Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521081/5/Br/Wü

Linz, 25.09.2005

 

 

VwSen-521081/5/Br/Wü Linz, am 25. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K, H, L, vertreten durch D. T L, Rechtsanwalt, Bürgerstraße 20, 4020 Linz gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. August 2005, wegen Entzuges der am 1.8.1983, unter Zl. F 2180/1983 für die Klassen A,B,C,E,F u. G erteilten Lenkberechtigungen, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67d Abs.1 AVG iVm § 7Abs.1, § 24 Abs.1 Z1, § 25 Abs.1, § 26 Abs.2, 3 u. 4 und § 29 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 129/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen Lenkberechtigungen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft dieser Entscheidung entzogen. Gestützt wurde dieser Entzug auf § 7 Abs.1, Abs.3 u. Abs.4 FSG.

Gleichzeitig wurde unter dieser Aktenzahl und gleichem Datum mit einem gesonderten Bescheid dem Berufungswerber auch dessen Taxilenkerausweis entzogen. Diesbezüglich erfolgte von h. die Abtretung des Verfahrens an die zuständige Behörde, dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr.

 

1.1. Als Anlass wurde dieser Entscheidung die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h zu Grunde gelegt. Dies wurde wiederum auf die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 27.6.2005, Zl. VerkR96-13489-2005, gestützt. Demnach hat der Berufungswerber am 6.4.2005 um
20.26 Uhr in Wartberg an der Krems auf der A9 bei Strkm 10.660, mit dem Pkw Kennzeichen die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um
52 km/h überschritten. Dies wurde in Verbindung mit § 26 Abs.3 iVm § 7 Abs.3 Z4 FSG als eine die Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von zwei Wochen ausschließende Tatsache gewertet.

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Ausdrücklich unbestritten belässt er darin die Geschwindigkeitsüberschreitung im hier entscheidungswesentlichen Umfang.

Der Berufungswerber versucht sein Fahrverhalten mit dem plötzlich kräftigen Schreien seines dreijährigen Kindes während der Tunneldurchfahrt zu rechtfertigen. Dies habe ihn in Sorge über mögliche unerträgliche Schmerzen seines Kindes erfüllt. Da ein Anhalten im Tunnel nicht möglich war, habe er so rasch als möglich einen Parkplatz zu erreichen versucht. Während dieser Geschwindigkeitsüberschreitung habe sich kein anderes Fahrzeug in seinem Bereich befunden welches hierdurch behindert oder gefährdet werden hätte können.

Aus diesem Grund könne die Wertung dieses Verhaltens nicht dazu führen, dass dieses die Verkehrszuverlässigkeit vorübergehend ausschließen lässt.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Das Verfahren hinsichtlich des Entzuges des Taxilenkerausweises wurde nach § 6 AVG am 12.9.2005 an die zuständige Berufungsbehörde des Amtes der Oö. Landesregierung - Abteilung Verkehr, abgetreten.

In diesem Verfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf § 67d Abs.2 AVG unterbleiben.

 

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

 

4.1. Wie an sich schon die Behörde erster Instanz im hier angefochtenen Entzugsbescheid zutreffend ausführte, gilt nach § 7 Abs.1 FSG als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) - für deren Wertung iSd Abs.4 der Behörde kein Raum eröffnet bleibt - angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. "die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder ................ gefährden wird, oder .......... (Weglassung hier nicht relevanter Aufzählungen).

Gemäß § 7 Abs.3 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere, wenn jemand: ......... "die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als
50 km/h überschritten hat
und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde (Z4 leg.cit);"

Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen hier vor, sodass hier zwingend mit dem Entzug der Lenkberechtigung im genannten Ausmaß vorzugehen ist.

 

 

4.2. Die Kraftfahrbehörde ist nicht nur an einen per Strafverfügung ausgesprochenen rechtskräftigen Schuldspruch gebunden (unter vielen VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038). Eine Neuaufrollung des die Präjudizwirkung auslösenden Falles bleibt daher dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt. Die nunmehr vorgetragenen Rechtfertigungsgründe haben daher auf sich zu bewenden. Sie waren allenfalls im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens einzuwenden gewesen, wobei wohl kaum ein schreiendes Kind ein derartiges Fahrverhalten rechtfertigen wird können.

 

Sie hat hier darüber hinaus auch keine eigene Wertung dieses Verhaltens vorzunehmen, weil dieses bereits vom Gesetzgeber durch die mit vierzehn Tagen definierte Entzugsdauer und einer dahinter normiert zu erachtenden Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit vorweggenommen wurde.

Betreffend die sogenannten Kurzzeitentzüge bestehen ferner auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 10.6.2003, G360/02 ua). Der Verfassungsgerichtshof erachtet darin die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger, mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, 96/11/0197 zum Ausdruck gelangende Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach der Entziehung der Lenkberechtigung wegen Vorliegens einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 und der Bemessung der Entziehungszeit gemäß § 73 Abs.3 dritter Satz KFG 1967, idF BGBl. 1995/162, eine vom Gesetzgeber selbst getroffene Wertung eines derartigen strafbaren Verhaltens unter dem Gesichtspunkt seiner Relevanz für die Verkehrszuverlässigkeit des Lenkberechtigten und der zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit zu setzenden Maßnahme zugrunde liegt, weshalb eine davon abweichende eigenständige Wertung im Sinne des § 66 Abs.3 KFG 1967 einer unter § 66 Abs.2 lit.i KFG 1967 fallenden Geschwindigkeitsüberschreitung durch die Kraftfahrbehörde grundsätzlich ausgeschlossen ist, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten für vertretbar.

Die Entziehung der Lenkberechtigung sei nicht (nur) als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr konzipiert, die eine unmittelbar effektive und sofortige Sicherung bewirkt, sondern sie entfaltet vor allem auch dadurch einen Schutzeffekt im Interesse der Verkehrssicherheit, dass sie auf den Lenker ermahnend und erzieherisch einwirkt. Ihr kommt - wie jeder anderen Maßnahme der Verkehrserziehung - auch die Bedeutung eines auf einen längeren Zeitraum ausgelegten, der Verkehrserziehung dienenden Sicherungsinstrumentes zu. Dass der Gesetzgeber gemäß ausdrücklicher Hervorhebung durch den Verfassungsgerichtshof im o.a. Erkenntnis die Entziehung der Lenkberechtigung ebenso als Mittel zur "Verkehrserziehung" eingerichtet hat, ist in diesem Zusammenhang nur noch zu erwähnen. Wenngleich es sich im Sinne der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes expressis verbis um keine Strafe handelt, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat hier zur Bemerkung veranlasst, dass dieses Regime in seiner Wirkung dennoch zumindest in die Nähe des Verbotes einer Doppelbestrafung und damit in Konflikt zum Schutzbereich der EMRK gerät. Dies mit Blick darauf, weil auch der Bestrafung über den Präventionsaspekt ein erzieherischer Aspekt inhärent ist. Sohin erreicht der Kurzzeitentzug im Ergebnis den Charakter eines zusätzlichen Strafeffektes und gerät demnach zumindest in die sachliche Nähe zu einer Nebenstrafe.

 

Der Berufung musste daher der Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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