Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521076/2/Bi/Be

Linz, 12.09.2005

 

 

 

VwSen-521076/2/Bi/Be Linz, am 12. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn D P, vertreten durch RA Dr. G K, vom 12. August 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 29. Juli 2005, VerkR21-302-2005 Ga, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge, Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Stellungnahme und der Absolvierung einer Nachschulung sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Entziehungsdauer und das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge, gerechnet ab 1. Juli 2005, auf drei Monate herabgesetzt werden, im Spruch die Zitierung des § 57 Abs.3 AVG zu entfallen hat und die Anordnungen im Hinblick auf die Absolvierung einer Nachschulung und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG samt verkehrspsychologischer Stellungnahme aufgehoben werden. Im übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Wels-Land am 19. Mai 2004, VerkR20-1045-2004/WL, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1 und 3, 7 Abs.1 und 3 Z7a, 25 Abs.1 und 3, 32 Abs.1 Z1 FSG iVm § 57 Abs.3 AVG ab 1. Juli 2005 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit bis einschließlich 1. Mai 2006 entzogen sowie das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten. Weiters wurde gemäß § 24 Abs.3 FSG die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung angeordnet und ausgesprochen, dass, sollte dieses Gutachten auf "nicht geeignet" lauten, der Entzug bzw das Lenkverbot nicht bis zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung durch Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG ende. Weiters wurde angeordnet, dass sich der Bw auf seine Kosten gemäß § 24 Abs.3 einer Nachschulung bei einer vom Landeshauptmann ermächtigten Stelle zu unterziehen habe. Einer etwaigen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 1. August 2005.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sehe zwar ein, dass er für das Lenken eines Kfz ohne erforderliche Lenkberechtigung bestraft werde, allerdings hätte die Erstinstanz die bereits stattgehabte Entziehungsdauer einrechnen und ihm die Lenkberechtigung sofort ausfolgen müssen, wenn sie zum Schluss gekommen sei, dass seine Verantwortung, er habe das Fahrzeug tatsächlich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, richtig sei. Die Zeit, in der er über keine Lenkberechtigung verfügt habe, sei rechtswidrig und er immer fahrtüchtig und im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen. Mangelnde Verkehrszuverlässigkeit sei nicht gegeben, sondern stelle sich die ganze Diktion als Strafe dar, aus der die Verärgerung der Behörde spreche. Die Entziehungsdauer widerspreche aber dem Doppelbestrafungsverbot. Er sei nämlich schon bestraft worden, weil die Erstinstanz vermeint habe, er habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, was er aber habe widerlegen können. Diese Entziehungszeit könne nicht null und nichtig sein. Die Fiktion in Österreich, der FS-Entzug sei keine Strafe sondern eine Sicherungsmaßnahme, sei spätestens zu dem Zeitpunkt "geplatzt", als der Gesetzgeber für Geschwindigkeitsüberschreitungen eine oder zwei Wochen FS-Entzug vorgesehen habe. Dies sei ebenso inkonsequent wie die Institution der Anonymverfügung.

Die Erstinstanz habe keine Feststellungen zu seiner Verkehrszuverlässigkeit getroffen, obwohl ihr die Einholung eines med. SV-Gutachtens, Amtsarzt usw zur Verfügung gestanden wäre. Sie habe ihm aber vor Wiedererteilung ein amtsärztliches Gutachten vorgeschrieben, was ein Widerspruch in sich selbst sei und daher ausdrücklich angefochten werde. Er scheue diese Untersuchung nicht, jedoch finde dieser Auftrag in einem Bescheid, der sich auf das Lenken eines Fahrzeuges ohne Lenkberechtigung beziehe, keine Deckung. Er bekämpfe auch den Auftrag der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme. Die Erstinstanz habe ihren Unmut nun nahtlos in diesen Bescheid übertragen.

Die Feststellung in der Bescheidbegründung, er habe am 15. Mai 2005, 21.00 Uhr, einen Pkw in alkoholisiertem Zustand gelenkt, habe mit diesem Bescheid nichts zu tun. Vielmehr sei es zu der Fahrt am 1. Juli 2005 gekommen, weil sein Rechtsanwalt den Antrag auf Ausfolgung der Lenkberechtigung gestellt habe, weil innerhalb der gesetzlichen Frist kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. In Kenntnis dieses Antrages sei er der Meinung gewesen, sich den Führerschein abholen zu können. Im Rahmen der geltend gemachten unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Bw geltend, die Erstinstanz sei richtigerweise davon ausgegangen, er habe zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrzeuges keine Lenkberechtigung gehabt. Bei richtiger Handhabung der Gesetze hätte ihm aber die Erstinstanz die Lenkberechtigung am 1. Juli 2005 wieder ausfolgen müssen. Er frage sich daher, ob er tatsächlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht berechtigt gewesen sei, da ihm ja der Führerschein zu Unrecht entzogen worden sei. Die Entziehungsdauer von 1.7.2005 bis 1.5.2006 finde in den gesetzlichen Vorschriften keine Deckung, zumal er mit dem Tag der Berufung annähernd drei Monate über keine Lenkberechtigung verfüge und genau dieser Zeitraum sei für das Lenken ohne Führerschein wohl angebracht.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Richtig ist, dass laut Anzeige vom 15. Mai 2005 der Bw verdächtigt wurde, an diesem Tag einen Pkw auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht zu haben, wobei der bei ihm 30 Minuten nach dem Unfall durchgeführte Alkotest einen niedrigsten AAG von 0,92 mg/l ergab. Daher erging der Mandatsbescheid vom 20. Mai 2005, mit dem dem Bw wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Lenkberechtigung am 15. Mai 2005 bis 15. Mai 2008 entzogen, ein Lenkverbot erteilt, eine Nachschulung und ein amtsärztliches Gutachten samt verkehrspsychologischer Stellungnahme auferlegt wurde.

Im Vorstellungsverfahren tauchten offenbar an der Lenkereigenschaft des Bw Zweifel auf. Die Erstinstanz ging im nunmehr angefochtenen Bescheid explizit davon aus, dass "nunmehr nachgewiesen werden konnte", dass der Bw nicht der Lenker zum Tatzeitpunkt war.

Unbestritten steht aber fest, dass der Bw am 1. Juli 2005 um 8.55 Uhr den Pkw xx in Wels auf der Ringstraße, Höhe Nr.37, lenkte, obwohl die Lenkberechtigung zu diesem Zeitpunkt entzogen war.

Zwar hat die Behörde gemäß § 57Abs.3 AVG binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der Mandatsbescheid tritt außer Kraft tritt, jedoch langte im ggst Fall die Vorstellung laut Eingangsstempel der Erstinstanz am 31. Mai 2005 ein und stellt die Abtretung, die seitens der Erstinstanz hinsichtlich des Führerscheinentzugsverfahrens an die BPD Wels mit 2. Juni 2005 erfolgte - die Rückübermittlung erfolgte am 9.6.2005 mit der Anmerkung, der Bw sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Zuständigkeitsbereich der BH Wels-Land wohnhaft gewesen - die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dar, sodass der Mandatsbescheid entgegen der Meinung des Bw nicht ex lege außer Kraft trat.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG idF BGBl.I Nr.15/2005 gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ... gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG ua insbesondere zu gelten, wenn jemand trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug lenkt.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Gemäß Abs. 3 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Der Bw hat mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung - er wurde dabei vom Meldungsleger RI Mario Mayr, BPD Wels, PI Innere Stadt, angehalten und hat diesbezüglich auch nichts bestritten - eine bestimmte Tatsache verwirklicht, deren Wertung im Hinblick auf die Verwerflichkeit die Herabsetzung der von der Erstinstanz ausgesprochenen Entziehungsdauer gerade noch rechtfertigt.

Wie dem Verfahrensakt zu entnehmen ist, erfolgten am 1. Juli 2005 vor der Erstinstanz die Zeugeneinvernahmen der beiden Meldungsleger, die des privaten Anzeigers fand erst am 4. Juli 2005 statt. Dass der Bw am 1. Juli 2005 bei seinem Erscheinen vor der Erstinstanz den Führerschein ausgefolgt erhalten hätte, konnte er daher nicht mit Sicherheit annehmen. Sein Lenken am 1. Juli 2005 erfolgte somit nicht nur ohne entsprechende Lenkberechtigung, weil ihm diese entzogen und noch nicht wieder erteilt worden war, sondern auch voreilig.

Da der Entziehungstatbestand am 1. Juli 2005 gesetzt wurde, war auch die Annahme mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund der bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG erst ab diesem Tag zulässig, wobei die Mindestentziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 FSG drei Monate beträgt. Die Entziehungszeit vom 15. Mai 2005 bis 1. Juli 2005 war aus dieser Überlegung zwar nicht in die nunmehrige Entziehungsdauer einzurechnen, jedoch insofern (indirekt) berücksichtigungswürdig, als dieser mit der geänderten Beweiswürdigung der Erstinstanz die rechtliche Grundlage abhanden gekommen war. Aus dieser Überlegung war mit der nunmehr ausgesprochenen Entziehungsdauer - auf die sich auch das Lenkverbot gemäß § 32 FSG bezieht, da ein solches an den Tatbestand der mangelnden Verkehrszuverlässigkeit anknüpft - das Auslangen zu finden.

Auch wenn der Bw die Meinung vertritt, es handle sich bei Entziehung der Lenkberechtigung um eine Strafe und die Entziehung verstoße daher gegen das Doppelbestrafungsverbot, so ist ihm die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach es sich dabei um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen handelt (vgl VwGH 20.3.2001, 99/11/0074, mit Vorjudikatur).

Im Hinblick auf die angeordnete Nachschulung sowie die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Stellungnahme ist zu sagen, dass diese offenbar irrtümlich vom Mandatsbescheid übernommen wurden, im Rahmen dessen diese Anordnungen gerechtfertigt gewesen wären, hätte der Bw tatsächlich am 15. Mai 2005 den Pkw mit einem AAG von 0,92 mg/l gelenkt. Auf der Grundlage der nunmehrigen Entziehung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkberechtigung waren derartige Vorschreibungen unzulässig und hatte deren Ausspruch daher zu entfallen.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

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