Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520940/4/Br/Wü

Linz, 06.06.2005

 

 VwSen-520940/4/Br/Wü Linz, am 6. Juni 2005

DVR.0690392

 

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn I. E K, R, L, vertreten durch H & P, Anwaltsgesellschaft mbH, L, L gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. März 2005, FE-746/2002, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach der am 17. Mai 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:
 

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 und 67d Abs.1 AVG iVm § 7Abs.1, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1, § 26 Abs.2, 3 u. 4 und § 29 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 129/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft dieser Entscheidung entzogen.

 

    1. Begründend führte die Behörde erster Instanz im Ergebnis Folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1 . die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
 

Gem. § 26 Abs.3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z.4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z.3) oder auch eine Übertretung gem. Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Laut rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha, vom 17.1.2005, unter der Zahl: BLS2-S-0434009 lenkten Sie am 25.8.2004 um 13.19 Uhr in Wildungsmauer, auf der B9, Höhe Strkm 27,2 in Fahrtrichtung Regelsbrunn das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen und überschritten hiebei die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 43 km/h. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde zu Ihren Gunsten berücksichtigt.

 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Die Entziehungsdauer ist gesetzlich begründet."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Er bestreitet die Lenkeigenschaft und regt im Ergebnis unter Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung eine Neuaufrollung des in Rechtskraft erwachsenen - präjudiziellen - Schuldspruches an.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat angesichts des Berufungsvorbringens am 17. Mai 2005 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. An dieser nahm auch der Berufungswerber persönlich teil. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm nicht teil.

 

3.1. Der Berufungswerber erklärte im Rahmen der Verhandlung im Ergebnis wohl glaubwürdig, dass damals nicht er, sondern ein Monteur eines "Industrieanlagendemonatgeunternehmens" das seinem Verantwortungsbereich zufallende Firmenfahrzeug gelenkt habe. Diesbezüglich könnte er gegebenenfalls noch Beweise vorlegen. Eine solche Beweisvorlage erfolgte trotz mehrerer nach der Berufungsverhandlung mit seinem Rechtsvertreter nach getätigter telefonsicher Kontaktaufnahmen nicht. Die Vorlage der Beweise der nicht ihm zuzurechnenden Lenkereigenschaft wäre nach entsprechender Würdigung, allenfalls die Basis für die Anregung einer amtswegigen Behebung des gegen den Berufungswerber durch die gegen Ihn von der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha erlassene Strafverfügung in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches, gewesen. Ein Rechtsanspruch auf eine ausschließlich im Ermessen der Strafbehörde liegende amtswegige Wiederaufnahme iSd § 52a VStG besteht darüber hinaus nicht. Eine im Sinne der letztgenannten Bestimmung mögliche Vorgehensweise wäre wohl unter dem Aspekt der Gerechtigkeit und materiellen Wahrheitspflicht intendiert gewesen.

Letztlich ließ der Berufungswerber, der den für dieses Verfahren bindenden Schuldspruch offenkundig in Unkenntnis der damit einhergehenden Rechtsfolgen wissentlich in Kauf zu nehmen geneigt gewesen ist, diese Möglichkeit auf sich bewenden.

 

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

4.1. Wie an sich schon die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Entzugsbescheid zutreffend ausführte, gilt nach § 7 Abs.1 FSG als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) - für deren Wertung iSd Abs.4 der Behörde kein Raum eröffnet bleibt (siehe Pkt. 4.2.1.) - angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder ................ gefährden wird, oder .......... (Weglassung hier nicht relevanter Aufzählungen).

Gemäß § 7 Abs.3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere, wenn jemand: ......... "die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als
50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (Z4 leg.cit);"

Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier vor, sodass hier zwingend mit dem Entzug der Lenkberechtigung im genannten Ausmaß vorzugehen ist.

 

 

4.2. Die Kraftfahrbehörde ist auch an rechtskräftige Strafverfügungen gebunden, in gleicher Weise wie an rechtskräftige Bestrafungen durch ein Straferkenntnis (unter vielen VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038).

Eine Neuaufrollung des die Präjudizwirkung auslösenden Falles bleibt daher dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt.

 

 

4.2.1. Hinsichtlich der sogenannten Kurzzeitentzüge bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 10.6.2003, G360/02 ua). Der Verfassungsgerichtshof erachtet darin die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger, mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, 96/11/0197 zum Ausdruck gelangende Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 und der Bemessung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs.3 dritter Satz KFG 1967, idF BGBl. 1995/162, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkerberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme zugrunde liegt, weshalb eine davon abweichende eigenständige Wertung im Sinne des § 66 Abs.3 KFG 1967 einer unter § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 fallenden Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Kraftfahrbehörde grundsätzlich ausgeschlossen ist, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für vertretbar.

Die Entziehung der Lenkberechtigung sei nicht (nur) als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr konzipiert, die eine unmittelbar effektive und sofortige Sicherung bewirkt, sondern sie entfaltet vor allem auch dadurch einen Schutzeffekt im Interesse der Verkehrssicherheit, dass sie auf den Lenker ermahnend und erzieherisch einwirkt. Ihr kommt - wie jeder anderen Maßnahme der Verkehrserziehung - auch die Bedeutung eines auf einen längeren Zeitraum ausgelegten, der Verkehrserziehung dienenden Sicherungsinstrumentes zu. Dass der Gesetzgeber gemäß ausdrücklicher Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof im o.a. Erkenntnis die Entziehung der Lenkberechtigung ebenso als Mittel zur "Verkehrserziehung" eingerichtet hat, ist in diesem Zusammenhang nur noch zu erwähnen. Wenngleich es sich im Sinne der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes expressis verbis um keine Strafe handelt, sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat hier zur Bemerkung veranlasst, dass dieses Regime in seiner Wirkung dennoch zumindest in die Nähe des Verbotes einer Doppelbestrafung und damit in Konflikt zum Schutzbereich der EMRK gerät. Dies mit Blick darauf, weil auch der Bestrafung über den Präventionsaspekt ein erzieherischer Aspekt inhärent ist. Sohin erreicht der Kurzzeitentzug im Ergebnis den Charakter eines zusätzlichen Strafeffektes und gerät demnach zumindest in die sachliche Nähe zu einer Nebenstrafe.

 

Der Berufung musste daher der Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

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