Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104250/2/Br

Linz, 07.01.1997

VwSen-104250/2/Br Linz, am 7. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn G, vertreten durch Herrn Dr. J, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, vom 20. November 1996 und das Straferkenntnis vom 24. September 1996, Zlen.:

VerkR96-5028-1996/Bi/Ar und VerkR96-5028-1996 zu Recht:

Den Berufungen gegen die genannten Bescheide wird keine Folge gegeben; die Berufung vom 4. Dezember 1996 gegen den den Wiedereinsetzungsantrag abweisenden Bescheid wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

Die Berufung vom 28. Oktober 1996 gegen das Straferkenntnis vom 24. September 1996 wird hinsichtlich dessen Punktes 1) als verspätet z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 63 Abs.5, § 66 Abs.4, § 71 Abs.1 Z1 und § 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems mit dem Straferkenntnis vom 24. September 1996, Zl.: VerkR96-5028-1996 wegen zweier Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 Geldstrafen von 10.000 S und 30.000 S und im Nichteinbringungsfall von zehn und 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er 1) am 31. August 1996 um 07.38 Uhr den Pkw, Kennzeichen an einem näher umschriebenen Ort ohne im Besitze einer Lenkerberechtigung zu sein gelenkt habe und er sich 2) an diesem Tag um 07.55 Uhr in seiner Wohnung geweigert habe seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl hiefür die (im Spruch umschriebenen) gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufforderung zu dieser Untersuchung vorgelegen haben.

1.1. Dieses Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber am 26.

September 1996 bei eigenhändiger Übernahme zugestellt.

2. Mit dem Schriftsatz seines ausgewiesenen Rechtsvertreters vom 28. Oktober 1996, der Post am gleichen Tag zur Beförderung übergeben, erhebt der Berufungswerber gegen dieses Straferkenntnis Berufung und stellt gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist.

Zur Fristversäumnis führt er im Ergebnis aus, daß er sich in der Woche vom 7. Oktober 1996 wieder in Vorarlberg auf Montage befunden habe. Er habe zu diesem Zeitpunkt bereits eine Berufung gegen das Straferkenntnis geschrieben gehabt, weil er sich dieser Übertretungen nicht schuldig gefühlt habe. Seine Gattin hätte diese Berufung für ihn bis spätestens 10. Oktober 1996 bei der Behörde abgeben sollen.

Leider, so der Berufungswerber, habe seine Gattin, welche bisher in solchen Dingen immer zuverlässig gewesen sei, diese Abgabe der Berufung vergessen. Auf diesen Umstand sei er am 14. Oktober 1996 zufällig mit seiner Gattin zu reden gekommen.

Es treffe ihn daher an dieser Säumnis kein Verschulden und er stelle somit binnen offener Frist den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Zum Tatvorwurf selbst bestritt der Berufungswerber die Lenkereigenschaft und bezeichnet seine Gattin als Lenkerin des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der verfahrensbezogenen Fahrt.

Das weitere Vorbringen bezieht sich auf Zurückweisung des erhobenen Verdachtes seiner Alkoholbeeinträchtigung.

2.1. Mit dem Bescheid vom 20. November 1996 wies die Erstbehörde den Antrag auf Wiedereinsetzung im Ergebnis mit der Begründung ab, daß es nicht glaubhaft sei, daß die Gattin des Berufungswerbers beauftragt gewesen sei die Berufung direkt bei der Behörde abzugeben. Diese hätte schließlich auch postalisch übermittelt werden können. Der Berufungswerber hätte auch keine Angaben dahingehend gemacht, daß er etwa seine Gattin im Hinblick auf die Weiterleitung seiner Berufung kontrolliert habe. Abschließend wertete die Erstbehörde das Vorbringen des Berufungswerbers als Schutzbehauptung.

2.1.1. In der Berufung gegen den von der Erstbehörde abgewiesenen Antrag auf die Wiedereinsetzung vom 4. Dezember 1996 rügt der Berufungswerber vorerst eine Verletzung des Parteiengehörs und das Unterbleiben eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens. Es hätte zumindest seine Gattin gehört werden müssen. Es sei unerklärlich warum er quasi zwingend den Postweg für die Übermittlung einer Berufung benützen müsse. Seine Gattin habe immer wieder für ihn Behördengänge erledigt, sodaß für ihn kein Grund bestanden habe seine Gattin zur Hintanhaltung einer "Vergeßlichkeit" zu überprüfen. Daher lägen hier sämtliche Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, wobei sich der Vorlageantrag wohl irrtümlich nur auf die Berufung gegen den angewiesenen Wiedereinsetzungsantrag bezieht, wobei jedoch durch die faktische Vorlage auch der Berufung gegen das Straferkenntnis in inhaltlich vollständiger Sacherledigung auch über diese Berufung abgesprochen wird.

Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser ist hinsichtlich der Berufung gegen den Wiedereinsetzungsantrag, da es sich hier um eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung handelt und betreffend den Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses in welchem keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Seite 1074, RZ 5, 6 u. 7).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Sinne des § 51e Abs.2 VStG 2. Halbsatz unterbleiben.

Im Hinblick auf die zum Punkt 2) des Straferkenntnisses gerichtete Berufung hat eine gesonderte Entscheidung der zuständigen Kammer des O.ö. Verwaltungssenates zu ergehen (§ 51c VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems. Diesem Akt angeschlossen waren die als Rechtfertigung vorgebrachten Eingaben des Berufungswerbers.

Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in ausreichender und schlüssiger Deutlichkeit.

4.1. Es ist demnach erwiesen, daß dem Berufungswerber das Straferkenntnis vom 24. September 1996 am 26. September 1996 durch die persönliche Übernahme von einem Organ der Post zugestellt wurde. Dieses Straferkenntnis war mit einer vollständigen und dem Gesetz entsprechenden Rechtsmittelbelehrung versehen. Die Berufung dagegen wurde jedoch erst gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 28. Oktober 1996 eingebracht. Der Berufungswerber führt nicht aus, daß seine Gattin etwa durch ein unvorhergesehenes Ereignis oder durch sonstige zwingende Umstände an der rechtzeitigen Überrreichung der Berufung gehindert gewesen wäre. Vielmehr wird dies bloß mit der Vergeßlichkeit seiner, in solchen Sachen sonst stets verläßlich gewesenen, Gattin begründet.

Eine in irgendeiner Weise getätigte Kontrolle seiner Gattin im Hinblick auf die Berufungsweiterleitung brachte der Berufungswerber nicht vor.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

5.1. Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn (§ 71 Abs.1 AVG):

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder 2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs.3 AVG).

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde (§ 71 Abs.4 AVG).

5.1.1. Der Berufungswerber muß sich alleine schon dadurch, daß er sich nicht durch eine Rückfrage bei seiner Gattin Gewißheit über die Übermittlung der Berufung verschafft hat den Vorwurf der mangelhaften Sorgfaltsübung (in eigener Sache) gefallen lassen. Dies wäre geradezu eine Minimalvoraussetzung an Sorgfaltsübung in eigener Sache.

Völlig unerfindlich ist jedoch warum der Berufungswerber nicht gleich selbst die Berufung noch vor dem 7. Oktober 1996, welche er ja vor seiner Abreise nach Vorarlberg schon verfaßt haben will, an die Behörde geleitet hat. Die vom Berufungswerber im Hinblick auf die Fristversäumung angeführten Gründe sind weder auf ein unvorhergesehenes noch ein unabwendbares Ereignis zurückzuführen. Der Berufungswerber muß sich daher die behauptete Vergeßlichkeit seiner Gattin als ein Verschulden zurechnen lassen. Wie oben schon dargelegt, hätte er sich zumindest durch eine Rückfrage bei seiner Gattin über die Weiterleitung seiner Berufung überzeugen müssen, wenn er schon nicht selbst - wozu er wohl ausreichend Zeit gehabt hätte - die Weiterleitung besorgen wollte. Es kann daher keinesfalls einmal von einem bloß minderem Grad des Versehens ausgegangen werden.

5.1.2. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169).

5.1.3. Die objektiven Sorgfaltspflichten legen immer nur das Mindestmaß der anzuwendenden Sorgfalt fest. In atypischen Situationen wird von einem einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Handelnden ein erhöhtes Maß an Sorgfalt verlangt. So hätte der seine Sache delegierende Ehegatte zumindest durch Rückfrage bei seiner Gattin die Weiterleitung seiner Berufung überprüfen müssen (vgl.

Hauer/Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 5.

Aufl., Seite 674, RZ 19, mit den dort. Judikaturhinweise).

Die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen daher nicht vor; somit kommt der Berufung gegen die Abweisung dieses Antrages keine Berechtigung zu.

6. Gemäß § 63 Abs.5 AVG (diese Vorschrift gilt aufgrund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren) ist eine Berufung von der Partei binnen zwei Wochen einzubringen. Die Berechnung dieser Frist ist nach § 32 Abs.2 AVG vorzunehmen.

Demnach endete im konkreten Fall die Frist mit Ablauf des 10. Oktober 1996. Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Tatsache der verspäteten Berufungseinbringung blieb wie oben dargelegt - unbestritten.

6.1. Die Berufung wurde jedoch trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung nachweislich erst am 28. Oktober 1996 der Post zur Beförderung übergeben (siehe Pkt. 2.) Sie wurde sohin nicht innerhalb der zweiwöchigen Berufungsfrist eingebracht und ist daher als verspätet zurückzuweisen.

Gemäß § 33 Abs.4 AVG ist es der Behörde und auch dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, durch Gesetz festgelegte Fristen zu verlängern. Der unabhängige Ver waltungssenat ist daher gemäß § 66 Abs.4 AVG nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, verspätete Berufungen zurückzuweisen. Eine Sachentscheidung ist daher gesetzlich nicht mehr zulässig.

6.1.1. Abschließend sei noch bemerkt, daß selbst im Falle, daß der Berufungswerber das Fahrzeug tatsächlich nicht gelenkt haben sollte - worüber hier nicht mehr zu befinden war - ist bereits in der Verweigerung - unabhängig von der Tatsache einer Lenkereigenschaft - der objektive Tatbestand erfüllt (VwGH 23. Februar 1996, Zl. 95/02/0567). Damit wäre der Berufungswerber auch mit seinem Berufungsvorbringen zumindest was den Punkt 2) des Straferkenntnisses anlangt ein Erfolg wohl zu versagen gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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