Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521014/2/Br/Wü

Linz, 04.07.2005

 

 

 VwSen-521014/2/Br/Wü Linz, am 4. Juli 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G K, S, E, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 14. Juni 2005, Zl.: VerkR22-16-2001-2005/LL, zu Recht:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die "104 (auf Abruf)" lautende Auflage behoben wird; gleichzeitig wird jedoch die Auflage erteilt, wonach sich der Berufungswerber bis zum 1. Juli 2006 einer ärztlichen Kontrolluntersuchung mit dem Ziel der Feststellung von objektiven Anhaltspunkten eines Drogenmissbrauches und iS Diabetes mellitus zu unterziehen und das Ergebnis bis zum 7. 7.2006 der Behörde vorzulegen hat .

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2, § 24 Abs1 Z2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 und § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz hat mit dem o.a. Bescheid dem Berufungswerber die ihm am 24.10.2001 erteilten Lenkberechtigungen für die Klasse B mit der Auflage
"104 (auf Abruf)"; 01.01 gestützt auf § 5 Abs.5 FSG iVm § 14 Abs.5 FSG-GV eingeschränkt.

 

1.1. Dieser Entscheidung lag ein amtsärztliches Gutachten zu Grunde, welches als Untersuchungsanlass des Berufungswerbers die angebliche Fälschung eines Befundes benennt. Neben der Notwendigkeit eine bestehende Sehschwäche durch die Verwendung einer Brille zu korrigieren, womit der Berufungswerber laut Gutachten einverstanden ist, wird von der Amtsärztin auf einen Drogenmissbrauch in den Jahren 1975 bis 1981 und zuletzt im August 2000 (Cannabiskonsum) verwiesen. Ebenfalls wird in diesem amtsärztlichen Gutachten die Beurteilung des Facharztes hinsichtlich regelmäßiger Kontrollen (gemeint wohl betreffend Drogenmissbrauch), der diese angesichts der bloß kurzzeitigen Nachweisbarkeit als unsinnig bezeichnet, erwähnt. Es stünde außer Zweifel, so im amtsärztlichen Gutachten, dass der Berufungswerber drogenabhängig gewesen sei, was zur "fachlichen Schlussfolgerung" führt, dass "die Regel nach § 14 Abs.5 FSG-GV" anzuwenden und ärztliche Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden müssen. Da langfristige Ankündigungen nicht sinnvoll seien, müsse die Aufforderung zum Harntest kurzfristig erfolgen.

Abschließend wird die bedingte Eignung zum Lenken von KFZ der Klasse B unter der Auflage des Tragens einer Brille zur Erreichung der erforderlichen Sehschärfe gutachterlich festgestellt. Ebenfalls wurde der Behörde empfohlen den Berufungswerber kurzfristig zu Harnabgaben aufzufordern, wobei im Falle von Auffälligkeiten eine Kontrolluntersuchung anzuordnen wäre.

Zuletzt verweist die Amtsärztin noch auf die Fachmeinung eines namentlich genannten Juristen der Verkehrsabteilung wonach "in der Verordnung" (gemeint wohl § 14 Abs.5 FSG-GV) keine Beendigung der Kontrolluntersuchungen vorgesehen wäre.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid mit seiner fristgerecht eingebrachten Berufung entgegen. Im Ergebnis erachtet er die "Bedingungen" (richtig: Auflagen) als nicht nachvollziehbar. Er sei seit seiner Straftat im August 2000 drogenfrei was der Harntest vom 24.5.2005 bewiesen hätte. Ferner verweist er auf das völlig positive Gutachten des Neurologen. Er fahre seit 20 Jahren unfallfrei und ohne grobe Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung. Es erscheine ihm unmöglich binnen zwei Tagen jeweils Harnbefunde vorzuweisen. Abschließend vermeint er, dass die nun schon fünf Jahre währenden Kontrollen genug wären.

 

2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber grundsätzlich im Recht!

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf § 67d Abs.2 AVG unterbleiben.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter Berücksichtigung der darin befindlichen Befunde und Gutachten, insbesondere die fachärztliche Stellungnahme.

 

 

4. Aus dem Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. H R ergibt sich eine in den 70iger und zu Beginn der 80ziger Jahre bestehende Drogen-(Heroin) abhängigkeit. In den 90iger Jahren wird anamnestisch wieder Cannabiskonsum festgestellt. Damals kam es zu einem spezifischen Verkehrsdelikt. Im Jahr 2000 wurde der Berufungswerber wegen Schmuggelns von Cannabis aus H betreten und gerichtlich verurteilt. Aus diesem Anlass kam es zur Befristung der Lenkberechtigung und der Auflage auf regelmäßige Überprüfungen des Harns zwecks Überprüfung illegaler Substanzen (Drogenharn). Im Verlaufe dieser Überprüfungen ist es zur Fälschung eines Befundes gekommen.

Der neurologische Befund und der psychische Status ist unauffällig.

Zusammenfassend gelangt der Facharzt zur Auffassung, dass weder aktuelle noch Langzeitschäden eines chronischen Drogenkonsums vorliegen. Laut Facharzt ist er für Fahrzeuge der Gruppe 1 geeignet. Die weitere Kontrolle des Harns wird als unsinnig bezeichnet. Diesbezüglich wird auf Kreuzreaktionen von chemisch verwandten Stoffen im Falle der Einnahme regulärer Medikamente hingewiesen. Schließlich - so der Facharzt - sei es auf Grund der Lebensgeschichte des Berufungswerbers nicht anzunehmen, dass dieser neuerlich die Opiatabhängigkeit suche. Ein gelegentlicher Cannabiskonsum habe keine Relevant für die Fahreignung, solange nicht ein Fahrzeug in einem beeinträchtigten Zustand gelenkt werde.

Das unter Pkt. 1.1. dem Inhalt nach wiedergegebene amtsärztliche Gutachten geht schließlich von "bedingter Eignung" aus, es empfiehlt jedoch kurzfristig behördlich angeordnete Harnkontrollen. Der Hinweis auf die Rechtsmeinung einer Fachabteilung, wonach im Gesetz keine Beendigung der Kontrolluntersuchungen vorgesehen seien, erweist sich ebenso als nicht nachvollziehbar, wie die Sinnhaftigkeit der unter lebenspraktischen Gesichtspunkten kaum realisier- und administrierbaren "kurzfristigen Aufforderungen zu Harnuntersuchungen".

Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt demnach den gutachterlichen Darstellungen des Facharztes Dr. R. Diese sind logisch und nachvollziehbar, wobei der Berufungswerber als grundsätzlich gesund und fahrtauglich bezeichnet werden kann. Die Einschätzung der Risikoeignung bleibt in diesem Zusammenhang der Beurteilung der Behörde vorbehalten, wobei hier keine objektiven Anhaltspunkte erkennbar sind, welche darauf hindeuteten, dass der Berufungswerber in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenken würde. Dies lässt sich am anschaulichsten aus seiner bisherigen Unauffälligkeit trotz der schon viele Jahre währenden Teilnahme am Straßenverkehr ableiten. Mit Blick darauf erweist sich ein durch die vorgeschlagene Auflage, welche im Übrigen fachlich nicht unumstritten ist, als sachlich nicht gerechtfertigt und bei weitem überschießend.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt - und auch belassen - werden, die: .............

3.) gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9), .......

Nach § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen mit Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. ........
 

5.1. Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- und arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchung eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

Ergibt sich jedoch in der Folge, insbesondere durch die Ergebnisse der angeordneten Kontrolluntersuchungen, dass diese Person über einen längeren Zeitraum keinen Suchtmittelmissbrauch mehr begangen hat und sind demnach diese Kontrolluntersuchungen wegen des als unwahrscheinlich anzunehmenden Rückfallrisikos nicht mehr erforderlich, kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Lenkberechtigung ohne Bedingung (nunmehr Auflage) gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV 1997 erteilt werden (VwGH 20.3.2001, 2000/11/0264).

Selbst wenn der Berufungswerber von Suchtgift abhängig gewesen sein oder gehäuften Missbrauch begangen haben sollte, ist in einem derart gelegenen Fall in der geltenden Rechtslage eine Befristung nicht mehr zulässig bzw. im Sinne des Sachlichkeitsgebotes nicht vertretbar (VwGH 23.1.2002, 2000/11/0258, mit Hinweis auf VwGH 27. Juni 2000, Zl. 2000/11/0057, siehe auch. h. Erk. v. 15.6.2004, VwSen-520609/3/Fra/He, unter Bezugnahme auf VwGH vom 20.3.2001, 2000/11/0264 und Vorjudikatur).

Auflagen sind rechtlich an dem der Rechtsordnung inhärenten Grundsatz des Verhältnismäßigkeitsge- und Übermaßverbotes zu orientieren (vgl. auch HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff). Ohne ausreichend nachvollziehbare Begründung lässt sich - hier zusätzlich gestützt auf die Expertise eines Facharztes - schon aus der Aktenlage die Auflage der Harnuntersuchungen nicht begründen.

Lediglich eine nochmalige Kontrolluntersuchung scheint mit Blick auf die Überprüfung der Verhaltensstabilität, nicht zuletzt auch unter Hinweis auf den bestehenden Diabetes mellitus sachlich gerechtfertigt.

 

5.2. Als mit der o.a. Judikatur zum § 14 Abs.5 FSG-GV erweist sich der im amtsärztlichen Gutachten angeblich von einer Rechtsabteilung vertretene Auffassung, wonach Kontrolluntersuchungen ungeachtet der Stabilität einer einst vorliegenden Suchtabhängigkeit gleichsam unbegrenzt fortzusetzen wären, als irrig.

Eine derartige Beurteilung fällt letztendlich auch nicht in die Kompetenz des Amtsarztes als Gutachter, sondern ausschließlich in den behördlichen Entscheidungs -u. Beurteilungsbereich.

 

5.3. Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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