Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521012/4/Br/Wü

Linz, 03.07.2005

 

 

 VwSen-521012/4/Br/Wü Linz, am 3. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, W, L, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W R u. Mag. M R, Rechtsanwälte, H, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 7. Juni 2005, Zl.: VerkR20-649-2005, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung und die erteilten Auflagen wird/werden behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2, § 24 Abs1 Z2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 und § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz hat mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber die ihm am 29.4.2004 erteilten Lenkberechtigungen für die Klassen A, B u. F bis zum 7.6.2010 befristet. Dies unter einer einen Textauszug des § 24 Abs.1 FSG zitierenden zwei Zeilen umfassenden Begründung.

 

1.1. Dieser Entscheidung lag ein amtsärztliches Gutachten zu Grunde, welches dem Berufungswerber nach einer Alkoholkrankheit derzeitige Abstinenz und eine intakte Zukunftsprognose zuerkennt. Dies wiederum gestützt auf eine solide, befürwortende und die Aufhebung der Befristung empfehlende fachärztliche Stellungnahme, welche sich unter anderen Kriterien auf normwertige Laborparameter seit einem Jahr, stützt.

Abschließend vermeint die Amtsärztin jedoch, dass eine Aufhebung der Befristung unter Hinweis auf § 14 Abs.5 FSG-GV nicht möglich wäre.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid mit der durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht eingebrachten Berufung entgegen.

Inhaltlich macht er Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Dies insbesondere unter Hinweis auf das Ergebnis der Fachärztin für Psychiatrie, Frau Dr. U S, vom 14.4.2005 und demgegenüber die auf eine rechtliche Meinung der Amtsärztin gestützte Befristungsempfehlung.

 

2.1. Mit beiden Rügen ist der Berufungswerber im Recht!

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf § 67d Abs.2 AVG unterbleiben.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter Berücksichtigung der darin befindlichen Befunde und Gutachten. Mit h. Schreiben an die Amtsärztin und deren dazu erstatteten telefonischen Stellungnahme konnte deren Kalkül letztlich als Irrtum über den Inhalt des § 14 Abs.5 FSG-GV geklärt werden.

 

 

4. Im Rahmen einer Anfrage seitens der Berufungsbehörde an die Amtsärztin - unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur - konnte klargestellt werden, dass es offenbar auf Grund einer im Rahmen einer Fachveranstaltung vertretenen Fehlmeinung über den Inhalt des § 14 Abs.5 FSG-GV zu dieser Auflagenempfehlung gekommen sei. Die Amtsärztin zeigte sich in Anlehnung an die psychiatrische Stellungnahme selbst vom Berufungswerber dahingehend überzeugt, dass er künftighin seine Abstinenz einhalten und nicht wieder alkoholisiert ein Fahrzeug lenken werde.

Auf ein Parteiengehör konnte mit Blick auf die klare Sach- und Rechtslage verzichtet werden.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt - und auch belassen - werden, die: .............

3.) gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9), .......

Nach § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen mit Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. ........
 

5.1. Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- und arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchung eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

Ergibt sich jedoch in der Folge, insbesondere durch die Ergebnisse der angeordneten Kontrolluntersuchungen, dass diese Person über einen längeren Zeitraum keinen Suchtmittelmissbrauch mehr begangen hat, und sind demnach diese Kontrolluntersuchungen wegen des als unwahrscheinlich anzunehmenden Rückfallrisikos nicht mehr erforderlich, kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Lenkberechtigung ohne Bedingung (nunmehr Auflage) gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV 1997 erteilt werden (VwGH 20.3.2001, 2000/11/0264).

Selbst wenn der Berufungswerber alkoholabhängig war oder gehäuften Alkoholmissbrauch begangen hat, ist bei langzeitiger Abstinenz gemäß der geltenden Rechtslage eine Befristung nicht mehr berechtigt bzw. im Sinne des Sachlichkeitsgebotes nicht vertretbar (VwGH 23.1.2002, 2000/11/0258, mit Hinweis auf VwGH 27. Juni 2000, Zl. 2000/11/0057, siehe auch. h. Erk. v. 15.6.2004, VwSen-520609/3/Fra/He, mit Hinweis auf VwGH vom 20.3.2001, 2000/11/0264 und Vorjudikatur).

Abschließend ist noch zu bemerken, dass Auflagen auch dem sich aus der Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeitsge- und Übermaßverbotes standzuhalten haben (vgl. HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

Mit Blick darauf ist es bemerkenswert, dass die Behörde erster Instanz offenbar mit der ausgesprochenen Befristung bis zum Jahr 2010 einerseits ihre behördliche Kompetenz den Sinn und Zweck einer solchen Maßnahme zu hinterfragen nicht wahrnahm, andererseits offenbar der Amtsärztin gleich die behördliche Kompetenz der rechtlichen Qualifikation der einschlägigen Vorschriften des FSG delegierte.

Innerhalb von fünf Jahren kann sich letztlich bei jedem Menschen eine eignungsrelevante Veränderung des Gesundheitszustandes ergeben. Die Auflage bliebe hier daher auf den Selbstzweck reduziert.

 

5.2. Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Sachlichkeitsgebot, Auflagen, Befristung.

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