Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521212/2/Bi/Be

Linz, 25.01.2006

 

 

 

VwSen-521212/2/Bi/Be Linz, am 25. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger 1) über die Berufung des Herrn Ing. A P, vom 28. Dezember 2005 und 2) über die Berufung des Herrn Ing. A P, vertreten durch RAe Mag. Dr. W F, Mag. Dr. B G, Mag. UN-K, vom 29. Dezember 2005 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. Dezember 2005, FE-1549/2005, wegen der Aufforderung, sich binnen einem Monat ab Rechtskraft des Bescheides von einem Amtsarzt gemäß § 8 FSG zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen untersuchen zu lassen, zu Recht erkannt:

 

Beiden Berufungen wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß
    § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich binnen einem Monat ab Rechtskraft des Bescheides zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 15. Dezember 2005.

 

2. Dagegen wenden sich die sowohl vom Bw persönlich als auch von seinen rechtsfreundlichen Vertretern fristgerecht eingebrachten Berufungen, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).


3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei 79 Jahre alt, lebe allein und sei gesundheitlich in der Lage, alle Besorgungen des täglichen Lebens selbst durchzuführen. Er sei geistig und körperlich fit und es bestünden keine objektiv begründeten Bedenken hinsichtlich seiner geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Die subjektive Meinung des Leiters der Amtshandlung vom 15.12.2005 reiche nicht aus, diese Bedenken zu begründen. Er habe an diesem Tag wegen einer Verkühlung starke Kreuzschmerzen, die bei Mag. H die genannten Bedenken ausgelöst hätten, aber nun fast zur Gänze Vergangenheit seien. Er fahre seit Jahren unfallfrei und straffrei täglich Auto und benutze es zum Einkaufen, für den Austausch der Wäsche in der Putzerei uä, weil er nicht schwer tragen dürfe. Er glaube zwar, auch der Amtsarzt würde seine gesundheitliche Eignung feststellen, Erfahrungen anderer Personen mit Amtsärzten mahnten ihn jedoch zur Vorsicht, deshalb die Berufung. Ohne Führerschein wäre er auf fremde Hilfe angewiesen, was er jedenfalls vermeiden wolle. Beantragt wird daher Bescheidaufhebung und Einstellung des Verfahrens.

In der von den Rechtsvertretern eingebrachten Berufung wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass die "Bedenken, der Bw sei den Anforderungen des Straßenverkehrs aufgrund seines Alters nicht mehr gewachsen" ohne Anführung konkreter Beeinträchtigungen behauptet worden seien. Die Gehbehinderung sei der Behörde seit langem bekannt, weil sich der Bw ja auch im Besitz eines Ausweises gemäß § 29b StVO befinde. Die angeordnete Untersuchung könne daher weder auf die schon lange bekannte Gehbehinderung noch sein Alter gestützt werden. Andere Anhaltspunkte seien nicht vorhanden, insbesondere auch nicht der Vorfall vom 15. November 2005, bei dem der Bw eine leichte Berührung seines Fahrzeuges mit dem Polizeifahrzeug verursacht habe, weil daraus solche Bedenken nicht abzuleiten seien. Anderenfalls müsste bei jedem Verkehrsunfall mit Sachschaden - im ggst Fall sei keine Beschädigung entstanden - und erst recht bei Personenschaden eine Überprüfung der gesundheitlichen Eignung erfolgen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw vom Meldungsleger BI Günter H (Ml) zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 15. November 2005 gegen 10.00 Uhr in Linz Kaplanhofstraße 29 - der Ml hatte den Funkwagen dort vor einer Garagenausfahrt parallel zum Fahrbahnrand geparkt und der Bw hatte ihn ersucht wegzufahren, damit er mit seinem vor der Garage abgestellten Pkw wegfahren könne; der Ml habe aber verkehrsbedingt nicht gleich wegfahren können - beim Rückwärtsfahren gegen den Kotflügel des Funkwagens gestoßen sei, was aber bei beiden Fahrzeugen keinen Schaden nach sich gezogen habe. Da der Bw gegenüber dem Ml geäußert habe, er habe gedacht, dieser sei schon weg, hat dieser seinem Eindruck, der Bw sei den Anforderungen des Straßenverkehrs aufgrund seines Alters nicht mehr gewachsen, in der Anzeige Ausdruck verliehen.

Laut Führerscheinregister besitzt der Bw seit 1963 eine Lenkberechtigung der Klasse B. Er ist unbescholten.

Laut Begründung des angefochtenen Bescheides erschien, der Bw am 15. November 2005 ladungsgemäß bei der Erstinstanz, wobei "allerdings festgestellt werden musste, dass er offensichtlich gehbehindert sei. Er konnte sich nur ganz langsam von seinem Sitz erheben und in das Büro des Verhandlungsleiters gehen. Er benützte dabei einen Stock als Gehhilfe. Auf die Frage nach der Ursache seiner langsamen Bewegungen gab er an, derzeit aufgrund einer Verkühlung Kreuzschmerzen zu haben, weshalb er sich nicht besser bewegen könne. Der Arzt habe ihm von einer Operation abgeraten. Beim Lenken von Kraftfahrzeugen habe er aber keine Probleme und auch nie welche gehabt. ... Aufgrund der offensichtlichen und deutlichen Bewegungseinschränkungen ergeben sich für die Behörde Anhaltspunkte für Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, die durch eine amtsärztliche Untersuchung zu überprüfen sind."

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Die bescheidmäßige Erteilung eines Auftrages zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach Abs.4 setzt die begründete Annahme der Behörde voraus, dass seit Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgeblichen Eignungsvoraussetzungen weggefallen ist (vgl VwGH 24.4.2001, 2001/11/0231, uva).

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Schilderung der langsamen Bewegungen des Bw bei der Amtshandlung am 15. Dezember 2005 zwar nachvollziehbar bei Kreuzschmerzen, aber nicht als Anhaltspunkt für grundsätzliche Bedenken gegen ein Weiterbestehen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B.

Zum einen ist niemand davor gefeit, Kreuzschmerzen zu haben, egal wie alt er ist, und zum anderen ist die Frage, ob in diesem Zustand ein Pkw gelenkt werden kann, keine grundsätzliche Frage der gesundheitlichen Eignung, sondern ob in einem akuten Schmerzzustand tatsächlich eine ausreichende Beweglichkeit beim Lenken eines nicht mit Automatik ausgerüsteten Pkw besteht. Ob der Bw an diesem Tag mit seinem Pkw zur Erstinstanz gefahren ist, geht aus dem Bescheid nicht hervor.

Die Tatsache, dass jemand gehbehindert im Sinne des § 29b StVO ist und er einen Stock als Gehhilfe benutzt, bietet keine Grundlage für Bedenken nach § 24 Abs.4 FSG.

Zum Vorfall vom 15. November 2005 ist zu sagen, dass der Ml seine Anzeige offenbar deswegen auf die gesundheitliche Eignung bezogen hat, weil der Bw den noch nicht entfernten Funkwagen beim Rückwärtsfahren nicht beachtet hat. Dass er gegenüber dem Ml äußerte, er habe gedacht, dieser sei schon weggefahren, kann auch eine nicht ganz ernst gemeinte Erklärung gewesen sein. Ob beim Anstoß ein Schaden entstanden ist, ist im Ergebnis irrelevant; wesentlich ist allein der Grund für den Anstoß. Da aber der Pkw des Bw über einen Innenspiegel und Außenspiegel verfügen müsste - Gegenteiliges wurde nicht behauptet - hätte der Bw das Fahrzeug auch bei einer eventuellen Bewegungseinschränkung sehen können, es sei denn, das Anstoß ist mit dem Heck seines Fahrzeuges an das hinterste Ende des linken Kotflügels des Funkwagens erfolgt und der Bw hat sich, was an sich nicht unlogisch wäre, auf das Verkehrsgeschehen konzentriert oder gemeint, es gehe sich noch aus. Dass der Ml seine Anzeige allein auf das Alter des Bw gestützt hat, reicht für wie immer gearteten Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B, die die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG rechtfertigen könnten, noch nicht aus.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung

79 Jahre allein, § 24/4 FSG auch nicht bei Gehbehinderung + Gehnot, Kreuzschmerzen als Akutzustand, aber nicht der gesundheitlichen Eignung - Aufheben

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum