Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521303/3/Fra/Bb

Linz, 04.07.2006

 

 

VwSen-521303/3/Fra/Bb Linz, am 4. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn EA, vom 12. April 2006 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. März 2006, Zl. VerkR21-669-2005/LL, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf sechs Monate - vom 13. Februar 2006 bis einschließlich 13. August 2006 - herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z10, 7 Abs.4 und § 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw)

Weiters wurde einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Der Bw hat gegen diesen Bescheid innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 12. April 2006 eingebracht, welche sich ausschließlich gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung richtet.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

5. Es ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

Der Bw hat am 5. August 2005 um ca. 13.47 Uhr in Linz dadurch, dass er gegenüber einer Bankangestellten äußerte, er brauche einen Kredit über € 30.000,--, und sodann eine einer echten Waffe täuschend ähnlich sehende Feuerzeugpistole gegen sie richtete, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, Bargeld in Höhe von € 48.000,--, Verfügungsberechtigten der Sparkassen-Filiale, 4020 Linz, Am Bindermichl 56, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Der Bw hat zur Begehung dieser strafbaren Handlung seinen Pkw verwendet, diesen in die Nähe des Tatortes gelenkt und auch zur Flucht und zum Abtransport der Diebesbeute verwendet hat.

 

Dieser Sachverhalt ist aufgrund den Erhebungsergebnissen des Landeskriminalamtes , der geständigen Verantwortung des Bw selbst, der Anklageschrift sowie des Urteiles des Landesgerichtes Linz vom 8. September 2005, 21 Hv 126/05w, als erwiesen anzusehen. Der Bw wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt, wobei er gemäß BP Weihnachtsbegnadigung (§ 148 Abs.2 StVG) vorzeitig aus der JA Linz entlassen wurde und der Rest der Strafe - drei Monate und 24 Tage - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z10 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat.

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

Unbestritten ist im konkreten Fall die Verurteilung des Bw wegen eines am 5. August 2005 begangenen Raubes nach § 142 Abs.1 StGB.

In Hinblick auf § 7 Abs. 3 Z10 FSG ist die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG ausgegangen.

Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist.

Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

Das Verbrechen des Raubes ist wegen der durch Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben bewirkten Willensbeugung des Opfers zweifellos verwerflich.

Wie der VwGH bereits ausgeführt hat, ist einzuräumen, dass die Furcht des Raubopfers auf Grund der Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben nicht deshalb geringer ist, weil der Täter anstelle einer echten Waffe nur eine täuschend ähnlich sehende Feuerzeugpistole verwendet habe.

Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der Verhältnisse im Sinn des § 7 Abs.4 FSG ist aber ein objektiver Maßstab anzulegen. Objektiv gesehen ist die Drohung mit einer Feuerzeugpistole grundsätzlich nicht gefährlich. Gefahren können sich bei einer Tat wie der im Berufungsfall vorliegenden, aus Reaktionen der bedrohten Personen oder der ihnen Hilfeleistenden ergeben. Dass im konkreten Fall eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit einer Person bestanden hat, wird im angefochtenen Bescheid nicht begründet und ist nach der Aktenlage auch nicht anzunehmen, zumal der Strafanzeige zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass die Angestellten der Sparkassenfiliale unverletzt blieben.  

Die Begehung einer "Raubtat" stellt aber dennoch einen besonders schweren Eingriff in die Rechtssphäre dritter Personen dar, insbesondere in deren körperliche Unversehrtheit und deren Vermögensrechte.

Wie der VwGH auch mehrfach betont hat, genügt es für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 Z 2 FSG nicht, dass die Begehung weiterer schwerer strafbarer Handlungen bloß nicht ausgeschlossen werden kann, es muss vielmehr die Annahme begründet sein, dass der Betreffende "sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird" (vgl. zB. das Erkenntnis vom 25. November 2003, Zl. 2003/11/0240).

Das vom Bw an den Tag gelegte Verhalten und die unstrittige Verwerflichkeit der dem Bw zur Last liegenden strafbaren Handlung lassen jedoch auf eine Sinnesart schließen, die besorgen lässt, er werde sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken eines Kraftfahrzeuges (insbesondere als Transport- und Fluchtmittel) gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen.

 

Wie bereits näher dargelegt, wurde der Bw wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt. Am 15. Dezember 2005 wurde er gemäß BP Weihnachtsbegnadigung (§ 148 Abs.2 StVG) aus der JA Linz entlassen. Der Rest der Strafe - drei Monate und 24 Tage - wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der VwGH hat zur bedingten Strafnachsicht ausgesprochen, dass diese zwar für sich allein noch nicht zwingend dazu führt, dass der Betreffende als verkehrszuverlässig anzusehen sei, und dies damit begründet, dass sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht mit jenen zur Gänze decken, die für das Gericht bei der Entscheidung betreffend die bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs.1 StGB von Bedeutung sind, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass nach § 43 Abs.1 StGB im Rahmen der Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen seien und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könne, die für die in § 7 Abs.4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können.

Im vorliegenden Fall ist im Zusammenhang mit dem Wertungskriterium der Verwerflichkeit zu beachten, dass der Bw unbescholten war und ihm nur eine einzige strafbare Handlung zur Last liegt.

Positiv für den Bw wirkt sich auch seine nunmehrige Einsicht, sein reumütiges Geständnis sowie der Umstand, dass er um Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt bemüht ist, aus.

Die seit der Tat bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides verstrichene Zeit ist zwar zu kurz, um entscheidend zugunsten des Bw ins Gewicht zu fallen, zudem befand er sich vom 8. August 2005 bis 15. Dezember 2005 in Haft, dennoch wird aber sein Wohlverhalten im Gesamten zu berücksichtigen sein.

Insbesondere ist zu bemerken, dass der Bw seit dem Vorfallszeitpunkt bis zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung - zumindest der Aktenlage nach - keine weiteren Vergehen zu verantworten gehabt und nicht negativ in Erscheinung getreten ist.

Der UVS verkennt keineswegs die vom Bw angesprochene Problematik, die sich für ihn aufgrund der Entziehung der Lenkberechtigung ergibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bilden aber bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema (VwGH vom 30.5.2001, 2001/11/0081, vom 23.4.2002, 2002/11/0182, vom 11.4.2002, 99/11/0328, vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur uva).

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (VfGH vom 14.3.2003, G203/02-8 ua.; VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108, uva).

Auf Grund der oben dargelegten Erwägungen zu den Wertungskriterien der Verwerflichkeit und der Gefährlichkeit der Verhältnisse ist zwar die Auffassung der belangten Behörde, der Bw sei derzeit verkehrsunzuverlässig, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Im Hinblick auf die aufgezeigten konkreten Umstände des Berufungsfalles muss aber angenommen werden, dass der Bw seine Verkehrszuverlässigkeit zu einem früheren Zeitpunkt als der im erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegende Prognose wieder erlangen wird.

Bei Abwägung aller Umstände ist es daher für den UVS, der bei seinen Entscheidungen auch die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt zugrunde zu legen hat, gerechtfertigt und vertretbar, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B auf sechs Monate herab- bzw. festzusetzen. Im konkreten Fall ist somit von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw von etwa zwölf Monaten ab Beendigung der Tat auszugehen.

Das verfügte Lenkverbot von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ist in der Bestimmung des § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet, welche die analoge Anwendung der Regelungen für die Entziehung einer Lenkberechtigung auch für Lenkverbote anordnet.

Dem Bw war daher für die festgesetzte Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auch das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges zu verbieten.

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird (VwGH in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG, Seite 1222f).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

 

 

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