Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521198/2/Br/Sta

Linz, 09.01.2006

 

 

 

VwSen-521198/2/Br/Sta Linz, am 9. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W J, geb. , M, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12.12.2005, Zl.VerkR22-16-438-2005, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die ausgesprochene Auflage in Abänderung zu lauten hat:

Herr W J hat (gerechnet ab Zustellung der Berufungsentscheidung) der zuständigen Behörde (dzt. BH. Linz-Land) bis zum 31.12.2006 über deren Aufforderung, innerhalb von 10 Tagen ab Kenntnis der Zustellung einer solchen Aufforderung, viermal das Ergebnis seiner Harnprobe auf Cannabinoide - welche bei jeder zur Untersuchung befugten Laboreinrichtung abgegeben werden kann - der auffordernden Behörde vorzulegen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2, § 24 Abs1 Z2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2005.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz stützte die o.a. Auflage auf die ihr vorliegende amtsärztliche Empfehlung, wobei darin allerdings die 8 bis 10-malige Vorlageempfehlung innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren getätigt wurde.

Im Falle der diesbezüglich negativ verlaufenden Laborergebnisse und keiner weiteren einschlägigen Anzeige könne von einer amtsärztlichen Nachuntersuchung abgesehen werden, sodass die Lenkberechtigung fortan uneingeschränkt ist.

Diese Auflage wurde rechtlich auf § 5 Abs.5 FSG gestützt.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht eingebrachten Berufung. Im Ergebnis vermeint er auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit als Monteur dies binnen der Frist von drei Tagen nicht erfüllen zu können. Er befinde sich von Monat bis Freitag jeweils auf Montage, sodass er um eine fixe Terminbekanntgabe ersuche.

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat von der Behörde erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Demnach hat dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter Berücksichtigung des darin befindlichen Gutachtens.

Ergänzend wurde zur zeitlichen Aussagekraft von Drogensubstanzen im Harn der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, DDr. B, als med. Sachverständiger beratend beigezogen. Ebenfalls erfolgte mit dem Berufungswerber im Hinblick auf die Präzisierung seiner beruflichen Abwesenheit und eine zumutbare Modalität für die Vorlage von entsprechenden Befunden eine Kontaktaufnahme.

 

 

3.2. Zur Aktenlage:

Diese beschränkte sich auf das vermutlich am 7.5.2004 (?) begonnene und am 4.11.2005 abgeschlossene amtsärztliche Gutachten und auf eine Protokollübersicht aus der Führerscheinevidenz. Es fehlt abermals - wie schon so oft von hier bemängelt - die der behördlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Detailgutachten sowie die vollständige Aktendokumentation.

Laut amtsärztlichen Gutachten wurde der Berufungswerber am 17.4.2004 wegen des Lenkens eines KFZ in einem durch Suchtmittel beeinträchtigtem Zustand angezeigt. Die Blutprobe auf Cannabis und Amphetamine erwies sich als positiv. Bereits 2001 sei er wegen einer Anzeige nach dem Suchtmittelgesetz amtsärztlich untersucht worden, weil er zwischen Oktober 2000 und Juni 2001 Cannabis und Extasy konsumiert habe.

Das amtsärztliche Gutachten hebt dabei jene Umstände hervor, die einer damaligen Beibringung des "Drogenharns" entgegen gestanden wären. Schließlich wird in der Anamnese dieses Gutachtens noch die vom Berufungswerber angegebene Abstinenz von Drogenkonsum seit 2004 und die Veränderung seines Freundeskreises dargetan.

Schließlich wird im aä. Gutachten auf das Ergebnis der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 4.3.2005 und vom 11.11.2005 hingewiesen, wo trotz fehlender Abhängigkeit amtsärztliche Kontrolluntersuchungen als erforderlich erachtet wurden, weil noch eine erhöhte Rückfallgefahr bestehe. Nach einjähriger unauffälliger Bewährung könne die Lenkberechtigung unbefristet (gemeint wohl uneingeschränkt) erteilt werden.

Das Ergebnis der Befunde wird im aä. Gutachten im Ergebnis die Abstinenzeinhaltung positiv beurteilt. Ein sogenanntes Graving wurde ebenso wie eine Abhängigkeit verneint. Auch die leistungsspezifischen Parameter wurden als unbedenklich dargestellt.

Die Einschränkung wurde seitens der Amtsärzte im Ergebnis nur auf eine Stärkung der Motivation zum weiteren Wohlverhalten begründet.

 

 

3.2.2. In seiner Berufung beklagt der Berufungswerber lediglich die berufsbedingt nicht erfüllbare kurzfristige Beibringung von Harnproben. Diesen tritt er aber inhaltlich nicht entgegen.

Wie sich aus den amtsärztlichen Gutachten klar ableiten lässt ist der Berufungswerber derzeit gesundheitlich zum Lenken von Fahrzeugen der Gruppe 1 geeignet. Die Auflage ist lediglich mit der Förderung der Motivation zur weiteren Abstinenz und somit die gesundheitliche Eignung stabilisierend begründet zu sehen.

Dies scheint aber auch mit der bloßen Vorlage der im Harn zeitlich länger feststellbaren Substanzen, den sog. Cannabioniden erzielbar zu sein. Diese Überzeugung konnte anlässlich der fachlichen Beurteilung durch DDr. B gewonnen werden. Diese Substanzen lassen sich im Gegensatz zu den Amphetaminen deutlich länger im Harn nachweisen. Letztere sind selbst im Blut nur fünf bis sieben Tage nachweisbar.

Mit Blick darauf kann eine zu einem für den Berufungswerber im Ergebnis zu einem Arbeitsplatzverlust führende Einschränkung vermieden werden.

Dem Berufungswerber ist es aber andererseits objektiv zuzumuten, dass er sich - etwa auch nächst seinem Arbeitsort - zu einem entsprechenden Labor begibt und dort unter Nachweis seiner Identität die entsprechende Harnprobe und deren Untersuchung beschafft und das jeweilige Ergebnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land schriftlich - per FAX oder E-Mail - weiterleitet. Der Zeitrahmen von zehn Tagen war für die erst später mögliche Kenntnisnahme der entsprechenden Aufforderung einzuräumen.

Dabei kann im Sinne des Sachlichkeitsgebotes und des Übermaßverbotes auch mit der Vorlagepflicht von vier spontan angeordneten Proben in der Dauer eines Jahres und bloß der o.a. Substanz das Auslangen gefunden werden. Denn wenn schon jetzt Abstinenz feststeht wird nach einem weiteren Jahr der Abstinenzhaltung wohl von einer so weitgehenden Stabilisierung ausgegangen werden können, dass diese als endgültig bezeichnet werden kann. Letztendlich wird die Disposition und der freie Wille eines Menschen nie durch behördliche Maßnahmen determinierbar und das Wohlverhalten für alle Zeit erzwingbar erachtet werden können.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt - und auch belassen - werden, die: .............

3.) gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9), .......

Nach § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

"geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen mit Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. ........

Nach § 2 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 1997/322, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002, hat das ärztliche Gutachten gegebenenfalls auszusprechen:

  1. ob und nach welchem Zeitraum eine amtsärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist,
  2. ob und in welchen Zeitabständen die ärztlichen Kontrolluntersuchungen erforderlich sind. ................

 

 

5.1. Kritisch zur Einschränkung der Lenkberechtigung durch die Anordnung der Beibringung von Laborbefunden ist das Erkenntnis des VwGH vom 24.11.2005,
Zl. 2004/11/0121-7 hervorzuheben. Darin stellte das Höchstgericht zu einer vergleichbar ausgesprochenen Auflage deren Erforderlichkeit ganz allgemein in Frage.

........."Welche konkreten Rückschlüsse aus einem allenfalls in der Vergangenheit liegenden "erhöhten Alkoholkonsum" unter Bedachtnahme darauf, dass der Beschwerdeführer sich unbestritten einer Nachschulung unterzogen hat, auf seine künftige Teilnahme am Straßenverkehr zu ziehen sind, hat die belangte Behörde im Einzelnen nicht begründet. Alkoholkonsum - ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen schließt die Eignung des Betreffenden zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht in jedem Fall aus. Es müssen vielmehr konkrete Umstände dafür vorliegen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten im Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen. Es muss somit konkret zu befürchten sein, dass er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, ZI. 2002/11/0143, mwH). Warum dies beim Beschwerdeführer - trotz der von ihm absolvierten Nachschulung - in Zukunft konkret zu befürchten sein sollte, wenn er die genannten Laborwerte nicht vorweist, ist nicht erkennbar...."

 

5.1.1. Diese konkreten Umstände sind im Rahmen der Einzelfallbeurteilung zu präzisieren und ihm Rahmen der Würdigung eines amtsärztlichen Gutachtens zu beurteilen. Mit Blick darauf war auch in diesem Fall der Empfehlung der Amtsärztin im Hinblick auf die Prognoseeinschätzung zur Eignungserhaltung zumindest im Ergebnis zu folgen gewesen (zur Würdigung von Fakten und Risikoeignung ist auf HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 284 u. Rn 512 ff) hinzuweisen. Zur Abstinenzüberwachung kann auch noch auf Lothar Schmidt, Alkoholkrankheit und Alkoholmissbrauch, Stuttgart, Berlin, Köln 1997, 4. Auflage verwiesen werden.

Der Berufungswerber erfüllt gegenwärtig die gesetzlichen (gesundheitlichen) Voraussetzungen (§ 3 Abs.1 Z3 FSG iVm § 14 Abs.1 FSG-GV) für die Belassung der Lenkberechtigung, wobei die Auflagen auch noch nach der Wiedererteilung (oder dem Erwerb) der Lenkberechtigung als Voraussetzung für deren Belassung fortwirken (vgl. h. Erkenntnis vom 21.11.2005, VwSen-521117/Ki/Jo).

Ausdrücklich soll der Berufungswerber an dieser Stelle ebenfalls darauf hingewiesen werden, dass im Falle der Nichterfüllung bzw. der Säumigkeit in der Erfüllung oder eines medizinisch positiven Befundergebnisses (d.h. vorhandene Suchtmittelsubstanzen im Harn) der - mit der Berufungsentscheidung modifiziert verbleibenden - Auflagen einen Grund für den Wegfall der Annahme der Eignungsvoraussetzungen die Entziehung der Lenkberechtigung indizieren würde (vgl. VwSlg 14732 A/1).

 

5.2. Die vom Berufungswerber vorgetragenen finanziellen Aspekte, die mit der Erfüllung der Auflagen verbunden sind, müssten gegenüber dem Interesse der Verkehrssicherheit zurücktreten (vgl. VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166). Dennoch sind derartige Auflagen auch an dem sich aus der Rechtsordnung ableitenden Grundsatz des Verhältnismäßigkeits- und Übermaßverbotes zu messen (vgl. abermals HIMMELREICH/JANKER, MPU-Begutachtung, 2. Auflage, insb. Rn 147 ff).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum