Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521265/3/Sch/Hu

Linz, 11.05.2006

 

 

 

VwSen-521265/3/Sch/Hu Linz, am 11. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn J H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A J, Mag. A L, Mag. J W vom 10.3.2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20.2.2006, Zl. VerkR21-192-2005/EF-Wg/Rei, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und des Lenkverbotes unter Einrechnung der Haftzeiten auf 8 Monate herabgesetzt wird.

 

Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 2.11.2005, VerkR21-192-2005/EF-Mg/Rei, wurde Herrn J H, U, A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A J, Mag. A L, Mag. J W, H, L, gemäß §§ 24, 25 und 32 Führerscheingesetz (FSG), BGBl.I/Nr. 120/1997 idgF und § 57 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 idgF die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F für die Dauer von 18 Monaten entzogen und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten. Dagegen hat der Berufungswerber mit Schreiben vom 22.11.2005 das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht. Die belangte Behörde hat daraufhin mit Bescheid vom 20.2.2006, VerkR21-192-2005/EF-Wg/Rei, den oa Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigt sowie einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist vom Landesgericht Wels mit Urteil vom 14.12.2005, 11 Hv 150/05 f, wegen mehrerer Sexualdelikte zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Der gerichtliche Schuldspruch lautet demnach:

"J H ist schuldig, er hat in der Zeit von August 2005 bis 24.10.2005 in Alkoven

  1. mit der am ... geborenen, mithin unmündigen N S in mehreren Fällen den außerehelichen Beischlaf, sowie dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen, nämlich Oralverkehr und Eindringen mit dem Finger in ihre Scheide, unternommen;
  2. an der am ... geborenen, mithin unmündigen N S durch Betasten ihres Brust- und Vaginalbereiches in mehreren Fällen geschlechtliche Handlungen vorgenommen,
  3. unter Ausnützung seiner Stellung als Lebensgefährte der C W gegenüber der seiner Erziehung und Aufsicht unterstehenden am ... geborenen Minderjährigen diese durch Betasten ihrer Brüste, des Vaginalbereiches, Eindringen des Fingers in ihre Scheide sowie Durchführen eines Geschlechtsverkehrs zur Unzucht missbraucht.

 

Er hat hiedurch begangen

zu 1) das Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs.1 StGB,

zu 2) das Verbrechend es sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs.1 StGB und

zu 3) das Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs.1 StGB

und wird er hiefür unter Bedachtnahme auf § 28 StGB nach dem § 206 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

 

Gemäß dem § 43a Abs.3 StGB wird ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; der nicht bedingt nachgesehene Teil der Freiheitsstrafe beträgt sohin einen Monat.

 

Gemäß § 38 Abs.1 Z1 StGB wird die Vorhaft in der Zeit vom 24.10.2005, 17.25 Uhr, bis 24.11.2005, 13.50 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

 

Gemäß dem § 369 Abs.1 StPO ist J H ferner schuldig, der Privatbeteiligten N S einen Schadenersatzteilbetrag von Euro 1.000,-- zu bezahlen."

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z8 FSG stellt eine bestimmte Tatsache dar, die im Verein mit ihrer Wertung die Verkehrszuverlässigkeit einer Person ausschließt, wenn sie eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß dem § 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat. Die Begehung, wie gegenständlich, des Verbrechens nach §§ 206 Abs.1 und 207 Abs.1 StGB ist daher für die Frage der Verkehrszuverlässigkeit einer Person eine bestimmte Tatsache und im Sinne des § 7 Abs.4 FSG von der Behörde zu werten.

 

Nach der Definition der Verkehrszuverlässigkeit des § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Entziehung der Lenkberechtigung von Sexualstraftätern wird von der Berufungsbehörde so verstanden, dass sich die Prognose auf Z2 der obzitierten Bestimmung zu stützen hat, nämlich die Frage, der Betreffende werde wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen (vgl. VwGH 25.11.2003, 2003/11/0240).

 

Nach der hier gegebenen Sachlage hat sich der Berufungswerber als Opfer für seine sexuellen Angriffe die Tochter seiner Lebensgefährtin gewählt, ganz offenkundig die bestehende Situation im familiären Bereich ausnutzend. Bei seinen Übergriffen hat zu keinem Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug eine Rolle gespielt, sie fanden demnach im Kinderzimmer der gemeinsamen Wohnung statt. Nach Ansicht der Berufungsbehörde kann aber aus dieser Tatsache allein nicht der zwingende Umkehrschluss gezogen werden, dass sich damit die Frage der Verkehrszuverlässigkeit beim Berufungswerber überhaupt nicht stellen dürfe, wie in der Berufungsschrift der Eindruck erweckt wird. Vielmehr geht der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur im Zusammenhang mit der Entziehung von Lenkberechtigungen von Sexualstraftätern schon davon aus, dass diese grundsätzlich geboten ist (vgl. etwa VwGH 20.12.2001, 2000/11/0281, 28.6.2001, 2001/11/0153 ua). Es kann daher im Regelfall wohl die Prognose im Sinne des § 7 Abs.1 Z2 FSG gelten. Demnach wird einem Sexualstraftäter zu unterstellen sein, dass, egal ob er seine Taten im Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug begangen hat oder nicht, aufgrund des gesetzten Verhaltens eine Sinnesart vorliegt, die erwarten lässt, dass er sich durch die erleichterten Bedingungen für einen Kfz-Lenker sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Eine solche generelle Prognose kann natürlich im Einzelfall völlig unzutreffend gewesen sein, es liegt aber im Wesen jeder Prognose, dass dieser Umstand eintreten kann. Daher kann sich eine solche Prognose nur an mehr oder weniger groben Rastern orientieren und würde eine verlangte Bescheidbegründung, die den Einzelfall vorausschauend quasi 100 %ig abdeckt, an überzogenen, weil nicht erfüllbaren, Maßstäben gemessen werden.

 

In Bezug auf den Berufungswerber konkret muss bei einem Versuch einer Zukunftsprognose in diesem Sinne beachtet werden, dass er offenkundig bemüht ist, durch einen aktiven Beitrag seine Verkehrszuverlässigkeit so bald wie möglich wieder herzustellen und es nicht bei der spezialpräventiven Wirkung der verhängten gerichtlichen Strafe belassen will. Er hat glaubhaft gemacht, dass er sich der gerichtlich angeordneten psychotherapeutischen Behandlung auch tatsächlich unterzieht. Somit kann abgeleitet werden, dass er bemüht ist, eine Wiederholung seines Fehlverhaltens zu vermeiden.

 

Die Berufungsbehörde vermag sohin eine Prognose, die über eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 8 Monaten ausgeht, nicht hinreichend schlüssig zu begründen.

 

Der Ausspruch über die Einrechnung der vom Berufungswerber verbüßten Haftzeiten ist in der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 21.2.2006, 2004/11/0129) begründet. Vom Oö. Verwaltungssenat wird diese Judikatur grundsätzlich so ausgelegt, dass die Nichteinrechnung von Haftzeiten einer Begründung bedürfte, die faktisch nicht zu erbringen ist, auch wenn der Gerichtshof die Nichteinrechnung von Haftzeiten grundsätzlich nicht für unzulässig erklärt. Zudem wird bei der Einrechnung von Haftzeiten in die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung eine bedingte Entlassung eines Straftäters nicht der Weise wirksam, dass dadurch quasi das Gericht die Dauer der Entziehung mitbestimmt.

 

Sämtliche Ausführungen gelten gemäß der Regelung des § 32 Abs.1 FSG auch für das verfügte Lenkverbot von führerscheinfreien Kraftfahrzeugen.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

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