Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521252/7/Bi/Ps

Linz, 31.03.2006

 

 

 

VwSen-521252/7/Bi/Ps Linz, am 31. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P P, A, L, vertreten durch RA Dr. A W, F, L, vom 24. Februar 2006 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 7. Februar 2006, FE-1698/2005, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des Ergebnisses der am 29. März 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich binnen einem Monat ab Rechtskraft des Bescheides zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 8 FSG amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 16. Februar 2006.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 29. März 2006 fand eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters Mag. O L und der Zeugen GI F N und P A statt. Der Bw war ebenso entschuldigt wie der Vertreter der Erstinstanz.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aufgrund des vorliegenden Sachverhalts bestünden keine begründeten Bedenken hinsichtlich des Weiterbestehens der Erteilungvoraussetzungen der Lenkberechtigung. Er habe seinen Pkw in die Parklücke eingeparkt. Dass dies nicht gleich erstmalig gelungen sei, sei nicht an seinem Unvermögen gelegen, sondern an den Schneeverhältnissen, und eine Touchierung sei nicht erfolgt. Er bestreite, dass er als Folge einer gesundheitlichen Störung folgerichtig, aber verzögert Antworten gegeben habe, und er habe auch keine Gehprobleme, sonst wäre er nicht in der Lage gewesen, zum Auto zu gehen oder in die Wohnung zu gelangen, Einkäufe zu tätigen usw. Aus seinem fahrtüchtigen Vorleben ergebe sich kein Anhalt für ein verkehrsuntaugliches Verhalten und damit auch nicht für begründete Bedenken in Richtung eines allfälligen gesundheitlichen Defizits. Beantragt wird Bescheidaufhebung und Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter des Bw gehört, die von der Erstinstanz im angefochtenen Bescheid genannten Argumente berücksichtigt, der Meldungsleger GI F N (Ml) unter Hinweis auf § 289 StGB und der mit dem Rechtsvertreter erschienene Bekannte des Bw, P A, einvernommen wurden.

Das Nichterscheinen des Bw wurde mit Krankheit entschuldigt; der Bw sei gerade von einem Krankenhausaufenthalt wegen Magenproblemen heimgekommen, habe aber bereits einen neuen Termin, weil ihm eine Niere entfernt werden solle.

Der Ml bestätigte zeugenschaftlich, er sei am 14. Dezember 2005 um ca 10.05 Uhr in die K Straße gegenüber Haus Nr. 66 beordert worden, weil Passanten wegen eines Verkehrsunfalls die Polizei verständigt hätten. Dort sei der Bw in einem in einer Parklücke abgestellten Pkw gesessen und ein Herr sei anwesend gewesen (laut Anzeige H P), der ein Nachbar des Bw sei und diesen besser kenne und auch die Polizei geholt habe, weil der Bw beim Ausparken den neben seinem abgestellten Pkw gestreift und trotz Anweisungen dieses Herrn nochmals angefahren sei. Dieser Herr habe auf den äußerst schlechten Gesundheitszustand des Bw, der fast nicht mehr gehen könne, hingewiesen und geäußert, es sei ein Wahnsinn, dass der Bw den kurzen Weg von seiner Wohnung bis zum dortigen Einkaufszentrum mit dem Auto fahre, obwohl er zu Fuß hätte gehen können. Sowohl der Pkw des Bw als auch der daneben abgestellte Pkw LL- hätten in einer Höhe von 50 cm nach den Unfallshergangsschilderungen des Herrn übereinstimmende Abriebe an den Stoßstangen aufgewiesen. Der Ml hatte nicht den Eindruck, dass zwischen beiden eine Konfliktsituation bestanden hätte.

Der Bw sei im Fahrzeug gesessen und völlig unansprechbar gewesen, wobei aber keine Anhaltspunkte für Alkohol- oder Drogenbeeinträchtigung bestanden hätten. Der Ml betonte, er könne nicht sagen, ob der Bw so aufgeregt gewesen sei oder gesundheitlich so beeinträchtigt, aber er habe auf Fragen nach seinen Daten zwar richtige, aber zeitlich sehr verlangsamt Antworten gegeben. Auf die Frage, ob er den Anstoß wahrgenommen habe, habe der Bw letztendlich zu verstehen gegeben, dass er das wisse. Er sei dann ausgestiegen und bei ihnen gestanden. Seine körperlichen Bewegungen seien wie in Zeitlupe gewesen und die Beamten hätten erwogen, die Rettung zu holen. Dem Bw wurde zwar der Führerschein nicht abgenommen, aber er wurde angewiesen, zu Fuß heimzugehen. Sie hätten ihn dann weiter beobachtet, weil er sich noch einmal ins Fahrzeug gesetzt habe und sie Bedenken gehabt hätten, ob er die Anweisung auch verstanden habe und sich daran halte. Er sei dann zu Fuß und ohne Verwendung eines Stocks langsam weggegangen. Der Ml bestätigte seine Befürchtung, dass der Bw aufgrund seiner Verlangsamung auch im Straßenverkehr verlangsamt reagieren könnte, wobei er keinen Anhaltspunkt für die Ursache der Gehbehinderung nennen konnte. Rutschgefahr wegen der Schneelage hat der Zeuge ausgeschlossen, weil es aper gewesen sei.

Der Bekannte des Bw P A bestätigte, der Bw habe eine Gehbehinderung (er hinke), sei aber in der Lage, sich selbst zu versorgen und fahre auch mit dem Auto, wobei er schon mit dem Bw mitgefahren sei und bei der Reaktionsgeschwindigkeit nichts Nachteiliges bemerkt habe. Der Bw sei ein eher ruhiger Typ und brauche einfach länger bis er spreche, bekomme aber sicher alles mit. Er habe ihm erzählt, dass der Herr dort mit ihm geschrieen habe und er deswegen so nervös geworden sei, dass die Polizisten von ihm einen schlechten Eindruck bekommen hätten.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates waren die Aussagen beider Zeugen als glaubwürdig insofern anzusehen, als durchaus vorstellbar ist, dass der 66-jährige Bw - möglicherweise aus seinem früheren Beruf resultierende - Schmerzen hat, die ihn in der Bewegung einschränken, insbesondere beim Ein- und Aussteigen aus dem Fahrzeug und beim Gehen. Der Grund für die geschilderten langsamen Bewegungen konnte in der Verhandlung nicht geklärt werden, zumal der Bw nicht befragt werden konnte und der Ml und P A nur ihre eigenen Beobachtungen schildern konnten. Dass der an der Unfallstelle anwesende H P - er wurde nicht zeugenschaftlich befragt, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass er als in der Nähe des Bw wohnender Nachbar, der die Polizei verständigt und sich sogar über den kurzen, vom Bw trotzdem mit dem Fahrzeug zurückgelegten Weg empört hat, gegen den Bw voreingenommen ist und aus dem Verfahrensakt nicht hervorgeht, dass er in der Lage wäre, sich kompetent zum Gesundheitszustand des Bw zu äußern - mit dem Bw geschrieen und ihn dadurch nervös gemacht hat, ist durchaus nachvollziehbar, wobei aber die psychische Belastbarkeit des Bw bei möglicherweise bestehenden Nachbarschaftsproblemen nicht zur Debatte steht. Der Ml hat hingegen, ohne den Bw zuvor gekannt zu haben, seine eigenen Beobachtungen von dessen Verhalten und Erscheinungsbild wiedergegeben und verfügt auch über eine entsprechende Schulung und Erfahrung im Hinblick auf die Wahrnehmung auffälliger Verhaltensweisen von Personen. Alkohol und Drogen als Ursache für das Verhalten des Bw hat der Ml durchaus glaubwürdig ausgeschlossen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Die bescheidmäßige Erteilung eines Auftrages zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nach Abs.4 setzt die begründete Annahme der Behörde voraus, dass seit Erteilung der Lenkberechtigung eine der für ihre Erteilung maßgeblichen Eignungsvoraussetzungen weggefallen ist (vgl VwGH 24.4.2001, 2001/11/0231, uva).

Im gegenständlichen Fall war für die Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bw maßgeblich, dass der Ml aussagte, der Bw habe vorerst einen völlig unansprechbaren Eindruck gemacht, sich "wie in Zeitlupe" bewegt und zeitlich sehr verzögert - dann allerdings richtig - auf Fragen geantwortet. Die Beamten hätten sogar überlegt, die Rettung zu holen, dies dann aber nicht getan, weil der Bw offensichtlich doch in der Lage war, zu Fuß wegzugehen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt ua als zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, ausreichend frei von Behinderungen ist und über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Damit ist nicht nur ein Freisein von körperlichen Gebrechen, die den Lenker beim Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken, erforderlich, dh der Bw darf zB nicht durch Schmerzen und damit verbundene Bewegungseinschränkungen an der technisch einwandfreien Bedienung des Kraftfahrzeuges gehindert werden, sondern er muss auch in der Lage sein, sich auf die im Straßenverkehr ständig wechselnden Situationen entsprechend rasch einzustellen und angemessen zu reagieren. Die Bedenken der Erstinstanz im Hinblick auf Zweifel am weiteren Bestehen der gesundheitlichen Eignung des Bw waren auf der Grundlage des Beweisverfahrens nicht von der Hand zu weisen, auch weil der Bw selbst nicht erschienen ist und selbst befragt bzw vom persönlichen Eindruck her beurteilt werden konnte. Die glaubwürdigen Schilderungen des Ml über die doch auffallende und eklatante Verlangsamung des Bw geben aber zu denken, wobei ein verlangsamtes Sprechen bzw Antworten nichts mit (eventuellen akuten aber nur vorübergehend bestehenden) Schmerzen zu tun hat und aus dieser Sicht auch die Gefahr einer verlangsamten und damit verspäteten Reaktion beim Lenken eines Kraftfahrzeuges und bei der Teilnahme am Straßenverkehr besteht. Aus diesen Überlegungen war die an den Bw ergangene Aufforderung, sich von einem Amtsarzt im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B untersuchen zu lassen, sehr wohl gerechtfertigt, wobei auch hinsichtlich der gesetzten Frist von einem Monat ab Rechtskraft des Bescheides keine Bedenken bestehen. Auch wenn der Bw nach Mitteilung seines Bekannten einen in naher Zukunft gelegenen Termin für eine Operation hat, ist ihm eine entsprechende, diesen Umstand berücksichtigende Terminvereinbarung für die amtsärztliche Untersuchung zuzumuten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Vom Meldungsleger glaubhaft festgestellte eklatante Verlangsamung (ohne Hinweis auf Alkohol oder Drogen) und erhebliche Bewegungseinschränkung begründende Bedenken iVm der gesundheitlichen Eignung à Einstellung

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