Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520936/2/Br/Wü

Linz, 23.05.2005

VwSen-520936/2/Br/Wü Linz, am 23. Mai 2005

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R T,
geb., R, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg, vom 24. März 2005, AZ. VerkR21-188-2004, nach der am 23. Mai 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben; es wird festgestellt, dass der Entzug der Lenkberechtigung unter Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Unrecht erfolgte .

Rechtsgrundlagen:

§§ 7 Abs.3 Z3 iVm § 14 Abs.8 und § 26 Abs.4 Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002;

§ 66 Abs.4 u. § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004;

Entscheidungsgründe:

  1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat in Bestätigung des Mandatsbescheides vom 16.12.2004, gestützt auf § 7 Abs.1 iVm § 24 Abs.1 Z1, wegen eines Sachverhaltes dem ein Verdacht nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 zu Grunde lag, mit Bescheid vom 24.3.2005, VerkR21-188-2004, die dem Berufungswerber erteilten Lenkberechtigungen aller Klassen für die Dauer von einem Monat - beginnend mit 17.12.2004, wegen vorübergehend fehlender Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

1.1. Die Behörde erster Instanz ging in ihrer Entscheidungsbegründung von einer Alkofahrt des Berufungswerbers am 12.12.2004 um ca. 00:15 Uhr aus, weil bei ihm um 01.07 Uhr der Atemluftalkohol mit 0,51 mg/l festgestellt wurde. Sie folgte der Verantwortung des Nachtrunkes nach Fahrtende nicht, wenngleich diesbezügliche Beweisanbote bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens vorlagen.

2. In seiner damals noch von seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen den Mandatsbescheid erhobenen Vorstellung und nach Vollmachtauflösung durch seine gegen den hier angefochtenen Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung, legte der Berufungswerber detailliert die Trinksituation dar. Er beantragte die Einvernahme weiterer Zeugen die seine Sachverhaltsdarstellung hinsichtlich eines Alkoholkonsums nach der fraglichen Fahrt bestätigten könnten.

3. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier geboten, wobei diese gemeinsam mit dem bereits kurzzeitig früher zur Berufungsentscheidung vorgelegten Verwaltungsstrafverfahren, VwSen-160448, durchgeführt wurde (§ 67d Abs.1 Z1 AVG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg. Ferner wurde Beweis erhoben durch Verlesung der zeugenschaftlichen Vernehmung des Anzeigers M H und des einschreitenden Gendarmeriebeamten RI G und der Frau J B aus der Berufungsverhandlung vom 25.4.2005 im Verwaltungsstrafverfahren und durch Vernehmung der Zeugin E L in der am 23. Mai 2005 (fortgesetzten) Berufungsverhandlung. Ebenfalls wurde der persönlich an der Berufungsverhandlung teilnehmende Berufungswerber als Verfahrenspartei gehört. Seine im Rahmen einer gesonderten Vernehmung im Verwaltungsstrafverfahren gemachte Aussage wurde ebenfalls verlesen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Vom Zeugen H bzw. dessen Beifahrerin wurde fernmündlich die Gendarmerie verständigt, weil der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug am 12.12.2004 gegen 00.20 Uhr auf der L 570 bei Strkm. 9,3 verkehrsbehindernd auf der Fahrbahn stand. Nach Intervention des Zeugen bei dem im Fahrzeug sitzend und vermutlich zu diesem Zeitpunkt schlafend angetroffenen Berufungswerber, fuhr dieser sodann auf einem in unmittelbarer Nähe freiwerdenden Parkplatz beim Gasthaus der Zeugin L (Wirtin). Laut Berufungswerber habe er dort angehalten um das Freiwerden eines Parkplatzes bei diesem Gasthaus abzuwarten, wobei er kurz eingeschlafen sein dürfte.

Unstrittig ist, dass sich der Berufungswerber daraufhin in das Gasthaus begab, wobei er keine Kenntnis davon hatte, dass seitens des Zeugen H bzw. dessen Beifahrerin bereits die Gendarmerie wegen des eingangs genannten Vorfalls verständigt worden war. Der Berufungswerber kam von einer Jagd und hatte daher seinen Hund im Fahrzeug abgelegt.

Als erwiesen kann gelten, dass der Berufungswerber im Gasthaus noch vor dem Eintreffen der Gendarmerie und der nachfolgenden Atemluftuntersuchung einen "Gespritzten" und "großen Schnaps" (einen sogenannten Klaren mit 38 % Alkoholgehalt) konsumierte. Dies bestätigte in Einklang mit der Darstellung des Berufungswerbers auch die Zeugin L im Zuge der Berufungsverhandlung, wie sie dies auch bereits am 19.1.2005 vor der Behörde erster Instanz aussagte. Als sich der Berufungswerber etwa nach fünf bis zehn Minuten nach Eintreffen in diesem Gasthaus nochmals zum Fahrzeug begab um nach dem Hund zu schauen und sich das Handy zu holen, traf auf ihn die zwischenzeitig eingetroffene Gendarmerie (der Zeuge G) und sprach die Aufforderung zu einer Atemluftuntersuchung vor Ort aus. Da dort das Atemluftmessgerät nicht funktionierte, begab sich der Berufungswerber über sein Begehren noch vor der weiteren Durchführung der Atemluftuntersuchung am Gendarmerieposten auf die Toilette des Gasthauses. Dort wurde er von der Zeugin L in Begleitung der Gendarmen ebenfalls noch wahrgenommen.

Die nachfolgend durchgeführte Atemluftuntersuchung am um 01.07 Uhr erbrachte das Ergebnis von 0,51 mg/l (= 1,02 Promille).

Folgt man nun dem Nachtrunk, so ergibt dieser unter Berücksichtigung des damaligen Körpergewichtes des Berufungswerbers von 98 kg ohne Resorbtionsdefizit einen rechnerischen Blutalkoholwert von 0,33 Promille
(= 0,165 mg/l). Dieser Wert vom gemessenen Wert abgezogen ergibt zweifelsfrei eine Unterschreitung des StVO-relevanten Wertes zum Lenkzeitpunkt, jedoch eine Überschreitung des FSG-Grenzwertes von 0,25 mg/l mit rechnerisch 0,345 mg/l (0,69 Promille). Diese Rückrechnung erfolgte über amtsärztliche Unterstützung von Dr. D (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), wobei die entsprechenden Äthanolkonzentrationen der genannten Getränke grundgelegt wurden. An diesen Fakten kann letztendlich nicht gezweifelt werden, weil selbst vom Berufungswerber dezidiert eingeräumt wurde, bereits vorher in einem Gasthaus B gewesen zu sein und schon dort Alkohol kunsumiert gehabt zu haben.

Ungewöhnlich ist, dass der Berufungswerber offenbar gegenüber dem einschreitenden Gendarmeriebeamten einen Nachtrunk dezidiert verneinte. Dies begründet er im Rahmen seiner Verantwortung mit seiner irrigen Annahme dieser Alkohol "sei noch nicht im Blut gewesen". Er bezeichnete dies sprichwörtlich mit "Dummheit".

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist festzustellen, dass es wohl gemäß der Judikatur keinen Verfahrensfehler darstellt, wenn einer derart nachgereichten Nachtrunkbehauptung nicht (mehr) geglaubt wird. Im gegenständlichen Fall ist diese Darstellung aber nicht nur glaubwürdig, sie kann vielmehr sogar als erwiesen gelten und ist in der Darstellung von mehreren Zeugen auch mit den Denkgesetzen in Einklang zu bringen. Gleichzeitig gilt aber angesichts der klar definierten Nachtrunkmenge, dass der bereits vorher festgestellte Grad einer Atem- bzw. Blutalkoholkonzentration in einem solchen Umfang vorlag, dass ein Kraftfahrzeug nicht mehr gelenkt werden hätte dürfen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ............... gefährden wird, oder

sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer Handlungen schuldig machen wird;

nach § 7 Abs.3 Z3 leg.cit. gilt als solche bestimmte Tatsache, wenn jemand:

"1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;........."

§ 26 Abs.4 FSG lautet:

"Beträgt bei einem Lenker eines Kraftfahrzeuges der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 g/l (0,5 Promille) oder mehr aber weniger als 0,8 g/l (0,8 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,4 mg/l, und ist dies der zweite Verstoß gegen § 14 Abs.8 FSG innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem ersten Verstoß, und liegt bei keinem der Verstöße auch eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 vor, so ist ihm die Lenkberechtigung für mindestens drei Wochen zu entziehen; bei einem dritten derartigen Verstoß innerhalb desselben Zeitraumes für die Dauer von mindestens vier Wochen."

5.2. Da es sich hier um den ersten diesbezüglichen Verstoß gegen § 14 Abs.8 FSG handelt ist ein Entzug oder Einschränkung der Lenkberechtigung nicht vorgesehen.

5.3. Zur Frage der hier auch ausgesprochenen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist auf die Judikatur des VwGH zu § 64 Abs.2 AVG zu verweisen. Die Behörde kann (hat!) einer Berufung die aufschiebende Wirkung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist und ihr die sofortige Vollstreckung im öffentlichen Wohl - hier der Verkehrssicherheit - geboten erscheint; Hinweis auf Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, Rz. 9a ff zu § 64 AVG (Seite 828 mwN).

Es muss hier dahingestellt bleiben, ob die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gleichsam automatisch auszusprechen sein wird, oder in zügiger Durchführung des Beweisverfahrens in Einzelfällen, etwa wenn ein Beweisvorbringen besteht, welches so wie hier der Beweiswürdigung Raum öffnet, doch besser die Rechtskraft eines entsprechend bindenden Schuldspruches abzuwarten wäre, um sogenannte "kalte Entzüge" zu vermeiden und der Einzelfallgerechtigkeit den Vorzug gegenüber dem abstrakt umschriebenen öffentlichen Wohl einzuräumen (vgl VwGH 12.12.2002, 2000/11/0212).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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