Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521101/2/Bi/Be

Linz, 26.09.2005

 

 

VwSen-521101/2/Bi/Be Linz, am 26. September 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herr M R, vertreten durch RA Dr. G K, vom 12. September 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 7. September 2005, VerkR21-684-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Wels-Land am 18. August 2000, VerkR20-1068-2000/WL, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 7 Abs.1 und 3 Z9, 25 Abs.1 und 3 und 32 Abs.1 FSG für die Dauer von drei Monaten, gerechnet ab 4. August 2005, dh bis einschließlich 4. November 2005, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und ihm das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges ab 4. August 2005 bis einschließlich 4. November 2005 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit verboten. Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG einer etwaigen gegen diesen Bescheid einzubringenden Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 8. September 2005.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 30. August 2005 liege auch das Tatgeschehen zugrunde, das zu seiner Verurteilung gemäß § 84 StGB geführt habe. Gerade unter dieser Berücksichtigung gelangt der Gutachter zum Ergebnis, dass bei ihm eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bestehe und er derzeit zum Lenken von solchen Kraftfahrzeugen geeignet sei. Diese stelle eine fundierte Wertung im Sinne des § 7 Abs.4 FSG dar und besage, dass er derzeit sehr wohl verkehrszuverlässig sei. Abgesehen davon wäre nach den Begleitumständen der strafbaren Handlung vom 13. November 2004 davon auszugehen, dass sein Verhalten keinen ausreichenden Bezug zu kraftfahrrechtlichem oder straßenverkehrsrechtlichem Fehlverhalten aufweise. Die von der Erstinstanz festgestellten Vormerkungen lägen zeitlich bereits so lange zurück, dass sie nicht als rechtliche Begründung für die Entziehung der Lenkberechtigung und das Lenkverbot geeignet seien; noch dazu angesichts des vorgelegten verkehrspsychologischen Gutachtens.

Seit dem zur Verurteilung nach §§ 83 und 84 StGB geführt habenden Tatzeitpunkt 13.11.2004 seien bereits 10 Monate vergangen und er habe sich in dieser Zeit bis zum Entzug völlig verkehrszuverlässig verhalten.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 24. Mai 2005, 15 Hv 69/05y, schuldig erkannt wurde, am 13. November 2004 in Breitenaich einen anderen, nämlich P L, durch Versetzen von zwei Faustschlägen vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung, nämlich einen aufgrund Verschiebung der Bruchstücke operativ zu behebenden Nasenbeinbruch mit Eindellung der linken Nasenwand und eine kleine Rissquetschwunde über dem linken Jochbein, zur Folge hatte, und wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bestraft wurde, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Erschwerend bei der Strafbemessung waren zwei einschlägige Vorverurteilungen, mildernd das Geständnis und das Vorverhalten L .

Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung am 24. Mai 2005 geht hervor, dass sich der Bw in diesem Punkt schuldig bekannt hat, der Zeuge C T ausgesagt hat, dass L und der Bw zunächst eine verbale Auseinandersetzung hatten, in deren Verlauf L dem Bw zwei Schläge versetzt hat und dann eine Rauferei entstanden ist, in der sich der Bw gewehrt habe, und P L selbst zugestanden hat, nicht ganz unschuldig am Zustandekommen seiner Verletzung gewesen zu sein.

Dem Bw war von 21. November 2000 bis 5. Dezember 2000 die Lenkberechtigung wegen § 20 Abs.2 StVO entzogen worden.

Er weist seither bis 20. Oktober 2003 Verwaltungsvormerkungen auf, die aber keine bestimmten Tatsachen iSd § 7 Abs.3 FSG darstellen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG idF BGBl.I Nr.15/2005 gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ... gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß §§ 75, 76, 84 bis 87 oder wiederholt gemäß § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Gemäß Abs.3 ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Der Bw hat durch sein dem rechtskräftigen Urteil wegen § 84 Abs.1 FSG zugrunde gelegtes Verhalten zweifellos die Annahme gerechtfertigt, dass er sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen ähnlicher Art schuldig machen werde, und damit eine bestimmten Tatsache iSd § 7 Abs.3 FSG verwirklicht, die gemäß § 7 Abs.4 einer Wertung zu unterziehen ist. Dabei waren die Milderungsgründe laut Urteil bei der Verwerflichkeit und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die strafbare Handlung begangen wurde, zu berücksichtigen, dh auch das Verhalten des Opfers und das Geständnis in dem Sinne, dass der Bw das Unrecht seiner Tat eingesehen hat und, wie auch aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme Dris. S, Ried/I., vom 30. August 2005 einwandfrei hervorgeht, eine "innere Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Delikt erkennbar ist, der Bw eine realitätsgerechte Einschätzung seines unangemessenen Verhaltens und nachvollziehbare Strategien zeigt, um in Zukunft Strafauffälligkeit zu vermeiden, wobei sich aus Befundergebnissen und der Lebensgeschichte des Bw Hinweise auf bestehende Möglichkeiten des Bw ergeben, sich diszipliniert und zielstrebig zu verhalten." Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit des Bw wurde ebenso als ausreichend bezeichnet wie seine Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. und die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bejaht.

Der Bw hat sich seit der Tat offenbar wohlverhalten, wobei die Zeit bis zur Urteilsverkündung im Mai 2005 sicher weniger aussagekräftig ist.

Da der Entziehungstatbestand am 13. November 2004 gesetzt wurde, war auch die Annahme mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund der bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG ab diesem Tag zulässig, wobei die Mindestentziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 FSG drei Monate beträgt.

Nach den Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Bescheid wäre der Bw ab Zustellung des Mandatsbescheides am 4. August 2005 für weitere drei Monate, dh bis 4. November 2005, verkehrsunzuverlässig, dh insgesamt seit der Tat für fast zwölf Monate. Begründet wurde dies damit, dass das Wohlverhalten des Bw von 13. November 2004 bis zur Zustellung des Mandatsbescheides am 4. August 2005 zu vernachlässigen ist, weil sein Wohlverhalten geprägt vom Strafverfahren vor dem LG Wels und nicht auf eigene Überzeugung gegründet gewesen sei. Auf der Grundlage der Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme wurde aber die Mindestentziehungszeit von drei Monaten für ausreichend erachtet und die Entziehungszeit gegenüber dem Mandatsbescheid reduziert.

Dazu ist seitens des UVS im Hinblick auf die Wertung der bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.4 FSG auszuführen, dass der Vorfall vom 13. November 200 nicht im Zusammenhang mit einer Teilnahme des Bw am Straßenverkehr stand und nicht von der Hand zu weisen ist, dass der spätere Verletzte die Rauferei begonnen und so zum Zustandekommen seiner eigenen Verletzungen nicht unerheblich beigetragen hat, wie er auch selbst zugestanden hat. Dabei ist auch zu bedenken, dass ein Nasenbeinbruch eher noch im unteren Bereich des Begriffs "schwere Körperverletzung" einzustufen ist und konkret diese Verletzung des P L aus der damaligen Position des Bw laut Aussage des Zeugen C T eher zufällig war. Ein erhöhtes Aggressionspotential beim Bw im Sinne einer eingeschränkten Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist auf der Grundlage der Ergebnisse der VPU nicht anzunehmen. Auch die Vormerkungen des Bw lassen im Ergebnis keine andere Aussage zu.

Aus diesen Überlegungen ist eine Entziehungsdauer von drei Monaten, gerechnet ab 4. August 2005, die beim Bw im Ergebnis zur Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von annähernd 12 Monaten führen würde, aufgrund der Umstände des in Rede stehenden Vorfalls (die letztlich auch zur bedingten Verurteilung des Bw geführt haben) und des Wohlverhaltens des Bw zumindest während der seit dem Urteil des LG Wels verstrichenen Zeit nicht mehr gerechtfertigt, weshalb der angefochten Bescheid - auch hinsichtlich des Lenkverbotes, zumal auch hier Anknüpfungspunkt die Verkehrsunzuverlässigkeit ist - aufzuheben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

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