Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521266/16/Zo/Jo

Linz, 27.06.2006

 

 

 

VwSen-521266/16/Zo/Jo Linz, am 27. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn J E, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, vom 23.02.2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 13.02.2006, Zl. VerkR20-280-2006, wegen der befristeten Erteilung der Lenkberechtigung unter Auflagen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.06.2006 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass Herrn J E,

 

  1. die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F unbefristet erteilt wird;
  2.  

  3. die Lenkberechtigung für die Klassen C und C+E bis 13.02.2011 befristet erteilt wird sowie
  4.  

  5. die Lenkberechtigung für alle Klassen wie folgt eingeschränkt wird:
  6. Der Berufungswerber hat in den nächsten drei Jahren bis zu sechs Mal jeweils binnen zwei Wochen ab Aufforderung durch die Führerscheinbehörde eine Blutuntersuchung hinsichtlich seines CD-tect-Wertes durchführen zu lassen und das Ergebnis der Führerscheinbehörde zu übermitteln.

     

  7. Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene sechsmonatige Untersuchung hinsichtlich des GGT-Wertes sowie die Nachuntersuchung in vier Jahren samt Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie entfallen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1 und 67d AVG sowie § 5 Abs.5 FSG und 14 Abs.5
FSG-GV.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F befristet bis 03.02.2010 erteilt. Weiters wurde er verpflichtet, alle vier Monate den CD-tect-Wert sowie alle zwölf Monate die gesammelten sechsmonatlichen GGT-Werte abzugeben. Es wurde eine Kontrolluntersuchung hinsichtlich des GGT-Wertes beim Hausarzt alle sechs Monate vorgeschrieben und der Berufungswerber wurde zu einer Nachuntersuchung in vier Jahren mit einem aktuellen GGT und CD-tect-Wert sowie einer Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie verpflichtet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befristung der Auflagen nicht vorliege. Es sei weder eine Erteilungsvoraussetzung weggefallen noch würde die Verkehrssicherheit eine Einschränkung seiner Lenkberechtigung erfordern.

 

Das amtsärztliche Gutachten vom 03.02.2006 bescheinige ihm Alkoholabstinenz und dass er diese im vorangegangenen Befristungszeitraum von vier Jahren eingehalten habe. Alle vorgelegten Leberfunktionsparameter seien im Normbereich gelegen, die Steigerung des GGT-Wertes würde deshalb keine Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung begründen, weil auch die gesteigerten Werte sich noch im Normbereich befinden. Richtig ist, dass er im Zuge der amtsärztlichen Untersuchung ungehalten gewesen sei.

 

Die von der Amtsärztin geforderte psychiatrische Stellungnahme ergab einen unauffälligen psychischen Befund und der Facharzt stellte seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 fest, wobei er empfahl, den CD-tect-Wert viermal im Jahr zu kontrollieren und den Führerschein befristet für drei Jahre auszustellen.

 

Entsprechend der Judikatur sei eine amtsärztliche Nachuntersuchung nur dann notwendig, wenn eine Krankheit bestehe, bei welcher der Natur nach mit einer Verschlechterung zu rechnen sei, welche die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beeinträchtigt. Derartiges werde aber im amtsärztlichen Gutachten zu Recht nicht behauptet. Er beantragte daher, dass ihm die Lenkberechtigung uneingeschränkt erteilt werde.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Einholung einer Stellungnahme der Landessanitätsdirektion sowie des Facharztes Dr. B und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.06.2006, bei welcher Dr. B seine Stellungnahme sowie die Amtsärztin Dr. N ihr Gutachten erörterten.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber war in der Vergangenheit alkoholabhängig, er hat allerdings in den Jahren 1992 sowie neuerlich 1998 eine Alkoholentwöhnung absolviert. Im Jahr 2000 wurde ihm die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, F, C und E - erstmalig befristet auf acht Monate - und unter der Vorschreibung engmaschiger Kontrollen der Leberfunktionsparameter erteilt. In weiterer Folge wurde die Lenkberechtigung für 18 Monate befristet und daran anschließend befristet auf vier Jahre erteilt. Es waren jeweils Untersuchungen des GGT-Wertes vorgeschrieben und der Berufungswerber hat die gesamte Zeit über diese Werte der Bezirkshauptmannschaft Braunau vorgelegt, wobei sich alle im Normbereich befunden haben. Aufgrund seines nunmehrigen Antrages vom 30.12.2005 wurde eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme und auf deren Grundlage ein amtsärztliches Gutachten von der Führerscheinbehörde eingeholt, wobei der Facharzt zusammenfassend davon ausgeht, dass der Berufungswerber seit 1998 glaubwürdig abstinent ist. Dies stimmt mit den im Akt befindlichen Laborwerten überein. Zusammenfassend kam der Facharzt zum Schluss, dass der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 geeignet ist, allerdings sollte die erforderliche Alkoholabstinent alle drei Monate durch unangemeldete CDT-Wert-Kontrollen überprüft werden, weil er LKW-Fahrer ist. Weiters sollte der Führerschein befristet für drei Jahre ausgestellt werden.

 

Unter Berücksichtigung dieser fachärztlichen Stellungnahme gelangte die Amtsärztin zu dem Schluss, dass eine Befristung auf vier Jahre sowie die Vorlage des CDT-Wertes alle vier Monate ausreichend ist, wobei allerdings zusätzlich halbjährlich ein GGT-Wert verlangt wurde. Weiters wurde eine Nachuntersuchung vor Ablauf der vierjährigen Befristung unter Vorlage einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme vorgeschlagen.

 

In der mündlichen Verhandlung haben der Facharzt sowie die Amtsärztin ihre Stellungnahme bzw. das Gutachten erläutert. Dementsprechend besteht aufgrund der ehemaligen Alkoholkrankheit ein gewisses Rückfallrisiko, welches aber aufgrund der nunmehr achtjährigen Abstinenz nicht mehr als besonders hoch anzusehen ist. Im Hinblick auf das erhöhte Risiko, welches mit dem Lenken von schweren Kraftfahrzeugen der Klassen C und E einhergeht, hielt es der Facharzt jedenfalls für notwendig, die weitere Abstinenz des Berufungswerbers zumindest noch drei Jahre lang zu kontrollieren. Nach den Ausführungen des Facharztes ist es dafür ausreichend, wenn der Berufungswerber in den nächsten drei Jahren sechsmal eine Blutuntersuchung hinsichtlich des CD-tect-Wertes durchführen lässt, wobei allerdings der Termin jeweils von der Führerscheinbehörde vorzugeben ist. Nachdem der CD-tect-Wert ein relativ verlässliches Bild über den Alkoholkonsum der letzten zwei bis vier Wochen vermittelt, ist dadurch sichergestellt, dass sich der Berufungswerber nicht im Vorhinein auf die Kontrolle einstellen und sein Trinkverhalten entsprechend steuern kann, weil er eben jederzeit mit einer Aufforderung durch die Bezirkshauptmannschaft zu rechnen hat.

 

Die Amtsärztin schloss sich dieser fachärztlichen Stellungnahme an und auch der Berufungswerber sowie dessen Rechtsvertreter erklärten sich mit einer derartigen Einschränkung der Lenkberechtigung einverstanden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder zu erteilen.

 

5.2. Zu dieser Bestimmung des § 14 Abs.5 FSG-GV hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 27.05.1999, Zl. 99/11/0047, festgehalten, dass zur gesundheitlichen Eignung hinsichtlich der Gruppe 2 keine Aussage getroffen wird. Es kommt damit der allgemeine Grundsatz des § 8 FSG zum Tragen, wonach die Eignung dieser Personen vom Amtsarzt - allenfalls unterstützt durch fachärztliche und verkehrspsychologische Befunde - unter Berücksichtigung der mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbundenen besonderen Risiken und Gefahren zu beurteilen ist.

 

Hinsichtlich der Befristung der Lenkberechtigung hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass § 14 Abs.5 FSG 1997 keine Grundlage für eine Befristung bietet. Selbst wenn eine Person alkoholabhängig gewesen ist, kann nach § 14 Abs.5 FSG-GV die Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen auferlegt werden, eine Befristung ist für einen derartigen Fall aber nicht vorgesehen (siehe z.Bsp. VwGH vom 23.01.2001, 2000/11/0258).

 

Hinsichtlich der Frage, ob die in § 14 Abs.5 FSG-GV vorgesehenen ärztlichen Kontrolluntersuchungen zeitlich uneingeschränkt durchgeführt werden müssen, ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0264, zu verweisen. Darin hat der VwGH zu dem ähnlich gelagerten Fall eines gehäuften Suchtmittelmissbrauchs ausgesprochen, dass in derartigen Fällen Kontrolluntersuchungen angeordnet werden können. Ergibt sich jedoch in der Folge, insbesondere durch die Ergebnisse dieser Kontrolluntersuchungen, dass die betroffene Person über einen längeren Zeitraum keinen Suchtmittelmissbrauch mehr begangen hat, und sind demnach diese Kontrolluntersuchungen wegen des als unwahrscheinlich anzunehmenden Rückfallrisikos nicht mehr erforderlich, kann eine Lenkberechtigung auch ohne Auflagen gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV erteilt werden.

 

Diese Überlegungen müssen sinngemäß auch für den Fall ehemals alkoholabhängiger Personen gelten. Selbstverständlich kann ein Rückfall bei derartigen Personen niemals zur Gänze ausgeschlossen werden, es kommt jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, dass ein derartiger Rückfall zur Gänze ausgeschlossen werden kann, sondern darauf, ob das Rückfallrisiko noch als wahrscheinlich anzusehen ist oder nicht. Der Berufungswerber ist nunmehr glaubwürdig seit acht Jahren abstinent und der Facharzt führte dazu aus, dass ein Rückfallrisiko zwar nach wie vor gegeben ist, dieses aber nicht mehr als besonders hoch einzustufen ist. Unter Berücksichtigung der besonderen Gefahren und der Verantwortung eines Lenkers von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 hielt der Facharzt jedoch eine weitere Abstinenzkontrolle des Berufungswerbers für zumindest drei Jahre für erforderlich. Diese Überlegungen erscheinen auch dem zuständigen Mitglied des UVS nachvollziehbar. Die nunmehr vorgeschriebene Auflage, nämlich sechsmalige Kontrolle des CD-tect-Wertes innerhalb von drei Jahren, jeweils kurzfristig auf Aufforderung durch die Führerscheinbehörde, ermöglicht es der Behörde, die weitere Abstinenz des Berufungswerbers zu überwachen. Dadurch, dass der Berufungswerber im Vorhinein nicht weiß, wann die nächste Kontrolle des CDT-Wertes erfolgen wird, ist er angehalten, ständig abstinent zu bleiben und die Führerscheinbehörde hat es in der Hand, die Intervalle zwischen den einzelnen Überprüfungen frei zu wählen. Insgesamt sechs Untersuchungen innerhalb von maximal drei Jahren scheinen ausreichend, um ein verlässliches Bild hinsichtlich der Alkoholkonsumgewohnheiten des Berufungswerbers zu erlangen. Sollte sich herausstellen, dass der Berufungswerber tatsächlich dann insgesamt elf Jahre abstinent war, so erscheint eine weitergehende Kontrolle dieser Abstinenz nicht mehr erforderlich. Sollte der Berufungswerber aber im jetzigen Überwachungszeitraum wiederum in seine Alkoholkrankheit zurückfallen, so hat die Führerscheinbehörde die Möglichkeit, dies innerhalb relativ kurzer Zeit festzustellen und dann die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers erneut zu beurteilen. Auch für den Fall, dass der Berufungswerber diese Auflage entgegen seiner bei der Verhandlung gemachten Zusicherung nicht erfüllen sollte und trotzdem weiter Kraftfahrzeuge lenkt, hat die Führerscheinbehörde die Möglichkeit gemäß § 7 Abs.3 FSG einzuschreiten.

 

Die nunmehr vorgeschriebene Auflage erscheint aufgrund der obigen Ausführungen, insbesondere der schlüssigen Stellungnahme des Facharztes anlässlich der mündlichen Verhandlung notwendig, sie ist aber auch ausreichend, um die weitere Abstinenz des Berufungswerbers zu überwachen. Die im erstinstanzlichen Bescheid vorgesehenen darüber hinausgehenden Untersuchungen sind daher nicht notwendig. Hinsichtlich des GGT-Wertes ist anzuführen, dass der Facharzt diesen überdies selbst nicht verlangt hatte. Der angefochtene Bescheid war daher diesbezüglich abzuändern. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Befristung dieser Auflagen gesetzlich nicht vorgesehen, weshalb diesbezüglich der Berufung stattzugeben war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Es wird noch darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

überstandene Alkoholkrankheit

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