Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521183/2/Zo/Da

Linz, 16.01.2006

 

 

 

VwSen-521183/2/Zo/Da Linz, am 16. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des M G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, vom 13.12.2005, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 6.12.2005, VerkR21-724-2005, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Verhängung eines Mopedfahrverbotes zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 7 Abs.1, Abs.2, Abs.3 Z6 lit.a und Abs.4 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid seine Lenkberechtigung für die Klassen A und B (erteilt am 28.1.1999 zu Zl. VerkR20-169-1999) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass ihm für die Dauer von drei Monaten, gerechnet vom 27.11.2005, also bis einschließlich 27.2.2006, keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Außerdem wurde dem Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten. Der eingebrachten Berufung wurde die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber ausführt, dass der von der Behörde angenommene Sachverhalt den Tatsachen entsprechen würde. Er habe am 14.10.2005 einen PKW in Deutschland trotz seiner in diesem Staat entzogenen Lenkberechtigung gelenkt und sich deshalb in Deutschland strafbar gemacht. Seine Verkehrszuverlässigkeit in Österreich sei aber weiterhin gegeben. Wegen eines Alkoholdeliktes sei er vom deutschen Amtsgericht mit einem Fahrverbot belegt worden, welches noch immer aufrecht sei. Wegen des selben Deliktes habe ihm auch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die Lenkberechtigung für vier Monate entzogen, nach Ablauf der Entzugsdauer sei ihm aber der Führerschein wieder ausgefolgt worden und er dürfe seither in Österreich wiederum PKW lenken. Er habe sich seither in Österreich nichts zu Schulden kommen lassen.

 

Am Vorfallstag habe er den PKW von zu Hause auf österreichischem Staatsgebiet legal bis zur deutschen Grenze gelenkt. Er habe eine Mitfahrgelegenheit zu seiner Arbeitsstelle organisiert gehabt, diese sei aber ausgefallen, weshalb er sich entschlossen habe, mit seinem PKW auch in Deutschland weiter zu fahren. Er habe sich damit in Deutschland strafbar gemacht, deshalb dürfe ihm aber die Verkehrszuverlässigkeit in Österreich nicht abgesprochen werden, weil er seit der Wiederausfolgung seines Führerscheines in Österreich legal PKW lenken dürfe. Er habe zwar das in Deutschland bestehende Lenkverbot missachtet, Folgen dieser Missachtung dürften aber seiner Ansicht nach wiederum nur auf dem Staatsgebiet Deutschland eintreten. Das Führerscheingesetz diene der Sicherheit des Straßenverkehrs in Österreich. Diese habe er aber durch den gegenständlichen Vorfall nicht gefährdet, weil er in Österreich ja legal am Straßenverkehr teilnehmen darf. Das gegenständliche Delikt hätte er am Tattag in Österreich gar nicht setzen können, weshalb er deshalb auch in Österreich nicht verkehrsunzuverlässig habe werden können.

 

Die gerichtliche Anordnung des Amtsgerichtes beziehe sich ausschließlich auf deutsches Bundesgebiet, während die Gültigkeit des Führerscheingesetzes an der österreichischen Staatsgrenze ende.

 

Die gegenständliche "Schwarzfahrt" stelle in Deutschland ein Strafdelikt dar, welches es in Österreich nicht gibt. Ein derartiges Delikt sei auch in den Ziffern 8 bis 12 des § 7 Abs.3 FSG nicht enthalten. Auch eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.1 und 4 FSG habe er gar nicht begehen können, weil er seinen PKW in Österreich ja zu Recht gelenkt habe.

 

Selbst wenn eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 FSG vorliegen würde, so müsse diese noch einer Wertung nach Abs.4 unterzogen werden und es müsse auch eine Zukunftsprognose iSd § 7 Abs.1 FSG angestellt werden. Nachdem er die gegenständliche Verwaltungsübertretung in Österreich gar nicht hätte begehen können, könne es auch nicht zu einer für ihn negativen Zukunftsprognose kommen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze und es steht bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

 

Beim Berufungswerber wurde ursprünglich auf Grund eines Alkoholdeliktes in Deutschland die Lenkberechtigung entzogen. Dieses Fahrverbot in Deutschland ist nach wie vor aufrecht. Wegen des selben Alkoholdeliktes hat auch die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für vier Monate entzogen, diese Entziehung endete am 18.2.2005 und dem Berufungswerber wurde sein Führerschein wieder ausgefolgt. Er ist seither in Österreich wieder im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung.

 

Am 14.10.2005 um 15.50 Uhr lenkte er seinen PKW mit dem Kennzeichen BR- von Österreich kommend in Deutschland auf der AB 5 bei km 2,900, obwohl ihm die Fahrerlaubnis mit Urteil des Amtsgerichtes Leutkirch vom 7.4.2004 entzogen und noch nicht wiedererteilt worden war. Wegen dieses Vorfalles wurde er vom Amtsgericht Aschaffenburg zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 2.275 Euro verurteilt und es wurde festgelegt, dass ihm die Verwaltungsbehörde für die Dauer von 12 Monaten keine Fahrerlaubnis erteilen darf.

 

Der Berufungswerber ist im Besitz einer österreichischen Lenkberechtigung für die Klassen A und B und ist in B, S, wohnhaft. Wegen des angeführten Vorfalles wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit dem am 27.11.2005 zugestellten Mandatsbescheid die österreichische Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten entzogen. Seine Vorstellung wurde abgewiesen, weshalb er die in Pkt. 2 angeführte Berufung einbrachte.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Handelt es sich bei den in Abs.3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen, die im Ausland begangen wurden, so sind diese gem. § 7 Abs.2 FSG nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gem. § 7 Abs.3 Z6 lit.a insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines lenkt.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Der Berufungswerber hat in Deutschland ein Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Ein derartiges Verhalten ist auch nach österreichischen Rechtsvorschriften verboten. § 7 Abs.2 FSG verlangt eine Beurteilung des Verhaltens nach Maßgabe der österreichischen Rechtsvorschriften. Der Umstand, dass der Berufungswerber über eine in Österreich gültige Lenkberechtigung verfügt, bewirkt, dass der Berufungswerber die gleiche Verwaltungsübertretung nicht begehen könnte. Dem Verhalten des Berufungswerbers würde in Österreich ein anderer Sachverhalt (nämlich der Umstand, dass er über eine Lenkberechtigung verfügt) zu Grunde gelegt werden. Eine Beurteilung unter Zugrundelegung der österreichischen Rechtsvorschriften führt zum Ergebnis, dass der Berufungswerber mit seinem Verhalten eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6 FSG verwirklicht hat.

 

Hinsichtlich der Wertung dieses Verhaltens ist zu berücksichtigen, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung zu den schwerwiegendsten verkehrsrechtlichen Übertretungen gehört und grundsätzlich als verwerflich anzusehen ist. Der Berufungswerber dokumentiert damit zumindest seine Gleichgültigkeit gegenüber wesentlichen verkehrsrechtlichen Vorschriften und beweist eine negative Charaktereigenschaft. Dieser Charaktermangel des Berufungswerbers ändert sich auch nach Ansicht des UVS nicht dadurch, dass der Berufungswerber die Innbrücke überfährt; mit anderen Worten: lässt eine in Deutschland begangene strafbare Handlung auf einen, verkehrsrechtlichen Bestimmungen gegenüber, gleichgültigen Charakter schließen, so besteht dieser Charaktermangel auch dann, wenn sich der Berufungswerber in Österreich aufhält. Insoweit ist die Beurteilung der Erstinstanz zutreffend.

 

Im Ergebnis ist der Berufungswerber aus folgenden Überlegungen dennoch im Recht:

Bei der gem. § 7 Abs.4 FSG durchzuführenden Wertung ist auch die Gefährlichkeit der Verhältnisse zu berücksichtigen. Dabei hat die österreichische Behörde als Maßstab für diese Beurteilung die österreichische Sach- und Rechtslage heranzuziehen. Die typische Gefährlichkeit einer Schwarzfahrt besteht darin, dass der Fahrzeuglenker nicht über die erforderlichen Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen verfügt (Mindestalter, fachliche Befähigung, gesundheitliche Eignung, Verkehrszuverlässigkeit). Dem Berufungswerber wurde die österreichische Lenkberechtigung nach Ablauf der Entziehungsdauer im Februar 2005 wieder ausgefolgt. Damit hat die österreichische Behörde zum Ausdruck gebracht, dass der Berufungswerber alle Voraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Österreich erfüllt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist sein Verhalten aus Sicht der österreichischen Behörde nicht als gefährlich einzuschätzen.

 

Die Abwägung dieser Umstände führt nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS zum Ergebnis, dass eine Gefährdung der Verkehrssicherheit oder die Begehung sonstiger schwerer strafbarer Handlungen in der Zukunft (§ 7 Abs.1 FSG) aus dem konkreten Verhalten des Berufungswerbers (nämlich dem erstmaligen Missachten des deutschen Fahrverbotes) noch nicht zwingend abgeleitet werden muss. Bei wiederholten derartigen Übertretungen wäre diese Frage unter Umständen neu zu beurteilen. Im Ergebnis war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

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