Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521292/2/Fra/Bb/Sp

Linz, 02.06.2006

 

 

VwSen-521292/2/Fra/Bb/Sp Linz, am 2. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufungen des Herrn H-J B vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. GG vom 29. März 2006 bzw. 20. April 2006 gegen die Bescheide der Bundespolizeidirektion Wels, vom 21. März 2006, Zl. III-FE-536/2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A und B und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen und vom 11. April 2006, Zl. III FE 536/2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse F, zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen werden die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z6 lit.a, 7 Abs.4 und § 32 Abs.1 Z1 FSG, BGBI. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBI. I Nr. 32/2006

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die belangte Behörde hat dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) mit den in der Präambel zitierten

2. Der Bw hat gegen diese Bescheide innerhalb offener Frist durch seine rechtsfreundliche Vertretung die begründeten Berufungen vom 29. März 2006 und vom 20. April 2006 eingebracht. Die Berufungen richten sich insbesondere gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung betreffend die Klassen A und B und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenfahrzeugen sowie gegen die Entziehung der Lenkberechtigung betreffend die Klasse F an sich und gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Wels hat die Berufungen samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

5. Es ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Der Bw lenkte

jeweils einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Strasse mit öffentlichem Verkehr, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten für die betreffenden Klassen gültigen Lenkberechtigung war, da ihm die Lenkberechtigung mit Bescheid vom 24. Juni 2005 der Bundespolizeidirektion Wels für die Dauer von neun Monaten entzogen worden war.

Der Bw hat dadurch

 

Die belangte Behörde hat mit Straferkenntnissen vom jeweils 9. August 2005, Zl. III-S-7888/05 und Zl. III-S-7853/05 über den Bw wegen drei Verwaltungsübertretungen nach § 1 Abs.3 FSG Geldstrafen verhängt.

Diese Straferkenntnisse sind - mangels Anfechtung - in Rechtskraft erwachsen.

Das Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung zu den obgenannten Zeitpunkten wurde vom Bw in keinem Stadium des Verfahrens - einschließlich der Berufung - bestritten.

Der Bw hat in den Berufungsschriftsätzen lediglich eingewendet, dass der Vorfall vom 8. Juli 2005 mit einem Zeitunterschied von lediglich 1 Stunde (10.30 Uhr und 11.30 Uhr) als einheitliche und zusammenhängende Verwaltungsübertretung gewertet hätte werden müssen, welche somit auch nur einmal als solche zu ahnden gewesen wäre.

 

Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass das zweimalige Lenken ohne Lenkberechtigung zu verschiedenen Zeiten zwei verschiedene Taten darstellt (VwGH vom 3.5.1961, 123/61 ZVR 1962/31; 28.11.1966, 1955/65); auch wenn es am selben Tag erfolgt (VwGH vom 14.4.1969, 512/68).

 

Im Hinblick auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass es sich um verschiedene selbstständige Taten iSd § 22 VStG handelt, für welche die Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden (VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0237).

 

Diese Bindungswirkung gilt auch für den UVS. Mit der Rechtskraft der Bestrafungen steht bindend fest, dass die Übertretungen der betreffenden Person vorliegen. Eine selbständige Beurteilung der Frage, ob der Bw die zur Last gelegten Taten begangen hat, war demnach verwehrt.

Der Bw hat somit insgesamt drei Übertretungen nach § 1 Abs.3 FSG begangen.

Das weitere Vorbringen des Bw - die Voraussetzungen für die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse F würden nicht vorliegen, weshalb der bekämpfte Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit behaftet sei - ist nicht zielführend. Es darf vorweg schon darauf hingewiesen werden, dass die Verkehrszuverlässigkeit eine charakterliche Eigenschaft einer Person ist, die zwar bei Verwendung von Kraftfahrzeugen verschiedener Führerscheinklassen zu unterschiedlichen Gefährdungen u.a. der Verkehrssicherheit führen kann, die aber grundsätzlich nicht hinsichtlich von Kraftfahrzeugen verschiedener Führerscheinklassen wesentlich anders zu beurteilen ist.

Auch der VwGH hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass sich die Sinnesart iSd § 7 Abs.1 FSG nicht nur auf einzelne Klassen von Kraftfahrzeugen bezieht (VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 27.6.2000, 99/11/0384 mit Vorjudikatur).

Im Übrigen darf diesbezüglich auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid verwiesen werden.

Hinsichtlich der Bemessung der Entziehungsdauer hat der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG hat als bestimmte Tatsache zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung lenkt.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Wie bereits dargelegt, hat der Bw von 8. bis 24. Juli 2005, somit beinahe innerhalb eines Monates drei bestimmte Tatsachen nach § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG verwirklicht.

 

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst wiederholt darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist.

Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung zählt zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit und ist jedenfalls als verwerflich im Sinne des § 7 Abs.4 FSG anzusehen.

Überdies ist für die Wertung der bestimmten Tatsache die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurde, zu berücksichtigen.

Es soll gewährleistet sein, dass Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ausschließlich von Personen gelenkt werden, die im Besitz einer dafür erforderlichen Lenkberechtigung sind und somit nachweislich über die hiefür erforderlichen Voraussetzungen und Kenntnisse verfügen, da der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch unfähige und ungeeignete Lenker vorgebeugt werden soll.

 

Im Anlassfall lenkte der Bw trotz entzogener Lenkberechtigung einen Pkw. Dies obwohl ihm offenkundig der Nichtbesitz seiner Lenkberechtigung bekannt gewesen sein musste. Vielmehr lässt seine unstrittige Verhaltensgeschichte zu einschlägigen Rechts- und Schutzvorschriften auf eine nachhaltig fehlende Verkehrsanpassungsneigung und einer diesbezüglich nachteiligen Sinneshaltung schließen. Dies spricht für ein auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch fehlendes Problembewusstsein und es ist eine für die Verkehrszuverlässigkeit erforderliche Wertehaltung gegenüber den straßenverkehr- und kraftfahrrechtlichen Vorschriften derzeit noch nicht erkennbar.

 

Zwar stellt die wiederholte Begehungsweise einen wesentlichen Faktor im Rahmen der Wertung der bestehenden Tatsache zu Ungunsten des Bw dar, andererseits muss doch zugunsten des Bw berücksichtigt werden, dass der Vorfall vom 8. Juli 2005 - das zweimalige Lenken ohne Lenkberechtigung - mit lediglich einem Zeitunterschied von einer Stunde stattgefunden hat.

Zu Gunsten des Bw war auch zu berücksichtigen, dass er das Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung nie in Abrede gestellt hat und er offensichtlich zu den Vorfallszeitpunkten vollkommen fahrtauglich war und er sich auch sonst in keinerlei beeinträchtigtem Zustand befunden hat.

 

Bei der Berücksichtigung des Wertungskriterium der seit der Tat verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anbelangt, so war zu beachten, dass seit der Begehung der zuletzt begangenen strafbaren Handlung am 24. Juli 2005 bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung nunmehr ein Zeitraum von etwa 10 Monaten verstrichen ist und der Rechtsmittelwerber während dieser Zeit ist - soweit aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen ableitbar - im Allgemeinen nicht negativ in Erscheinung getreten ist bzw. keine belastenden Umstände ersichtlich sind. Einem Wohlverhalten während der Zeit eines schwebenden Verfahrens kann grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden, dennoch wird sein Wohlverhalten im Gesamten zu berücksichtigen sein.

Der UVS verkennt keineswegs auch die Problematik, die sich für den Bw aufgrund der Entziehung der Lenkberechtigung ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, aber kein wie immer geartetes Beweisthema (VwGH vom 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2002/11/0182; vom 11.4.2002, 99/11/0328, vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (VfGH vom 14.3.2003, G203/02-8 ua.; VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062 uva).

Bei Abwägung all dieser Umstände ist es daher für den UVS, der bei seinen Entscheidungen die Rechts- und Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt zugrunde zulegen hat, gerechtfertigt und vertretbar, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

herab- bzw. festzusetzen.

In Anbetracht der konkreten Situation erscheint die nunmehr ausgesprochene Entziehungsdauer ausreichend aber auch notwendig, damit der Bw seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt.

Personen, die nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gemäß § 32 Abs.1 Z1 leg.cit. das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

Dem Bw war daher für die nunmehr festgesetzte Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung - somit vom 21. März 2006 bis einschließlich 21. September 2006 - das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges zu verbieten.

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird (VwGH in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG, Seite 1222f).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 2 x 13 Euro (= 26 Euro) angefallen.

 

Dr. F r a g n e r

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