Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520886/5/Br/Wü

Linz, 05.04.2005

 

 

 VwSen-520886/5/Br/Wü Linz, am 5. April 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn B T, L M, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, M (E L), M, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31.1.2005, VerkR20-2568-2004/WL, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben. Gleichzeitig wird die Verkehrszuverlässigkeit als dzt. gegeben festgestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, BGBl.I Nr. 117/2002 iVm § 23 Abs.3 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z2 u. Abs.3 und 4 FSG idF BGBl.I Nr.129/2002.
 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wies die Behörde erster Instanz dem Berufungswerber dessen Antrag vom 25.11.2004 auf Austausch eines Nicht-EU-Führerscheins für die Klasse B ab.

Die Behörde erster Instanz stützte diese Entscheidung auf § 23 Abs.3 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z2 u. Abs.3 und 4 FSG.

Der Berufungswerber wurde als nicht verkehrszuverlässig erachtet, weil er am 17.11.2004 ein Kraftfahrzeug ohne die erforderliche Lenkberechtigung (B) lenkte, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursachte und ohne an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken die Unfallstelle verließ und letztlich er gerichtlich wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles (§127, §130
1. Fall StGB) verurteilt wurde.

Diese Tatsachen wurden im Sinne des § 7 Abs.4 FSG als die Verkehrszuverlässigkeit ausschließend gewertet.

 

2. Der Berufungswerber tritt dem durch seinen Rechtsvertreter in seiner fristgerecht erhobenen Berufung folgendermaßen entgegen:

"In umseits näher bezeichneter Verkehrsrechtsache gebe ich zunächst bekannt, dass ich Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. H B mit meiner Vertretung beauftragt und bevollmächtigt habe und ersuche ich das Vollmachtsverhältnis zur Kenntnis zu nehmen und Zustellungen zu seinen Handen vorzunehmen.

 

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, GZ VerkR20-2568-2004/WL, vom 31.1.2005, zugestellt am 3.2.2005, erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter in offener Frist

BERUFUNG
und stelle die

ANTRÄGE,
die Berufungsbehörde möge
 


a) eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen, sowie

b) den hier angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31.1.2005, GZ VerkR20-2568-2004/WL, dahingehend abändern, dass meinem Antrag auf Austausch eines nicht EU-Führerscheins für die Klasse B stattgegeben wird, in eventu

c) den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.

 

Meine Berufung begründe ich wie folgt:

 

Gemäß § 23 Abs.3 FSG ist dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung auf Antrag eine Lenkberechtigung gleichen Berechtigungsumfangs zu erteilen, wenn unter anderem keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen. Die Erstbehörde stellt fest, das ich am 17.11.2004 den Pkw mit dem Kennzeichen auf einer öffentlichen Straße gelenkt habe, obwohl ich nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Lenkberechtigung war und ich es nach einem Verkehrsunfall unterlassen hätte, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da ich die Unfallstelle verließ. Weiters stellt die Behörde fest, dass ich mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 2.11.2004 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat (Probezeit von drei Jahren) verurteilt wurde.

 

Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass ich am 17.11.2004 über eine entsprechende ausländische Lenkberechtigung verfügt habe und wurde ich im Zusammenhang mit der Befragung zu diesem Verkehrsunfall von der Polizei darauf hingewiesen, dass ich meinen Führerschein umschreiben lassen muss, woraufhin ich gegenständlichen Antrag gestellt habe. Bei dem von der Behörde angeführten Verkehrsunfall entstand außer an meinem eigenen Fahrzeug kein Sachschaden, sodass eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes nicht bestanden hat und stützt die Erstbehörde die Abweisung meines Antrags offensichtlich auch nicht auf diesen Umstand, da sie für die Begründung der Abweisung lediglich meine Verurteilung heranzieht.

 

Verkehrszuverlässig im Sinne des § 7 FSG ist eine Person dann, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer Strafhandlungen schuldig machen wird. § 7 Abs.3 FSG benennt dabei beispielsweise bestimmte Tatsachen, so unter anderem die strafbare Handlung gemäß § 131 StGB (räuberischer Diebstahl). Die Behörde stützt nun die Abweisung meines Antrags auf Austausch meines Führerscheins auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichteshofes, wonach auch die Begehung von Diebstählen eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 FSG darstellen kann, wenn sie den in § 7 Abs.3 angeführten bestimmten Tataschen an Bedeutung und Gewicht gleich käme. Die Behörde übersieht dabei allerdings, dass die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Diebstähle nur dann als gleichwertig ansieht, wenn das Zusammentreffen mit anderen strafbaren Handlungen oder besonderes gelagerte schwere Diebstähle (insbesondere Einbruchsdiebstähle) die Annahme der Gleichwertigkeit mit den in § 7 Abs.3 beispielsweise aufgezählten Straftaten rechtfertigt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 20.4.2004, GZ 2004/11/0018, 23.5.2003, GZ 2003/11/0044 und andere). Im Falle meiner Verurteilung ist weder das Erfordernis des Zusammentreffens mit anderen strafbaren Taten noch das Erfordernis des besonders gelagerten schweren Diebstahls gegeben, was sich auch darin zeigt, dass ich lediglich zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt wurde, sodass die geforderte Gleichwertigkeit mit den in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise aufgezählten Straftaten nicht gegeben ist.

 

Selbst wenn man vom Vorliegen dieser bestimmten Tatsache ausgehen würde, genügt dies für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 FSG nicht, sondern es muss aufgrund der gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmenden Wertung anzunehmen sein, dass der Betreffende wegen seiner Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 20.4.2004, GZ 2004/11/0018, 23.5.2003, GZ 2003/11/0044 und andere). Wie bereits erwähnt, wurde die über mich verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze bedingt nachgesehen, das heißt, das Strafgericht ging davon aus, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein genügen werde, um mich von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Da die Erstbehörde meinen Antrag unter Hinweis auf die Verurteilung nach § 127 StGB abgewiesen hat, geht sie offenbar entgegen der Strafbehörde davon aus, dass ich mich weiter schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werde, begründet aber an keiner Stelle des Bescheides, worauf sie diese Wertung zurückführt.

 

Bei ordnungsgemäßer rechtlicher Beurteilung hätte daher meinem Antrag auf Austausch des Führerscheins stattgegeben werden müssen. Weiteres Vorbringen im Zuge der durchzuführenden Berufungsverhandlung behalte ich mir vor.

 

Linz, 17.2.2005 B T"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier in Wahrung der durch Art.6 EMRK intendierten Rechte geboten.

 

4. Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte der anwaltlich vertretene Berufungswerber den Verkehrsunfall mit Sachschaden mit einem ihm auf seiner Fahrbahnhälfte entgegen kommenden Fahrzeug. Um einen Frontalzusammenstoß mit diesem PKW zu vermeiden habe er sich zum Ausweichen nach rechts veranlasst gesehen. Dadurch sei es zum Kontakt mit der Straßenlaterne gekommen. Wohl habe er kurz angehalten, aber außer dem Schaden an seinem Fahrzeug keinen Schaden an der Lichtsäule feststellen können. Mangels Kenntnis der Rechtslage habe er es in der Folge verabsäumt die Gendarmerie sofort zu verständigen. Diese sei in der Folge zu ihm gekommen, wobei er aber nicht zu Hause angetroffen wurde. Anlässlich dieses Besuches der Gendarmerie habe er schließlich den Gendarmerieposten aufgesucht. Der Umfang des Schadens an der Lichtsäule lässt sich aus der Verkehrsunfallsanzeige nicht nachvollziehen. Ein vom Berufungswerber einige Zeit nach dem Vorfall aufgenommenes und während der Verhandlung zur Einschau vorgelegtes Foto, lässt einen die Funktionsfähigkeit beeinträchtigenden Schaden an der Laterne zumindest ebenfalls nicht erkennen.

Das Lenken ohne (in Österreich) gültige Lenkberechtigung rechtfertigte der Berufungswerber mit dem Hinweis, dass er insgesamt dreimal einer Verkehrskontrolle unterzogen worden sei wobei er hinsichtlich seiner "georgischen Lenkberechtigung" nicht beanstandet wurde. Es sei ihm vielmehr gesagt worden von seiner Lenkberechtigung in Österreich ein Jahr Gebrauch machen zu können.

Den zur strafgerichtlichen Verurteilung führenden Fall erklärte er mit einem gemeinsamen Einkauf mit einem Bekannten. Dieser habe im Geschäft einen Diebstahl begangen, wobei er sich selbst nicht in diesem Geschäft aufhielt, jedoch in der Folge mit dem Täter in dessen Fahrzeug von der Gendarmerie angetroffen wurde. So sei es zur Annahme seiner Beitragstäterschaft durch das Gericht gekommen. Festzustellen ist jedoch, dass der Zweitbeteiligte diesbezüglich mangels Schuldbeweis freigesprochen wurde (Urteil des LG Wels vom 2.11.2004, 13 Hv 81/03w).

Der Berufungswerber legte eine Bestätigung des A-L vor, womit ihm die Mitgliedschaft im Ringverein mit wöchentlich drei bis viermaligen Trainingseinsätzen bescheinigt wird. Dies mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Fahrerlaubnis für den Berufungswerber (Beil.\1).

Der Berufungswerber machte im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht den Eindruck, dass er vorweg nicht geneigt wäre die Verkehrsvorschriften einzuhalten. Durchaus nachvollziehbar kam hervor, dass die zur Annahme der vorübergehenden Verkehrsunzuverlässigkeit führenden Tatsachen dem Berufungswerber eher überwiegend in einer nicht ausreichenden verbalen Kommunikationsfähigkeit, andererseits auch in fehlender Rechtskenntnis zuzuschreiben sind. Sein sichtliches Bemühen in Österreich Fuß zu fassen brachte er im Rahmen der Berufungsverhandlung jedenfalls glaubwürdig zum Ausdruck. Dies belegt nicht zuletzt seine aktive Mitgliedschaft in einem Sportverein.

Selbst der Vertreter der Behörde erster Instanz räumte ein, dass jede der Wertung einbezogene Tatsache für sich alleine nicht ausreichen würde die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen. Die Summe dieser Tatsachen jedoch ausreichte.

Dieser Einschätzung kann sich die Berufungsbehörde angesichts der im Rahmen der Berufungsverhandlung zu treffenden Einschätzung der Ursachen des Entstehens dieser Tatsachen nicht anschließen.

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber die formalen Voraussetzungen für den Erwerb der österreichischen besitzt. Er muss lediglich zu Ablegung der praktischen Fahrprüfung zugelassen werden.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

 

5.1. Gemäß § 23 Abs. 3 FSG ist dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung auf Antrag bei Erfüllung der in den Z1 bis 5 dieser Gesetzesstelle näher umschriebenen Voraussetzungen eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen. Die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung nach dieser Gesetzesstelle setzt den Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung voraus. Wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm demnach gemäß § 23 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung erteilt werden. Wichtigstes Beweismittel in diesem Zusammenhang ist regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde. Über diese verfügt der Berufungswerber.

 

5.2. Aus dem vom Berufungswerber zitierten Erkenntnis (2003/11/0044) geht hervor, dass wohl auch (andere) Diebstähle bei Zusammentreffen mit anderen strafbaren Taten oder besonders gelagerte schwere Diebstähle (insbesondere Einbruchsdiebstähle) die Annahme der Gleichwertigkeit mit den im § 7 Abs. 3 FSG 1997 beispielsweise aufgezählten Straftaten rechtfertigen (siehe dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2001, Zl. 99/11/0132, vom 23. Oktober 2001, Zl. 2000/11/0038, sowie vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0019, jeweils mwN).

Davon kann hier aber gerade nicht die Rede sein. Wohl liegt eine Bindung an den gerichtlichen Schuldspruch vor. Aber selbst in dem hier mit einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von einem Monat geahndeten Delikt ist keine derart gravierende strafbare Handlung zu erblicken, welche einen Rückschluss auf den Wegfall der Verkehrszuverlässigkeit sachlich rechtfertigen könnte (siehe etwa VwGH 23.5.2003, 2003/11/0044 mit Judikaturhinweisen). Auch das Lenken ohne Lenkberechtigung - welche glaubhaft in Rechtsunkenntnis über die Gültigkeit seiner ausländischen Lenkberechtigung erfolgt sein dürfte - und die ebenfalls nicht auf der subjektiven Tatebene als Fahrerflucht zu qualifizierende Handlung, kann ebenfalls nicht in Verbindung mit dem Diebstahlsvorwurf als so schwerwiegende "bestimmte Wertungstatsache" iSd § 7 Abs.3 u. 4 FSG, die die Verkehrszuverlässigkeit ausschlösse, qualifiziert werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

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