Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520919/2/Zo/Pe

Linz, 26.04.2005

 

 

 VwSen-520919/2/Zo/Pe Linz, am 26. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A E, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. P N, vom 23.3.2005 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 7.3.2005, Zl. FE-1491-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und Ablieferung des Führerscheines zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe teilweise stattgegeben, dass

  1. die im Mandatsbescheid vom 26.11.2004, FE-1491/2004 ausgesprochene Führerscheinentzugsdauer auf vier Monate, gerechnet ab Zustellung dieses Mandatsbescheides, herabgesetzt wird;
  2. die Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens dahingehend abgeändert wird, dass sich der Berufungswerber binnen einem Monat ab Zustellung der Berufungsentscheidung von einem Amtsarzt hinsichtlich seiner Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B untersuchen lassen muss.

 

Hinsichtlich der Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung seines Führerscheines wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 7 Abs.1, Abs.3 und Abs.4, 24 Abs.1 und 25 Abs.1, 24 Abs.4, 29 Abs.3 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde von der BPD Linz der Mandatsbescheid vom 26.11.2004 mit der Maßgabe bestätigt, dass die Dauer der Entziehung auf sechs Monate herabgesetzt wurde. Die übrigen getroffenen Maßnahmen wurden bestätigt. Im angeführten Mandatsbescheid wurde dem Berufungswerber die am 21.5.1999 zu Zl. F1873/99 für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Weiters wurde bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG verlangt und der Berufungswerber verpflichtet, den Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der Berufungswerber beantragte, die Entzugsdauer auf drei Monate herabzusetzen. Dies wurde damit begründet, dass der Mandatsbescheid ausschließlich aufgrund der Anzeige der BPD Linz vom 9.11.2004 erlassen wurde, ohne das gerichtliche Strafverfahren abzuwarten. Die dem Berufungswerber vorgeworfenen Straftaten sind im Gerichtsdeliktkatalog des § 7 Abs.3 FSG nicht angeführt. Es können zwar auch andere strafbare Handlungen eine bestimmte Tatsache bilden, wenn diese nach ihrer Schwere den aufgezählten Strafhandlungen entsprechen. Dies sei jedenfalls beim Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht der Fall und auch hinsichtlich des Widerstandes gegen die Staatsgewalt sei zu berücksichtigen, dass er zu diesem Vorwurf ohnedies geständig ist. Es sei eine Wertung seines Verhaltens vorzunehmen, wobei das gesamte Leben des Berufungswerbers zu berücksichtigen sei. Er sei bisher unbescholten und aufgrund der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlungen könne auf kein hohes Aggressionspotential geschlossen werden. Bei dem ihm vorgeworfenen Delikt der sexuellen Belästigung ist keinerlei Gewaltanwendung notwendig. Auch hinsichtlich des Widerstandes gegen die Staatsgewalt sei zu berücksichtigen, dass keine Person verletzt und niemand zu Schaden gekommen ist. Die Verwerflichkeit der von ihm begangenen Taten sei daher gering.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und war nicht erforderlich, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber hat in der Nacht vom 6. zum 7.11.2004 insofern eine sexuelle Belästigung begangen, als er sich in der Wohnung einer Bekannten bis auf die Boxershorts ausgezogen und neben dieser gegen ihren Willen onaniert hat. In weiterer Folge hat er vor dem Verlassen der Wohnung das Handy seiner Bekannten mitgenommen und weggeworfen. Am 8.11.2004 hat er in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. S Herrn Mag. S das Diktiergerät entrissen, in seine Hosentasche gesteckt und trotz mehrmaliger Aufforderung nicht zurückgegeben. Im Zuge der polizeilichen Intervention begann er zu randalieren, schlug mit den Fäusten um sich und trat mit den Füßen gegen die Wand. Er widersetzte sich den Anhalteversuchen der Polizeibeamten, attackierte diese und schlug mit den Fäusten gegen deren Oberkörper. Dabei wurden die beteiligten Polizeibeamten nicht verletzt. In der Nacht vom 8. zum 9.11.2004 kam es aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen ihm und seinen Eltern wiederum zu einer polizeilichen Intervention, bei welcher schließlich die amtsärztliche Untersuchung durchgeführt und eine Einlieferung ins Wagner-Jauregg-Krankenhaus wegen akuter Fremdgefährdung angeordnet wurde. Nach der Überstellung zum Krankenhaus weigerte sich der Berufungswerber aus dem Arrestantenwagen auszusteigen, wobei er Drohungen ausstieß und mit dem Fuß gegen die Zellentür trat. Schließlich konnte er erst nach mehrmaligem Einsatz von Pfefferspray aus dem Arrestantenwagen gebracht und ins Krankenhaus eingeliefert werden.

 

Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Anzeige der BPD Linz vom 9.11.2004 sowie der eigenen Angaben des Berufungswerbers bei der gerichtlichen Voruntersuchung am 18.11.2005 zu Zl. 16 UR 125/04, erwiesen.

 

Dem Berufungswerber wurde die Lenkberechtigung für die Klassen A und B am 21.5.1999 erteilt. Nach dem gegenständlichen Vorfall vom 9.11.2004 befand er sich bis 10.12.2004 in stationärer Behandlung im Wagner-Jauregg-Krankenhaus. Entsprechend dem Arztbrief vom 1.2.2005 wurde als Hauptdiagnose eine psychotische Störung, vorwiegend polymorph, unter multiplem Substanzgebrauch sowie als Nebendiagnosen Cannabismissbrauch, Amphetaminmissbrauch sowie psychische Probleme in der Familienanamnese festgestellt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand

9. eine strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit gemäß den §§ 201, 207 oder 217 StGB begangen hat;

10. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

5.2. Die vom Berufungswerber begangenen strafbaren Handlungen sind im Katalog der gerichtlich strafbaren Handlungen in § 7 Abs.3 FSG nicht enthalten. Insbesondere hinsichtlich des Vorwurfes der sexuellen Belästigung ist der Berufungswerber mit seinem Vorbringen im Recht, dass dieser Vorfall mit keinerlei Gewaltanwendung verbunden war. Die Sachentziehung ist den im FSG angeführten strafbaren Handlungen nicht gleichwertig. Sein Verhalten beim Einschreiten der Polizei am Nachmittag des 8.11.2004 sowie in der Nacht zum 9.11.2004 zeugt allerdings von einem erheblichen Aggressionspotenzial und ist nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Oö. Verwaltungssenates jedenfalls einer leichten Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB gleichwertig. Nachdem dieses Verhalten wiederholt gesetzt wurde, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG vor.

 

Bei der Wertung dieser Tatsache ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber innerhalb weniger Tage mehrere strafbare Handlungen begangen hat. Diese sind auch durchaus als verwerflich anzusehen, wobei allerdings zugunsten des Berufungswerbers berücksichtigt werden kann, dass beim Widerstand gegen die Staatsgewalt keine Personen verletzt wurden. Über den Berufungswerber scheinen keine gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Vormerkungen auf, was ebenfalls für ihn spricht. Andererseits ist die von der Begehung der strafbaren Handlungen bis zur Zustellung des Mandatsbescheides verstrichene Zeit so kurz, dass diese noch nicht ausgereicht hat, dass der Berufungswerber die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt. Das Verhalten des Berufungswerbers zeigt doch ein erhebliches Aggressionspotenzial, welches offenbar nicht ausreichend beherrschen konnte, weshalb zu befürchten ist, dass er sich auch bei Konflikten im Straßenverkehr zu ähnlich aggressiven Handlungen hinreißen lassen könnte. Es musste daher die Entziehung der Lenkberechtigung bestätigt werden, wobei unter Abwägung aller Umstände davon auszugehen ist, dass der Berufungswerber bereits vier Monate nach Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt hat.

 

Aufgrund des Arztbriefes des Wagner-Jauregg-Krankenhauses ergeben sich berechtigte Bedenken, ob der Berufungswerber die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen besitzt. Diese sind jedoch nicht so schwerwiegend, dass dem Berufungswerber die Lenkberechtigung bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens entzogen werden müsste, sondern es ist ausreichend, diese Bedenken in dem in § 24 Abs.4 FSG festgelegten Verfahren zu überprüfen. Die entsprechende Anordnung im Mandatsbescheid musste daher abgeändert werden. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ergibt sich aus § 29 Abs.3 FSG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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