andererseits. Während der Meldungsleger aussagte, daß er hinter einem plötzlich abbremsenden Sattelzug hergefahren sei und den Grund des Abbremsens dieses Fahrzeuges erst nach dem Vorbeifahren an diesem (und dem schimpfenden Lenker) gesehen habe, führten der Berufungswerber und der Zeuge K im Detail übereinstimmend und gut nachvollziehbar aus, daß in dieser Phase kein Lkw gefahren sei, sondern lediglich die Amtshandlung nächst einem abgestellten Lkw stattgefunden habe, wobei der Meldungsleger dem Berufungswerber und dem Zeugen K, anders als nach Aussage des Meldungslegers, entgegengekommen sei.

Die - bei isolierter Betrachtung aufgrund der Art ihres persönlichen Vortrags, ihrer inhaltlichen Übereinstimmung und ihrer Schlüssigkeit gegebene - Glaubwürdigkeit der Darstellung des Berufungswerbers und des Zeugen K vermochte der Meldungsleger durch seine Aussage im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zu erschüttern.

Soweit er überhaupt noch fallbezogene Erinnerungen präsentieren konnte, erstreckten sich diese nicht auf den Kern der Sache und waren sie zudem mit Zweifeln behaftet (insbesondere etwa betreffend die Vorgänge rund um die "Vorgeschichte" der Anhaltung).

Sicherlich fällt ins Gewicht, daß die Aussagen des Meldungslegers im Rahmen seiner erstbehördlichen Einvernahme vergleichsweise genauer und sachbezogener waren. Sie standen auch im Kern in Widerspruch zur Darstellung des Berufungswerbers. Überdies ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, daß die besonderen Risiken, denen sich ein Amtsorgan bei einer Falschaussage aussetzt, im allgemeinen ein Glaubwürdigkeitsindiz darstellen.

Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die mehrere Wochen nach dem Vorfall gemachte Aussage des Meldungslegers vor der Erstbehörde inhaltlich über die Anzeige hinausreicht und gerade unter dem gegenständlich entscheidenden Aspekt auch starke Momente einer rückblickenden Interpretation der Sachlogik der Vorfallssituation enthält. Es kann daher nicht mit dem für ein Strafverfahren notwendigen Grad an Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die inhaltliche Diskrepanz zwischen den Formulierungen der Niederschrift der erstbehördlichen Aussage des Meldungslegers und den Aussagen des Berufungswerbers aufgrund eines Mißverständnisses zustandekam und daß nicht der Berufungswerber sondern der Meldungsleger die Situation unzutreffend interpretierte.

Überdies ist folgendes zu bemerken:

Verursacht durch das frühzeitige Wegschicken des (potentiellen) Zeugen K ("aus Datenschutzgründen") stellt die Niederschrift der Aussage des Meldungslegers vor der belangten Behörde das einzige relevante, den Berufungswerber belastende Beweismittel dar, da sich der Meldungsleger im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung an entscheidende Punkte nicht mehr erinnern konnte und er die Amtshandlung allein durchgeführt hatte. Zwar ist in solchen Fällen die Verwertung einer erstbehördlichen Niederschrift im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, 1992, S 316). Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß es sich dabei nur um ein ergänzendes Beweismittel handelt, dessen geringerer Beweiswert veranschlagt werden muß (vgl. Thienel, ebd, S 314 f).

Ist demgemäß im Zweifel davon auszugehen, daß der Berufungswerber die Situation so verstehen durfte, daß von der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung Abstand genommen worden war, so liegt kein strafbares Verhalten vor. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L a n g e d e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum