Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521006/6/Br/Wü

Linz, 18.07.2005

 

 

 VwSen-521006/6/Br/Wü Linz, am 18. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, geb. , T, T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E P, H, B H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Juni 2005, Zl.: VerkR22-16-187-2005, nach der am 11.7.2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass sowohl die ausgesprochene Befristung als auch die Vorlagepflicht eines psychiatrischen Gutachtens behoben wird.

Dem Berufungswerber wird jedoch noch die Auflage erteilt, dass er jeweils bis zum 18.11.2005 und 18.5.2006 der Behörde (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) seine alkoholspezifischen Laborparameter (Gamma-TG, MCV und CDT - mit einer Toleranzfrist von zehn Tagen) vorzuweisen und sich abschließend einer amtsärztlichen Untersuchung zu stellen hat.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2, § 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 und § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz hat mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber die unter der obgenannten Aktenzahl am 15.11.2004 bis zum 18.5.2007 befristet erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B und F unter Code 71 und 104 (6 Mon) eingeschränkt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung in knapper Begründung auf die amtsärztliche Empfehlung sowie auf § 5 Abs.5 FSG. Es wurde unter Hinweis auf ein früher diagnostiziertes psychisches Krankheitsbild mit Blick auf einen damit in Verbindung stehenden zurückliegenden angeblich gehäuften Alkoholmissbrauch von einer Rückfallsneigung in eine Alkoholabhängigkeit iSd § 14 Abs.5 FSG-GV ausgegangen. Hingewiesen wurde aber auch auf die positive Entwicklung des Berufungswerbers mit dem Alkohol gut umgehen zu können.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich in seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung im Ergebnis gegen den Umfang der Einschränkung, welche im Ergebnis keinerlei Auflagen mehr rechtfertigten.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier mit Blick auf § 67d Abs.1 AVG in Wahrung der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK intendierten Rechte geboten. Das amtsärztliche Gutachten wurde von der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land im Rahmen der Berufungsverhandlung unter Einbeziehung der fachärztlichen Stellungnahmen erörtert und darauf gestützt ergab sich die für den Umfang der Berufungsbeurteilung erforderliche Entscheidungsgrundlage.

 

 

3.1. Zusammenfassend kann hier festgestellt gelten, dass der Berufungswerber nach mehreren Auffälligkeiten im Straßenverkehr in Verbindung mit psychischen Problemen (Depressionen) bis vor vier Jahren die Lenkberechtigung zuletzt wieder am 15.11.2004 ausgestellt erhielt.

Insbesondere ist auf die psychiatrische Stellungnahme von Dr. H vom 21.3.2005 hinzuweisen. Diese bescheinigt dem Berufungswerber, der seit 1997 bei der genannten Fachärztin in Behandlung steht, im Ergebnis die Fähigkeit mit Alkohol zwischenzeitig gut umzugehen gelernt zu haben. Bei ihm besteht keine Alkoholabhängigkeit mehr, aber eine rezidivierende depressive Störung. Aus der Sicht des Facharztes wird ihm die Fähigkeit zum Lenken offenbar uneingeschränkt zugesprochen. Der Umstand einmal nach einem Alkoholkonsum aus eigenem Antrieb die C D Klinik aufgesucht zu haben wurde als positiv und als Zeichen für seine hohe Kompetenz und Verantwortung zur Problemsituation beschrieben. Diesem trat schließlich im Rahmen der Berufungsverhandlung auch die Amtsärztin insofern bei, als dies nicht als ein auf die Fahreignungsbeurteilung sich negativ zu wertender Rückfall zu qualifizieren wäre.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung gelangte zuletzt auch die Amtsärztin zur Auffassung, dass beim Berufungswerber von einer längeren Stabilität ausgegangen werden könne. Daher sei es vertretbar nur mehr noch nach einem halben und einem Jahr noch je einen Laborbefund vorzulegen und sich abschließend einer amtsärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen. Falls sich keine negativen Aspekte ergeben würden, könne man die Auflagen überhaupt entfallen lassen. Die Lenkberechtigung wäre demnach wieder uneingeschränkt zu erteilen.

Diesem Kalkül konnte sich letztlich auch der Berufungswerber anschließen. Die Berufungsbehörde folgt ebenfalls dieser Faktenlage und sieht es als ausreichend und sachgerecht nur mehr als begleitende Beobachtungsmöglichkeit des Stabilitätsverlaufes mit der zweimaligen Vorlage von einschlägigen Laborbefunden und einer abschließenden Untersuchung durch die Amtsärztin anzuordnen.

Im Falle der Unbedenklichkeit dieses Ergebnisses wird - unpräjudiziell allfälliger neuer Fakten - die Einschränkung überhaupt entfallen.

 

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt - und auch belassen - werden, die: .............

3.) gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9), .......

Nach § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristung Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. ........

Nach § 2 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 1997/322, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002, hat das ärztliche Gutachten gegebenenfalls auszusprechen:

  1. ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist,
  2. ob und in welchem Zeitabständen die ärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind. ................

Eine Befristung ist mit Blick auf die gesetzliche Intention etwa (nur) dann geboten, wenn sachlich begründete Anhaltspunkte einer zu erwartenden Verschlechterung des "Gesundheitszustandes" und einer damit einhergehenden Minimierung der Risikoeignung vorliegen (vgl. etwa VwGH 30.5.2001, 2000/11/0018 mit Hinweis auf VwGH 22. Mai 1990, 89/11/0215, VwSlg 13204 A/1990, vom 1.12.1992, Zl. 92/11/0147 und vom 28.11.1996, 96/11/0202).

Dies stellt in der Praxis jedoch die Ausnahme und nicht die Regel dar. Diese Thematik bildete insbesondere auch den Kernpunkt der jüngst medial geführten Diskussionen.

Liegen jedoch - so wie hier - keine objektivierbaren Anhaltspunkte für eine negativ zu bewertende Prognoseaussagen mehr vor, ergibt sich auch keine sachliche Rechtfertigung für eine Befristung einer Lenkberechtigung. Dies trifft hier ebenfalls für die Frage des Umfanges einer begleitenden Kontrollmaßnahme zu (§ 2 FSG-GV).

Eine auf die schon länger zurückliegende Alkoholproblematik gestützte abermalige psychiatrische Untersuchung und eine weitere Befristung würde faktisch nur als vorbeugend ausgesprochener Entzug wirken. Mit Blick auf das Verhältnismäßigkeits- und das Sachlichkeitsgebot entbehrt daher eine solche, gleichsam auf bloße Vorsichtsaspekte gestützte Maßnahme, der rechtlichen Grundlage. Wie letztendlich nun auch aus den Ausführungen der Amtsärztin unter Hinweis auf eine psychiatrische Stellungnahme im Rahmen der Berufungsverhandlung nachvollziehbar dargelegt wurde hat der Berufungswerber die Alkoholproblematik überwunden. Hier liegt kein substanziierter Anhaltspunkt einer gesundheitlichen Einschränkung mehr vor, welcher noch eine Befristung der Lenkberechtigung rechtfertigen könnte. Demgegenüber kann die noch zweimalige Vorlagepflicht der Laborparameter in Verbindung mit einer amtsärztlichen Nachuntersuchung als gesundheitserhaltende u. festigende Maßnahme als sachgerecht erachtet werden (VwGH 18.3.2003, 2002/11/0254 mit Hinweis auf VwGH 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, sowie auf VwGH 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN).

 

4.1. Hinsichtlich des Ausspruches von Einschränkungen von Lenkberechtigungen sei insbesondere auf einschlägige Literatur zur Fahreignung aus Deutschland verwiesen. Die Gestaltung der Rechtslage ist mit der österreichischen durchaus vergleichbar. Beschränkungen der Lenkberechtigung haben dem aus Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeits- und Übermaßverbotes standzuhalten (siehe vgl. HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

Unabhängig von den obigen Betrachtungen sollten nicht zuletzt auch verwaltungsökonomische Aspekte, als ein in jüngster Zeit öffentlich erklärtes Staatsziel gegen eine bloß "routinemäßig" und allenfalls auch nur "vorsichtshalber" anempfohlenen, inhaltlich in der Substanz aber nicht mehr nachvollziehbaren Befristungen von Lenkberechtigungen, verbunden mit oft kostenintensiven Auflagen in die rechtsgestaltenden behördlichen Entscheidungsfindungen einbezogen werden. In diesem Sinne lassen sich auch die o.a. Entscheidungen des VwGH interpretieren (insb. VwGH 4.3.2002, 2001/11/0266).

Abschließend ist zu bemerken, dass die Behörde über medizinische Empfehlungen hinausgehende und die Gesamtpersönlichkeit einzubeziehende Betrachtungen anzustellen hat, wobei durchaus auch die Rechtssphäre eines Betroffenen nicht unbeachtet bleiben darf. Die behördliche Entscheidung hat die Empfehlung des Sachverständigen (hier des Amtsarztes) entsprechend zu würdigen, wobei ihr sehr wohl Freiraum zu verbleiben hat. Widrigenfalls würde die Entscheidungsbefugnis der Behörde vom Sachverständigen vorweggenommen. Auch Aspekte des sogenannten Grenznutzens und Grenzkosten sind im Zusammenhang mit der Einschränkung einer Lenkberechtigung in die Sachlichkeitsüberlegungen einzubeziehen. Der mit Auflagen zu erreichen versuchte Zweck im Sinne der Verkehrssicherheit darf jedenfalls nicht jeglicher inhaltlichen Nachvollziehbarkeit entledigt und nur mehr auf eine allenfalls statistische Dimension reduziert bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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