Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521072/3/Br/Gam

Linz, 12.09.2005

 

 

 

VwSen-521072/3/Br/Gam Linz, am 12. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Prof. F K, M, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 25.7.2005, VerkR21-600-2004, wegen Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, zu Recht:

Der Bescheid wird mit der Maßgabe abgeändert, als anstatt der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, sich der Berufungswerber binnen zwei Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses einer Beobachtungsfahrt zu unterziehen hat.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG; §§ 24 Abs. 4 iVm 8 Abs.2 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.81/2002

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde der Berufungswerber aufgefordert, innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des angefochtenen Bescheides "zwecks Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens" eine verkehrspsychologische Stellungnahme vorzulegen.

 

    1. Die Behörde erster Instanz stützte diese Anordnung auf eine Anzeige des GP St. G im A vom 2.9.2004, welcher im Wesentlichen zum Gegenstand hatte, dass der Berufungswerber einen verwirrten Eindruck erweckte, indem er sein abgestelltes Auto nicht mehr gefunden habe. Im Zuge einer amtsärztlichen Stellungnahme vom 18.7.2005, San20-13566-2004, sei neben der Vorlage eines Facharztbefundes für innere Medizin, für die Erstellung eines amtsärztlichen Fahreignungsgutachtens nun auch noch eine verkehrspsychologische Stellungnahme erforderlich.

 

  1. Der Berufungswerber wandte sich gegen diese Anordnung durch eine fristgerecht dagegen erhobene Berufung. Darin führt er aus:
  2. " Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 25.06.2005 möchte ich aus folgenden den Berufung einlegen:

    1 . Am 31.01.2005 erhielt ich von Ihnen den Bescheid, ein fachärztliches Gutachten für Innere Medizin beizubringen. Dem bin ich nachgekommen, wie Sie mir im Schreiben vom 16.03.2005 bestätigt haben. Im selbigen erweiterten Sie die Auflage dahingehend, zu diesem fachärztlichen Befund einen weiteren verkehrspsychologischen hinzuzufügen.

    2. Im Schreiben vom 31.01.2005 führten Sie als Begründung an, ich sei am 02.09.2004 vom Gendarmerieposten in St. Georgen i.A. angeblich "in völlig verwirrtem Zustand aufgegriffen" worden und nicht in der Lage gewesen, mein abgestelltes Fahrzeug zu finden. Letzteres bestreite ich nicht. Tatsache war aber, dass ich mich an die Gendarmerie gewandt habe, mir bei der Suche meines Fahrzeuges behilflich zu sein. Es ist im Allgemeinen bekannt, dass selbst jüngeren Menschen dies passiert.

    3. Auf Grund dieser Tatsachen sehe ich die Auflage, ein verkehrspsychologisches Gutachten zu erbringen, als nicht gerechtfertigt.

    Mit freundlichen Grüßen! F K" (mit e.h. Unterschrift)

     

  3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

    1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt und nach Rücksprache mit der Amtsärztin bei der Behörde erster Instanz, eines diesbezüglich gewährten beidseitigen Parteiengehörs in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.......

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG sind demnach u.a. begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber die geistige oder körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt.

Diese Bedenken sind hier auf die Aktenlage und die vorläufige Beurteilung der Amtsärztin gestützt (vgl. VwGH 10.11.1998, 98/11/0120, VwGH 14.3.2000, 99/11/0185 u.v.a).

Die Beurteilung der "gesundheitlichen(Fahr-)eignung" vermag jedoch auf Grund logisch- und sachgerechter Beurteilung besser durch eine Beobachtungsfahrt iSd § 8 Abs.2 und § 9 Abs.3 FSG iVm § 1 Abs.1 Z4 u. Z7 und Abs. 4 FSG-GV gewährleistet erachtet werden.

Im Rahmen seiner Anhörung erklärte der Berufungswerber im Rahmen eines aus h. Sicht völlig sachorientiert verlaufenden Gesprächs, nur mehr einen räumlich bzw. streckenmäßig sehr eingeschränkten Mobilitätsanspruch zu haben. Insbesondere mit Blick darauf scheint durch eine entsprechend (örtlich) abzustimmende Beobachtungsfahrt eine adäquatere Beurteilungsbasis der (gesundheitlichen-) Fahreignung gegeben.

Da beim 88-jährigen Berufungswerber, der laut Aktenlage einen für ihn positiven internistischen fachärztlichen Befund vorlegt haben dürfte, ein Leistungsabbau "im Vergleich zur Altersnorm" wohl eher unwahrscheinlich ist (sonst könnte er wohl kaum mehr ein Fahrzeug lenken), scheint es im Sinne des § 17 Abs.2 FSG-GV durchaus geboten eine Beobachtungsfahrt durchzuführen, anstatt den Berufungswerber einer Testsituation auszusetzen, welche bei objektiver Betrachtung einem Menschen dieses Alters doch schlechthin unzumutbar scheint.

 

Im Fachgespräch mit der Amtsärztin wurde zur Erörterung gestellt, dass die Praxis nicht auf ein Lenkverbot ohne gesetzliche Altersklausel in selektiven Einzelfällen hinauslaufen darf. Ein solches Regelungsziel wäre ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten. Aus der hierarchischen Anordnung von Anforderungsformen der Fahraufgabe und der ebenfalls als hierarchisch anzunehmenden Organisation der kognitiven Handlungsregulation folgt, dass sich durch Übung, Erfahrungsbildung und Fahrpraxis die psychische u. physische Leistungsfähigkeit ausdifferenziert und in komplexe mentale Repräsentationen, Schemata und Ausführungsroutinen zur Handlungskontrolle entwickelt. All diese Faktoren können im Einzelfall von psychologischen Testsystemen nicht hinreichend erfasst werden, weshalb das Testergebnis die tatsächliche - die individuell auf das spezifische Anforderungsprofil hin zu beurteilende - Fahreignung nur unvollständig widerspiegelt. Andererseits kann die Testsituation und dessen Durchführung im Einzelfall beim zu Begutachtenden nachteilige Reaktionen begünstigen (zB Testängstlichkeit, Probleme bei der Umstellungsfähigkeit auf eine neuartige Testsituation), die das Testergebnis zusätzlich ungünstig beeinflussen können. Bei älteren Menschen trifft dies in besonderem Maß zu.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass zwecks Koordinierung der Beobachtungsfahrt rechtzeitig mit der Behörde erster Instanz Kontakt aufzunehmen ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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